1166. Der Hausgeist zu Talachern.

[87] Zu Talachern (einem alten, schon 1257 urkundlich bezeugten Sitz) in Bürglen hat die Rückwand der Küche eine »Tohle«, durch die das Licht in die Küche kommt. Nun geschah es sehr oft, und zwar bei Tage, dass ein Geist in Gestalt eines altertümlich gekleideten Mannes, in kurzen Hosen, in einem roten Länder, mit einem schwarzen Hut, in Halbschuhen mit silbernen Ringgen bei dieser »Tohle« stand. Waren die Leute in der Küche, stand er neben der Öffnung, war niemand in der Küche, stand er grad vor ihr und verdeckte sie. Nachts liessen sie ihn in das Haus hinein kommen, räumten[87] ihm eine Seitenkammer ein, die er auch wirklich bezog, stellten ihm Speise und Trank zur Verfügung, stellten ihm wohl auch ein Pfännchen, etwa mit Mehlbrei, auf den Tisch. Er verkehrte überhaupt sehr frei und freundlich mit den Hausinsassen, die ihn gar nicht schochen. Besonders gut konnte er's mit der Hausfrau, die ihn zu kennen glaubte, und als er einst längere Zeit hindurch sich nicht hatte sehen lassen, bekam diese eine rechte Langezeit nach ihm. Aber reden tat er nie.


Franz Müller.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 87-88.
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