49. Der Bär, das Schwein und der Fuchs.

[261] Der Bär, das Schwein und der Fuchs schlossen einst zusammen einen Bund, und verabredeten sich die Erde zu pflügen und Getreide zu säen, um sich davon zu ernähren. Da frugen sie sich gegenseitig was ein jeder machen wolle, und auf welche Weise sie sich Samen verschaffen würden. Das Schwein sprach: »Ich will die Scheuer durchbrechen und Samen stehlen, und dann will ich mit meinem Rüssel pflügen.« Der Bär sprach: »Ich werde säen.« Und der Fuchs sprach: »Ich will dann mit meinem Schweife eggen.« Und so pflügten und säeten sie, bis die Ernte kam. Da sprach das Schwein: »Ich werde schneiden,« der Bär sprach: »Ich will die Garben binden.« »Und ich,« sprach der Fuchs, »ich werde die Aehren sammeln.« Und sie mähten und banden die Garben. Nun besprachen sie sich wie sie dreschen würden. Das Schwein sprach: »Ich will eine Dreschtenne machen.« Der Bär sprach: »Ich will die Garben zusammentragen und will auch dreschen.« Das Schwein sprach: »Ich will das Getreide aufschütteln und das Stroh von den Körnern scheiden.« »Ich,« sprach der Fuchs, »will mit meinem Schweife die Spreu wegkehren.« Das Schwein sprach: »Ich will wurfeln.« »Und ich,« sprach der Bär, »werde dann das Getreide unter uns theilen.« Und so draschen sie. Und nun theilte der[262] Bär das Getreide, aber er theilte es nicht ehrlich, denn dem Schwein, das ihn um seinen Theil bat, gab er das leere Stroh, das Korn behielt er Alles für sich, dem Fuchse gab er gar nichts. Da ward der Fuchs zornig, ging fort um zu klagen, er werde, sagte er, einen kaiserlichen Beamten holen, damit dieser das Getreide nach dem Recht theile. Da erschraken das Schwein und der Bär, und es sprach der Bär zum Schweine: »Schwein, du sollst dich hier im Stroh vergraben, ich aber will auf jenen Birnbaum klettern.« Da verkroch sich das Schwein ins Stroh, und der Bär kletterte auf den Birnbaum. Der Fuchs aber war fortgegangen und unter Wegs einer Katze begegnet, welche er aufforderte sich ihm anzuschließen, er wolle auf eine Tenne Mäuse fangen gehen. Die Katze wohl wissend, daß es auf einer Dreschtenne genug Mäuse gebe, ging freudig mit und jagte unter Wegs nach allen Seiten hin die Vögel auf. Der Bär erblickte sie vom Birnbaume aus und sprach zum Schwein: »Höre Schwein, uns wird es schlecht ergehen.« Schon kommt der Fuchs daher und führt einen furchtbaren Commissär mit sich, der hat einen Marderpelz umgehangen und fängt die flatternden Vögel unter Wegs. Mittlerweile hatte sich die Katze den Augen des Bären entzogen, und unter dem Grase der Tenne sich genähert, wo sie nun nach den Mäusen suchend im Stroh herum zu rascheln begann. Da hob das Schwein sachte den Kopf in die Höhe, um zu sehen was es sei, aber die Katze hielt des Schweins Rüssel für eine Maus und sprang ihm mit ihren Klauen auf die Nase.[263] Da erschrak das Schwein, sprang grunzend auf und suchte das Weite. Die Katze aber, welche ihrer Seits vor dem Schweine erschrocken war, suchte ihr Heil auf dem Birnbaume, wo noch immer der Bär saß, der nun glaubte, die Katze habe das Schwein schon getödtet und komme auch über ihn, und in seinem Schreck stürzte er vom Baum zur Erde herab, zerschmetterte sich ganz und verendete, so ist zuletzt dem Fuchs alles Getreide und Stroh geblieben.

Quelle:
Karadzic, Vuk Stephanovic: Volksmärchen der Serben. Gesammelt und aufgezeichnet von Wuk Stephanowitsch Karadschitsch. Ins Deutsche übersetzt von Wilhelmine Karadschitsch. Berlin: Reimer, 1854, S. 261-264.
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