Der tapfere Schneider.

[21] Es waren in einer Haide (Wald) zwei Riesen; die setzten die ganze Umgegend in Furcht und Schrecken. Und die Dorfleute hatten eine Viehbude76 der wilden Thiere wegen gebaut und die zwei Riesen machten ihnen da vielen Schaden, weil sie sehr stark waren. Nun wollten die Dorfleute eine grosse Jagd anstellen und auch die Riesen jagen. Aber sie hatten doch grosse Furcht und wussten nicht hin noch her. Da sagte ein pucklicher Schneider, er wollte die Riesen fangen. So schickten sie ihn in den Wald zu den Riesen.

Da fand er alle beide im Schlafe und nahm etliche Steinchen zu sich, kletterte auf eine Kiefer und fing an die Steinchen auf sie zu werfen. Da sagte der erste Riese: »Lass mich zufrieden, daj mi pok. Und der Andere[22] sagte: »Ich habe dir nichts gethan, ja njejsom tebe nic cynił«. Und der Schneider warf immer noch Steinchen zwischen beide, da fingen sie an, sich zu schlagen und schlugen sich todt. Da wurde der Schneider sehr »gross«, dass er die Riesen erschlagen hatte.

Nun ging er mal in des Kaisers Garten und wollte sich niederlegen. Er hatte aber eine Quarkschnitte (Stulle) bei sich und legte sich dieselbe auf die Brust. Da setzten sich sieben Fliegen auf den Quark und eine stach ihn. Die wollte er haschen, griff alle sieben mit der Hand und machte sie todt. Dann schrieb er auf: »Sieben Mann habe ich todt gemacht«, steckte die Schrift in seine Brust und schlief ein im kaiserlichen Garten.

Nun ging der Kaiser im Garten, las die Schrift und sagte: »Jo to jeden krawc77, což jo sedym mužow zabił? Ja mam hyšći jeno zwěrjo, dźiwu swinju, to deriś tejž zabić! Ist das ein Schneider, der sieben Männer todtgeschlagen hat? Ich habe noch ein Thier, ein wildes Schwein, das sollst du auch todtmachen. – Wenn du das todtmachst, bekommst du mein halbes Vermögen.« Nun ging der Schneider in den Wald und traf das wilde Schwein. Und ging auf die Sau los und die Sau ging auf ihn los, gingen beide aufeinander los und fochten. Dann lief mein Schneider nach der Viehbude auf dem Felde und die Sau ihm nach, und der Schneider sprang zur Decke heraus und warf die Thüre hinter der Sau zu; so war sie eingesperrt. Nun ging der Schneider zum Kaiser und sprach: »Kaiserlicher Herr, was Ihr gewünscht, habe ich gefangen«; aber niemand wollte glauben, dass ein erbärmlicher Schneider solches gethan hatte. Da sagte der: »Wenn niemand es glaubt, lass ich die wilde Sau wieder los.« Und da sahen sie nach und thaten ihm seinen Willen. S.

76

Buda; im Spreewald kolńa.

77

Šlodaŕ.

Quelle:
Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 21-23.
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