12. Der exkommunizierte Graf Heinrich I von Arlon und der Hund.

[16] Nach dem Tode des Grafen Waleram II von Arlon und Limburg nahm sein Sohn Heinrich I, Graf von Limburg und Herzog von Niederlothringen, Stadt und Grafschaft Arlon trotz der Gegenvorstellungen des Erzbischofs Egilbert von Trier, welcher[16] behauptete, allein ein Recht darauf zu haben, in Besitz. Heinrich kam deswegen in den Kirchenbann. Dafür rächte er sich an dem Bischof dadurch, daß er in die Trierer Lande einfiel und dieselben verheerte. Schließlich sah der Erzbischof sich gezwungen, den Bann aufzuheben; aber Stadt und Grafschaft Arlon blieben im Besitze Heinrichs.

Als der Bannfluch noch auf Heinrich lastete, sollte eines Tages ein Ritter, der ebenfalls exkommuniziert war, mit dem Herzog an einem Tische speisen. Scherzhalber sagte Heinrich zu seinem Gaste: »Wie kannst Du Dich unterstehen, mit mir an einer Tafel speisen zu wollen? Hebe Dich von hinnen! Denn bist Du nicht ein Exkommunizierter? Und weißt Du nicht, daß man mit einem Exkommunizierten keine Gemeinschaft haben darf?« – Der Ritter erwiderte: »Bin ich denn nicht eben dort und von ebendemselben exkommuniziert worden, wie Ihr, Herr?« – »Wahrhaftig!« sagte lächelnd der Herzog; »aber nun wollen wir einmal sehen, ob wir des Bannfluches wegen, der auf uns ruht, wirklich etwas zu befürchten haben! Ich will dem Hunde, der hier zugegen ist, ein Stück Brot vorwerfen. Frißt er dasselbe, so droht uns keine Gefahr; will er es aber nicht, so haben wir das Schlimmste zu erwarten, und wir müssen alsdann suchen, uns wieder mit der Kirche auszusöhnen!« Dann warf er dem Hunde das Brot zu; doch dieser schnupperte bloß an demselben herum und ließ es liegen. Um zu sehen, ob der Hund vielleicht keinen Hunger habe, warf ihm eine andre Person ein anderes Stück zu, welches das Tier sofort verschlang. Da wunderten sich alle, die zugegen waren, und baten den Fürsten, sich mit der Trierer Kirche auszusöhnen.9

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Prat, I. 234, 291. 481

Quelle:
Warker, N.: Wintergrün. Sagen, Geschichten, Legenden und Märchen aus der Provinz Luxemburg. Arlon: Willems, 1889/90, S. 16-17.
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