Vorbericht.

Mozart's Freunde und Verehrer erhalten hier in getreuer Überlieferung alles das, was sich von der Originalpartitur seines Requiem in den Händen der Herren Abbé Stadler u. Hofkapellmeister Eybler in Wien befindet. –

Herr Abbé Stadler hat hiervon eine genaue Abschrift genommen, und mir solche, bei meiner letzten Anwesenheit in Wien im Sommer des verwichenen Jahrs, zum freundschaftlichen Andenken überlassen, sich auch auf meine Frage: ob ich diese Urkunde öffentlich bekannt machen dürfe, geäussert dass er nicht allein nichts dagegen habe, sondern vielmehr selbst wünsche. –

Obgleich nun aus der vor 2 Jahren von mir herausgegebenen Partitur des Mozart'schen Requiem ebenfalls zu entnehmen ist, welche Sätze dieser Komposition von Mozart selbst herrühren, so muss doch dort erst aufgesucht werden, was hier ohne Vermischung mit Süssmayr's Arbeit erscheint, und wie gesagt, gerade so erscheint, wie es sich in Mozarts Originalpartitur vorfindet. – Von dieser Originalpartitur besitzt Herr Abbé Stadler das ganze Dies irae bis zum Lacrymosa, und Herr Hofkapellmeister Eybler das unvollständig hinterlassene Lacrymosa, nebst dem vollständigen Domine Jesu und Hostias. –

Die gegenwärtige Ausgabe der auf dem Titel genannten Sätze des Mozart'schen Requiem enthält nun Blatt um Blatt dasselbe, was das Mozart'sche Original selbst enthält, sogar die von Mozart unbeschrieben hinterlassenen Notenblätter dieser Partitur, da solche in dem Original in den fortlaufenden Zahlen von 11 bis 45 mitpaginirt erscheinen. –

Dieser letztere Umstand lässt indessen vermuthen, dass die Zahlenschrift dieser Notenblätter nicht gleichzeitig mit der Notenschrift derselben erfolgt ist, zumal erstere auch hier u. da etwas verwischt, also schnell nacheinander geschrieben erscheint. –

So notenleer nun auch das Mozart'sche Manuscript seines Requiem hin und wieder erscheint, so ist solches doch als eine formliche Partitur zu betrachten, da es die 4 Singstimmen und den Grundbass nebst den Hauptsätzen der Instrumente vollständig, und die nothwendigen Andeutungen der weiteren Instrumentirung enthält1.

Allein eben dieser Vollständigkeit wegen ist es auch nicht einzusehen, warum sich Mozart über eine solche Nebensache, wie die Fortsetzung bereits angedeuteter Instrumental-Begleitungs sätze ist, so umständlich mit Süssmayr'n unterhalten haben soll, wie uns dieser in seinem bekannten Briefe an Breitkopf & Härtel in Leipzig glauben machen will.

Fußnoten

1 Nur das Zeitmass hat Mozart nicht überall angegeben.


Quelle:
André, Anton: Beiträge zur Geschichte des Requiems von W. A. Mozart, Offenbach 1829, S. 3.
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