Oekonomie der Instrumente.

[207] Der schöne Vereinigungspunkt der Gründlichkeit des Satzes mit Anmuth und Kraft liegt vorzüglich in der vor ihm ganz unbekannten Art der Instrumentazion.

Ohne Beispiel, ohne Nebenbuhler glänzt hier sein Genie in dem ganz eignen Gebrauche der Blasinstrumente. Mit feinem Sinn maß er den Umfang eines jeden ab, zeichnete ihnen neue Bahnen vor, und gab jedem seine glänzendste Rolle. Seine Oekonomie der Instrumente wird[208] das Muster und Studium aller Komponisten bleiben.

Und welches sanfte Anschmiegen zum Hauptgesange! welcher Wetteifer mit der Singstimme! welche seine Wendungen! welche Abwechslung, welche Vertheilung überall, welche Reperkussionen! Und im erforderlichen Falle wie kontrastirend! wie allmächtig im Aufbrausen der Leidenschaft! Selbst in Stücken ohne Singstimmen lehrte Mozart seine Instrumente einen Gesang, der so vernehmlich zum Gefühle spricht, daß der Zuhörer die Singstimme kaum vermißt.

Und dennoch, trotz dem häufigen Gebrauche der Blasinstrumente, wie schlau vermied er alle Ueberladung! wie genau berechnete er Ort und Zeit, wo sie richtigen Effekt machen! Nie ist ein Instrument[209] verschwendet oder gemißbraucht, und daher keines überflüßig. Aber nur er verstand die Oekonomie, mit dem geringsten Aufwande, oft durch einen einzigen Zug eines Instruments, durch einen Akkord, einen Trompetenstoß die größte Wirkung hervorzuzaubern.

Einen Blick auf seine vielen Nachahmer, die ihm durch Ueberladung gleich kommen wollen, ihre Partituren voll Instrumentazion propfen und mit allem Aufwande – nichts sagen! Ein Muster der Oekonomie der Instrumente ist die vortrefliche Arie in der Entführung aus dem Serail: Martern aller Arten etc. wo jedes Instrument, so zu sagen, sein Konzert hat. Nicht minder schön zeigt sich dieselbe in der Hochzeit des Figaro, in der schönen Arie Cherubino's: Voi che sapete che cosa e Amor, wo sechs Instrumente, eine Flöte,[210] 2 Hörner, eine Hoboe, eine Klarinette, und ein Fagott mit einander konzertiren. Die Geigen haben nur Begleitung. Eine ähnliche Arie findet sich im vierten Akte derselben Oper, wo aber nur Hoboe, Flöte und Fagott konzertiren. Wer erinnert sich nicht mit Wohlgefallen der Stelle in der Zauberflöte: Drei Knaben jung, schön, hold und weise etc. wo die Blasinstrumente den Gesang führen und die Saiteninstrumente pizzikato akkompagniren? Doch jede Rote zeigt weise Anordnung und richtige Berechnung. Man studiere seine Partituren; sie allein können dem einsichtsvollen Künstler, dem talent vollen Schüler den besten, deutlichsten Unterricht ertheilen.


Trompeten und Pauken.


Mozarts zarter Organismus verabscheute diese Instrumente, zu grell seinem[211] sanften Ohre; und aus diesem Wiederwillen erklärt sich auch der sonderbare, dem gewöhnlichen ganz entgegengesetzte Gebrauch derselben. In seiner Kindheit konnte er den Ton der Trompete nicht ausstehen, floh, so bald er ihn nur hörte. Sein Vater hielt es für Affektazion und ließ einst seinen Freund, den Hoftrompeter Schachtner, gegen den Knaben treten und aus allen Kräften mit der Trompete auf ihn einschmettern. Der Knabe bekam Krämpfe, Verzuckungen und sank ohnmächtig zu Boden. Man will noch in spätern Jahren ein Verziehen der Mienen an ihm bemerkt haben, wenn er den Schall dieses kriegerischen Instruments vernahm.

In seinem Komposizionen bedient er sich desselben nur, wenn er erschrecken will, oder einen sehr erhabenen Gegenstand mahlt; selten oder gar nicht den Ausbruch[212] der frohen Laune zu karakterisiren, wo er sich gewöhnlich nur mit Hörnern, Flöten und Hoboen behilft. So wenig als er zur gewöhnlichen frohen LauneD dur oder C dur nimmt, so wenig benutzt er die Trompeten. Nur bei den heftigern Ausbrüchen bacchanalischer Tollheit kreiselt er und jubelt aus D dur; seine sanftesten Gefühle setzt er in das liebliche Helldunkel G dur, z.B. in der Entführung: »welche Wonne, welche Lust!« oder das muntre Hochzeitchor im Don Juan: »giovinette che fate all' amore.« Schlachten, Stürme und jeden Ausbruch wilder Leidenschaft mahlt er mit der grelien Scharlachfarbe D dur, und paukt und trompetet. Zum Beispiel der Final im Don Juan: »gia la mensa praeparata!« Ueberhaupt wo lauter Jubel oder wilde tobende Gefühle obwalten, sind D dur und Trompeten und Pauken an der Tagsordnung.[213] Die Zauberflöte hat einen ruhigern Karakter; deshalb steht ihre Stimmung auch in dem erhabenen Es dur. Man hat Mozart hie und da vorgeworfen, daß er zu viel trompete und pauke, aber mit Unrecht; denn es kann niemand mit Grunde beweisen, daß diese Instrumente auch nur an einem einzigen Orte unzweckmäßig angebracht wären, und eben so wenig, wie bei andern Instrumenten, kann man ihn der Ueberladung zeihen, da sie jedesmal den verlangten Effekt hervorbringen, und sich freilich eben deswegen desto bemerkbarer machen. Man findet keine Stelle, wo er sie nicht hätte anbringen sollen, aber es finden sich Perioden, wo sie vielleicht jeder andre angebracht hätte und nur Mozart aus weiser Oekonomie weglies. Wie sparsam sind diese Instrumente in seinem Requiem angebracht, und welchen fürchterlich schönen[214] Effekt machen sie hier in Verbindung mit den Posaunen, vorzüglich im: Dies irae (No. 11.) und wie schauerlich kündigen sie sich gleich im Anfange nach den ersten 6 Täkten Pause an!

Wo findet man eine imposantere unmittelbare Vorbereitung zur Singstimme? Er konnte gleich mit dem Orchester anfangen, aber dann hätte er jenen schauerlichen Effekt nicht erreicht.

Und wie redend sind Trompeten und Pauken in dem schon bemerkten Dies irae! und einige Takte nachher in dem: quantus tremor est futurus.

Und wen hat die Stelle nicht erschreckt, wenn im Don Juan der Geist eintritt?[215]

Die Pauken läßt er überhaupt, wenn es darauf ankömmt, Schrecken und Angst zu mahlen, gern trommeln und ihre Wirkung ist fürchterlich. Eben in der Stelle, wo der Geist seine erste Anrede vollendet hat, und Don Juan in der Angst seinem Bedienten befielt: »Leporello! frisch gedecke die Minute!« während dieses Befehls in halber Betäubung gegeben, donnert die Pauke in einem fort, und mahlet die ängstlichen Pulse des erschreckten Wüstlings. Gleich darauf nach anderthalb Takten Pause: »ach mein Herr mir ist fürchterlich zu Muthe!« ein neuer Donner eines ganzen Taktes crescendo. Bei den Worten des Geistes: »Entschließ dich!« (Risolvi!) welche markdurchbohrende Wirkung thut hier nicht der in 16 Takten Pause vorbereitete einzige Schlag C in der Sekunde vom Baße!

[216] f

d

as

C Trompeten und Pauken

––––

H Baß.


Und bei der Stelle: »gieb mir die Hand zum Pfande,« wo Piu stretto anfängt bis ans Ende, wo bald die Pauke, bald der Kontrebaß im Tremuliren abwechseln. Welche Mahlerei bei dem Erdbeben, wenn Don Juan in die Hölle stürtzt! Dieses Final verdient wegen des ganz neuen Gebrauchs der Pauken und Trompeten, überhaupt aber wegen seiner Instrumentazion das Studium jedes Kenners.

Wie ganz anders ist die Behandlung dieser Instrumente in der Zauberflöte, wenn man zum Beispiel die Stelle, wo die Pauke ganz gedämpft die Flöte begleitet, aushebt! Wie ganz entfernt von jenem[217] Donner im Don Juan gleichen die einzelnen Schläge vielmehr einer pizzicato angeschlagenen Baßsaite.

Beinahe zu gleichem Zwecke wie die Trompete braucht er die


Poßaune.


Die gewöhnlichen Instrumente des Orchesters genügten unserm Mozart nicht, seine großen schauerlich erhabenen Gefühle auszudrücken; er suchte jene vergessenen altgothischen Instrumente wieder hervor, deren furchtbarer Ton die Mauern von Jericho stürzte, und uns dereinst schrecklich zu Gerichte laden wird. Auch ihnen giebt er ihre angemessene Rolle, läßt sie ertönen, wenn Geister ihren Gräbern entsteigen und zu den Lebendigen sprechen, oder bei den Geheimnissen der[218] Urwelt im Tempel der Mostik. – Ihre Noten gehen langsam, singend, mit bedarflichem Schritt und machen den Orgelbaß, die Schwellen des Harmoniegebäudes. Zwischen ernsten Pausen von einem und zwei Takten rücken sie viele Takte in halben und ganzen Noten fort und bilden das Harmonieskelet. Die beiden Adagios, wenn der steinerne Mann auf dem Kirchofe spricht (im Don Juan 2. Akt) die Szene des Geistes, und der Marsch und die Gebete in der Zauberflöte, das Requiem verdanken ihnen ganz allein ihren erhabenen Schwung, ihre feierliche Rührung, die sie hervorbringen.


Hörner.


Wenn die Trompeten diopsonisch schmettern, singen seine Hörner ihre Töne in der Baßoktave fort. Doch braucht er sie nicht nur blos zur Füllung, sondern weiß[219] seine Gemählde vortrefflich damit zu schattiren. Vorzüglich in Bildern der Schwermuth geben sie die sanftesten Farben. Man erinnere sich der vortrefflichen obligaten Hornstelle in der Entführung aus dem Serail, bei der wehmuthsvollen Arie: Traurigkeit ward mir zum Looße, etc. Welcher Klageton! und wie schmelzend! Im Figaro und Don Juan bringt er es oft sehr scherzhaft an, wie in der Arie: Wollten Sie tanzen, Herr Graf Almaviva! und im Don Juan in der bekannten Arie Leporellos: Madamina il catalogo e questo. (Schöne Donna! dieses kleine Register.) Im ersten Quartett bei der Stelle: Rufe nur, du gutes Mädchen etc. gehn sie unisono mit der Singstimme.


Flöten.


Der Wirkungskreis dieses Instruments in der vollen Musik ist äußerst beschränkt,[220] wenn es nicht so angebracht wird, wie bei Mozart, daß es in der höchsten Oktave alle andre Instrumente überschreit, oder einzelne Solostellen hat, wie zum Beispiel die Zwischensätze mit Begleitung des Fagotts in der Zauberflötenouverture und dem Solo: »Wie mächtig ist dein Zauberton!« Auch erscheint es in Mozarts Komposizionen gewöhnlich nur einfach, oder unisono. Mit dem Solo der Flöte ist er äußerst sparsam; er zieht ihr die sanfter und doch kräftiger wirkende Klarinette vor. Allein wo er sie anbringt, steht sie jedesmal an ihrem rechten Platze. Man nehme die Solostellen in der Zauberflöte, die kreischenden Töne in der Ouverture des Don Juan, und das Duett: Vivat Bacchus! Bacchus lebe! etc. mit den Oktavflötchen oder die artigen Stellen dieses Instruments in La giardiniera, oder cosi fan tutte!


[221] Der Fagott


Ist, nächst der Klarinette, sein Lieblingsinstrument, und wird besonders zu Gemählden traulicher Zärtlichkeit, von ihm gebraucht. Seine Liebeserklärungen thut er mir Fagott und Klarinette. Mehrentheils schmiegt sich dieses Instrument an die Tenor- oder Baßstimme, begleitet oder reperkutirt die Klarinette, wie in dem mehrmals angeführten Terzett in cosi fan tutte: Prendi l'annello. Oder in dem Quintett in der Zauberflöte: »Hm, hm, hm, hm.« Gewöhnlich geht er in komischen Stellen mit dem Buffon, besonders in cosi fan tutte, Figaro und Don Juan mit den Parthien des Edukazionsraths, Figaro's, Leporello's und Papageno's. Den weiten Wirkungskreis dieses Instruments wußte Mozart in seinem ganzen Umfange zu benutzen. Aber unter allen ist die


[222] Klarinette mit dem Bassethorn


ohnstreitig sein Lieblingsinstrument. Schon diese Wahl zeigt von dem richtigen Geschmacke Mozarts. Gewiß ist die Klarinette unter allen Instrumenten dasjenige, welches in seinem Ambitus den Forderungen der Aesthetik am meisten entspricht. Ein Tonstück wird nur dann angenehm – und Annehmlichkeit ist doch sein Haupterforderniß – wenn es sich größtentheils in den mittlern Oktaven aufhält, wenn die angenehm tönenden Instrumente, vorzüglich Bratsche, Violonzell, Klarinette, Basset- und Waldhorn, so viel als möglich spielen. Kein Instrument verbindet mit Volltönigkeit so viele Anmuth, als die Klarinette. Das ihr angewiesene Gebiet ist ganz dazu geschaffen, die zartesten Empfindungen der Seele im unisono nachzublasen. Ihr Odem ist sanft und kraftvoll, nicht das kränkelnde Gewinsel der[223] Flöte, nicht das Mark durchdringende Gekreisch der Hoboe. Man sehe, zu welchen Zwecken sie Mozart zu verbrauchen weiß, wie häufig er sie anwendet und wie gern er ihr die Melodie zutheilt. Man höre ihre Wirkung mit dem Fagotte vereint in dem Liede des Cherubino voi che sapete, oder im Terzett des zweiten Akts im Don Juan, wo sie mit dem Fagotte in einer Stelle wechselt! Und wie nahmenlos schön konzertiren diese Instrumente während der haltenden Singnote in Oktavio's Tenorarie: Il mio tesoro intanto (Sc. X. No. 8. 2. Akt.)

Die entschiedene Wirkung des Bassethorns in der Arie: »Ach ich liebte! war so glücklich!« in der Entführung aus dem Serail, und jener: Non piu di fiori in Clemenza wird hoffentlich keinem Kenner Mozartischer Musik fremd geblieben seyn.[224]

Zum Schattengemählde seines Requiem waren ihm die Klarinetten noch zu lichte. Er nahm deshalb Bassethörner, und wessen Herz schmolz nicht bei ihren schwermüthigen Tönen, der dieses aus Leiden und Himmelsahnung gewebte Bild jemals in seine Seele faßte?


Die Hoboen


brauchte er mehr zur Füllung und zog ihren Wirkungskreis etwas enger zusammen. Sie erscheinen im Tutti, in haltenden Noten. Ihre Solos sind immer sehr kurz, und verfehlen daher niemals ihre Wirkung. Ihr durchdrigender Ton ist nicht für die Dauer, wenn er nicht alle seine Annehmlichkeit verliehren und widerlich werden soll. Die Behandlung dieses Instruments erfordert die größte Sorgfalt und eine strengere Oekonomie,[225] als jedes andere Instrument, da es sich vor allen bemerkbar macht, und mit seinen hohen Tönen im ganzen Orchester durchdringt. Wenn der Ton der Flöte unter den Geigen ungehört verhallet, wenn der Fagott mit Baß und Waldhorn im Unisono verbrummt, die Klarinette an der Geige lehnt, steht die Hoboe ganz allein auf der Höhe ihrer Tonleiter und fällt am mehrsten in die Augen. Eine einzige Note von diesem Instrumente, zur Unzeit angebracht, verdirbt oft ein ganzes Stück, das sonst vielleicht nicht ohne Verdienst seyn kann. Je durchdringender sein Ton ist, desto größern Effekt macht ein mit weiser Sparsamkeit angebrachtes Solo. Blos um das seiner Musik so nöthige Gleichgewicht nicht aufzuheben, ließ er die Hoboen zurücktreten; hingegen behaupten sie auch jedesmal ihren Platz mit Beifall. Hieher gehört unter andern das Schlußchor[226] im Don Juan (im ersten Final 4/4) »Bebe! bebe Missethäter!« die einzelnen Konzertantstellen im Figaro etc. Und wie sprechend ist das Solo des Andante der Ouverture in der Entführung aus dem Serail! Oder wie herzangreifend mahlt er den Schmerz des sterbenden Komthurs in dem Solo: chb, a as g g, f. (im Eingange zum Don Juan) Jede Note ist ein neuer Stich ans Herz.


Violinen und Bratsche


sind nicht durch Ueberladungen und überkünstelte Passagen gehemmt. Sie stehen als Begleite- und Soloinstrumente abwechselnd auf ihrem Platze, und verbinden die einzelnen Parthien zum Ganzen, ohne diesem durch großes Bemerkbarmachen zu schaden. Ihr Wirkungskreis ist in dem Verhältniße beschränkt, als es das Gleichgewicht[227] und der Plan des Ganzen erfordert. Mozart war ein starker Kolorist in der Musik, und bediente sich zu seinen Lichtern mehrentheils der Blaßinstrumente, weil sie schärfer markiren und ihre Umrisse nicht so leicht verdeckt werden können, als jene der Saiteninstrumente; daher das hervorstehende seiner Solos, das Lichte, Gehobene auf seinen Bildern, die deutlichen Umrisse; daher die schnelle Verständlichkeit, das allgewaltige Ergreifen, Hinreißen. – Aus demselben Grunde theilt auch


das Violonzell


bei Mozart seinen Ruhm mit dem Fagotte. Und dennoch kann man ihn gegen dieses Instrument nichts weniger als der Partheilichkeit beschuldigen. Auf seinen reichen Blumenbetten blüht manch bescheidenes[228] Veilchen für den Violonzellisten. Man betrachte die Arie der Zerline im Don Juan vor dem ersten Final: »Schmäle, schmäle, lieber Junge!« wo das Violonzell durchgehends obligat ist, und ganz allein das Feld behauptet. Mit gutem Vorbedacht setzte Mozart diese sanfte Arie mit dem sanftesten Instrumente unmittelbar vor den braußenden Final, um diesen desto mehr herauszuheben. Kurz jedes Instrument steht bei Mozart auf dem rechten Platze, mit gleicher Liebe behandelt. Aber seine kräftigen


Bässe


sind würdig, die Last eines solchen Harmoniegebäudes zu tragen, wie Mozart ihnen aufschulterte. Sie wirken nachdrücklich und alle Konstruktion fühlt man lediglich aus ihnen berechnet. Sie sind der[229] ernste, dunkle, undurchdringliche Grund, auf dem sich der schönfarbige Regenbogen seiner Instrumentazion desto glänzender, desto deutlicher hervorhebt. Und wie innig umfängt dieser Vater seine aus ihm hervortanzenden, schreitenden, springenden und trippelnden Kinder! Wie genau vorwebt er sich in die Laufbahn eines jeden! Bässe setzen muß man nur von Mozart lernen. Ihre Wirkung bei Rezitativen ist außerordentlich, und unter der vollen Musik thun sie Wunder. Sie durchtönen, unterstützen alles und heben jeden Ton zu seinem eigenthümlichen Wohllaut empor. Oft läßt er seine Kontrebässe einige Takte pausiren, aber dann ist ihr Einfallen auch hereinbrausender Gewittersturm, neue Doppelkraft. Jene Pausen waren Vorbereitugen, den Eindruck zu verstärken. Selten hebt er diese Base der Musik aus ihrem Gleichgewichte, läßt den Baß nicht[230] in Läufen und Springen umher kutschiren; wenn die Instrumente über ihm toben, bleibt er unerschütterlich. Nur wenn der daherbrausende Orkan des Unisono den ganzen musikalischen Weltbau aus seinen Angeln rückt, wälzt sich auch der Baß mit fort, und wie kühn, wie erschütternd sind seine Unisono's! Der Ernst, mit dem Mozart seine Bässe behandelt, ist seinen Komposizionen entsprechend. Nie läßt er sich hinreißen, und den hüpfendsten Stellen liegt ein ernster Baß zum Grunde, der sich gleich bleibt, wie die Norm der zu entwickelnden Ziffern, die er angiebt.

Quelle:
Arnold, Ignaz Ferdinand Cajetan: Mozarts Geist. Erfurt 1803, S. 207-231.
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