VII.

Völlige Einsamkeit.

[151] Genf: Campagne aux Artichauts. – Die ›Meistersinger‹ wieder aufgenommen. – Ausflug nach Frankreich. – Minnas Tod. – Korrespondenz mit dem König. – Belästigungen durch Kälte und mangelnde häusliche Bequemlichkeit. – Entdeckung von Triebschen und Umzug dahin. – Völlige Einsamkeit, verdüsterte Stimmung und Todesgedanken.


Meine persönliche Lage war nicht erfreulich: meinen Entschluß, mich gänzlich von München zu wenden, erschütterte die ergreifendste Kundgebung der großen Liebe des Königs zu mir. Es kostete mich große mühevolle Not, bei meinem Entschlusse zu beharren.

Richard Wagner.


Am Sonntag den 10. Dezember in der Frühe hatte Wagner der Isarstadt den Rücken gekehrt, um in einem Zuge ohne jeden weiteren Aufenthalt nach Vevey zu gehen und sich daselbst, an den schönen Ufern des Genfer Sees, die neue Heimstätte zu suchen. Einstweilen nahm er, zu weiterer Umschau, in der anmutig gelegenen Pension du Rivage eines Herrn Prelaz Wohnung. Von hier aus entsandte er die ersten brieflichen Grüße an die in München zurückgelassenen Freunde und richtete auch, am 15, ein längeres aufklärendes Schreiben an Fröbel über die Veranlassungen zu der, seit dem Februar gegen ihn losgelassenen und nun – scheinbar! – mm Ziele gelangten Agitation und die, seitens ihrer Veranstalter unternommenen, vergeblichen Versuche, ihn zu einem brauchbaren Werkzeuge für ihre Zwecke zu machen. Hätte er dieser Art von ›Klugheit‹ Gehör und den an ihn gerichteten Zumutungen nach gegeben, aus der Sphäre seiner rein künstlerischen Interessen herauszutreten, er hätte keinerlei Beunruhigungen zu scheuen gehabt und ruhig in München bleiben dürfen. ›Über meine Münchener Beziehungen‹, schrieb er im gleichen Sinne an Frau Wille, ›kann ich Ihnen wenig sagen: die Lügendünste müssen Sie sich selbst klären können. Ich nehme eben alles [152] ernst und von Klugheit‹ (in der obigen Bedeutung des Wortes!) ›konnte bei mir keine Rede sein. Jetzt gilt es, dem jungen König etwas Zeit zu lassen, damit er das Regieren und Herr-sein nun ein wenig lerne. Seine zu große Liebe zu mir machte ihn für alles Umschauen nach anderen Verhältnissen blind: so war er leicht zu täuschen. Doch hoffe ich für ihn; wie ich seiner Liebe für ewig gewiß bin, vertraue ich auch auf die Entwickelung seiner herrlichen Anlagen.‹ Mit ähnlich hoffnungsvollen und ermutigenden Worten erwiderte er am Weihnachtsabend den begeisterten Brief eines ihm bis dahin persönlich unbekannten Münchener Verehrers. ›Haben Sie innigen Dank!‹ schrieb er diesem. ›Wie sehr mich Ihr Brief erfreut, erfahren Sie daraus, daß ich ihn dem jungen König von Bayern zusende, um auch ihn zu erfreuen. Vor allem bedurfte ich jetzt Entfernung von Aufregungen, um zu versuchen, ob ich mir und meinen Arbeiten wieder angehören kann. Ich habe im übrigen keinen Grund, meine Hoffnungen auf den König aufzugeben: was ich damit Trostreiches sage, würden Sie begreifen, wenn Sie wissen, wie hoch sich diese Hoffnungen gesteigert haben. Die Zeit der Prüfung ist für ihn da. er wird sie bestehen. Sehen Sie ihn erstarken, dann rufen Sie mit mir: Heil Deutschland!1

Inzwischen hatte er es an Bemühungen für die Gewinnung einer passenden Häuslichkeit nicht fehlen lassen; doch war die Aufgabe keine leichte! Vergebens sah er sich, zunächst in der Umgebung von Vewey, nach einem stillen und abgelegenen Wohnsitz um. Er begab sich daher etwa acht Tage nach seiner Ankunft auf die andere Seite des Sees nach Genf, um von hier aus, wo er im Hotel Metropole Wohnung nahm, seine Nachforschungen fortzusetzen. In der Nähe der Stadt wurde ihm die Campagne aux artichauts, ein soeben freistehendes Landhaus mit schöner Landumgebung und alten Bäumen, in ruhiger Lage abseits von allem Verkehr, empfohlen.2 Er mietete die Villa vom 1. Januar 1866 ab auf ein Vierteljahr für den vereinbarten Preis von 1500 Frs, bis zum 1. April. Bereits vom Ende Dezember, als das Haus noch keineswegs in einem beziehbaren Zustande war, sind seine Briefe von dort aus datiert.3 Eine Bülowsche briefliche Nachricht, die offenbar den frischen Eindruck eines soeben empfangenen Festgrußes zum 25. wiedergibt, [153] lautet wie folgt: ›Von Genf gute Nachrichten, jedenfalls bleibt Wagner bis Ostern dort. Eine hübsche, zur Arbeit einladende und befähigende Wohnung hat er bereits gefunden; sein Humor ist unverwüstlich. Außerdem habe ich ihn in den schlimmsten Tagen seines unruhigen Geschickes gerade stets am würdevollsten gesehen.‹ Ganz abgesehen davon, daß der Humor, selbst der ›unverwüstlichste‹ wahrhaft großer Naturen, immer auf einem ernsten Grunde beruht, scheint uns die optimistisch heitere Färbung dieser Bülowschen Nachricht in erster Linie wohl durch den berechtigten Wunsch erklärt, entfernten Freunden (welche die erlebten Vorgänge bloß durch die entstellenden Zeitungsberichte kannten) den Anlaß zu unbegründeten Befürchtungen zu benehmen;4 wenigstens sind die uns vorliegenden Notizen der guten ›Vreneli‹ auf einen ganz anderen, weit ernsteren Grundton gestimmt. ›Am Weihnachts abend‹, so berichtet diese, ›berief er Franz und mich zu sich. »Welch' ein Unterschied.« – sagte er, »– Weihnachten letztes Jahr und jetzt! Ich bin recht traurig gestimmt; aber ich hoffe zuversichtlich, nächste Weihnachten wieder mit meinen Münchener Freunden zusammen verleben zu können.« Trotz seiner Mißstimmung‹, fährt sie fort, ›hatte er nicht vergessen selbst einige Einkäufe zu machen, (um) uns damit zu erfreuen.‹ Diese trauliche Szene – der große Einsame in seinem Verlangen nach unmittelbar gegenwärtiger warmer Herzensliebe nun ausschließlich nur noch auf entfernte Freunde und in nächster Umgebung bloß auf seine treuen Diener angewiesen! – scheint noch im Hotel Metropole in Genf vor sich gegangen zu sein. Der Einzug in die Artichauts fand nach denselben zuverlässigen Aufzeichnungen ›so um Neujahr 1866‹ statt: ›bei recht trübem Wetter wurde in das feuchtkalte Haus eingezogen; der Herr war dazu noch recht unwohl und in sehr gedrückter Stimmung.‹

Von anderer Seite her werden uns seine Bemühungen geschildert, die öden Räume seiner neuen Umgebung, in denen er nun mindestens ein Vierteljahr hindurch leben und schaffen sollte, seinen Bedürfnissen entsprechend nach Möglichkeit wohnlich zu machen Er habe sich dazu einen solchen Tapezier bestellt, der ›weder Meister noch Geselle‹ sei, weil ›er selbst der Meister bleiben und denen, die für ihn arbeiteten, nach seinen eigenen Ideen Ratschläge erteilen wollte.‹5 Als solcher wurde ihm ein gewisser Genfer Tapezier, [154] Namens Giroud, zugeführt, welcher mit einer großen Anzahl kostbarer Teppiche und Vorhänge ankam und sich während der Ausführung seiner Arbeiten nicht genug über die Lebhaftigkeit des Meisters wundern konnte. ›Er war schwer zu befriedigen: er nahm die Stoffe einen nach dem andern und betrachtete sie mitten durch, sie zurückstoßend und wieder aufnehmend, hernach mit einander vergleichend.‹ Da die Mauern des Zimmers mit Gips versehen waren, wollte der Tapezier ein Holzwerk darüber stellen, damit er die gewichtige Garnitur mittelst Nägeln haltbar machen könne. ›Davon wollte Wagner nichts hören; er wollte kein Holz unter seinen Teppichen wissen, und war der Meinung, sie würden auch ohne diesen Zusatz halten.‹ Und um zu zeigen, wie er es meine, habe er selbst das Fußgestell und die Leiter bestiegen und nach Hammer und Nägeln gegriffen. Aber ›einmal entfiel ihm der Hammer, das andere Mal wieder die Nägel, und da er endlich genug hinauf- und heruntergestiegen war, ließ er verdrießlich die Arbeit liegen, den Tapezier zur schleunigsten Eile ermunternd.‹ Während der Arbeit kam er wiederholt zu ihm, und wenn ein Arrangement besonders nach seinen Wünschen geglückt war, so – ›machte er einen wahren Freudensprung‹. Wie eigenartig lebendig sich die Phantasie des Meisters bei diesem Anlaß bezeigt, das blieb diesem einfachen Manne zeitlebens im Gedächtnis, und er unterläßt es daher nicht, den obigen, seinem Gesichtskreis angemessenen, Erinnerungen die Versicherung anzuschließen, wie diese Phantasie sich mit nichts Hergebrachtem, Konventionellem, habe begnügen können.6 Im übrigen tritt uns auch aus dieser Episode seine charakteristische Gewohnheit entgegen, sich bei jeder Gelegenheit, wo es sich um die Ausführung seiner Gedanken handelte, stets selbst zu betätigen, mit Hand anzulegen und das Beispiel zu geben.

Wir fügen unserer Erzählung an dieser Stelle noch einige der kleinen Äußerlichkeiten ein, wie sie der oben erwähnte fleißige Sammler7 aus dem Munde ›glaubwürdiger Leute‹ als Erkundigungen über seine damalige Lebensweise eingezogen.8 Darnach soll der Meister damals um 81/2, oder 9 Uhr Morgens aufgestanden und sein Frühstück im Bette zu sich genommen haben. Da beides sonst nicht seine Gewohnheit war und er vielmehr zu den Frühaufstehern gehörte, dürfen wir daraus mit Sicherheit den Schluß ziehen, die ›feuchtkalte‹ Wohnung, in welcher nur ein einziges Zimmer wirklich heizbar war, die übrigen Räume aber nur ein unbegrenztes Feuerungsmaterial verschlangen, habe ihm diese Lebensweise aufgezwungen und er sei darin [155] häufig leidend gewesen.9 ›Um 121/2 Uhr fand das Mittagessen statt, welches gewöhnlich aus Beefsteak, Kartoffeln und anderem Gemüse zusammengestellt war; er hatte eine Vorliebe für Meerrettich. Während der Mahlzeit trank er Bier, welches er sich direkt aus München kommen und vom Kammerdiener in Flaschen abfüllen ließ Sein Lieblingswein war der Johannisberger, und man mußte ihm schon einen erheblichen Dienst geleistet haben, damit er jemandem eine Flasche davon anbot. Er rauchte selten, nahm aber dagegen Schnupftabak von der feinsten Qualität. Nach dem Mittagessen machte er einen Spaziergang, wobei er dann sein Barett gegen einen Filzhut und seinen Sammet-Talar gegen einen gewöhnlichen Rock vertauschte. Auf diesen Spaziergängen war er stets von seinem treuen und stattlichen Hunde (Pohl) begleitet.‹ Die Pächterin der Artichauts, Frau Tavel, versichert, er sei dabei immer (wie auch in seinem Hause), sehr freigebig gegen die Armen gewesen. ›Zuweilen richtete er diese Spaziergänge auch nach der Stadt, wo er öfters den Pianofortefabrikanten Mr. Dubach aufsuchte, von welchem er während dieses provisorischen Aufenthaltes einen Erardschen Flügel gemietet und mit dem er sich dann wohl auch bei gelegentlichem Vorsprechen, über Musik unterhielt.‹ ›Nach den Erinnerungen dieses Herrn habe er dabei, sein Erstaunen ausgedrückt, daß seine Kompositionen der Gegenstand so vieler Abneigung seien, dennoch aber fest auf deren spätere Erfolge vertraut.‹ Von seiner äußeren Erscheinung heißt es dann weiter: ›um diese Zeit waren seine Haare bereits leicht ergraut; er hatte ein bleiches, aber sehr ausdrucksvolles Gesicht. Er sprach mit vieler Bescheidenheit, seine ganze Person hatte einen ernsthaften träumerischen Charakter (l'air plutôt triste et rêveur).‹ Daß er dann, von seinen Spaziergängen heimgekehrt, Abends nach dem Nachtessen noch, ›bis tief in die Nacht hinein‹ gearbeitet, wobei er ›gesungen und die Begleitung auf dem Klavier ausgeführt‹ habe, führen wir hier in dem gleichen Zusammenhange mit an, indem wir die Richtigkeit dieser Angabe auf sich beruhen lassen. Seine eigentlichen Arbeitsstunden waren zu allen Zeiten seines Lebens sonst immer die frühen Morgenstunden, und weiterhin der ganze Vormittag; sollte es in den Artichauts anders gewesen sein, so müssen ganz eigenartige lokale Gründe ihm die sonstige Gewohnheit verleidet haben Vielleicht trug auch die völlige Einsamkeit seines Aufenthaltes dazu bei, die bei seinem großen unausgesetzten Mitteilungsbedürfnis niemand schwerer ertrug, als gerade er. Jedenfalls bedürfen wir nicht erst des ausdrücklichen Zeugnisses der ›glaubwürdigen Leute‹, um zu wissen, daß er daselbst ›ein sehr zurückgezogenes Leben geführt und nur spärliche Visiten empfangen habe‹!10 [156] ›Aus reiner Not‹, so schreibt er vielmehr selbst, ›bin ich gezwungen, mit behutsamster Sorgfalt auf Ruhe bedacht zu sein: die Steigerung meines Leidens, übermäßige Aufgeregtheit des Nervensystems nötigt mich namentlich auch aus Rücksicht für andere jedem Umgange auszuweichen, da ich über nichts, auch das geringste nicht, ruhig sprechen kann, und durch meine ungemeine Reizbarkeit nur unangenehme Eindrücke bei anderen hervorbringe. Demnach lebe ich hier gegenwärtig in vollendetster Abgeschiedenheit. Vielleicht glückt es mir, durch endliches Wiederaufnehmen künstlerischer Arbeiten mir auch einige Ruhe wiederzugewinnen.‹11

Im Zusammenhange mit dem für München geplanten Theaterbau und den glühenden Wünschen seines königlichen Beschützers hatte er während des letzten Herbstes die Instrumentation des zweiten Aktes des ›Siegfried‹ vorgenommen und den dritten Akt in der Komposition zu skizzieren begonnen; jetzt, wo alles auf die Vollendung und Ausführung des Nibelungenwerkes Bezügliche wieder in ungewisse weite Ferne gerückt war, wandte er sich aufs neue den ›Meistersingern‹ zu. ›Erschien es doch‹, sagt er selbst im Rückblick auf diese Verhältnisse, ›als ob nun erst, da ich mit meinem ungemeinen Vorhaben an den hellen Tag gestellt war, all der Widerwille, der bisher im Verborgenen versteckt dagegen sich genährt hatte, zu seiner ganzen feindlichen Gewaltsamkeit sich entfesseln sollte. Wirklich mußte es dünken, als gäbe es nicht eines der Interessen, welche sowohl in unserer Presse, wie in unserer Gesellschaft sich vertreten wissen, dem die Ausführung meines Werkes und des damit verbundenen Aufführungsplanes nicht in feindseligster Weise entgegenträte. Um der schamlosen Richtung, welche diese aus jeder Sphäre der Gesellschaft sich kundgebende Anfeindung nahm, und rücksichtslos den Beschützer wie den Beschützten traf, auszuweichen, mußte ich selbst es mir angelegen sein lassen, den hervorragend kräftigen Charakter der Unternehmung, wie er hochsinnig ihr zuerkannt war, abzuschwächen, und diese dagegen in ein Geleise überzuleiten, in welchem sie zunächst ihren, die allgemeine Wut aufreizenden Charakter zu verdecken befähigt sein sollte. Ich suchte sogar die öffentliche Aufmerksamkeit gänzlich hiervon abzulenken, indem ich einige mühevoll gewonnene Ruhe dazu verwendete, die Partitur meiner »Meistersinger« zu vollenden, um mit diesem Werke mich scheinbar ganz im Geleise des gewohnten Herkommens im Betreff theatralischer Aufführungen zu zeigen.‹12 Es zeigt sich hierin ein tiefes Bedürfnis des Künstlers, nicht ins Unbestimmte, Allgemeine hinein zu schaffen, sondern um das Verständnis und die Liebe derselben Zeitgenossen, von denen er so viel zu leiden hatte, aufs neue zu werben, ja sich Verständnis und Liebe seines Volkes durch ein populäres Werk gleichsam zu erzwingen. So war es einst nach dem Wiener Zusammenbruch, den enttäuschungsreichen [157] ›Tristan‹-Erlebnissen von 1861 gewesen, als er sich zuerst für die ›Meistersinger von Nürnberg‹ entschieden hatte; so war es jetzt, nach der Münchener Katastrophe.

Doch ließ es die wenig geeignete Umgebung zu rechter Arbeitsmuße nicht kommen. Noch in demselben Monat Januar, in welchem er die Artichauts bezogen – kaum 3 Wochen nach dem erfolgten Einzuge – entstand in seiner Wohnung eine, an sich nicht bedeutende, Feuersbrunst. Die Gefahr derselben war zwar keineswegs so groß, als das Gerücht sie machte – es hieß damals: die Rettung der Meistersingerpartitur sei nur einem Zufall zu verdanken gewesen! – doch war das Feuer in dem einzigen heizbaren Zimmer seiner Wohnung ausgebrochen. Die Zeit bis zur Wiederherstellung der beschädigten Räumlichkeiten benutzte er auf ärztliche Empfehlung zu einem Ausflug in das südliche Frankreich, nach Lyon (22. Jan.), Toulon, Avignon und Marseille (25. Jan.), nicht ohne den Nebengedanken, dort vielleicht – in der Gegend von Marseille oder Toulon – ein Landhaus nach seinem Wunsche zu finden. Auch auf den Rastorten dieser kurzen Reise begleitete ihn die unbehagliche Rauheit der Witterung, die ihm den Aufenthalt in den übrigens so schön gelegenen Artichauts verdarb. ›Vom Grand Hôtel de Marseille aus‹, berichtet Vreneli, ›schrieb er um seinen Pelzmantel, und bedauerte, nichts Passendes (für eine dauernde Niederlassung) finden zu können.‹ Den Schluß dieses Briefes bildet der wehmütige Ausruf: ›O, mein Münchener Häuschen!‹ – Seine Reiselektüre bildete das altbayerische ›Rolandlied‹ des Pfaffen Konrad: tief ergriff es ihn, daß der verräterische Genelun es Karl dem Großen auszureden sucht, daß Roland in Not sei, als dessen Hornruf aus letztem harten Kampfe heraus an des Kaisers Ohr dringt. So war es damals, wie jetzt: wie dort Genelun zwischen den Helden und den Herrscher sich drängt, um den durch seine Verräterei verursachten Untergang des ersteren herbeizuführen, so zeigten sich jetzt seine Gegner geschäftig, ihn – wenn möglich – von seinem Könige abzuschneiden. Das war nun freilich bei der feurigen Anhänglichkeit seines jungen Schutzherrn nicht möglich: durch Briefe und Telegramme, die er dem Meister zukommen ließ, war dieser unablässig bemüht, die Entfernung liebevoll zu überbrücken. Eine dieser Depeschen, voll überschwänglicher Ergebenheit, eine poetische Beschwörung, er möchte sogleich nach München zurückkehren, schließt mit den im Zusammenhange unverständlichen Worten: ›ich höre das Horn‹ – offenbar steht sie in Beziehung zu Wagners Lektüre des Rolandliedes. In Marseille erreichte ihn, plötzlich und unerwartet, die Nachricht von dem Tode seiner Gattin. Die Depesche seines alten Dresdener Freundes Pusinelli, zugleich des Hausarztes und Hausfreundes der Verstorbenen, war nach Genf adressiert gewesen und hatte daher erst mehrere Irrfahrten durchgemacht, bevor sie – zwei Tage nach ihrer Absendung – spät Abends in seine Hände gelangte. ›Ich kann‹, so erwidert [158] er Tags darauf, ›bis heute Morgen, nach mühseliger Nacht, meinen Zustand noch nicht anders schildern, als den einer vollständigen Betäubung, in welcher ich dumpf vor mich hinbrüte, ohne zu wissen, was ich etwa auszusinnen hätte.‹ Eine Teilnahme an der Bestattungsfeierlichkeit war schon durch die Kürze der Zeit ausgeschlossen. ›Ich nehme an, daß Eure freundliche Fürsorge der Leiche meiner unglücklichen, armen Frau in meinem Namen dieselbe Ehre erzeigen ließ, die ich ihr erzeigt haben würde, wenn sie glücklich an der Seite des von ihr beglückten Gemahles dahingeschieden wäre. Ganz in diesem Sinne bitte ich für ihre Ruhestätte zu sorgen.‹ Ein ausführlicher Brief Pusinellis vom 29. Januar – noch heute in Wahnfried aufbewahrt brachte ihm dann die verlangten näheren Auskünfte über ihre letzten Tage und Stunden. Den Tag vor ihrem Ende und noch Abends sei sie nach dem Zeugnis ihrer Hausgenossin noch munter, fast heiter gewesen; zur gewöhnlichen Zeit habe sie sich zur Ruhe begeben und niemand etwas Schlimmes geahnt: mitten in der Nacht setzte ein Herzschlag ihrem Leben ein Ziel. Alle alten Dresdener Freunde, Tichatschek, Heine, Hähnel, Kriete, Pusinelli, Kummer, Kietz u.a. hätten ihr in langem Zuge das Geleit zur letzten Ruhestätte gegeben. Ihre öffentliche Erklärung gegen die lügenhaften Erfindungen des Münchener ›Volksboten‹ (S. 149) war – kaum drei Wochen zuvor – eine ihrer letzten Lebenshandlungen gewesen.

Als der Meister unverrichteter Sache, d.h. ohne auf französischem Boden die gewünschte Häuslichkeit gefunden zu haben, von seinem achttägigen Ausfluge in die Artichauts zurückkehrte, fand er daselbst unter den eingelaufenen Briefen hauptsächlich die Beileidsbezeigungen seiner Freunde: außer dem erwähnten Schreiben Pusinellis ein solches von seiner Schwester Luise, die von Leipzig aus an der Feier der Exsequien teilgenommen, sowie auch einen Brief des Königs vom 28. Januar. ›Vor allem‹, heißt es in diesem letzteren ›drängt es mich Ihnen zu sagen, wie ich aus ganzer Seele den schweren Verlust den Sie erlitten ermesse, Ihren Schmerz mitfühle, da Ihre Gattin verschieden ist.‹ Die Briefe mit dem sächsischen Postzeichen (Pusinelli und Luise Brockhaus) wurden ihm durch die sorgliche Vorsicht Mrazeks, der die Verantwortung dafür auf sich nahm, einige Zeit vorenthalten. ›Ich erschien nach meiner Zurückkunft aus Südfrankreich so angegriffen, daß man glaubte, einige Tage schmerzliche Eindrücke von mir fern halten zu müssen.‹ So berichtet er selbst in seinem Antwortschreiben an Pusinelli, dem er für das, neue rührende Zeichen seiner Liebe ›seinen traurig-werten Brief‹ seinen Dank aus drückt. Auch hier klingen wieder die Erinnerungen der guten Vreneli herein, als ein Zeugnis dessen, wie die vertrautere Dienerschaft an dem Vorgange teilnahm; sie kannten die Beziehungen ihres Herrn zu der Dahingeschiedenen gut genug, um seine ernsten Empfindungen bei diesem Todesfalle zu teilen. ›Er hatte oft betont, daß er viel zu früh geheiratet hätte, daß er nicht das [159] Glück gehabt von seiner Frau verstanden zu werden, und so hatte ihm seine unüberlegte Heirat viel Kummer gemacht und sein Leben mannigfach erschwert.‹ Trotzdem hatte er ihr, mit der gleichen Langmut, die er ihr stets bewiesen, bis zum letzten Augenblick den ihr zukommenden Platz in seinem Herzen bewahrt. Gerade in den Tagen seines Abschiedes von München (7. Dezember) waren ihm neuerdings wieder beängstigende Nachrichten über ihr Befinden zugekommen; und es hatte ihm dabei zu völliger Beruhigung gereicht, daß sie an den aufregenden Katastrophen seiner letzten Lebensperiode doch wenigstens nicht unmittelbar, nur aus der Ferne, teilgenommen.13 Getrennt von ihm, wie sie die letzten Jahre ihres Lebens verbracht, war nun auch ihr Ende gewesen. ›Ruhe, Ruhe dem furchtbar gequälten Herzen der Bejammernswerten!‹ heißt es in seinem Brief an Pusinelli (26. Januar). ›Oh, sie, die endlich schmerzlos den Kampf abbrach, ist zu beneiden!‹ Und noch ein anderer schmerzlicher Eindruck erwartete ihn bei dieser Rückkehr, den wir hier nach den gleichen Aufzeichnungen Vrenelis wiedergeben. ›Während seiner Abwesenheit war sein treuer Hund Pohl erkrankt‹ (wir entsinnen uns, daß er diesen bereits von München in üblem Gesundheitszustande mitgebracht) ›und eines Morgens, nachdem er sich noch vor seines Herrn Tür geschleppt, fand man ihn daselbst tot. Das treue Tier nicht mehr am Leben zu finden, schmerzte ihn sehr, und als er vernahm, daß der Pächter es irgendwo in seinem Gemüsegarten verscharrt, war er darüber recht empört. An einem ruhigen Ort soll er begraben werden, nicht wo alle Jahre die Erde wieder umgegraben wird‹, sagte er, und so grub man ihn wieder aus und bestattete ihn von neuem, mit dem Halsband, das er im Leben getragen, und in den Teppich gehüllt, worauf er zu ruhen pflegte, in einem Gehölz zur Rechten der Hinterseite des Hauses, unter einer Baumgruppe mit Aussicht auf den See. Auch einen kleinen Stein, eine Marmorplatte mit der Inschrift: ›Seinem Pohl R. W‹, ließ ihm der Meister auf sein Grab legen14 ›Wagners Frau ist tot und sein Hund Pohl desgleichen‹, meldet bald darauf Bülow in einem seiner Briefe, in denen wir ja jede an dere Gemütsregung, nur keine Spur von Sentimentalität antreffen, in drastischer Zusammenfassung der beiden traurigen Vorgänge.15 ›Nun läßt sich ein famoser Artikel über seine Herzlosigkeit schreiben, daß er nicht zum Begräbnis in Dresden eingetroffen ist‹16.

Wir gedachten bereits der ununterbrochenen Folge von Briefen und Depeschen, mit denen der König ihn während dieser ganzen Zeit bestürmte, wieder in München seinen Wohnsitz zu nehmen. Allem derartigen Drängen [160] gegenüber hielt Wagner, so lebhaft seine Gefühle dadurch erregt werden mußten, gleichmäßig an der einen Bedingung fest: der Entfernung und Bestrafung derjenigen Personen, deren schamlosen Intriguen er hatte weichen müssen, und welche immer noch ihren Platz unter den Ratgebern des Monarchen behaupteten Andererseits war er sich dessen vollbewußt, ›in diesem unmittelbaren, so furchtbar dem Neide und Hasse ausgesetzten Verkehr mit dem Könige unmöglich Arbeitsruhe zu finden.‹ ›Wagners Rückkehr nach München lediglich Zeitfrage‹, lesen wir dagegen in einem Bülowschen Briefe aus dieser Übergangsperiode,17 ›im Mai spätestens‹ Dieser Widerspruch erklärt sich aus den eben erwähnten Umständen. In der Tat war der Meister in seinem Entschluß, sich ein für allemal von München abzuwenden, durch die Stetigkeit dieser angelegentlichen Bewerbungen vorübergehend erschüttert und wankend gemacht. In einer ergreifenden Kundgebung seiner Liebe zu ihm hatte König Ludwig ihn beschworen, an keine andere dauernde Niederlassung, als die in München begonnene, zu denken. ›Der Schreck über die, in diesem Sinne ausgesprochenen Wünsche des Königs‹, teilt sich Wagner selbst vertraulich darüber mit, ›scheint bei den Herren in München groß gewesen zu sein: Meister Pfordten ward von ihnen wieder vorgeritten und mußte dem Könige von neuem drohen, bei meiner Zurückkehr sein Portefeuille niederzulegen, – was »bei den jetzigen akuten Zeitverhältnissen großes Unglück über Bayern bringen müßte«. Die höhere Staatskunst‹, fährt Wagner in demselben Briefe fort, ›ist jetzt einmal in die Domäne des gemeinsten bureaukratischen Metiers verfallen: vor dieser widerlichen Maschinerie erschrickt der phantasievolle Jüngling, und sein Schrecken äußert sich vor der Hand noch als ein scheuer Respekt.‹18

Einstweilen gehörte für den Exilierten zu den mancherlei Entsagungen und Beschwerden seines interimistischen Aufenthaltes in der Genfer Villa – während dessen er allein 400 Francs monatlich für Holz auszugeben hatte und noch dazu ›von seiner Köchin bestohlen wurde‹ – insbesondere auch die beständige Entbehrung seiner gewohnten Bequemlichkeiten, seiner Bibliothek und seiner Partituren, die daheim in seinem ›Münchener Häuschen‹ seiner ungewissen Rückkehr harrten. So wünschte er u.a. einmal die Partitur seines ›Rheingoldes‹ zur Benutzung, – er mußte sie sich eigens dafür aus München kommen lassen. Aber wie jetzt den Ort beschreiben, wo sie etwa aufzufinden wäre? ›Liebe Anna!‹ – so beginnt ein darauf bezüglicher Zettel an die in München verbliebene Frau seines treuen Mrazek, worin er sie bittet, ›in seinem großen Schreibtisch eine Notenmappe zu suchen – von dunkelblauem Maroquin – auf dem Rücken stehe der Titel: Das Rheingold‹. Er gibt ihr darin die allergenauesten Instruktionen, wo sie dieselbe[161] eventuell zu suchen haben würde, und schließt mit den Worten: ›wenn sie auch da nicht sein sollte, so hätte sie der ††† geholt! Nun sehen Sie, ob Sie das Ding finden.‹ Die gleiche Belästigung, Gewohntes entbehren zu müssen, wiederholte sich aber in bezug auf tausend Bedürfnisse des täglichen Lebens, von den geringsten bis zu den wichtigsten, wie bei einer solchen doppelten Haushaltung nicht anders möglich. Nicht allein, daß er gezwungen war, in München zur Besorgung und Instandhaltung seiner dortigen Häuslichkeit überhaupt eine eigene Bedienung zu erhalten, sondern er mußte sich gegen Ende Februar sehr wider seinen Wunsch und Willen dazu entschließen, seinen bewährten Mrazek als ständigen Vermittler seiner dortigen Angelegenheiten ganz dahin abzusenden, d.h. also nicht allein seiner gewohnten täglichen Dienstleistungen entbehren, sondern sich für seinen derzeitigen faktischen Aufenthalt einen anderen Bedienten zu suchen, – einen französischen Schweizer von deutscher Herkunft, der zwar in des Meisters Leben keine weitere Rolle gespielt, aber doch volle dreizehn Monate in seinen Diensten gestanden hat.19 So lange dauerte die Ungewißheit über seine etwaige Rückkehr nach München! Unser mehrgenannter Gewährsmann für die äußerlichen Verhältnisse von Wagners Aufenthalt in den Artichauts erwähnt auch mit feierlichster Umständlichkeit der sonstigen, von ihm sorgsam erkundeten Bedienung.20 Daß der große Einsame bei alle dem doch nicht immer tadellos bedient war, beweist die folgende hübsche Anekdote, die uns mit dieser Gesindestuben-Episode aussöhnen muß. Als er eines Sonntag Morgens seine Haushälterin rufen ließ, mußte er vernehmen, sie sei zum Gottesdienst in die Kirche gegangen. Da rief er ärgerlich: ›Ah, das ist eine schlimme Geschichte! Wenn die Frauen in der Kirche sind, so ist der Teufel im Hause!‹21

Auf die trüben, niederdrückenden Tage trauriger Erlebnisse und unbehaglicher Witterung folgten dann auch wohl inzwischen wieder heitere. Wir schließen, aus dieser Zeit der Vollendung der Partitur des ersten Aktes der ›Meistersinger‹ in allertiefster Abgeschlossenheit nach außen, noch einige Einzelheiten aus dem häuslichen Leben des einsamen Weltenschöpfers an, aus den Aufzeichnungen der einzigen redenden Zeugin dieser Abgeschiedenheit, der trefflichen Vreneli, da wir überzeugt sind, sie werden dem Leser, gerade aus dieser Periode, in welcher alle anderen Nachrichten schweigen, in ihrer schlichten Einfalt nicht unwillkommen sein. Wie in seinem Leben alles so einzig ist, so [162] ist es gewiß auch die bloße Tatsache dieser rührenden Aufzeichnungen einer goldtreuen Seele, die in hohem Grade ein gemütliches Verständnis für alle seine häuslichen und persönlichen Bedürfnisse bewährt hat. Aus diesen Erinnerungen tritt uns so recht seine große Herzensgüte entgegen, welcher eine allein genossene Freude keine wahre Freude war. Ein Beispiel dafür. Aus den von Genf aus nach Süden, über den Einfluß der Rhone in den See hinweg, sichtbaren Höhen der Savoyer Alpen ragt als nächster erhabener Bergrücken der Kamm des Mont Salève empor, auf dessen halber Höhe er einst – vor gerade zehn Jahren – in Mornex sich die Genesung von der Gesichtsrose und den üblen Folgen des Londoner Zwanges gewonnen hatte.22 Einmal bei recht schönem Wetter habe er nun zu seiner Bedienung gesagt: ›Kinder, ich möchte gern einmal den Mont Salève besteigen, Ihr begleitet mich.‹ ›Am Fuße des Berges‹, heißt es nun weiter, ›wurden Esel gemietet, der Herr war in so fröhlicher Stimmung, wie seit lange nicht mehr. Trotzdem er an steilen Stellen dem Tiere zuliebe abstieg, erreichte er doch bedeutend früher als wir die Höhe, und als auch wir oben ankamen, flatterte uns bereits von einem Baume herunter ein rotes Sacktuch zum Zeichen, wo er abgestiegen sei.‹ Ohne Zweifel hatte er dasselbe bei seiner virtuosen Geschicklichkeit im Klettern eigenhändig an dem hohen Orte befestigt. ›Die Spaziergänge ohne sein treues Tier‹, fährt die Erzählerin fort, ›wurden ihm bald zu langweilig: er wünschte sich wieder einen Begleiter. Da wurde ihm Ruß, der große Neufundländer, angetragen, dessen treue Augen sich sofort seine Gunst erwarben. Das Tier wurde gekauft, und von nun an sah man ihn nie mehr ohne Ruß und – Peitsche, die er jedoch nie gebräuchte.‹ In der Tat bereitete ihm dieser feurig lebhafte Haus- und Spaziergangsgenosse durch sein übermütig unternehmendes Temperament, das ihn zu allerlei Angriffen auf lebende Wesen jeder Art verführte, noch gar mancherlei Ärger und Unannehmlichkeiten, die ihm aber doch niemals die Liebe seines Herrn entzogen.23

In der zweiten Hälfte des Februar, während Bülow in München für den König eine zweimalige Aufführung von Liszts ›heiliger Elisabeth‹ veranstaltete (24. Februar und 1. März), vernehmen wir in seinen Briefen die Nachricht aus Genf: ›Wagner wieder leidend! Aber Akt I der Meistersinger glücklich vollendet! Das Finale war ein großes Stück Arbeit.‹ Es ist ›berauschend schön – heiter, sprudelnd von Geist in jeder Hinsicht‹, schreibt er einige Wochen später darüber, nachdem er es erst zu sehen bekommen. Die Bemühungen um einen passenden Wohnsitz waren inzwischen um keinen Schritt ihrem Ziele näher gerückt. Um diese Zeit hatte ihm der Verwalter des Landgutes einen Engländer, welcher die Villa mieten wollte, [163] ins Haus geschickt, der ihm durch sein Erscheinen unliebsame Störungen bereitete. ›Sehr ungehalten darüber schrieb Wagner an Mr. Roy, indem er sich bitter beklagte, jetzt schon solchen unangenehmen Visiten ausgesetzt zu sein. Zu gleicher Zeit machte er ihm den Vorschlag, daß, wenn Mr. Roy einen annehmbaren Preis verlange, er sich wahrscheinlich entschließen würde, den Sommer über daselbst zu verbleiben. Auf dieses Schreiben hin begab sich Roy zu Wagner, um sich mit ihm zu verständigen, worauf ihm der Meister die Mitteilung machte, man hätte ihm den Landsitz Trembley, welcher ihm sehr gefiele, für den Preis von 2500 Franks angeboten. Da es in seiner Absicht liege, noch längere Zeit in Genf zu verbleiben, er aber den Umzug nicht leiden möge, so wolle er den Preis von 3500 Franks bis mm Ende des Jahres bieten. Roy verlangte 4500 Franks, Wagner wollte aber auf diesen Preis nicht eingehen. Die Unterhandlung blieb vorläufig unabgeschlossen, und als Mr. Roy abermals kam, um die Angelegenheit zu ordnen, fand er den Meister schwankend und unschlüssig infolge gewisser Nachrichten, die er inzwischen aus München erhalten.‹24 Einmal, so berichtet derselbe Erzähler, habe er auch das alte Genfer Theater besucht, wo er einer Vorstellung von Rossinis ›Barbier von Sevilla‹ beiwohnte.25

Eine tiefe Wohltat wurde ihm – nach dreimonatlicher völliger Abgeschlossenheit von allem Verkehr! – gegen die Mitte März durch den Besuch seiner hochherzigen Freundin Frau von Bülow zuteil.26 Während nämlich Bülow sich um diese Zeit zu Konzerten nach Erlangen, Düsseldorf, Elberfeld aufmachte, begab sich seine Gattin mit ihrer ältesten Tochter (der damals fünfjährigen Daniela) nach Genf. In großsinniger, lebhaft von ihm geteilter, Mitempfindung ihrer Sorge um den einsamen Freund, hatte Bülow selbst sie dahin entsandt, wie er denn auch schon in München darauf bestanden hatte, daß sie den größeren Teil ihres Tages im Hause des Meisters verbrachte, um ihm in edelster Pflichterfüllung die fehlende Hausfrau zu ersetzen, die Aufsicht über seinen Haushalt und einen großen Teil seiner Korrespondenz zu führen und an den wöchentlichen Empfangsabenden seinen Gästen die Honneurs zu machen, weshalb sie denn auch im unteren Stock seiner Villa ihre eigenen Räume, ihren eigenen Salon und ihr Arbeitszimmer hatte. Und hier endlich ist es auch für unsere Erzählung Zeit, dieser wundervollen, einzig beglückenden inneren Beziehung ausführlicher zu gedenken, nachdem bisher der reißende, geräuschvolle Strom seines äußeren Lebens im heldenhaften Ringen des Reformators, im Kampf gegen äußeres Wüten, Intrigue [164] und Hinterlist, unsere schildernde Feder allzu unausgesetzt in Anspruch genommen. Würde er aber wohl diesem rastlos ungestümen Andrang der heftigen Mißgunst, des neidgeschwollenen Hasses mit seinen vergifteten Waffen in gleicher Unnahbarkeit und Unverwundbarkeit, als es wirklich geschah, die Spitze habe bieten können, ohne den Besitz einer sicheren festen Burg in der Freundschaft seines Königs, in der heroisch erhabenen Liebe dieser unvergleichlichen Frau?

Wir müssen hier, zur charakteristischen Bezeichnung dieser Beziehung auf den bereits zitierten Ausspruch des Meisters (S. 16) von der ›tragischen Ehe‹ Bülows zurückweisen, welche dort einstweilen noch unerklärt bleiben mußte. Das Tragische dieser Ehe lag in ihren ersten Ursprüngen begründet: sie war in jedem Sinne ein tragisches Mißverständnis der tieferen Wirklichkeit der Dinge. Eines der unerhörten und seltenen Mißverständnisse, das nur unter schweren heißen Seelenkämpfen und -nöten sich löst, das aber um jener höheren Wirklichkeit willen, welche ihrer nicht spotten läßt, mit der Zeit endlich rein und völlig gelöst werden mußte. Um das Leben dieser einzigen Frau in seinen Hauptzügen zu vergegenwärtigen, haben wir glücklicherweise nur nötig, auf das in den früheren Bänden dieses Buches Gesagte zurückzuweisen. Den ersten Eindruck von der überwältigenden Persönlichkeit des Nibelungendichters hat sie an jenem Oktobertage des Jahres 1853 empfangen, der nie in ihrem Gedächtnis ausgelöscht, der ihr zeitlebens ein Gedenk- und Erinnerungstag geblieben ist.27 Zu höchster Verehrung des Genius hatte das Beispiel des eigenen Vaters sie angeleitet, der ihn damals den Kindern zu geführt, und der eigene hohe Schwung ihrer Seele sie darin bekräftigt. Im Alter von siebzehn Jahren, also fast noch ein Kind, war sie nach dem Willen ihres Vaters, zugleich mit der älteren Schwester Blandine, zu ihrer weiteren Ausbildung von Paris nach Berlin, in das Haus von Bülows Mutter übergesiedelt, wo sie den Unterricht des ebenfalls noch ganz jugendlichen Klaviermeisters genoß.28 Ein fast geschwisterliches Zusammenleben, die gleiche rückhaltlos begeisterte Ehrerbietung für den größten schaffenden Meister, die gleiche Liebe zu ihm ward für die beiden jugendlichen Geister das einigende Band. Was schien unter diesen Verhältnissen natürlicher, als die Verbindung von Liszts Lieblingstochter und Liszts hervorragendstem Lieblingsschüler? Wohl durfte es scheinen, als wären sie füreinander geschaffen. Und damit begann die tragische Täuschung. Es war keine beiderseitige heiße leidenschaftliche Neigung, kein mächtiger innerer Zwang, der sie zusammengeführt. Werbung und Gewährung schienen sich wie von selbst zu machen; der freudig erteilte Segen des Vaters bestätigte nur eine unwillkürlich vollzogene-Tatsache. Den Meister selbst sah sie erst auf ihrer Hochzeitsreise wieder;29 [165] er war ein verheirateter Mann, ein Altersunterschied von 24 Lebensjahren trennte ihn von der neuvermählten jungen Frau. Sie sah ihn unter dem Zwang und Druck einer unleidlichen ehelichen Verbindung, an der Seite des ›Tristan‹-Schöpfers eine Gattin ohne Schwung, ohne Glauben, ohne den allermindesten Sinn für seine Größe, ohne Verständnis für seine Stellung zur Mitwelt. Die Teilnahme aller seiner Freunde an diesem traurigen Mißverhältnis mußte in ihrem Innern noch eine ganz andere Kraft und Gestalt gewinnen. Sie mußte sich unwillkürlich, im Gegensatz zu dem Erlebten und Wahrgenommenen, ein Bild davon ausprägen, wie die Frau beschaffen sein mußte, die in wahlverwandter Geisteshöhe dem Großen zur Seite stehen und doch ehrerbietig vor ihm sich beugen, die ihm in seinem Ringen gegen eine ganze Mitwelt eine würdige Genossin, eine Vertraute, eine Gehilfin sein konnte. In den wechselnden Katastrophen seines Lebens während der nächstfolgenden Jahre, in seiner wachsenden Verlassenheit und Vereinsamung, war sie, mitfühlend und mitleidend, ihrer eigentlichen Lebensaufgabe sich mehr und mehr bewußt geworden: es war diejenige, welche die größere Opferkraft und -freudigkeit verlangte und die höhere Pflichterfüllung auferlegte. Auch ohne ihm die Gattin zu sein, war sie ihm mit ihrer hohen geistigen Veranlagung, mit ihrer Fähigkeit zur Beherrschung der schwierigsten Verhältnisse die hilfreiche Freundin geworden. Sie konnte mit Stolz von sich sagen, wie es in einem ihrer veröffentlichten Briefe heißt. ›er pflegt meine Ansicht in einem peinlichen Falle zu hören.‹ Sie nahm ihm einen großen Teil seiner täglichen Korrespondenz ab, selbst mit dem königlichen Freunde.30 Die Wirklichkeit der Dinge war damit um einen entscheidenden Schritt dem Siege über den täuschenden Anschein näher getreten. Nun aber kam seine Verbannung in eine ferne Einsamkeit, in welche sie ihm zu folgen in den Augen der Welt nicht berechtigt war. Der täuschende Schein des Tages, in welchem sie die Gattin eines andern war, machte herrisch sein Recht geltend. Es gehörte ein wahrhaft übermenschlicher Mut dazu, trotz allem für die erkannte ›Wirklichkeit‹ in den Kampf zu treten, den rechten Weg zur Erfüllung der höheren Pflicht zu finden, dem Verbannten zu folgen, mit Liebesmacht in sein Leben einzugreifen, diesem Leben die rechte, entscheidende Wendung zu geben, dem Umhergetriebenen, Verschlagenen ›Haus, Heim und alles, dessen ein Künstler bedarf, zu bereiten.‹

Und um ein ›Haus und Heim‹ im allerbuchstäblichsten Sinne handelte es sich zunächst. Von einem dauernden Verbleiben in den Artichauts konnte keine Rede sein. Das Wetter war, mit einigen kurzen Unterbrechungen, bis [166] in den März hinein rauh und winterlich geblieben. Bei Frost und Schnee verließen sie das wenig gastliche Haus, um durch fortgesetztes Suchen in der näheren und ferneren Umgebung die bisherigen Bemühungen zu erfolgreichem Abschluß zu bringen. Eine mehrwöchentliche Umschau, zuerst in der französischen Schweiz, führte zu keinem günstigen Ergebnis. Es war der Vorschlag Cosimas, diese Bemühungen auf dem Boden der deutschen Schweiz fortzusetzen, die ja auch besser für ihn passe. Aber auch dort blieben alle Nachforschungen resultatlos. Dazu drängte die Zeit. Am 1. April lief der Mietkontrakt in dem Genfer Landhause ab, am letzten März der häusliche Urlaub der edlen Frau. Da endlich geschah es, an eben diesem letzten März, daß sie – bei einer Dampfschiffahrt über den Vierwaldstätter See – auf einer vorspringenden Landzunge in lauschiger Parkumgebung, zwischen hohen alten Bäumen ein einfaches zweistöckiges Häuschen bemerkten, das durch seine isolierte Lage ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie erkundigten sich darnach, die Antwort war: ›Ach, das ist nichts für Sie, ein altes Haus, zerfallen und verwahrlost.‹ Als Besitzer wurde ihnen ein Herr Obrist Am-Ryn genannt. Und doch war es das Rechte Tags darauf, am Ostersonntag d. 1. April 1866 bei sonnig heiterem Wetter, besichtigte der Meister das Haus, fand es, bis auf einige dringend nötige Reparaturen, seinen Anforderungen entsprechend und mietete es sogleich, zunächst auf ein Jahr. So ward – in Drang und Not – das heimisch trauliche Triebschen entdeckt, die Insel der Glücklichen, in deren sicherer Geborgenheit sechs ungetrübte Schaffensjahre dem Vielverschlagenen verflossen, die entscheidendsten Ereignisse seines ferneren Lebens sich teils vollzogen, teils anbahnten, – sechs volle Jahre der reichsten Tätigkeit nach jeder Seite hin, bis zur Übersiedelung nach Bayreuth. Beruhigt konnte nunmehr die hochherzige Helferin, nach dem Ablauf ihrer Beurlaubung, direkt vom Luzerner Schweizerhof aus ihre Rückreise nach München antreten. Sie hatte noch mit dem Hausherrn selbst darüber verkehrt, das Haus zwar nicht mehr betreten, konnte aber doch den Freund mit dem tröstlichen Gedanken verlassen, daß er eine Stätte, und zwar auf deutschem Boden gefunden.

Ein nach München gerichtetes Blatt von diesem selben Ostersonntag erteilt dem ehrlichen Franz alle auf die Übersiedelung bezüglichen Aufträge. Alles mit jener peinlichen Sorgfalt und Genauigkeit, welche jede von seiner Hand ausgehende Anordnung charakterisiert.31 Als erste Vorschrift wird ihm [167] der Auftrag erteilt: ›vom schweizerischen Konsul (in München!) sich eine schriftliche Bescheinigung zu verschaffen, daß eine ganze Einrichtung, welche schon gebraucht sei, zur Übersiedelung abgehe.‹ Sodann: ›Zuerst alles ordentlich abstäuben und alle Sachen bei verschlossenen Türen abnehmen und einpacken; alles, was Holzmöbel sind, nicht zu bedecken!‹32 usw. Unmittelbar darauf begab er sich nach Genf zurück, wo er bis zum 4. April den ganzen Umzug anordnete. ›Wie oft werde ich noch wandern müssen, bis ich einst ein wirkliches Heim gefunden!‹ sagte er dabei zu Vreneli. Von Genf aus nahm er als bewährten Gehilfen für die Triebschener Einrichtung den dortigen Tapezierer Giroud mit sich, dem er auch die Verpackung seiner Genfer Habseligkeiten an Möbeln und sonstigem Hausgeräte überließ.

Hart am See lag auf einem mäßigen Hügel, der sich nach dem See hinabsenkt, an der scharfen Ecke, wo der Vierwaldstätter See nach Alpnach umbiegt, das anspruchslose alte Haus, das ihm nach allen überstandenen Stürmen die endliche Zuflucht gewähren sollte. Vor ihm die schöne breite Wasserfläche mit ihrem durchsichtig klaren Blau, auf dem in beständigem Wechsel unzählige Lichtreflexe und alle möglichen Farbentöne der näheren und ferneren Umgebung spielten. Dahinter, am jenseitigen Ufer, teils vorspringendes fruchtbares Gelände, teils die darüber hinaus ragenden schroffen und nackten düsteren Felswände des Rigi (Kulm und Kaltbad) und der übrigen Gebirgskette; links die Stadt Luzern, rechts der Pilatus. Im Hintergrunde in weitausgedehntem Panorama Vitznau, Vossen, die Gotthardspitzen, rechts der vereiste Uri-Rotstock, den er einst gemeinschaftlich mit Uhlig bestiegen, und von dem aus er ihm bei der nächsten Besteigung Grüße entsandt hatte.33 Auf ihren erhabenen Gipfeln lag strahlend, wie ein weißer Schleier, der ewig fleckenlose Winterschnee. Das nach allen Richtungen hin völlig einzelnstehende, schlichte, viereckige, zweistöckige Haus mit altmodischem hohen Dach – Wagner nennt es in einem Briefe an Pusinelli vom 12. Jan. 1870 sein ›großes Bauernhaus‹ – stand mitten in einem großen, mit aufstrebenden Pappeln und anderen hohen Bäumen bepflanzten Wiesengarten, dessen buschigster Teil späterhin von den Kindern mit dem Namen ›Räuberpark‹ bezeichnet wurde und unter dieser Benennung in der Familie historisch geworden ist, [168] und hatte an der Seebucht eine Kahnstation für seine Bewohner, die auf dem Wasserwege am schnellsten nach Luzern gelangen konnten. Der Fußweg führte von Luzern quer durch den Bahnhof, über Wiesen, an einigen Bauerngütern vorbei, zu einer mäßigen Anhöhe, auf welcher mehrere Villen zu passieren waren, bevor man zur äußersten Landspitze von Triebschen gelangte. Zunächst mußte er noch in dem ihm altvertrauten ›Schweizerhof‹ absteigen (wo er vor sieben Jahren die Partitur seines ›Tristan‹ vollendet), da es noch wochenlang dauerte, bis die nötigen Arbeiten an dem längere Zeit hindurch verwahrlosten Bau ausgeführt waren. Wer hätte auch in einem so alten, abgelegenen Hause zu wohnen Lust gehabt? ›Es war‹, so erzählt Vreneli, ›eben nicht in sehr wohnlichem Zustande, doch gefiel es dem Herrn sehr, da es gänzlich von jedem Verkehr abgeschlossen war. Auch gab es wieder recht viel Ärger der Mißverständnisse der Arbeiter wegen; doch endlich glückte alles nach Wunsch. »Hier bringt mich kein Mensch wieder hinaus«, sagte er beim Einzuge.‹ In der Tat blieb ihm dieser liebliche Landsitz, auch nach der späteren Übersiedelung nach Bayreuth, als der eigentlich erste wirkliche Ruheport seines Lebens, an dem er auch seine eigene Familie begründete, in stetem dankbarem Gedächtnis. Es bleibt demnach für immer zu beklagen, daß in den letzten Jahren seines Lebens, als – nach langem Darben und Entbehren – die Mittel aus seinen Werken ihm endlich reichlicher zuzufließen begannen, es ihm dennoch nicht möglich war, neben seiner Bayreuther Niederlassung auch noch diesen altheimischen Ruheort zu dauerndem Besitz zu erwerben, sondern derselbe in fremde Hände überging! Aber das angestammte Wappen von Triebschen (in einem Kochlöffel bestehend) blieb ihm das dauernde Symbol der endlich gewonnenen Heimat und ist als solches in Glasmalerei über der Eingangstür von Wahnfried angebracht, neben dem Familienwappen nach eigener Wahl, dem Geier mit dem Siebengestirn! Den Namen ›Triebschen‹ erklärte er, der für jeden Namen die etymologische Deutung suchte, sich daraus, daß es ein seit Urzeiten ›angetriebenes‹ Stück Land sei; wer die eigentümliche Gestaltung der Landzunge kennt, die mit ihren Anpflanzungen scharf in den See hinausragt, wird dieser Deutung recht geben.

Am wenigsten war von dieser dauernden Niederlassung sein königlicher Schutzherr befriedigt, der es bei seiner wohlgemeinten Anordnung nur auf eine mehrmonatliche Abwesenheit Wagners, ein vorübergehendes ›Verreisen‹, abgesehen gehabt hatte. Was seine Diener gegen seinen Willen ›zum Wohl des bayerischen Volkes‹ aus dieser, durchaus ›geheimzuhaltenden‹ Anordnung gemacht hatten, haben wir aber auch gesehen! Bei der ersten Nachricht von der vollzogenen Installierung in Triebschen war er völlig bestürzt und beschwor den Meister von neuem, in schönster und wahrhaft begeisternder Hingebung, sogleich eines seiner Jagdschlösser in Oberbayern zu beziehen, um in einigen Monaten ungestört wieder in das Münchener Haus vor den Propyläen überzusiedeln. [169] Es kostete Wagner in Betreff der Gefühle, welche dabei in ihm niederzukämpfen waren, ›große mühevolle Not‹, bei seinem einmal gefaßten Entschluß zu beharren und dem herrlichen jungen Manne dies anzukündigen. In dem bereits zitierten Briefe an Fröbel, vom 11. April aus Triebschen datiert, macht er diesem, den er immer noch für ihre vereinbarten Pläne zu verwerten hoffte und der ihm kürzlich noch geschrieben, über diese Verhältnisse vertrauliche Mitteilung.34 ›So schwer und unberechenbar‹, fügt er hinzu, ›die Entwickelung dieses letzten hochbegabten deutschen Fürsten zur vollen, dem deutschen Volke zum Heile bestimmten Reise fallen möge, bleibt doch mein Glaube an Ihn – aber einzig an Ihn – unerschütterlich fest. Den Schlüssel zu dem, was Ihn bewegt, bildet und zu Großem bestimmen wird, – diesen besitzt Herr v. d. Pfordten nicht – dies versichere ich Ihnen. Da ich nun aber glaube, Ihm unendlich näher zu stehen, als namentlich selbst auch sein so kostbarer Auswärtsminister, so können Sie wohl leicht denken, daß ich, um einem höchsten und erhabensten Zwecke zu dienen – dem einzigen, dessen Erreichung mich zu irgend welchen Kompromissen bestimmen dürfte – an ein Kompromiß mit Herrn v.d. Pfordten am allerwenigsten denke. Wem dieser sonderbare Parvenü dient, wird er vielleicht wissen vielleicht weiß er's auch nicht: – ich weiß es aber, – und diese Wissenschaft ist traurig. – Es scheint aber, dieser eine Pf. hat Ihnen neuerdings nicht so übel gefallen? – O, verehrter Freund! nicht zu viel Politik! – Daß Sie mit der Anerkennung Ihrer geistigen Wirksamkeit zufrieden sind, ist für mich ein ermutigend schönes Zeichen. Auch mich stimmt dies hoffnungsvoll; denn dies eine wird mir immer klarer: mit Deutschlands Wiedergeburt und Gedeihen steht und fällt das Ideal meiner Kunst – nur in jenem kann dieses gedeihen!‹

Von Mitte April an trafen in mehreren Sendungen, immer an Vreneli adressiert, um dem Meister die Weitläufigkeiten des Empfanges zu ersparen, die Münchener Möbel und Einrichtungsgegenstände ein, zum Teil durch den Transport arg beschädigt und zerbrochen. Wir erfahren dies aus den an die Mrazeks gerichteten Briefen und Zettelchen, die zugleich jedesmal in rührender Weise seine Dankbarkeit für ihre Dienste zum Ausdruck bringen. [170] ›Der Spiegelkasten hatte sehr gelitten‹, heißt es in dem einen Briefe, in einem andern: ›Die Holzmöbel haben sehr gelitten, fast alle Verzierungen und Beine abgebrochen, Vrenelis Nähtisch ganz in Stücken.‹ Einiges war, durch Mißdeutung der Aufträge, zu viel, anderes zu wenig geschickt. Trotzdem finden wir in diesen Blättern kein darauf bezügliches gereiztes oder unzufriedenes Wort. An der Sorgfalt der Absender hatte es ja nicht gefehlt; die Schuld all dieser Unannehmlichkeiten und Belästigungen trugen einzig seine Münchener Gegner, die durch ihre Konspirationen diese Ortsveränderung erzwungen hatten! ›Schönen Gruß, Ihr guten Leute!‹ heißt es in traulichstem Tone in demselben Briefe, der gleich darauf die Nachricht von den Beschädigungen der Möbel enthält. ›Auch vielen Dank für Annas herzliches und gefühlvolles Schreiben!‹ Erdankt ihnen dafür, daß sie zufrieden sind. ›Endlich kommen wir doch alle wieder zusammen – hier oder dort: ich denke wohl, daß alles gut wird. Gegen Herbst wird es sich bestimmt herausstellen, wie ich für die Dauer alles einrichte. Einstweilen vertragt Euch schön, und behaltet mich lieb.‹ Von ihrem und ihrer Kinder Befinden nimmt er jedesmal Notiz. ›Gute Besserung den Kindern‹, heißt es das eine Mal; dann wieder, als er von einem Unfall seines treuen Franz erfährt: ›Mir tut es herzlich leid, daß Sie gefallen sind und sich beschädigt haben. Auch ich war gefallen, habe die Hand verstaucht, mußte Blutegel setzen und Eisumschläge machen.35 Schonen Sie sich, nehmen Sie Hilfsarbeiter, und berechnen Sie mir namentlich auch Ihre Auslagen für Ihre Kur.‹ In jeder Hinsicht war von diesem wahrhaft einzig großen Menschen eine ganz neue Art der Lebensführung zu erlernen. Er behandelte seine Diener nicht hochmutig als leblose Werkzeuge, als untergeordnete, durch eine ungeheure Kluft von ihm getrennte Wesen, wie dies in unseren sonstigen sozialen Verhältnissen zwischen Dienenden und Bedienten Sitte ist, sondern in leutseliger Überbrückung dieser Kluft mit liebevoller Schonung und Dankbarkeit, als wirkliche Menschen. Er war liebevoll und dankbar für jeden kleinsten ihm geleisteten Dienst, er wollte aber auch in gleichem Sinne nur von wirklicher Liebe und Treue umgeben sein, und die ihm geleisteten Dienste keiner anderen Gesinnung zu danken haben. ›Es war ihm sehr unangenehm‹, sagt Vreneli, ›wenn es Dienstbotenwechsel gab, er wollte keine fremden Gesichter sehen; wenn es aber doch dazu kam, daß einer kündigte, so sagte er: »Zahlen Sie ihm die Kündigungsfrist, Der gehört nicht mehr in mein Haus«.‹ Auf diese Weise verstand er es, seine dienenden Hausgenossen an sich zu gewöhnen und zu sich emporzuziehen, sich mit tief anhänglichen Gemütern zu umgeben, die ihm das wieder leisteten, was er ihnen erwies. Solchen bewährten Dienern schenkte er dann auch das unbedingteste Vertrauen Wohl ließ er sich aus der Ferne regelmäßige Abrechnungen [171] über ihre Ausgaben übersenden und reklamierte gelegentlich sogar ausbleibende Quittungen über geleistete Zahlungen;36 auf der anderen Seite sagt Vreneli auf Grund ihrer eigenen persönlichen Erfahrungen: ›Um die Rechnung des Haushaltes kümmerte er sich nicht sehr; trotzdem wußte er wohl, daß immer eher zu wenig als zu viel zur Verfügung war. Als ich einst um Neujahr fragte, ob er wohl raten könne, wie hoch sich die Ausgaben des ganzen Jahres beliefen, antwortete er: »Ja, das weiß ich ganz genau, die Ausgaben sind immer den Einnahmen gleich«.‹

›Zur Zierde des Gartens‹, berichtet die gleiche Erzählerin weiter, ›kam nun auch das Pfauenpaar von München. Das Männchen mußte für Ruß etwas ganz Ungewöhnliches sein, denn eines Morgens packte er, zum großen Schrecken des Herrn, der es vom ersten Stock sah und hörte, den Pfau bei seinem prachtvoll langen Schweif und ließ ihn nicht mehr los, bis keine von den langen Federn mehr an seinem Leibe war. Der Pfau schrie fürchterlich, und auch der Herr schrie bei dem Anblick aus Leibeskräften um Hilfe. Er kümmerte sich nachher viel um die verunglückten Pfauen. Das Weibchen brütete hinter einem Busche im, Räuberpack. (S. 168) und eines Morgens, etwa um 2 Uhr, hörten wir dasselbe fürchterlich schreien. Sofort eilten wir zu Hilfe, aber schon hatte sich – durch das Geschrei ebenfalls aufgeweckt – der Herr mit einem Stocke eingefunden, um den vermeintlichen Fuchs zu verjagen.‹ Es war aber kein Fuchs, sondern wieder Ruß gewesen, der an das Pfauenpaar nur ganz allmählich sich gewöhnte. ›Er hatte mit diesem Hunde sehr viel Verdruß; auf seinen Spaziergängen gab das pünktliche Zusammentreffen eines Milchmannes mit seinen (im Anspann befindlichen) Hunden immer Anlaß zu Raufereien, und der Herr kam immer sehr aufgeregt nach Hause, indem er sich beklagte, daß ihm alle Tage sein Spaziergang verdorben würde. Und es gab damals wirklich nur diesen Weg. Besuche waren ihm, sozusagen, immer ungelegen, und als er einmal von seinem Ausgang zurückkam, sagte er: »Nicht einmal kann man ruhig seinen Spaziergang machen! Hat mich da einer auf der Straße angeredet: ob ich nicht Wagner sei?« – »Nein, der bin ich nicht«, hätte er ihm geantwortet.‹ – Ein anderes Mal begegnete es ihm auf diesen einsamen Spaziergängen, unterwegs von Strolchen überfallen und angepackt zu werden. Wie sich Ruß bei dieser Gelegenheit benahm, erzählte der Meister noch nach Jahren mit vielem Humor: ›Statt die Angreifer niederzuwerfen, hielt er mich beim Mantelkragen fest, damit mich niemand wegnehme, und so war ich erst recht in der Klemme.‹37

[172] In seiner Gemütsverfassung war und blieb er um diese Zeit ganz von der einen Erwartung abhängig: ob der ihm versprochene erneute Besuch der edlen Freundin und ihre in Aussicht genommene dauernde Niederlassung in Triebschen sich verwirklichen werde oder nicht. Nicht schmerzlich genug kann man sich diese Seelenspannungen vorstellen. Selbst in unserer eigenen obigen Erzählung dienen die einzelnen kleinen Vorfälle und Begebenheiten dazu, den tiefen Ernst seiner vorherrschenden Grundstimmung zu verdecken. Handelte es sich dabei doch für den Künstler und seine Kunst, für all sein weiteres Leben und Schaffen um ein entscheidendes Sein oder Nichtsein. ›All mein Vornehmen und Trachten hat nur noch den einen Sinn, mich gegen die unerhörtesten Störungen meiner Ruhe um jeden Preis in der Weise zu schützen, daß ich endlich noch die Fassung finde, meine Werke zu schaffen und zu vollenden, weil ich andrerseits fühle, daß ich dies noch muß und kann.‹38 Wir sehen heutzutage die Periode dieser hoffnungsvollen Anbahnung neuer Lebensverhältnisse durch den hellen Schimmer eines glücklichen Ausganges vergoldet, er wirst seinen strahlenden Glanz auf die Zeiten der Not, der Entbehrung zurück. Dieses erst zu erkämpfende häusliche Glück war aber damals noch durch nichts verbürgt, als durch das klarbewußte Erkennen und Wollen zweier großer Seelen. Alles übrige stemmte sich ihm entgegen. Aus dem tiefsten Innern des Leidenden, unter dem Elend einer erzwungenen Einsamkeit Vergehenden, dringt es zu uns wie ein verhaltener Schrei des tiefen Bedürfens. ›Mein Maß ist überfüllt‹, ruft er aus; ›eine Natur, die dazu gemacht ist, in liebevoll gepflegter Ruhe unaufhörlich zu schaffen und künstlerisch zu erfinden, findet sich endlich unter einer Verwendung, wie das Leben sie mir angedeihen läßt, bestimmt gemißbraucht und falsch verwendet.‹39 Aus der Abgeschiedenheit der Artichauts war er nun in die Einsamkeit von Triebschen übergesiedelt; aber alles und jedes, was er hier für die Ausschmückung und Verschönerung der neuen Umgebung tat und anordnete, geschah in der Voraussetzung, hier nicht länger einsam, ohne die sein Dasein verklärende hohe Liebe, weilen zu müssen. Ein jeder mindeste Zweifel an dieser Gewißheit, besonders wenn er sich durch Tage und Wochen hinzog, konnte ihm den Ausblick in die Zukunft bis zum Lebensüberdruß und zur Todesbangigkeit verdüstern. Ob sein Leben nun eigentlich erst beginnen, oder ob es – ohne diesen Eintritt des ersehnten großen Glückes! – unter all den überstandenen und noch fortdauernden Anfechtungen und Widerwärtigkeiten schließlich doch noch vor Erreichung des Zieles zusammenbrechen sollte, – diese über alles entscheidende Frage hatte ihm sein Schicksal mit einem einzigen Ja oder Nein zu beantworten. Todesahnungen stellten sich ein. [173] ›Es war‹, berichtet Vreneli, ›bald nach dem Einzuge auf Triebschen, daß sich der Herr in merk würdig gedrückter Stimmung befand. Den Grund suchte ich darin, daß er keine guten Nachrichten aus München erhielt. Eines Abends sagte er zu mir: »Mir ist gar nicht gut zumute, ich möchte meine Angelegenheiten geordnet wissen; ich will bestimmen, wer meine Sachen, die hier und noch in München sind, nach meinem Tode erhalten soll. Ich habe niemand, der es besser verdient in deren Besitz zu gelangen als Sie, und werde mich beeilen diese Verschreibung anzufertigen.« Wohl wissend, daß bei ihm bald wieder bessere Stimmung eintrete, lehnte ich mich dagegen auf; doch da er durchaus darauf bestand, ließ ich es zu seiner Beruhigung geschehen. So wurde die Schrift ausgefertigt und die Echtheit seiner Unterschrift von hiesigen Beamten bestätigt. – Um die gleiche Zeit blieb er eines Abends ungewöhnlich lange aus. Es wurde Nacht, und Ruß kam zu meinem Schrecken allein vom Spaziergang zurück. Ich hatte eine solche Angst, daß ich nicht mehr im Hause bleiben konnte. Der Knecht Jost begleitete mich mit einer Laterne, und wir schlugen zusammen den Weg gegen die Stadt ein. Auf der Hälfte des Weges kam er uns wirklich entgegen. »Ach, ich dachte, es bekümmere sich niemand mehr um mich«, sagte er, »selbst der sonst treue Ruß hat mich im Stiche gelassen.« Zu Hause angekommen, ließ er sich wie lebensmüde auf seinen Fauteuil nieder, und Tränen – jedenfalls Zeugen seiner innersten Aufregung – traten ihm in die Augen‹...

Mit dieser tief ergreifenden Episode beschließen wir den Zeitraum der ›völligen Einsamkeit‹. Ward auch der volle Besitz des höchsten Gutes erst mit jahrelangem, schwerem Ringen gegen tausend wesenlose Hindernisse erkämpft, gab es wohl auch noch manche vorübergehende, traurig einsame Zwischenzeit, so sollte doch endlich der Tag der tiefen Befriedigung eines neuen, nun erst wahrhaft fruchtbaren Daseins für ihn anbrechen.

Fußnoten

1 Abgedruckt in dem bereits von uns zitierten Aufsatze: ›Richard Wagner in München‹, von Gustav Wittmer, im Mus. Wbl. 1894, Nr. 14 ff.


2 Es war früher wiederholt an fürstliche Persönlichkeiten, wie den Prinzen von Oldenburg und den Herzog von Schleswig-Holstein, zuletzt an den Herzog von Glückstadt vermietet gewesen, und gehörte einer Mme Forel-Morsier, mit welcher der Meister indeß nicht persönlich, sondern bloß mit ihrem Verwalter, einem Herrn Roy, zu verkehren hatte. Näheres über diese und andere Äußerlichkeiten in dem Aufsatze von H. Kling: ›Richard Wagner à Genève‹ in der belgischen Zeitschrift ›Le Guide musical‹ (deutsch in der schweizerischen Zeitschrift ›Volksgesang‹ vom 1. Sept., 1. u. 15. Okt. 1896.)


3 So z.B. der Brief an Frau Wille vom 26. Dez. 65.


4 Der Empfänger des genannten Briefes ist der cortreffliche Justizrat Dr. Gille in Jena, und sein Anfang lautet, in dem oben charekterisierten Tone der Beschwichtigung: Nichts verloren, – einiges verschoben. Der Rest ist Schweigen, Silentium ›Whist. Lassen wir auch die Tagespresse in Ruhe, sie ist identisch mit der – Lüge. Übrigens ist sie ihres Publikums würdig: erst wenn man aufmerksam beobachtet, wie gelesen wird, versteht man – und ärgert sich nicht mehr darüber – wie geschrieben wird. Abwarten Tee trinken!‹ Schluß: ›R. W(agner) müssen Sie entschuldigen, wenn er Ihnen nicht schreibt; wir müssen alle wünschen, daß er die Feder nur noch für Notenpapier eintaucht!‹


5 H. Kling, a. a. O.


6 Die von jedem einzelnen Raume zurückbehaltenen Stoffproben blieben als wohlbewahrtes Andenken in seinem Besitz und vererbten sich auf seine, späterhin nach Riga verschlagene, und noch jetzt als Witwe daselbst lebende Tochter; desgleichen eines jener (bei Kling erwähnten), wohlduftenden Riechkissen, wie sie in den Ecken der Wohnung zerstreut gewesen wären.


7 H. Kling. a. a. O.


8 Auf einzelne handgreifliche Torheiten und Unrichtigkeiten dieser Darstellung berichtigend einzugehen, fehlt uns der Raum.


9 Vgl. Bülow am 13. Jan. 66 an A. Ritter: R. W. in Genf – nicht wie die Zeitungen lügen, in Paris – einsam, arbeitsam – ›leidlich untergebracht,‹ wie er schreibt. ›In bezug auf die »Zeitungslügen« vgl. S. 186 Anm.‹


10 H. Kling, a. a. O.


11 Brieflich an A. Pusinelli, 6. Febr 1866.


12 Ges. Schriften IX, S. 372/73.


13 An Pusinelli (Bayreuther Blätter 1902, S. 107/08).


14 ›Diese Platte‹, fügt Kling hinzu wurde nachmals, man weiß nicht wie und von wem, entwendet.


15 An Alexander Ritter, 7. Februar 1866.


16 Fast um die gleiche Zeit – 6. Februar 1866 – hatte Liszt den schmerzlichen Verlust seiner, in Paris lebenden, alten Mutter zu beklagen.


17 An Justizrat Gille in Jena, vom 8. Febr. 66.


18 Brieflich an J. Fröbel, 11. April 66.


19 Sein von Wagners Land in französischer Sprache abgefaßtes Dienstzeugnis, vom 15. April 1867 bei seiner Entlassung datiert, teilt Kling a. a. O. in wörtlichem Abdruck mit.


20 Nämlich: einen ›Kammerdiener‹, eine ›erste Kammerfrau‹, die zugleich die Stelle einer Haushälterin(gouvernante) versah, eine ›zweite Kammerfrau‹ (d.h. also – ein Stubenmädchen!) und eine ›Köchin‹.


21 Ah, voila une mauvaise affaire; quand les femmes vont à l'église, le diable entre dans la maison (Kling. R. Wagner à Genève).


22 Band III, S. 115 des vorliegenden Werkes.


23 Bülow, Briefe IV, S. 96 (an Dr. Gille).


24 Kling a. a. O.


25 Ebendaselbst.


26 Selbst hierhinein mischten sich die ›Zeugnisse‹ der ›glaubwürdigen Personen‹; sie erwähnen der, schönen und schlanken Gestalt, mit dem bleichen Gesicht und stolzen ›stattlichen Aussehen‹; der Irrtum, als sei sie ›öfters‹ (!!) von München herübergekommen und habe ›lange Zeit bei dem Meister verweilt‹, widerlegt sich nach der obigen Erzählung von selbst!


27 Band III dieses Buches, S. 29.


28 Ebenda, S. 158.


29 Ebenda, S. 158/60.


30 Vgl. die Erwähnung in Bülows Briefen IV, S. 135: ›Außerdem hat meine Frau das Verbrechen begangen‹, – (in den Augen des Münchener Pöbels) – ›44 königliche Briefe zu empfangen und zu beantworten‹ (12. August 1866, an J. Raff).


31 Der Herausgeber dieser Briefe an die Mrazeks, Dr. E. Lubosch, bemerkt dazu: ›Wer die Urschrift einer Wagnerschen Originalpartitur gesehen, weiß, welch grenzenlose Sorgfalt da überall hervorleuchtet. Die Briefe an seine treuen Diener spiegeln die gleiche Peinlichkeit bei allen ökonomischen Angelegenheiten wieder und zeigen den Meister als gewissenhaften Hausvater im besten Sinne des Wortes. Geradezu wohltuend berührt uns dabei der innige Ton, in welchem er mit seinen Untergebenen verkehrt.‹ (›Der Zeitgeist‹ vom 17. und 24. Juni 1901, Beilage zum, Berl. Tageblatt.)


32 Unter besonderen Nummern folgen dann die einzelnen Aufträge: 3) die Goldstäbchen und die seidenen Streifen von den Wänden abnehmen und mitschicken. 4) Das kleine Marmortischchen mit Goldsüßen, welches im Salon der Frau Baronin steht, gehört mir und wird mitgeschickt. 5) Die drei Blumentische von Eisen (ein großer und zwei kleine) welche im Arbeitszimmer der Frau Baronin stehen, kommen mit. 6) Das Waschgeschirr kommt mit. Alles sonstige Geschirr: Lampen, Gläser, Tassen bleiben in München. 7) Die Bett- und sonstige Wäsche kommt mit usw.


33 Vgl. Band II des vorliegenden Werkes, S. 398.


34 Veranlassung zu diesem Briefe gab der Umstand, daß ihm Fröbel noch Anfang Dezember, kurz vor der Katastrophe, ein an den König gerichtetes Schreiben über die deutschen Verhältnisse mit der Bitte übersandt hatte, es Sr. Majestät persönlich zu überreichen. Da nun aber Wagner keine Gelegenheit mehr hatte den König zu sehen und zu sprechen, nahm er das Schriftstück mit sich nach Genf, und es war versiegelt in seinem Besitz verblieben, bis es Fröbel im gegenwärtigen Moment wieder zurückverlangte. Auf diesen Brief hatte der Meister zu antworten. Wie es aus Wagners Antwort scheint, hatte Fröbel inzwischen seinerseits einen – – Annäherungsversuch an Herrn v. d. Pfordten gemacht, der mit seinen sonstigen Gesinnungen wenig harmonierte!


35 Erste Erwähnung dieses kleinen Unfalles am 28. April, sodann am 1. Mai.


36 Vgl. Brief an Anna Mrazek vom 1. Mai 69: ›Bei dieser Gelegenheit könnte Franz sich von Herrn Matthieu‹ (Wagners Tapezier in München), auch eine vollständige Quittung über die von mir empfangenen Zahlungen, also eine Quittung seiner ganzen Rechnung ausbitten: ich meinte doch, dieses wäre nicht mehr als schicklich.


37 Franz Muncker, Erinnerungen an R. Wagner ›Deutsche Zeitung‹ Nr. 4061 vom 24. April 1883.


38 An Pusinelli (›Bayr. Blätter‹, Jahrg. 1902, S. 109),


39 Ebendaselbst.

Quelle:
Glasenapp, Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 4, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905, S. 151-174.
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