22.

Unter den Compositionen für die Kirche nehmen die Messen schon der Bedeutung nach, welche sie für den Gottesdienst haben, die erste Stelle ein1. Die Gliederung der einzelnen Theile derselben, abgesehen von derjenigen welche in der liturgischen Einrichtung begründet war, finden wir in den [447] Mozartschen Messen in derselben Weise festgehalten, wie sie durch die neapolitanische Schule ausgeprägt war2. Die einzelnen Abschnitte, welche in dem zusammenhängend fortlaufenden Text gemacht werden, schließen sich allerdings an die Absätze an, welche für den Vortrag des die Messe lesenden Priesters vorgeschrieben sind3, allein der Auffassung und Ausführung nach werden sie von einander sehr verschieden bearbeitet. Wo dem Componisten freier Spielraum gegeben ist, pflegen diese einzelnen Abschnitte meistens als selbständige, in sich abgeschlossene Musikstücke behandelt zu sein, wobei auf zweckmäßige Abwechslung durch Solostimmen und Chor, auch durch die Wahl der begleitenden Instrumente, Rücksicht genommen wird. Aber so ausgeführte Messen wurden nur bei sehr feierlichen Gelegenheiten, wo der Cultus auch von Seiten der Musik einen ungewöhnlichen Glanz entfalten sollte, oder wo etwa eine maßgebende Persönlichkeit eine besondere Vorliebe für derartige Musik hatte, zur Aufführung gebracht, bei dem regelmäßigen Gottesdienst nahmen sie zu viel Zeit in Anspruch. In der kurzen Messe (Missa brevis) werden daher die größeren Abtheilungen wesentlich als ein zusammenhängender musikalischer Satz behandelt, in welchem zwar die einzelnen Abschnitte merklich unterschieden, einige auch bestimmt [448] hervorgehoben werden, allein ohne selbständige Abgeschlossenheit. Dabei ist natürlich noch ein sehr verschiedenes Maaß in der Ausführlichkeit oder Knappheit der Darstellung zu denken; die letzte verschmäht es sogar nicht den Text dadurch abzukürzen, daß sie zu gleicher Zeit von den verschiedenen Chorstimmen verschiedene Textworte vortragen läßt4.

Der dreimalige Anruf Kyrie eleison! Christe eleison! Kyrie eleison! ist regelmäßig zu einem längeren Satze ausgeführt. Früher war es beliebt, mit einem kurzen, feierlich langsamen Satz auf die Worte Kyrie eleison zu beginnen, der als Einleitung zu einem lebhaft bewegten, weiter ausgeführten diente (1. 2. 3. 8); später finden wir diese Form aufgegeben, und das Ganze pflegt nur ein Satz zu sein5. Dieser ist in der Regel in lebhafter Bewegung und von einem angenehmen, gefälligen Charakter, der zwar das Flehen zu Gott um Erbarmen, durch welches das Gemüth zu innerlicher Gottesverehrung gereinigt und gesammelt werden soll, nicht mit tiefem Ernst auffaßt, aber nirgend zu leerem Spiet herabsinkt. Wo es ernster genommen ist, zeigt sich dies meistens auch in der strengeren contrapunktischen Behandlung der Singstimmen, vor allem in der überhaupt sehr ausgezeichneten [449] Messe 8, wo das Kyrie ein contrapunktisch trefflich ausgeführter Satz vom schönsten Wohlklang und ernster Stimmung ist, ähnlich auch Messe 106. Die Worte Christe eleison werden regelmäßig bestimmt hervorgehoben, gewöhnlich so daß sie den Ausdruck wehmüthigen Flehens erhalten, äußerlich oft dadurch daß sie von Solostimmen vorgetragen werden7. Ueberhaupt aber pflegen im Kyrie Solostimmen und Chor in verschiedener Weise zu wechseln.

Das Gloria8 zerfällt bei ausführlicher Behandlung in mehrere Sätze, wie dieses durch die aneinander gereihten Anrufungen angezeigt ist. Der Charakter des Ganzen, wie er bei mancher Modification, welche die Worte im Einzelnen hervorrufen, gewahrt zu werden pflegt, ist der einer jubelnden Lobpreisung, und der Ton, welchen die ersten Worte Gloria in excelsis Deo! anzuschlagen veranlassen konnten, ist für die Haltung des Ganzen maßgebend geworden. Nicht[450] minder ist die Vorstellungsweise, welche äußeren Glanz und Pomp, wie sie die weltlichen Höfe verherrlichten, mit Würde und Feierlichkeit identificirte und deshalb auch auf den Gottesdienst zu übertragen steh berechtigt hielt, die die Kirchenmusik überhaupt während dieser Zeit beherrschte, besonders auch auf die Auffassung des Gloria von großem Einfluß gewesen. Es ist Regel dasselbe in einem lebhaften, feurigen Satz auszudrücken, dem man durch starke Instrumentation, und besonders durch rasche, rauschende Violinfiguren, die selten fehlen, Glanz und Pracht zu geben pflegte. Das für den Anfang gewählte Motiv pflegt dann, namentlich in den kurzen Messen, beibehalten und an den geeigneten Stellen, häufig beimQuoniam, wieder aufgenommen zu werden und den Faden zu bilden, der das Ganze zu einem gegliederten, in sich abgeschlossenen Musikstück macht. Es beginnt regelmäßig mit dem vollen Chor; bei ausführlicher Behandlung pflegt mit Laudamus te Solo einzutreten, entweder so daß mehrere Solostimmen die verschiedenen Aeußerungen der Anbetung und Verehrung ausdrücken, oder daß alle einer Solostimme übertragen sind9. Dabei wird ein ins Detail gehender Ausdruck der verschiedenen Empfindungen, welche in den Worten laudamus te, benedicimus te, adoramus te, glorificamus te liegen, nicht beabsichtigt, sondern indem man sich mit dem allgemeinen Ausdruck der Grundstimmung begnügte, wurden die vier Kommata als natürliche Anhaltspunkte für die musikalische, namentlich die rhythmische Gliederung des Satzes betrachtet, welche die künstlerische Technik steh zu Nutzen machte. Ein ähnliches Verfahren mit den Textesworten läßt sich an allen [451] Stellen von ähnlicher Beschaffenheit wahrnehmen, sowie man auch leicht bemerkt daß die Weise, in welcher der Gegensatz von Solostimmen und Chor angewendet und ausgebildet wird, häufig nicht sowohl in der Beschaffenheit der Textesworte mit Nothwendigkeit begründet ist, sondern auf dem künstlerischen Bedürfniß beruht durch Abwechslung von Licht und Schatten die Masse zu gliedern und das für die künstlerische Behandlung Bedeutsamste um so wirksamer hervorzuheben. Im Ganzen ist dabei die Ansicht maßgebend daß, sowie der Schwerpunkt im Chorgesange liegt, so auch die Worte, welchen das meiste Gewicht, die höchste Bedeutung zukommt, regelmäßig vom Chor vorgetragen werden; der Sologesang, welcher dazwischen tritt, dient nicht allein zur Abwechslung, sondern als ein leichterer Schmuck gewissermaßen auch zur Vorbereitung auf den mit erhöheter Kraft und Würde wieder eintretenden Chorgesang. In diesem Sinne ist es also ganz angemessen, wenn mit den Worten gratias agimus tibi propter magnam gloriam tuam bekräftigend und zusammenfassend der Chor eintritt. Die darauf folgenden Anrufungen Domine Deus u.s.w. sind wiederum gewöhnlich Solostimmen gegeben und meistens unter mehrere vertheilt; sie drängen in einer fortschreitenden Steigerung zu den Worten hin, die den Mittelpunkt dieses Theils der Messe bilden, zu dem dreifachen Anruf:


Qui tollis peccata mundi, miserere nobis!

Qui tollis peccata mundi, suscipe deprecationem nostram!

Qui sedes ad dexteram patris, miserere nobis!


Während die Gefühle, welche bis dahin auszudrücken waren, die allgemein der Frömmigkeit und der Erhebung zu Gott, ohne eine individuelle gemüthliche Färbung sind, ist hier eine tief erregte Stimmung von eigenthümlicher Natur und Richtung für den musikalischen Ausdruck recht eigentlich wie [452] geschaffen, und in einer periodischen Gliederung ausgesprochen, welche ebenfalls für die musikalische Darstellung ungemein günstig ist. Daher denn in der musikalischen Behandlung des Gloria das Qui tollis sehr entschieden den Schwerpunkt bildet. Auch bei Mozart tritt es in allen Messen hervor, obgleich er es nicht zu einem längeren Satz, der aus dem Rahmen herausträte, weiter ausspinnt, sondern in ganz einfacher Weise vom ganzen Chor vortragen läßt. Hier tritt die Tiefe und der Adel seiner künstlerischen Empfindung auch in den Messen, wo andere Sätze weniger bedeutend sind, in ihrer ganzen Eigenthümlichkeit hervor. Namentlich ist es der Zauber einer reichen und originellen Harmonie, durch welche er hier zu wirken pflegt, die in mehreren Messen (z.B. 8. 10) in einer Weise hinreißend schön und mächtig ist, wie wir sie aus dem Requiem alle kennen. Allein der bewundernswerthe Zug seiner künstlerischen Natur tritt uns auch hier entgegen, daß von Anfang her weder ein ungewisses Suchen noch ein Verirren ins Abstruse bemerkbar wird, sondern die vollkommen sichere und klare Führung der Harmonien bei der überraschendsten Kühnheit giebt die unmittelbare Gewähr einer Schöpferkraft, die Gesetz und Maaß der Schönheit in sich trägt und in dem Hörer jenes Gleichgewicht der gereinigten und gehobenen Seelenkräfte herstellt, auf welchem der wahrhaft künstlerische Genuß beruhet. – Wenn die auf das Qui tollis folgenden Worte quoniam tu solus sanctus, tu solus dominus, tu selus altissimus Jesu Christe bei weiterer Ausführung gewöhnlich als Sologesang behandelt werden10, so ist das offenbar nicht in dem Sinne dieser [453] Worte begründet, sondern es ist der musikalischen Gliederung zu Liebe so gemacht worden11; theils um auf das ernste Dunkel des Qui tollis ein helleres Licht folgen zu lassen, theils um durch diese Abwechslung das Gewicht des Folgenden stärker wirken zu lassen. Denn die letzten Worte cum sancto spiritu in gloria Dei patris, amen! werden, obgleich sie dadurch aus dem natürlichen engen Zusammenhang mit den vorhergehenden gerissen werden, regelmäßig selbständig und zwar in der Form einer Fuge behandelt. Diese Gelegenheit in strenger contrapunktischer Arbeit sich auszubilden und als tüchtigen Techniker zu bewähren hat sich auch Mozart nicht entgehen lassen. Anfangs sind es kurze fugirte Sätze (1. 2), später förmliche, zum Theil lang ausgearbeitete tüchtige Fugen (3. 6. 7. 8. 10), mit welchen er das Gloria beschließt, als aber Erzbischof Hieronymus seine Abneigung gegen derartige musikalische Ausführung geltend machte, mußten die Fugen fortbleiben und in den Messen aus jener Zeit werden die Schlußworte des Gloria in einem kurzen Chorsatz behandelt (9. 11. 12. 13. 16. 17).

Das Credo bot unverkennbar für die musikalische Behandlung die größte Schwierigkeit dar. Es ist unmöglich einen einzigen langen Satz, dessen einzelne Theile zwar in einer sehr einfachen Structur nur aneinander gehängt, aber von dem mit Nachdruck vorangestellten Hauptverbum abhängig und grammatisch wie logisch nur durch das Bewußtsein dieser Abhängigkeit verständlich sind, musikalisch so darzustellen daß dieser Zusammenhang dem Zuhörer stets gegenwärtig bleibe. Jede Gliederung – der umfassende Rahmen möge so weit und groß, die Ausführung im Einzelnen so mäßig [454] und bescheiden sein als sie wolle – zerstört die grammatische Construction der Periode. Man hat um diesem Uebelstande abzuhelfen das Auskunftsmittel ergriffen, das Wort Credo an den geeigneten Stellen zu wiederholen. Allerdings ist dem logischen Bedürfniß damit gewissermaßen Genüge geschehen, indem die einzelnen Sätze des Glaubensbekenntnisses als solche bestimmt bezeichnet werden und es immer von Neuem hervorgehoben wird daß sie der Gegenstand des Glaubens sind. Allein dieses wiederholte Credo paßt nicht in die grammatische Structur und der Widerspruch, der sich hier durch das unvermeidliche Aufeinanderstoßen der verschiedenartigen Bedingungen der sprachlichen und der musikalischen Ausdrucksweise ergiebt, wird um so greller, da der Musiker um ihm zu begegnen nicht die Mittel seiner Kunst anwendet, sondern eine unzureichende Auskunft vom sprachlichen Ausdruck entlehnt. Damit steht im genauesten Zusammenhang, daß Inhalt und Ausdrucksweise des Glaubensbekenntnisses in ihrem überwiegenden Theil der musikalischen Behandlung fremd sind oder gar widerstreben. Die in demselben ausgesprochnen Vorstellungen gehören wesentlich dem Gedanken und der Speculation an, nur ausnahmsweise wirken sie auf das Gefühl unmittelbar ein, und auch die Einkleidung derselben ist so beschaffen, daß sie die Phantasie zu musikalischem Ausdruck nicht anregt. Diese Schwierigkeiten konnten zu einer Zeit überwunden werden, in welcher sich die Musik dem Cultus unbedingt und ohne Reflexion hingab und darin daß sie sich demselben mit allem ihrem Können und Willen zur Verfügung stellte die eigentliche Bedingung ihres Seins und somit ihre höchste Aufgabe erkannte. Diese vermochte sie zu lösen, indem sie die Worte welche ihr durch den Cultus dargeboten wurden mit dem vollen Glauben an ihre Heiligkeit hinnahm, und allein von dem Bestreben durchdrungen diesem [455] Glauben seinen tiefsten und wahrsten Ausdruck zu verleihen die ihr zu Gebot stehenden Mittel und Formen nach bestem Wissen und Gewissen verwandte. So wenig es darauf ankam was der Einzelne denken und meinen mochte, so wenig kam auch der individuelle Ausdruck der Einzelheiten dabei in Betracht; der Grund stand unerschütterlich fest in der kirchlichen Ueberzeugung, welche das unsichtbare Gesetz für die Ausführung in sich schloß, die übrigens an die gewissenhafte Erfüllung der künstlerischen Bedingungen frei gegeben war. So fest im allgemeinen Bewußtsein gegründet war dieser Glaube, so ehrlich und tüchtig die künstlerische Bildung, daß auch in den Werken, welchen nicht ein Alles überragendes Genie den Stempel des Göttlichen aufgedrückt hat, der Charakter einer unmittelbaren Hingebung der Kunst in ihrem Schaffen und Arbeiten an das Heilige unverkennbar ausgeprägt ist. Damit hängt es innerlich zusammen daß, wie wir sahen, die Formen der Musik theils unmittelbar an die durch die uralte Tradition geheiligten Weisen des Cultus an knüpften und auch in der weiteren künstlerischen Ausbildung denselben verwandt blieben, dadurch also schon äußerlich den Stempel des Geheiligten trugen, theils durch die streng contrapunktische Durcharbeitung sich, soweit es dieser Kunst gestattet ist, gedankenmäßiger Behandlung näherten. Wenn in diesem Sinne und auf diese Weise das Credo in seinen einzelnen Sätzen musikalisch gestaltet war, konnte zu einer Zeit, welche die Voraussetzungen des Cultus und der Kunst als in sich einige empfand und die Kunst als eine geheiligte ansah, welche mit frommem Sinn ihre besten Gaben der Kirche weihte, die Aufgabe als vollkommen befriedigend gelöst betrachtet werden. Allein seitdem subiective Empfindungs- und Ausdrucksweise sich auch in der Kirchenmusik geltend machte, seitdem die alte strenge, einige Form aufgegeben, mußte mit einem Reichthum [456] von Formen und Mitteln zugleich die Reflexion über Wahl, Abwechslung und Vertheilung derselben nach künstlerischen Zwecken Einfluß gewinnen. Je mehr die Befriedigung des religiösen Gefühls und die Erfüllung künstlerischer Anforderungen sich selbständig neben einander oder gar gegen einander stellten, um so mehr mußte der geistliche Text der Kritik des Musikers anheim fallen, der ihn auf die Bedingungen hin prüfte, welche seine Kunst zur Hervorbringung eines absolut gültigen Kunstwerks stellte. Dies mußte am schärfsten bei dem Glaubensbekenntniß hervortreten, das seinem Inhalt nach für die Kirche ebenso wichtig, als für den Musiker schwierig und spröde war. Kam es soweit daß der Künstler sich mit den Anforderungen der Textesworte und der Kirche zu Gunsten der künstlerischen Darstellung abzufinden suchte, so lag es in der geistigen Richtung jener Zeit begründet daß das der künstlerischen Befriedigung zugewandte Bestreben die Oberhand behalten mußte. In der That sehen wir, wie die Kirchencomponisten vorzugsweise dasCredo als einen Stoff behandeln, der für eine bestimmte künstlerisch-musikalische Form, auch wo er derselben widerstrebt, bearbeitet werden muß. Zweierlei kam dabei hauptsächlich in Betracht, theils eine zweckmäßige Abwechslung und Gliederung im Einzelnen, theils, da das Glaubensbekenntniß sich als ein zusammenhängendes Ganze darstellen soll, die umfassende und zusammenballende Einrahmung. Beiden Anforderungen wird auf eine ziemlich übereinstimmende Weise genügt, so daß sich auch hier ein feststehendes Schema erkennen läßt. Ja, sogar für manche Einzelnheiten hat sich eine ganz bestimmte Ausdrucksweise gebildet, die fast typisch festgehalten wird. Dahin gehört z.B. die starke Färbung, mit welcher bei den Worten iudicare vivos et mortuos undresurrectionem mortuorum die Erwähnung der Todten hervorgehoben wird, die malende [457] Bezeichnung der Worte descendit de coelis, das zur Bekräftigung wiederholte non in den Worten cuius regni non erit finis, und Aehnliches, das fast regelmäßig in derselben Weise vorkommt. Diese Charakteristik, schon an sich nicht eben bedeutend, hebt noch dazu Einzelnheiten in einer Weise hervor, welche dem Gleichgewicht des Ganzen schadet; es läßt sich daraus abnehmen, wie begierig man, nachdem man einmal auf charakteristische Darstellung des Einzelnen ausgegangen war, Alles hervorsuchte was eines musikalischen Ausdrucks fähig war, unbekümmert darum, daß nun der musikalische Nachdruck auch auf Stellen fiel, welchen derselbe ihrer eigentlichen Bedeutung nach nicht zukam. Von den Hauptsätzen, in welchen die musikalische Kraft des Credo sich concentrirt, gilt dies allerdings nicht. Es sind diejenigen, in welchen durch die Erwähnung der Menschweidung, Kreuzigung und Auferstehung Christi das Gemüth und die Phantasie gleich tief und lebendig angesprochen werden. Denn mit den ersten Worten des Bekenntnisses sucht der Componist in der Regel sich abzufinden, und nicht selten ist das Bestreben damit fertig zu werden nur allzu sichtbar. Es ist durch das Herkommen festgesetzt, daß die Worte qui propter nos homines et propter nostram salutem descendit de coelis – obgleich sie nicht selten durch Sologesang oder auf andere Weise hervorgehoben werden – mit dem Vorhergehenden in genauer Verbindung stehen, und erst mit den Worten et incarnatus est ein Abschnitt gemacht wird12. Diese Worte werden mit dem Ausdruck des innigsten Dankgefühls für die den Menschen durch das Wunder der Menschwerdung des Heilandes erwiesene [458] Wohlthat vorgetragen, gewöhnlich von Solostimmen, um den Glanz einer milden Klarheit, der die Wiege des Heilands umstrahlt, noch eindringlicher hervorzuheben. Dagegen tritt dann der Chor ernst und gewichtig ein mit den Worten crucifixus etiam pro nobis sub Pontio Pilato passus et sepultus est, welche mit dem Ausdruck des tiefen Schmerzes, den die gläubige Gemeinde beim Anblick der Leiden des Heilandes mitempfindet, wiedergegeben werden, während in dem darauf folgenden et resurrexit u.s.w. die freudige Zuversicht der Auferstehung sich ausspricht. Wenn nun in diesen Sätzen die wunderbare Kraft Mozarts Herz und Phantasie zu erregen und zu beruhigen, und die sichere Kunst mit einfachen Mitteln der Harmonie und Stimmführung Großes zu bewirken sich fast durchgehends bewähren, so ist doch auch hier wieder ganz besonders hervorzuheben, wie echt künstlerisch er Maaß zu halten weiß. Zunächst in der Behandlung des Einzelnen, indem er weder im Et incarnatus est die milde Anmuth zu süßlicher Weichlichkeit, noch im Crucifixus die ernste Trauer zum lauten Schmerzensschrei, noch endlich die Zuversicht des Et resurrexit zum fröhlichen Jubel werden läßt13, sondern den Ausdruck der Empfindung mäßigt, wie es schon dadurch bedingt wird, daß es sich in der Messe nicht um die Darstellung des gegenwärtig Geschehenden und dessen unmittelbare Wirkung handelt, sondern um das Zurückrufen des bereits Geschehenen in die Betrachtung und Empfindung. Sodann aber in der Kunst, mit welcher er die einzelnen Sätze in ihrem Verhältniß zu einander so darstellt, daß einer den andern trägt und hebt und sie zusammen ein Ganzes bilden; [459] endlich auch in der richtigen Beobachtung der Haltung, welche ihnen als Bestandtheilen des ganzenCredo zukommt, daß sie nicht durch eine einseitig hervortretende Charakteristik für sich eine Wirkung machen, welche das Ganze beeinträchtigt. Die seltene Vereinigung dieser Eigenschaften giebt diesem Theil der Messe auch bei der meist knappen und sehr einfachen Behandlung ein Gepräge hoher künstlerischer Vollendung. – Die Worte et in spiritum sanctum sind in der Regel in ganz besonderer Weise hervorgehoben, so allerdings daß man in der Art, wie dies geschieht, mehr das überlieferte Herkommen, als einen inneren Grund erkennt. Gewöhnlich ist es ein Solo, mitunter nur für eine Stimme (1. 3. 6.), um es recht hervorzuheben, auch wohl durch ein langes Instrumentalvorspiel eingeleitet (10), so daß es als eine Ausnahme gelten kann, wenn der Chor diese Worte vorträgt, wie Messe 7; allein diese Messe hat überhaupt gar keine Soli, und auch hier sind die Worte in einer Weise behandelt, daß sie auffallend hervortreten. Abgesehen von kirchlichen Bestimmungsgründen, welche hierauf einwirken konnten, machte vielleicht das Bestreben sich geltend diesen Theil des Glaubensbekenntnisses mit den übrigen äußerlich einigermaßen ins Gleichgewicht zu bringen, mehr vielleicht noch das Bedürfniß nach einem stark ausgesprochenen Gegensatz sowohl gegen das was vorangegangen war als das Folgende, wie ähnliche Rücksichten sich auf die Behandlung des Quoniam imGloria wirksam zeigten. Denn die folgenden Worte et unam sanctam catholicam et apostolicam ecclesiam u.s.w. werden, wie es dem Sinne derselben gemäß ist, vom Chor vorgetragen. Auch hier ist es üblich geworden die letzten Worte et vitam venturi saeculi, amen! ohne daß ein innerer Grund vorhanden wäre, als eine Fuge zu behandeln. Auch hier finden wir in den ersten Versuchen einen kurzen fugirten Satz (1. 2. 8), [460] später aber lange, tüchtig ausgearbeitete Fugen (3. 6. 7. 10), bis diese unter dem Einfluß des Erzbischofs Hieronymus verschwinden, wo dann das Credo wie das Gloria mit einem kurzen lebhaften Chor schließt (11. 12. 13. 16. 17.)

Um diese einzelnen Abschnitte zusammenzufassen und als Glieder eines musikalischen Ganzen kenntlich zu machen wurden verschiedene Wege eingeschlagen. Was oben bezeichnet wurde als hervorgegangen aus dem Bedürfniß das logische Verständniß zu befördern, die Wiederholung des Wortes Credo, das wurde auch zu einem Mittel um wesentlich künstlerische Zwecke zu erfüllen (7. 11). Dies ergiebt sich schon aus der Art, wie dasselbe wiederholt wird, auch an solchen Stellen, wo das grammatische und logische Verständniß dadurch nicht gefördert sondern gestört wird, wo es vielmehr nur als ein Bindemittel in der musikalischen Textur des Satzes dient. Die regelmäßige Wiederholung der musikalischen Phrase stellt aber nicht allein durch ihre periodische Wiederkehr eine klare und übersichtliche Gliederung des Ganzen her, sondern indem sie als ein Motiv auftritt, welches verschiedener Behandlung namentlich in harmonischer Beziehung fähig ist, bringt sie mit der Einheit zugleich auch Mannigfaltigkeit und Steigerung hervor und wirkt so nicht etwa als ein zwischen die übrigen Sätze eingeschobenes, ihnen fremdes und unbewegliches Element, sondern als ein lebendiges, organisch vermittelndes Glied. Hiervon abgesehen wird die Einheit des ganzen Satzes gewöhnlich dadurch hergestellt, daß eine bestimmte, meistens rhythmisch scharf ausgeprägte Figur, oder auch ein mehr ausgebildetes Motiv, mit welchem in der Regel das Credo beginnt, denjenigen Theilen untergelegt wird, welche nicht durch eine selbständige Behandlung hervorgehoben werden sollen, und also gewissermaßen den durchgehenden [461] Grund bildet, aus welchem jene bedeutenderen Bilder heraustreten. Es versteht sich, daß hier nicht von einer mechanischen Wiederholung die Rede ist: die zweckmäßige Modification, die Bearbeitung und Durchführung des Hauptgedankens ist die eigentliche Aufgabe des Künstlers, und es tritt auch dadurch von Neuem hervor, daß bei dieser Darstellungsweise der Musiker seine Aufgabe wesentlich innerhalb des Bereiches seiner Kunst sah und den Text nur als den Anhaltspunkt dafür betrachtete. Die Art der Behandlung ist mannigfaltig, bald mehr contrapunktisch, bald mehr harmonisch; mitunter sind die Singstimmen hervortretend, dann liegt wiederum die Arbeit wesentlich in den Instrumenten, denen gegenüber die Singstimmen die Harmonie vertreten. Auch hier begegnen uns häufig jene lebhaften rauschenden Violinfiguren, welche man derzeit so sehr liebte. Denn die Richtung, welche sich in der Kirchenmusik überhaupt aussprach, mußte nach Allem, was bereits erwähnt ist, besonders in dem Credo hervortreten. Das Bestreben durch Glanz und Pracht zu imponiren, durch sinnlichen Reiz zu gewinnen, und eine Vorliebe für das lebhaft Bewegte haben der Auffassung dieses Satzes einen Charakter gegeben, der von ernster Sammlung und innerer Weihe weit entfernt ist. Die Grundstimmung ist eine lebhaft angeregte, die sich mit einer gewissen frischen Kraft ausspricht, die zwar nicht tändelt, aber doch eher dem Heiteren zugewendet ist, und nur in einzelnen Momenten sich der tiefen Bedeutung der Textworte bewußt wird. Machte sich nun noch ein Einfluß Hochgestellter geltend, denen die Zeit leicht zu lang wurde und die von einer künstlerischen Ausbreitung des ohnehin schon langen Satzes nichts wissen wollten, so war der Abweg gewiesen, nur einige dankbare Partien sorgfältig zu behandeln und im Geschwindschritt mit dem Uebrigen davon zu gehen. Mozart zollte in [462] den Messen der allgemeinen Richtung seiner Zeit seinen Tribut; allein seine künstlerische Natur ließ ihn weder die Verhältnisse des Ganzen und der Theile zu einander aus den Augen verlieren, noch ihn zum Trivialen und Gemeinen herabsinken: Ebenmaaß, Schönheit und edle Feinheit verläugnet sich auch hier nirgend.

Die noch folgenden Sätze der Messe sind der musikalischen Behandlung günstiger. Sie sprechen in wenigen einfachen Worten, wie im Kyrie, eine zwar sehr allgemein gehaltene Empfindung aus, die aber von einer Tiefe und Bedeutung ist, daß sie auch musikalisch mächtig anregt und bei einem bestimmt angeschlagenen Grundton doch der Auffassung und Ausbildung im Einzelnen freien Spielraum gönnt. Auch hier hatten sich aber gewisse Formen der Behandlung wie typisch geltend gemacht.

Das Sanctus zerfällt in drei Abschnitte, die zwar nicht immer durch Tempo- und Tactwechsel bestimmt bezeichnet, aber regelmäßig scharf geschieden sind. Im Interesse der musikalischen Darstellung wurden die für den Vortrag des Priesters vorgeschriebenen Absätze als die Anhaltspunkte für die künstlerische Gliederung festgehalten, und in ihrer weiteren Ausbildung oft durch die ausgeprägte Selbständigkeit der einzelnen Abschnitte stärker geschieden als dem Sinn des Ganzen zuträglich war. Dazu kam, daß man durch eine, nicht selten auf äußerlichen Momenten beruhende Charakteristik den verschiedenen Sätzen eine bestimmte Färbung zu geben und sie auch dadurch von einander zu sondern bestrebt war; auch darin giebt sich das Vorwalten der absolut künstlerischen Tendenzen kund. Die ersten Worte sanctus dominus Deus Sabaoth! – über deren Auffassung als Ausdruck der höchsten Erhabenheit und Größe kein Zweifel bestehen konnte – werden gewöhnlich im Sinne einer feierlichen Einleitung zu den [463] Worten pleni sunt coeli et terra gloria tua gefaßt, welche feuriger und lebhafter vorgetragen werden. Die Bewegung steigert sich zum Ausdruck einer belebten Freudigkeit im Osanna, für welches aber die Form eines fugirten Satzes regelmäßig geworden ist, der zwar selten länger ausgeführt wird, aber durch ein eigenthümlich gebildetes, gewöhnlich rhythmisch ausgezeichnetes Thema einen von den übrigen Fugen abweichenden, in eigener Weise hervorstechenden Charakter erhält.

Dagegen bildet nun wieder das Benedictus einen vollständigen Gegensatz14. In diesem spricht sich die innerliche Freudigkeit des Gemüthes aus, welches in Demuth sich auf die Einkehr des Herrn vorbereitet hat und nun der Seligkeit seiner Erscheinung in stillem Anschauen froh wird. Eine milde Wärme durchdringt die einfachen Worte, welche rings um sich einen Schimmer von Verklärung verbreiten. Die künstlerische Eigenthümlichkeit Mozarts konnte sich hier frei aussprechen, und obwohl er sich von der überlieferten Form und Behandlungsweise auch hier nicht entfernte, so prägte er ihr doch den Stempel seines Geistes so sichtbar auf, daß vorzugsweise seine Auffassung desBenedictus maßgebend geworden ist. In der Regel wird es von Solostimmen vorgetragen – nur die bereits erwähnte Chormesse (6) macht eine Ausnahme – und gewöhnlich ist demselben eine etwas breitere Ausführung verstattet als den übrigen ähnlichen Sätzen. Selten sind es einzelne Solostimmen (2. 6), meistens alle vier, welche bald wechselnd bald vereinigt das Wort des Trostes verkündigen; obligate Orgelbegleitung hebt wohl [464] auch noch durch einen eigenen Schmuck diesen Satz hervor (13). Von sehr schöner Wirkung ist es, wenn (12) der Chor zu den Solostimmen hinzutritt und regelmäßig wiederkehrend mit gehaltenem Ausdruck das Wort Benedictus ihnen zuruft. Das Osanna wird gewöhnlich ganz oder abgekürzt aus dem Sanctus wiederholt und durch diesen Abschluß das Benedictus demselben fester verbunden; mitunter aber (6. 10) ist es in das Benedictus so verwebt, daß der Chor zu dem Benedictus der Solostimmen und mit ihnen abwechselnd sein Osanna ertönen läßt, das nun natürlich in freier Form behandelt ist.

Der letzte Satz zerfällt in zwei scharf contrastirende Abschnitte. In dem ersten ist das Gefühl der Zerknirschung, der flehendlichen angsterfüllten Anrufung gewöhnlich nachdrücklich und ernst ausgedrückt, und dieser Satz pflegt mit Vorliebe behandelt zu werden. Der Anruf Agnus Dei qui tollis peccata mundi und die Bitte miserere nebis bieten eine natürliche Gliederung dar, welche nicht selten zur Abwechslung von Solo und Chor Veranlassung bietet; die Stimmung ist bestimmt ausgesprochen und für musikalischen Ausdruck ganz und gar geeignet. Eine bestimmte Reminiscenz an die Behandlung derselben Worte in Gloria wird nirgends bemerkbar. Hier, wo diese Worte selbständig, an einer bedeutenden Stelle der Cultushandlungen auftreten, werden sie tiefer gefaßt und mit merklich gesteigerter, innerer Seelenaufregung ausgesprochen, als dort, wo sie in einem anderen Zusammenhang stehen. Zu diesem Ausdruck des angstvollen Flehens steht nun das Dona nobis pacem im vollkommensten Gegensatz, und in keinem Satz der Messe spricht sich der veränderte Geist der Kirchenmusik so entschieden aus wie in diesem. Der Friede, um welchen hier gebeten wird, ist sehr äußerlich aufgefaßt und ebenso äußerlich ist der Zuversicht, mit[465] welcher die Bitte ausgesprochen wird, der Charakter einer zufriedenen Heiterkeit gegeben. Unverkennbar ist die Richtung, welche jene ganze Zeit charakterisirt, Ernst und Mühe nur bis auf einen gewissen Grad und nur wenn sie durch behaglichen Genuß belohnt werden zu ertragen, auch in die Kirchenmusik eingedrungen; man wollte den andächtigen Zuhörer zum Schluß in eine angenehme Stimmung versetzen und gab den tiefen Ernst jenes Gebets um Frieden an diesen den Sinnen schmeichelnden Genuß, dem die Schlaffheit der Seelenstimmung bereitwillig entgegenkam. So trägt denn die Musik des Dona durchweg den Charakter einer anmuthigen, gefälligen Heiterkeit; Bewegung und Rhythmus sind von behaglicher Lebendigkeit, die Melodien ansprechend, die Formen leicht eingehend. Vor dem Frivolen und Leichtfertigen hat Mozart auch hier sein künstlerischer Sinn bewahrt, und die Mannigfaltigkeit, womit die Grundstimmung ausgeführt wird, ist so bewundernswürdig als die Anmuth anziehend ist; Ernst und Tiefe aber ist hier auch bei ihm selten zu finden.

Nach dieser allgemeinen Charakteristik der Mozartschen Messen ihrer Auffassung und ihrer Behandlung nach wird es genügen, über einzelne derselben noch einige näher andeutende Bemerkungen zu geben.

Die ersten Messen, welche noch seiner Knabenzeit angehören, sind hauptsächlich nur interessant, weil sie zeigen, mit welcher erstaunlichen Sicherheit Mozart auch auf diesem Gebiet die überlieferten Formen handhabte. Die beiden frühesten aus dem Jahr 1769 (1. 2) sind Missae breves, sehr kurz und knapp in den Formen, die aber mit Geschick behandelt sind, ohne daß freilich eine eigenthümliche Erfindung sich verriethe. Die Stimmführung ist ungezwungen, in der ersten noch mehr als in der zweiten, mit einem unverkennbaren Gefühl für selbständige Bewegung derselben, die eigentlich contrapunktischen [466] Sätzchen sind schulmäßig gemacht, die Instrumentalbegleitung ist unbedeutend.

Bedeutender, schon der ganzen Anlage nach, ist die dritte demselben Jahr 1769 angehörige Messe (3). Hier ist es auf eine große Messe angelegt; alle oben bezeichneten Abschnitte sind als selbständig abgeschlossene Sätze behandelt, Chor und Solo wechseln ab und auch für einzelne Solostimmen ist hier eine bedeutende Anzahl von Sätzen verwendet15. Die beiden Fugen sind breit angelegt und ausgeführt, und auch sonst die Stimmen hie und da contrapunktisch geführt; die Begleitung ist vielfach selbständig und mit der Absicht auf glänzend rauschende Wirkung behandelt. Allein für die größeren Formen reichen sichtlich die Kräfte noch nicht aus und es kommt deshalb auch nirgend zu einer freien Entfaltung eines tüchtigen Inhalts in breiten Formen; das Ganze ist steif und trocken. Im Orchester begegnen uns die rasselnden, laufenden Violinfiguren, die damals allerdings beliebt waren, weil sie ein lebhaftes Geräusch machen, aber ohne Erfindung, ohne Charakter und Ausdruck, eigentlich nur Lückenbüßer sind. Nur zwei Sätze, Qui tollis und Dona, zeigen den Ausdruck einer eigenthümlichen Empfindung, und sind der melodischen und harmonischen Gestaltung nach ansprechend und wohllautend; auch ist in beiden der Orchesterbegleitung mehr ein bedeutender Charakter gegeben.

Ganz übereinstimmend in der Anlage ist die der Zeit nach nächste, indessen wohl mehrere Jahre spätere Messe (6). Sie ist ebenfalls dem Umfang wie der Behandlung nach eine große [467] Messe. Auch hier sind alle einzelnen Abschnitte selbständig abgeschlossene Sätze, unter ihnen wieder viele für Solostimmen, aber im Einzelnen zum Theil anders bearbeitet als in der vorigen, hie und da wird dabei sogar einige Bravur geltend gemacht, die auch in der vorigen, obgleich weniger, bemerklich war16. Der Fortschritt ist unverkennbar; die einzelnen Sätze haben großentheils mehr Substanz und daher auch eine tüchtigere Ausführung, in welcher sich namentlich auch die größere Gewandtheit in der contrapunktischen Behandlung der Singstimmen zeigt, die mit Vorliebe in den kleineren Sätzen in mancherlei Weise angewandt wird. Die beiden Fugen sind auch hier lang ausgeführt, die zweite mit zwei Subjecten. Sehr bemerkenswerth ist die Sorgfalt, mit welcher das Orchester hier behandelt ist. Nicht allein sind die Blasinstrumente stark besetzt – es sind Oboen dabei, 4 Trompeten und 3 Posaunen –, sondern das Orchester ist durch häufig angebrachte Vor-und Zwischenspiele in den Vordergrund [468] gestellt, wobei auch eigenthümliche Instrumentaleffecte angestrebt sind. So wird das Agnus Dei durch ein Vorspiel der Posaunen und der Orgel eingeleitet, beim Crucifixus sind gedämpfte Solo-Trompeten verwendet, und Anderes ähnliche. Erheblicher ist der Fortschritt, welcher sich darin zeigt daß die Figuren, welche den Saiteninstrumenten gegeben werden, großentheils bedeutender und charakteristischer sind und selbständiger durchgeführt werden, obgleich man grade hier noch oft genug an die hergebrachte Weise erinnert wird. Endlich spricht sich in der Auffassung im Ganzen, trotz der Hingabe an die überlieferten Formen, ein ernster Sinn aus, den man namentlich im Credo erkennen kann, dessen Haltung gefaßter und würdiger ist als man sie wohl in späteren Messen wahrnimmt, wie sehr diese auch durch künstlerische Reise überlegen sind. Denn indem man die Fortschritte anerkennt, welche in dieser Messe zu Tage treten, ist auch ausgesprochen daß sie von ausgebildeter Meisterschaft noch entfernt und hauptsächlich als ein Glied in der Entwickelung Mozarts wichtig ist. Interessant sind aber diese beiden Messen auch insofern, als sie durch ihre Uebereinstinmmung schließen lassen, daß diese Form der großen Messe, sowohl die breitere Ausführung, als die starke Benutzung des Sologesanges und des Orchesters, zur Zeit Erzbischof Sigismunds die herrschende war; Hieronymus führte dann in diesen Beziehungen Beschränkungen ein.

Die im Sommer 1773 componirte Messe (7) hat in ihrer Anlage das Eigenthümliche, daß sie für Chor allein, ohne alle Solosätze geschrieben ist. Wenn hiedurch schon ein gewisser kräftiger Ernst sich kund giebt, so ist derselbe in der gesammten Auffassung ebenso kenntlich als der Fortschritt in der Tüchtigkeit der Behandlung. Das Kyrie ist ein länger ausgeführter Satz, in welchem zwar nicht ein Thema in bestimmt[469] ausgesprochener Form eigentlich durchgeführt wird, wohl aber die Stimmen sich frei und selbständig bewegen. Weniger bedeutend ist das Gloria, in dem die Singstimmen neben lebhaften Violinfiguren vorherrschend harmonisch gehalten sind. Interessant aber ist das Credo, weil hier ein sehr entschiedener und consequent durchgeführter Versuch uns begegnet, dasselbe durch fest angewendete Formen zu einem musikalischen Organismus zu gliedern. Gleich zu Anfang treten drei verschiedene Motive auf. Das erste ist eine rhythmisch scharf charakterisirte Figur der Geigen


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welche die Singstimmen wesentlich harmonisch stützen; bei dem zweiten


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umspielen dagegen die Saiteninstrumente das den Singstimmen gegebene Motiv, während in dem dritten beide ihrer Eigenthümlichkeit gemäß zusammenwirken


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[471] Diese drei Motive bilden nun in ihrer mannigfaltigen Durchführung und Verbindung die wesentliche Substanz des Credo. Zur Durcharbeitung eignet sich das erste Motiv am besten, und es ist daher in vielfachem, besonders harmonischem Wechsel der Stamm und Stock des ganzen Satzes, aus dessen rasch hinfließender Strömung jene anderen Motive an den geeigneten Stellen wieder hervortreten. Zu dieser Abwechslung bieten allerdings die Worte des Textes die Veranlassung und wenn diese dadurch einen passenden Ausdruck finden, so muß man anerkennen daß das musikalische Bedürfniß, dem offenbar zunächst Genüge geschehen sollte, mit jenem Erforderniß geschickt ausgeglichen ist. Nur an zwei Stellen ist diese gleichmäßige Bewegung unterbrochen, bei den Worten et incarnatus est bis sepultus est, welche kurz aber sehr ernst und würdig ausgedrückt sind, und bei den Worten et in spiritum sanctum. Diese sind durch ein langes Vor- und Nachspiel, durch Veränderung von Tact und Tempo sehr absichtlich aus dem übrigen Zusammenhang herausgehoben, und in einer Weise behandelt die gegen das Uebrige contrastirt und gewissermaßen daran erinnert, daß hier gewöhnlich ein Solo eintrat. Gegen das Ende der ausgeführten Fuge Et vitam tritt in den Geigen das erste Motiv des Credo andeutungsweise hervor, darauf nehmen die Singstimmen mit Amen das zweite Motiv wieder auf und indem das erste Motiv der Geigen wieder die Oberhand gewinnt, wird das Ganze in sich abgerundet abgeschlossen. Unter den übrigen Sätzen sind das Benedictus und das Dona wegen ihres ungewöhnlich ernsten Charakters hervorzuheben. Im Benedictus ist dieß schon dadurch einigermaßen bedingt daß auch hier der Chor ohne Solo singt; der Begleitung, in welche die beiden Geigen sich selbständig theilen, ist es zugetheilt eine leichtere, anmuthige Bewegung hineinzubringen. Das Dona aber hat [472] durch einen festen Gang und Schritt, und die streng thematische Behandlung des Hauptmotivs einen Ernst, den die lebhafte Figur in den Geigen nicht wesentlich beeinträchtigt; nur in der Mitte tritt bei freierer Bewegung die leichtere Begleitung mehr in den Vordergrund, aber der trefflich zusammengehaltene Schluß bleibt in würdiger Stimmung.

Die bewußte Kraft, mit welcher hier auf ein im Ganzen wie in seinen Theilen zusammenstimmendes Kunstwerk hingearbeitet ist, zeigt sich in der im folgenden Jahr componirten Messe in F-dur (8) in einer Vollendung und Reise und mit einem Gefühl für die reinste Schönheit vereinigt, daß man hier mit Erstaunen den vollkommen fertigen Künstler gewahr wird. Mit Recht hat man diese Messe sehr hoch und von allen dem Requiem am nächsten gestellt17, dem sie, abgesehen von den kleineren Verhältnissen, durch vollendete Schönheit der Form und poetisches Gefühl, und selbst in der technischen Ausführung durchaus verwandt ist. Ob eine bestimmte Veranlassung Mozart zu dieser Behandlungsweise, die an die schönsten Muster der älteren neapolitanischen Schule erinnert, bewog oder ob er sich selbst ein Genüge thun wollte, ist nicht bekannt; die Messe zeigt uns aber, was Mozart auf diesem Gebiet schon damals zu leisten fähig war, wenn nicht äußere Einflüsse störend und hemmend eintraten. Die ganze Messe ist in den knappsten Formen gehalten, keiner der kleineren Abschnitte [473] ist zu einem selbständigen Satze ausgebildet, sondern die Theile der Messe sind grade durchcomponirt. Ebenso sind die Mittel die einfachsten, aber auf das Feinste angewendet. Chor und Solo wechseln fortwährend mit einander ab, die Solostimmen sind aber nirgends concertirend, sondern in demselben Charakter wie der Chor gehalten, so daß sie nur zur feineren Schattirung dienen. Sehr wirksam sind die Solostimmen öfter mit dem Chor auf eine den Responsorien entsprechende Art in Verbindung gesetzt, so daß der Chor jenen antwortet, oder bekräftigend wiederholt und abschließt. Auch die Begleitung ist von der größten Einfachheit, denn sie besteht außer dem (für die Orgel bezifferten) Baß nur aus zwei Violinen, aber sie ist nicht allein fortgehend selbständig gearbeitet, sondern sowohl in der Weise, wie sie überhaupt den Singstimmen gegenübertritt, als auch mit Rücksicht auf die Klangfarbe von großer Wirksamkeit und sein nuancirt. Die ganze Messe besteht aus lauter contrapunktisch gearbeiteten Sätzen, meistens in streng geschlossener Form, welche mit der sicheren Hand eines fertigen Meisters aus geführt sind. Die Einheit im Ganzen und in den einzelnen Theilen, welche die nothwendige Folge dieser musikalischen Darstellungsweise ist, tritt auch hier überraschend zu Tage. Die Stimmen sind nicht bloß frei und selbständig geführt, sondern sie dienen der festen Durchführung eines Gedankens; es kommen keine zufällige, willkührliche Züge vor um eine augenblickliche, vorübergehende Wirkung hervorzubringen; ein Motiv, das an der einen Stelle vielleicht nur angedeutet ist oder vorbereitend auftritt, wird an einer andern als Hauptmotiv verwendet, kurz es findet eine gleichmäßige Wechselbeziehung der einzelnen Factoren zu einander Statt, welche das Ganze wie ein festes aber klares Gewebe erscheinen läßt. Dies tritt natürlich besonders in den Sätzen heraus, welche ein umfassenderes [474] Ganze bilden. So beginnt das Gloria mit einem höchst bedeutenden Motiv im Sopran, welches die Grundlage des ganzen Satzes wird und, bald ganz und unverändert, bald verkürzt oder modificirt, in verschiedenen Lagen als Cantus firmus erscheint, welchem die übrigen Stimmen, die unter sich in mannigfacher Art contrapunktisch bearbeitet sind, einen der wechselnden Stimmung entsprechenden Charakter aufprägen18. Mit diesem Grundmotiv sind andere ebenfalls in verschiedener Nüancirung wiederholte verschmolzen, unter welchen eins, mit welchem auf einem Orgelpunkt drei Stimmen sich imitiren, besonders hervortritt. In der Verkettung der einzelnen Bestandtheile zum Ganzen erweist sich besonders die Meisterschaft der reichen und doch stets klaren Harmonieführung, welche im Qui tollis wohl den Höhenpunkt erreicht. Aehnlich verhält es sich mit demCredo. Das äußere Band bildet das stets wiederholte Motiv19


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welches bald einfach ausgesprochen, bald in mannigfacher Weise entweder als Cantus firmus, oder in Imitationen, mehr oder weniger ausgeführt, immer eindringlicher hervortritt und die einzelnen Glaubenssätze zusammenhaltend trägt; welches dann auch die Wurzel zum Thema für einzelne Sätze, [475] wie das großartige Crucifixus, das Confiteor und das fugirte Et vitam wird. Wie in allen wahren Kunstwerken trifft auch hier die Vollendung der technischen Ausführung mit der tiefen Wahrheit im Ausdruck der Empfindung zusammen, und man weiß nicht, was man mehrzu bewundern hat, die Meisterschaft, welche spielend aus den Schwierigkeiten der Arbeit eine Erhöhung der Schönheit gewinnt, oder die Kraft der Erfindung, welche den Keim, in welchem die verschiedenartigen Empfindungen vereint ruhen, zu befruchten vermag, daß sie, jede für sich belebt, zu einer Blüthe im schönsten Farbenglanz zusammenschließen20. DasSanctus und Benedictus sind kurze, ebenfalls in contrapunktischer Weise ausgeführte schöne Sätze, namentlich das Benedictus bei großer Einfachheit von der lieblichsten Anmuth. Das Agnus dei ist freier in der Form. Drei Solostimmen tragen abwechselnd den Anruf vor, welchem der Chor mit dem Miserere nobis antwortet; die Harmonienfolge und die schöne Violinfigur in der Begleitung geben diesem Satz seinen eigenthümlichen Charakter, der etwas tief Rührendes hat21. Das Dona ist der Form und Stimmung nach am wenigsten ernst; es ist schön und edel, aber durch das Bestreben demselben einen freundlich heiteren Charakter zu geben hat, obwohl es durchaus gemäßigt erscheint, dieser Satz eine geringere Tiefe und Bedeutung [476] erhalten. – Es geht aus dieser kurzen Charakteristik hervor – eine aufmerksame Zergliederung würde es im Einzelnen lehrreich nachweisen –, daß in dieser Messe eine völlige Meisterschaft in der technischen Behandlung und eine ebenso tiefe als klare Auffassung zu Tag kommt. Es ist damit zugleich gegeben, daß auch die Erfindung sich in erhöheter Kraft und Fülle offenbaren muß; die einzelnen Motive, mögen sie den Charakter eines melodiösen Themas oder einer Figur tragen, haben eine Intensivität, welche sie bildsam macht, und einen Reiz der Schönheit, wie sie in früheren Compositionen der Art kaum einzeln und andeutungsweise sich zeigen22. Zum erstenmal tritt uns hier jene wunderbare Schönheit frei und rein entgegen, welche Mozarts eigenstes Eigenthum ist und die ich als Süßigkeit bezeichnen möchte, wenn man, wie diese in der völlig gereiften Frucht die Wirkung der vollkommenen naturgemäßen Entwickelung des vegetabilischen Organismus ist, sie in ähnlicher Weise als die vollkommene Harmonie der naturgemäß entwickelten künstlerischen Organisation gelten lassen will, welche ihr zugleich, wie der Frucht den eigenthümlichen Geschmack, den unverkennbaren Stempel einer künstlerischen Individualität verleihet. Daß sie hier, zum Theil durch die strengere Form der Darstellung, in [477] einer gewissermaßen jungfräulich frischen Weise erscheint, kann ihren Reiz nur erhöhen; unverkennbar ist es, daß man in dieser Messe nirgends an das, was dieser Entwickelung vorangegangen war, erinnert, sondern nur auf die Zukunft hingewiesen wird. Erwägt man nun daß die Composition der Messe der Oper La finta giardiniera nicht lange vorherging, in welcher uns ebenfalls die unverkennbaren Spuren des Mozartschen Genies in seiner Eigenthümlichkeit entgegentraten, so ist es klar, daß diese Zeit als eine für seine Entwickelung höchst bedeutende angesehen werden muß. Dabei verdient es Beachtung daß, während in der Oper Mozart durch die traditionellen Formen sich noch vielfach beengt fühlte, so daß seine Natur sich nicht überall gleichmäßig geltend machen konnte, in der Messe die ungleich strengeren Formen, in welchen er sich bewegt, weil sie nicht bloß conventionell überlieferte sondern in künstlerischen Gesetzen begründete sind, ihn nicht allein nicht beschränken sondern seine künstlerische Kraft concentriren und erhöhen.

Man kann die Betrachtung kaum unterdrücken daß Mozart, wenn er um diese Zeit in Verhältnisse gekommen wäre, die ihn frei und ungehemmt sich hätten fortbilden lassen, als Kirchencomponist eine außerordentliche Höhe erreicht haben würde. Allein grade jetzt trat von außen her ein bestimmender Einfluß hemmend und störend ein. Das »schnelle Fortrücken kirchlicher Reformationen zu Salzburg unter dem weisen und unvergeßlichen Fürsten, Erzbischof Hieronymus von Colloredo«23 zeigte sich auch darin daß es die musikalische Behandlung der Messe in einer bestimmten, seinem Geschmack zusagenden Weise modelte, wovon Mozart in dem oben angeführten Briefe einige Hauptzüge andeutet. Es war nicht [478] allein die Beschränkung in der Dauer, welche eine größere Knappheit der künstlerischen Behandlung zur Folge hatte, nicht allein das Verbannen des eigentlichen Sologesanges und der ausgeführten Fugen, worin man ein strengeres Geltendmachen der kirchlichen Zucht gegen das Ueberhandnehmen einer einseitig künstlerischen Richtung erkennen könnte: Hieronymus war selbst musikalisch und hatte während seines Aufenthaltes in Italien und in Wien sich den immer allgemeiner gewordenen Geschmack in der Kirchenmusik, der dieselbe recht eigentlich verweltlichte, angeeignet. Wenn es überhaupt in seinem Charakter lag das was ihm gefiel auch für seine Umgebung maßgebend zu machen, so kam noch hinzu daß er als Kirchenfürst Glanz und Pracht zu zeigen liebte, und eben dieser Neigung kam jene Richtung der Kirchenmusik entgegen; wie ja Mozart auch spöttisch bemerkt, Trompeten und Pauken dürften bei keiner Messe fehlen. Dieser äußerliche Einfluß nun zeigt sich in der Uebereinstimmung, welche die späteren Messen vom Jahre 1775 an in der Auffassung und Formbehandlung wahrnehmen lassen, ganz unverkennbar.

Den größten Zuschnitt hat von diesen wohl Messe 10, wo noch ein contrapunktisch ausgeführtes Kyrie und zwei ausgearbeitete Fugen sich finden, so wie das Et in spiritum sanctum durch ein langes Vorspiel eingeleitet und in einem Sopransolo mit respondirendem Chor lang ausgesponnen ist. Auch sind die Sätze, auf welche sich nun die musikalische Behandlung immer mehr einseitig concentrirt, das Qui tollis24. Et incarnatus est und Agnus Dei sowohl durch die technische Arbeit als den Ausdruck der Empfindung sehr schön und ernst, [479] und selbst das Benedictus25 und Dona sind hier gehaltener und weniger weich in der Stimmung als sonst meistens der Fall ist. Allein ungeachtet dieser Vorzüge ist diese Messe von der in F-dur der gesammten geistigen und technischen Behandlung nach vollkommen unterschieden, wie sich das am deutlichsten in dem Grundton erkennen läßt, welchenGloria und Credo anschlagen. Sie sind lebhaft angeregt, nicht ohne frische Kraft, glänzend und mitunter rauschend, allein in keiner Weise innerlich und tief.

Dieselbe Richtung ist es, welche in den übrigen Messen (9. 11. 12. 13. 16. 17), nur entschiedener, sich ausspricht. Unverkennbar ist die zunehmende Reise in der Ausbildung des Musikers; an der sichern und geschickten Handhabung aller Mittel, sowohl im Einzelnen, wo er contrapunktisch oder harmonisch arbeitet, als in der Anordnung und Gliederung des Ganzen; auch in der Erfindung der Motive offenbart sich die Leichtigkeit und Fruchtbarkeit einer ungewöhnlichen Productivität. Allein diese großen künstlerischen Eigenschaften kommen hier nur vereinzelt, gleichsam in unwillkührlichen Aeußerungen des Moments zum Vorschein, sie werden nicht getragen und zusammengehalten durch eine Begeisterung, welche die poetische Auffassung und die technische Meisterschaft einigt und zu künstlerischer Freiheit führt. Diese ist gebrochen durch den Zwang nicht allein nach einem beschränkten Maaß, sondern auch in einer bestimmten Richtung zu componiren. Mozart vermochte es seine Erfindung, sein Wissen und Können diesen Anforderungen zu bequemen; sie verleugnen sich nirgends in den dadurch entstandenen Werken, [480] allein sie erscheinen auch nirgends in völlig freier Entwickelung. Wenn sich in den früheren Messen auch bei noch unzureichenden Kräften ein Streben nach dem Tüchtigen und Bedeutenden zeigt, ein Streben durch die vollkommene Beherrschung der Mittel zur Freiheit in der künstlerischen Darstellung dessen, was im tiefsten Innern lebt, zur harmonischen Schönheit zu gelangen, so wird dagegen hier die Kunst, welche sich der Meister ganz zu eigen gemacht hat, verwendet um ein vorgeschriebenes Ziel, welches nicht das höchste künstlerische ist, zu erreichen. Unverkennbar geht die Aufgabe dahin mittelst der Kirchenmusik in müßiger Zeit einen angenehmen, gefällig anregenden Eindruck hervorzurufen, der ohne durch bestimmt charakterisirte Formen weltlicher Kunst gradezu aus der Kirche herauszutreten, doch es deutlich mache, daß der Erzbischof Glanz und Pracht seiner fürstlichen Stellung zur Ehre Gottes in die Kirche bringe. Es kann nicht fehlen, daß der Künstler die Aufgabe, zu deren Lösung er nicht mehr ausschließlich an steh und seine Kunst gewiesen ist, auch mehr äußerlich faßt und mehr und mehr bewußt seine Kunst als Mittel gebraucht. Eine unausbleibliche Folge ist Ungleichartigkeit seiner Schöpfungen. Hauptsächlich dadurch, daß man nun was bei wahrhaft künstlerischer Schöpfung unzertrennlich geeint ist, Erfindung und Arbeit, trennen, jedes für sich, vereinzelt und zerstreuet anerkennen muß. Sodann werden die bestimmt angestrebten Wirkungen, weil sie nicht aus der Natur der Sache hervorgehen, nothwendig einseitig und übertrieben; das Anmuthige und Liebliche läuft Gefahr weich und zierlich zu werden26, die lebhafte Beweglichkeit wird leicht [481] bedeutungslose Flüchtigkeit, und einzelne Momente, in welchen der Meister sich seiner wahren Natur und Kraft bewußt zu werden scheint, treten aus ihrer Umgebung fremdartig hervor. Bei großer Mannigfaltigkeit in der Behandlung des Einzelnen – man vergleiche nur die vier im Jahre 1776 geschriebenen Messen untereinander – spricht sich doch in allen eine Weise aus, das Bestreben angenehm, gefällig und leicht zu schreiben, und hierfür ist große Gewandtheit im Arbeiten und reiche Erfindungskraft verwendet. Wir finden daher eine Fülle schöner Melodie und Harmonie, eine Freiheit in der Behandlung der Singstimmen27 wie des Orchesters, in der Durchführung der gewählten Motive wie in der Gliederung der Sätze, welche mit allen Mitteln der künstlerischen Darstellung wie im Spiel schaltet. Auch fehlt es nicht an Stellen, [482] in welchen eine tiefe Empfindung und eine wahrhaft poetische Auffassung sich ergreifend aus sprechen, allein sie treten einzeln hervor, nicht als die glücklichen Momente, in denen eine in sich einige künstlerische Stimmung ihre höchste Kraft concentrirt, sondern als Erzeugnisse einer an sich schönen Gemüthserregung, welche aber nicht nothwendig aus der Grundstimmung des Ganzen hervorgeht. Es ist nicht zufällig, wenn diese innerlich bedeutsamsten Stellen auch durch den Ernst und die Tüchtigkeit der technischen Arbeit hervorragen, vielmehr ein Zeugniß dafür daß beides bei der wahren künstlerischen Production unzertrennlich ist; um so deutlicher tritt es dann auch hervor, wo diese Beherrschung der Form nur als äußerliche Gewandtheil sich geltend macht, zwar in ihren Resultaten stets von wohlthätiger Wirkung, aber doch weit entfernt von jener echt künstlerischen Gestaltung des innerlich Durchlebten.

Diese Messen, welche uns vollkommen klar machen, in welcher Weise Mozart die durch einen äußeren Einfluß bestimmten Vorschriften für Umfang, Mittel und Geschmacksrichtung der Kirchenmusik als Bedingungen seiner künstlerischen Thätigkeit annahm und nur innerhalb der so gesteckten Schranken seine Natur walten ließ, sind am meisten bekannt geworden. Sie haben daher auch den größten Einfluß auf die seinem Vorbild nachstrebenden Musiker geübt, um so mehr als sie der Strömung der ganzen Zeit folgten, und haben fast allein als Maaßstab für die Beurtheilung Mozarts als Kirchencomponisten gedient. Daß sie dafür nicht ausreichen, gebt schon aus der vorhergehenden Darstellung hervor; auch um sie selbst und den Standpunkt welchen Mozart in ihnen einnimmt richtig zu würdigen, hat man verschiedene nicht immer klar erwogene Umstände in Betracht zu ziehen.

Wenn man einen vergleichenden Blick auf die Messen anderer [483] Componisten wirst, welche dieser Zeit angehören und ihrer Richtung folgen – man darf nur Hasse, Naumann, Joseph Haydn, sowie den wegen seiner strengeren und mehr kirchlichen Weise oft belobten und vorgezogenen Mich. Haydn ins Auge fassen –, so wird man in der ganzen Auffassung und Behandlungsweise eine so große Verwandtschaft finden, daß diese unverkennbar nicht sowohl den Individuen eigen als die allgemeine der Zeit ist. In dem aber, was sich als individuell charakteristisch herausstellt, treten auch neben den genannten Meistern die eigenthümlichen Vorzüge Mozarts bestimmt hervor. Es sind außer dem Adel einer höheren Natur und einer tiefpoetischen Empfindung, welche sich nie verläugnen, das Maaßhalten, welches auf einer inneren Harmonie beruht und das Kunstwerk immer als ein Ganzes anschauet und daher auch die von außen gezogenen Schranken, wenn sie angenommen sind, als nothwendige Bedingungen der künstlerischen Production auch innerlich anerkennt. Hierin beruht die hohe, künstlerisch befriedigende Formvollendung der Mozartschen Compositionen, welche einen Widerspruch zwischen Form und Inhalt nicht aufkommen läßt, die aber, wo beschränkende Verhältnisse einwirken, eine Resignation voraussetzt, welche den großen Künstler tiefer charakterisirt, als ein unbefriedigtes Streben nach dem Höchsten, so lange es nur im Zwiespalt zwischen Form und Inhalt erkennbar ist. Denn diesen aufzuheben, Form und Inhalt in unauflöslicher Harmonie als eins darzustellen ist die Aufgabe der Kunst, welche sie sich auf verschiedenen Gebieten, unter verschiedenen Bedingungen immer wieder stellt: Mozart hat sie wie Wenige stets als die höchste erkannt und vor Augen gehabt. Daher kann man an anderen der angeführten Meister und an ihren Werken einzelne Vorzüge, welche trotz der Richtung ihrer Zeit steh geltend machen, bereitwillig anerkennen – wer erfreuet [484] sich nicht an der Fülle von Zügen einer genialen Erfindung und geistvollen Darstellung auch in diesen Werken Joseph Haydns? – allein die Harmonie, die übereinstimmende Schönheit Mozarts erreicht keiner von ihnen. Auch würde man sehr irren, wenn man Mozart vorzugsweise als den Repräsentanten der leichten, heiteren Weise ansehen wollte, die in der Kirchenmusik jener Zeit selbst zu leichtfertigem Spiel wird. Auch hier bewährt er das Maaß seiner künstlerischen Natur; sowohl vor übertriebenem virtuosenhaftem Schmuck, als vor leichtsinniger Flüchtigkeit bewahrt es ihn, und wo es nur gestattet ist, offenbart sich die Tiefe seiner Empfindung. Der Einfluß aber, welchen Mozart auf spätere Künstler geübt hat, ist nicht ohne Einwirkung auf die Beurtheilung seiner Leistungen geblieben. Allerdings hat man das, was für ihn zufällige, in der Zeit und persönlichen Verhältnissen begründete Bedingungen waren, für die allgemeinen Grundlagen der absoluten künstlerischen Production gehalten, man hat die aus diesen Bedingungen hervorgegangenen Formen für die Formen des musikalisch Schönen überhaupt gehalten und sie als ein überall gültiges Schema schlechthin nachgebildet. Indem bei solchem Verfahren Geist und Leben entwich, wurden sie zu leeren Formeln, bei deren Anwendung das unabweisliche Bestreben zu charakterisiren eine Uebertreibung derjenigen Eigenschaften, welche Mozart in schöner Harmonie vereinigte, nach verschiedenen Seiten hin zur Folge hatte. Die Reaction gegen solche Seichtigkeit mußte um so entschiedener sein, da die unter schweren Kämpfen vor sich gegangene Entwickelung der Zeit allen geistigen Bestrebungen eine ganz entgegengesetzte Richtung gab. Die richtige Würdigung aber kann nur aus der klaren Einsicht in die geschichtlichen Verhältnisse hervorgehen, unter denen Mozart wirksam war.

Wenn nun Mozart augenscheinlich in diesen Messen nicht [485] allein durch den Geist seiner Zeit, welchem auch die größten Männer nur zum Theil sich entziehen, sondern durch ganz äußerliche Bedingungen, denen er sich freiwillig unterwarf, bestimmt worden ist, so liegt, namentlich in einer Zeit, wo man die Würde der Kunst fast ausschließlich in ihre Unabhängigkeit von äußerer Bestimmung gesetzt, die Frage nahe, wie denn Mozart sich seiner künstlerischen Natur unbeschadet in eine solche Abhängigkeit habe begeben können. Um sie zu beantworten muß man sich vor Allem die Denkungsart jener Zeit gegenwärtig halten. Die Kunst überhaupt und besonders die Musik stand in den engsten Beziehungen zu den Verhältnissen des Lebens, welche sie hervorriefen, und deren sie bedurfte um überhaupt zu existiren. Opern, Messen, Instrumentalmusik wurden geschrieben wann man sie gebrauchte, wo man sie gebrauchte, wie man sie gebrauchte, auf bestimmte Bestellung, zu bestimmten Veranlassungen, für bestimmte Mittel. Da Musik den Zweck hat ausgeführt und gehört zu werden, war man vor Allem bedacht diesen zu erreichen; Musik machte man, ohne einen solchen Zweck direct vor sich zu haben, meistens nur zur Uebung und auch dieser suchte man praktische Erfolge abzugewinnen. Um sich auszubilden, um seinem Beruf als Musiker zu genügen suchte man Gelegenheiten der Art mit Eifer. Indem man die in den jedesmaligen Verhältnissen liegenden Bedingungen annahm, glaubte man nicht der Würde der Kunst und des Künstlers etwas zu vergeben, sondern man fand darin einen Antrieb, selbst unter ungünstigen und erschwerenden Umständen die Kunst und den Künstler zu Ehren zu bringen. Wenn diese Ansicht auch eine allzugroße Nachgiebigkeit gegen äußere Rücksichten und einen gewissen handwerksmäßigen Betrieb befördern konnte, so ist dagegen keine Frage, daß sie richtig verstanden die Grundlage einer gesunden und tüchtigen künstlerischen Production ist, [486] indem sie auf Schule und Disciplin, Zucht und Sitte hält, deren die Kunst am allerwenigsten entrathen kann. Und daß im schlimmsten Fall auch in der Kunst ein tüchtiger Handwerker mehr werth ist als ein idealisirender Vagabond – das erkennt man heute vielleicht noch klarer als damals. Auf dem Gebiete der Kirchenmusik hatte übrigens die Autorität noch eine besondere Geltung. Theils waren die Formen des Cultus schon gegebene und unabänderliche, theils hatte der Priester für alle ferneren Anordnungen, die er in Hinsicht auf die Musik machte, die Oberherrlichkeit der Kirche für sich, der Niemand widersprechen oder sich entziehen konnte. Dazu kam in diesem Falle noch daß er der Fürst war, dessen angestellte und bezahlte Diener die Musiker waren, und auch der Respect welchen diese Stellung gab, war derzeit natürlicher, tiefer im Gemüth begründet als jetzt gewöhnlich ist. Diese allgemeinen Bemerkungen finden auch auf Mozart volle Anwendung. Er war seiner Natur nach nicht widersetzlich, er ließ sich leicht und gern lenken, so lange sein innerstes Wesen nicht feindselig getroffen wurde; dann war er, wie wir sehen werden, fest und entschieden. Er war bis jetzt herangewachsen unter der sorgsamen und strengen Erziehung seines Vaters, dessen Princip war mit strengster Gewissenhaftigkeit jede Pflicht zu erfüllen, übrigens was sich im Leben nicht ändern ließ mit Vorsicht und Klugheit zum Besten zu wenden. Da konnte es denn nicht zweifelhaft sein, daß sowohl der äußeren Stellung als der künstlerischen Ausbildung wegen gerathen sei, den Anforderungen des Erzbischofs rücksichtlich der Kirchenmusik nachzugeben und mit aller Anstrengung zu leisten was unter diesen Umständen zu leisten möglich war. Daß Mozart sehr wohl erkannte, wie ungünstig diese Bedingungen waren, beweisen die oben mitgetheilten Aeußerungen; wie lebhaft er das Unwürdige seiner Stellung empfand und daß er sich derselben [487] auf jede Weise zu entziehen suchte, werden wir später sehen. Allein so lange er in derselben verharren mußte, suchte er ihren Anforderungen auf würdige Art zu genügen und sich so gut es nur gehen wollte in seiner Ausbildung zu fördern. Dabei unterstützte ihn seine künstlerische Natur in einer Weise, die wir um ihn richtig zu würdigen nicht zu gering anschlagen dürfen. Seine Erfindung war so reich, so vielseitig, so leicht beweglich, seine Geschicklichkeit im Technischen so fest und frei, sein Gefühl für künstlerische Harmonie so sicher und unmittelbar, daß ihm vieles nicht als einengende Beschränkung erschien, was doch in der That eine solche war. Sein Bedürfniß zu produciren, seine Freude an der Ausführung war so groß, daß es eines geringen Impulses bedurfte ihn in Thätigkeit zu setzen; die äußere Veranlassung war hinreichend ihn geistig anzuregen und in poetische Stimmung zu versetzen. Die äußeren Bedingungen gehörten dann nur überhaupt mit zum Handwerkszeug; dieses zu handhaben, wie es recht ist, ohne dadurch sich beschränken oder bestimmen zu lassen und ohne es gering zu schätzen, war ihm zur anderen Natur geworden. So sind die Werke entstanden, welche den Stempel seines Genies so unverkennbar tragen als sie die Beschränkungen der Verhältnisse erkennen lassen, unter denen sie hervorgebracht sind.

Wenn man daher dem allgemeinen, meist ohne umfassende Kenntniß und Prüfung ausgesprochnen Urtheil, daß Mozarts Messen zu seinen schwächsten Werken gehören28, nicht einmal [488] unbedingt beitreten kann, so muß man sehr entschieden widersprechen, wenn es bei Thibaut29 heißt: »Mozart lächelte unverholen [489] über seine Messen und mehrmals, wenn man eine Messe bei ihm bestellte, protestirte er, weil er nur für die Oper gemacht sei. Allein man bot ihm wohl für jede Messe 100 Louisdor und da konnte er nicht widerstehen, erklärte aber lachend, was Gutes in seinen Messen sei, das werde er nachher schon für seine Opern von dorther abholen.« Das scheinbar Thatsächliche dieser Aeußerung ist erfunden, wie es oft geschieht um Abstractionen hinterher eine Begründung zu leihen, und schlecht erfunden30: wer mit sittlicher Würde für die Reinheit der Tonkunst in die Schranken trat hatte vor Allem die Pflicht die Wahrheit der Voraussetzungen zu prüfen, nach welchen der sittliche Charakter des Künstlers herabgesetzt wird seinem Geschmack zu Ehren. Die leichtfertige Gesinnung, welche hier Mozart in Beziehung auf Kirchencompositionen zuertheilt wird, ist ihm angedichtet. Er war in einer Ansicht über Kirchenmusik befangen, welche, wie wir das jetzt ansehen, nicht die richtige war; allein sie war ehrliche Ueberzeugung und er meinte es ernst mit der Kunst in der Kirche. Rochlitz erzählt, wie er bei seinem Aufenthalt in Leipzig sich während eines Gespräches über Kirchenmusik geäußert habe31.

»Unersetzlicher Schade, sagte einer, daß es so vielen großen Musikern, besonders der vorigen Zeit, ergangen ist wie den alten Malern; daß sie nämlich ihre ungeheueren Kräfte auf meistens nicht nur unfruchtbare sondern auch geisttödtende [490] Sujets der Kirche wenden mußten. Ganz umgestimmt und trübe wendete sich Mozart hier zu dem Anderen und sagte – dem Sinne nach, obschon nicht auf diese Weise: Das ist mir auch einmal wieder so ein Kunstgeschwätz! Bei euch aufgeklärten Protestanten, wie ihr euch nennt, wenn ihr eure Religion im Kopfe habt, kann etwas Wahres darin sein, das weiß ich nicht. Aber bei uns ist das anders. Ihr fühlt gar nicht was das will:Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, dona nobis pacem u. dgl. Aber, wenn man von frühester Kindheit, wie ich, in das mystische Heiligthum unserer Religion eingeführt ist; wenn man da, als man noch nicht wußte, wo man mit seinen dunkeln aber drängenden Gefühlen hinsollte, in voller Inbrunst des Herzens seinen Gottesdienst abwartete, ohne eigentlich zu wissen was man wollte, und leichter und erhoben daraus wegging, ohne eigentlich zu wissen was man gehabt habe; wenn man die glücklich pries, die unter dem rührenden Agnus Dei hinknieten und das Abendmahl empfingen und beim Empfang die Musik in sanfter Freude aus dem Herzen der Knienden sprachBenedictus qui venit u.s.w., dann ists anders. Nun ja, das geht denn freilich durch das Leben in der Welt verloren, aber – wenigstens ists mir so – wenn man nun die tausendmal gehörten Worte nochmals vornimmt sie in Musik zu setzen, so kommt das alles wieder und steht vor einem und bewegt einem die Seele. – Er schilderte nun einige Scenen jener Art aus seinen frühesten Kinderjahren in Salzburg, dann auf der ersten Reise nach Italien und verweilte mit besonderem Interesse bei der Anekdote, wie ihm die Kaiserin Maria Theresia als vierzehnjährigem Knaben aufgetragen habe, das Te Deum zur Einweihung – ich erinnere mich nicht eines großen Krankenhauses oder einer anderen ähnlichen Stiftung zu componiren und an der Spitze der ganzen [491] kaiserlichen Kapelle selbst aufzuführen32. Wie mir da war! wie mir da war! rief er einmal über das andere. Das kommt doch all nicht wieder – man treibt sich herum in dem leeren Alltagsleben!«.

Man mag auf das Colorit, das Rochlitz diesen Aeußerungen gegeben hat, abrechnen soviel man will, so bleibt doch die Hauptsache richtig. Mozarts Erziehung war darauf gerichtet, ihn zu einem guten Katholiken zu bilden; pflichtgetreue Erfüllung dessen was die Kirche vorschreibt, Ehrfurcht vor ihren Gebräuchen blieben auch bei einer scharfen und klaren Verstandesbildung fest in seinem Gemüth. Wenn in späteren Jahren der ängstliche Vater die Versicherung erhielt, daß Wolfgang regelmäßig die Messe besuche und zur Beichte gehe33, so möchte mancher das vielleicht für äußerliche Pflichttreue halten. Aber er schreibt auch nach seiner Verlobung seinem Vater (17. August 1782), daß er schon seit längerer Zeit mit seiner Constanze zusammen Messe gehört und gebeichtet habe: »ich habe gefunden daß ich niemalen so kräftig gebetet, so andächtig gebeichtet und communiciret hätte als an ihrer Seite – und so geht es ihr auch.«

Dem entspricht auch sein Urtheil über Kirchenmusik und Componisten. Er beklagt in einem Briefe an seinen Vater (12. April 1783), »daß sich die Veränderung des gusto leider [492] sogar bis auf die Kirchenmusik erstreckt hat, welches aber nicht sein sollte – woher es denn auch kömmt, daß man die wahre Kirchenmusik – unter dem Dach – und fast von Würmer zerfressen findet.« Rochlitz berichtet34, wie er über einen Componisten, der zur komischen Oper Talent gehabt habe und als Kirchencomponist angestellt gewesen sei, urtheilte. »Ist ja alles nichts« sagte er lebhaft, und als Doles ihm entgegnete, er habe wohl noch nicht viel von ihm gehört, antwortete er: »Sie gewinnen; aber das ist auch gar nicht nöthig: so einer kann nichts Rechtes dieser Art machen! er hat keine Idee davon in sich.« Und um den schlagenden Beweis zu führen legte er unter das Kyrie und Gloria einer Messe dieses Mannes einen lustigen Text, und ließ sie so von der Gesellschaft singen, die lachend ihm zugestehen mußte, daß »es so besser zusammengehe.« Und Urtheile ähnlicher Richtung werden wir noch mehr kennen lernen35.

Daß er seine eigenen Kirchencompositionen als leichte Waare gering geschätzt habe, davon ist mir keine Spur vorgekommen. Wohl aber spricht dagegen schon die Art, wie er sich gegen P. Martini ausspricht36; auf Reisen führte er seine Kirchenmusik auf, wo sich Gelegenheit dazu bot37, und glaubte steh damit Ehre zu machen; auch später ließ er sich dieselbe nach Wien schicken um sie bei van Swieten, der ein [493] strenger Richter war, hören zu lassen38. Auch war er soweit entfernt sich für einen bloßen Operncomponisten auszugeben, der sich in Kirchencompositionen nichts zutraue, daß er in einem Gesuch um die Verleihung einer zweiten Kapellmeisterstelle sagt: »Eifer nach Ruhm, Liebe zur Thätigkeit und Ueberzeugung meiner Kenntnisse ließen mich es wagen, um eine zweite Kapellmeisterstelle zu bitten, besonders da der sehr geschickte Kapellmeister Salieri sich nie dem Kirchenstil gewidmet hat, ich aber von Jugend auf mir diesen Stil eigen gemacht habe.« Und bei der Bewerbung um die Kapellmeisterstelle an der Stephanskirche beruft er sich auf die Dienste, »die ich durch meine auch im Kirchenstil ausgebildeten Kenntnisse zu leisten vor Andern mich fähig halten darf«39.

Fußnoten

1 Ich habe den vollständigen Text sowohl der Messen als auch der anderen wichtigsten Kirchenmusiken, mit den nöthigsten Erläuterungen begleitet, in Beilage IX zusammengestellt.


2 Die allgemeine Analyse der musikalischen Form der Messe, welche hier folgt, bezieht sich zunächst natürlich auf die Mozartschen Messen, welche derselben zu Grunde liegen. Allein so wie es bei diesen leicht ist, trotz mancher Freiheit in der Behandlung des Einzelnen z.B. der Verwendung von Solo- und Chorstimmen, doch den feststehenden Typus zu erkennen, so wird man auch, wenn man die Messen anderer Meister etwa seit dem zweiten Viertel des achtzehnten Jahrhunderts vergleicht, bei allen Modificationen, welche durch locale und individuelle Bedingungen veranlaßt wurden, doch dasselbe Schema erkennen.


3 Sie sind im Abdruck des Textes durch große Anfangsbuchstaben angedeutet.


4 So werden in der Messe 2 im Credo die Worte genitum, non factum – consubstantialem patri – per quem omnia facta sunt unter drei Stimmen vertheilt zugleich gesungen.


5 Biogr. Skizzen von Mich. Haydn S. 48: »Das trockne Kyrie eleison und Dona nobis pacem hat wohl keiner vor ihm so richtig bestimmt vorgetragen. Der Unfug hatte allgemein eingerissen, daß obige Worte nach einer Zeile im Adagio sogleich im lustigen Allegro und Vivace fortgesetzt wurden, und es war burlesk komisch, aber auch Ohr und Gefühl beleidigend anzuhören, wenn man Gott in seinen heiligen Tempeln in lustigen und tanzartigen Melodien um Erbauung und den lieben Frieden anflehte. Haydn brach eine andere Bahn und trug die wichtigen Bitten mit Sehnsucht, Andacht und Würde vor.«


6 Diese beiden Messen werden durch einen Instrumentalsatz eingeleitet, in welchem Motive angedeutet werden, die später wieder aufgenommen werden, worauf dann der Chor, zuerst nur mit Orgelbegleitung, eintritt.


7 Die in Italien gewöhnliche Behandlungsart, welche aus dem Kyrie, Christe, Kyrie drei selbständige Sätze macht, von denen der letzte eine ausgearbeitete Fuge ist, kommt nur einmal (6) in der Weise vor, daß dasChriste eleison zwar ein selbständiger Satz für vier Solostimmen ist, nach welchem aber das erste Kyrie wiederholt wird. Dagegen war sie z.B. auch in Dresden üblich und findet sich daher auch in Hasses, Naumanns und anderer Dresdner Componisten Messen, sowie in Bachs H-moll Messe.


8 Die ersten Worte Gloria in excelsis Deo intonirt der Priester vor dem Altar in der vorgeschriebenen Weise und der Chor fällt mit den Worten et in terra pax ein, daher sehr häufig jene Worte nicht componirt sind. Ebenso verhält es sich mit dem Anfang desCredo, wo der Chor erst mit den Worten Patrem omnipotentem beginnt. Andremal aber wiederholt der Chor die vom Priester intonirten Worte.


9 Es ist eine der seltenen Ausnahmen daß in der Messe 6, wo das Laudamus als Duett für Sopran und Alt behandelt ist, einige Passagen ganz im Stil der Opernmusik angebracht worden sind.


10 In zwei Messen (3. 6) ist dieser Satz als ein Sopransolo behandelt, welches nicht allein durch die darin angebrachten Virtuosenstücke – lange Passagen, ausgehaltene Töne, Cadenzen – sondern auch durch die ganze Anlage der Opernarie sehr nahe kommt.


11 Dieser zu Gefallen ist auch wohl das Wort quoniam vor jedem einzelnen Komma wiederholt worden, z.B. in der Messe 11.


12 In den Messen der früheren Zeit wird in der Regel der Hauptnachdruck auf die Worte et homo factus est gelegt, die auch Beethoven in der D Messe so wunderbar hervorhebt.


13 Die jubelnden Trompetenstöße, mit welchen nicht selten die Auferstehung in den Messen begrüßt wird, kommen bei Mozart nicht vor, der überhaupt äußere Kraftmittel der Art nicht leicht anwendet.


14 Es gehört nicht nothwendig zum Cultus daß dasBenedictus gesungen werde. Mozart schreibt von Manheim (4. Nov. 1777): »Hier ist es nicht üblich daß man ein Benedictus macht, sondern der Organist muß dort allezeit spielen.«


15 Außer einzelnen Solostellen, welche mit dem Chor abwechseln im Kyrie, Osanna, Agnus und Dona, ist das Laudamus als Duett für Sopran und Alt, Domine als Solo für Tenor, Quoniam für Sopran, Et incarnatus als Quartett, Et in spiritum als Sopransolo undBenedictus als Quartett behandelt.


16 Das Christe eleison ist als Soloquartett, Laudamus als Duett für Sopran und Alt, Domine als Duett für Tenor und Baß, Quoniam als Sopransolo, Et incarnatus als Duett für Sopran und Alt, Et in spiritum als Tenorsolo, Benedictus als Sopransolo, zu welchem der Chor Osanna singt, aufgefaßt. Eigenthümlich ist wie der Solosopran ohne alle Begleitung nach einem ernst gehaltenen Crucifixus vorsingt


22.

worauf Chor und Orchester einfallen. Auch das Agnus dei beginnt mit einem Solo des Tenor, nach welchem der Chor eintritt; die letzte Anrufung der dem Dona ist dem Soloquartett gegeben.


17 A. M. Z. XIX S. 368: »Die Messe von Mozart inF-dur, welche in Paris bei Porro längst erschienen, aber in Deutschland, wie es scheint, wenig bekannt geworden ist. Sie ist unbezweifelt nach dem Requiem die bedeutendste Composition Mozarts in diesem Fach und kann den Freunden eines fließenden und doch gründlichen Kirchenstils nicht genug empfohlen werden.« Aehnlich wird A. M. Z. XI S. 460 geurtheilt, wo die mir unbekannt gebliebene Messe ausD-dur der in F-dur an die Seite gestellt wird.


18 Man vergleiche nur die Stellen propter magnam gloriam, Domine Deus, Miserere nobis und dasAmen im gewaltigen Unisono unter einander.


19 Es ist schon oben S. 235f. erwähnt daß das Motiv in der Schlußfuge der C-dur Symphonie wieder benutzt ist. Auch kehrt es im Sanctus der Messe 11 als Alleluja in einem Graduale von Mich. Haydn (Qui sedes n. 3) wieder. Es ist eben für die musikalische Bearbeitung günstig; erst in der Weise dasselbe interessant und bedeutend zu behandeln bewährt sich die Erfindung.


20 Um sich dieses zu vergegenwärtigen, genügt es den Ausdruck des ruhigen, festen Glaubens, welcher in dem einfach harmonisch gestalteten Motiv, so wie es das Credo beginnt und nach dem lebhaften Amen wiederum sehr schön abschließt, ausgesprochen ist mit dem gewaltigen Schmerz, welchen dasselbe imCrucifixus und der frohen Zuversicht, welche es im Et vitam ausdrückt, zu vergleichen.


21 Die Aehnlichkeit in der Behandlung des Agnus Dei im Requiem, sowohl der Stimmung nach, als selbst in der Art der Begleitung, ist in die Augen fallend und von besonderem Interesse.


22 Recht einleuchtend wird dies, wenn man die Begleitung ins Auge faßt. In den beiden Violinstimmen ist mehr Kunst und Schönheit der Begleitung als in mancher vielzeiligen Partitur. Nicht zufrieden mit der selbständigen Führung der Singstimmen läßt Mozart auch die begleitenden ihren eigenen Weg verfolgen, in der Regel mit selbständigen Motiven, in freier oft contrapunktischer Stimmführung, welche mit sichtlicher Liebe sein und sauber ausgearbeitet ist. Natürlich kann von banalen phrasenhaften Figuren, wie sie sonst wohl vorkommen, nicht mehr die Rede sein; es sind Motive von selbständiger Kraft und Bedeutung, von einer den Singstimmen ebenbürtigen Schönheit und Charakteristik.


23 Biogr. Skizze von Mich. Haydn S. 18.


24 Die figurirte Begleitung dieses Satzes erinnert auffallend an die der Fuge Quam olim Abrahae im Requiem.


25 Es hat dadurch einen eigenthümlichen Charakter daß der Chor sein Osanna in das Benedictus der Solostimmen in kurzen Ausrufungen ertönen läßt.


26 So ist in der Messe 11 das Et incarnatus est ein sehrweicher, wohlklingender und schön gearbeiteter Satz, der seiner rhythmischen Bewegung im 6/8 Tact und dem ganzen Charakter nach an das damals beliebte Alla Siciliana erinnert, welches man auch in Messen anderer gleichzeitiger Componisten als Tempobezeichnung findet. Das Sanctus derselben Messe, in welchem wieder das Motiv


22.

erscheint, ist Allegretto überschrieben und sehr leicht und anmuthig gehalten.


27 Es beruht sicherlich auf höherer Bestimmung, daß in allen diesen Messen der eigentliche ausgeführte Sologesang nur sehr selten angewendet wird, während eine Abwechslung zwischen dem Chor und kleinen Solostellen durch die ganze Messe und häufiger als es früher geschah Statt findet. Man erkennt auch darin ein Bestreben an die Stelle von bestimmt ausgesprochenen, im Großen gehaltenen Gegensätzen, mehr Schmuck und Mannigfaltigkeit im Einzelnen anzubringen. Messen von Mich. Haydn, welche nicht für den Dom geschrieben sind, zeigen diese Einflüsse auf die Anordnung nicht. – Ich bedaure daß ich versäumt habe mich zur rechten Zeit mit der Messe in B-dur (14) bekannt zu machen, welche für concertirende Stimmen geschrieben und wahrscheinlich durch die Behandlung derselben interessant ist.


28 A. M. Z. XVI S. 612: »Mozarts Messen, die er jedoch bekanntlich auf erhaltenen Auftrag nach der ihm vorgeschriebenen Norm componirte, sind beinahe seine schwächsten Werke.« XXV S. 329: »Mozarts Leben war zu kurz. Die kleinen Messen, welche er für seinen Erzbischof schreiben mußte, konnten ihn nicht begeistern. In Wien hatte er andere Dinge zu thun.« Das Urtheil von Rochlitz (für Freunde der Tonkunst IV S. 237ff.) ist auffallend unsicher und farblos. Um so unverholner äußerte sich Thibaut (über Reinheit der Tonkunst S. 10f.) wenn er den Tadel daß »unsere neueren Messen und andere Kirchenstücke oft in ein rein verliebtes Wesen ausgeartet sind und ganz und gar das Gepräge der weltlichen Oper und sogar wohl der gesuchtesten, also der recht gemeinen Oper tragen« summarisch auf Mozart und Haydn fallen läßt. Die Richtung der romantischen Schule begünstigte die einseitige Verehrung der früheren italiänischen Kirchenmusik auch auf Kosten Mozarts. Zum Belege diene was Tieck im Phantasus (I S. 468f.) Ernst über Mozart sagen läßt: »Ich müßte ohne Gefühl sein, wenn ich den wundersamen, reichen und tiefen Geist dieses Künstlers nicht ehren und lieben sollte, wenn ich mich nicht von seinen Werken hingerissen fühlte. Nur muß man mich kein Requiem von ihm wollen hören lassen, oder mich zu überzeugen suchen, daß er, sowie die meisten Neueren, wirklich eine geistliche Musik habe setzen können. Aber er ist einzig in seiner Kunst. Als die Musik ihre himmlische Unschuld verloren und sich schon langst zu den kleinlichen Leidenschaften der Menschen erniedrigt hatte, fand er sie in ihrer Entartung und lehrte ihr aus bewegtem Herzen das Wundersamste, Fremdeste, ihr Unnatürlichste austönen; zugleich jene tiefe Leidenschaft der Seele, jenes Ringen aller Kräfte in unaussprechlicher Sehnsucht, nicht fremd sogar blieb ihr das gespenstische Grauen und Entsetzen.« Er vergleicht ihn dann mit Orpheus, der in die Unterwelt stieg Eurydice zu erlösen, und da er sie nicht auf die Oberwelt herausbringt, seine Sehnsucht und alle Schrecken der Unterwelt in Tönen ausströmt. »Himmel und Hölle, die durch unermeßliche Klüfte getrennt waren, sind zauberhaft und zum Erschrecken in der Kunst vereinigt, die ursprünglich reines Licht, stille Liebe und lobpreisende Andacht war. So erscheint mir Mozarts Musik.« Wenn dagegen bei der Charakteristik der Italiäner Pergoleses Kirchenmusik mit dem Spielen und Tändeln eines unschuldigen Kindes verglichen und hoch gepriesen wird, so kann das wohl etwas bedenklich machen. Ueberhaupt ist es auf die currenten Urtheile nicht ohne Einfluß geblieben, daß man die früheren italiänischen Meister, auch der neapolitanischen Schule, meistens nur aus ihren Kirchencompositionen kannte, ohne ihre weltliche Musik zur Vergleichung zu ziehen; bei Mozart liegt Beides jedem zur Vergleichung vor.


29 Ueber Reinheit der Tonkunst S. 11.


30 Wahrscheinlich haben die Erzählungen vom Requiem diese Erfindung veranlaßt. Mozart hat in Salzburg nur für die dortigen Kirchen geschrieben, in Wien keine einzige Messe auf Bestellung, überhaupt nur eine, die unvollendet geblieben in C-moll, auf eigenen Antrieb. Honorare, wie die hier erwähnten, haben seine Standhaftigkeit nie auf die Probe gestellt; man weiß daß er für eine Oper 100 Dukaten erhielt.


31 A. M. Z. III S. 494f.


32 Rochlitz meint die 1768 in Wien componirte Messe, s. S. 130.


33 Auf die Anfrage des Vaters (S. 5) antwortet Wolfgang (29. Dec. 1777): »Ich habe geschrieben, daß mir Ihr letzter Brief viel Freude gemacht hat; dies ist wahr, nur eins hat mich ein wenig verdrossen – die Frage, ob ich nicht das Beichten etwa vergessen habe? – ich habe aber nichts dawider einzuwenden, nur eine Bitte erlauben Sie mir, und diese ist, nicht gar so schlecht von mir zu denken.« Und die Mutter beruhigt ihn, daß Wolfgang zu Mariä Empfängniß gebeichtet und daß sie zwar an den Wochentagen nicht regelmäßig Messe hören, Sonntags aber immer.


34 A. M. Z. III S. 493f.


35 Von Jomelli urtheilte er: »Der Mann hat sein Fach, worin er glänzt und so daß wir's wohl werden bleiben lassen müssen ihn bey dem ders versteht, daraus zu verdrängen. Nur hatte er sich nicht aus diesem herausmachen und z.B. Kirchensachen im alten Stil schreiben sollen.« A. M. Z. I S. 116.


36 Beil. VI, 2.


37 Vgl. S. 238. Andere Beispiele werden weiter unten erwähnt werden.


38 Brief 12. März 1783.


39 Auch das ist ein ungerechter Vorwurf, daß Mozart in seinen Opern die Messen geplündert habe. Mir ist unter so vielen Opern und Kirchencompositionen nur das einzige Beispiel bekannt, daß das Agnus Dei in der Messe 16, – ein Sopransolo, welches in seinem ganzen Zuschnitt obgleich einfach doch mehr opernhaft ist, als ein anderes Stück einer späteren Messe – in seinen Anfangstakten auffallend an die Arie Dove sono aus Figaro erinnert. – In welcher Weise man dagegen später seine Opern in die Kirche brachte, davon wird ein merkwürdiger Beleg erwähnt werden.


Quelle:
Jahn, Otto: W.A. Mozart. Band 1, Leipzig: Breitkopf und Härtel, 1856, S. 1.
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