[1039] Ein und siebenzigstes Schreiben.

Von der Stadt Padua.

Die Stadt Padua rühmet sich zwar der Republik Venedig ihren Ursprung und erstes Aufnehmen gegeben zu haben; allein sie wird selbst nun schon etliche hundert Jahre von dieser ihrer Tochter beherrschet, unter deren Regierung sie gar vieles von ihrem ehemaligen Flor verlohren hat, und anitzt kaum vierzigtausend Einwohner zählet1. Rand rechts: Abnehmen der Stadt. Rand rechts: Anzahl der Einwohner.

Insbesondere ist die vom Kaiser Friedrich dem zweyten den Bolognesern zum Nachtheile aufgerichtete Universität in so großen Verfall gerathen, daß anitzt kaum vier bis fünfhundert Studenten sich allhier aufhalten. Rand rechts: Universität. An dieser Veränderung ist die ungezähmte Freyheit dieser Leute großentheils Schuld, welche ehemals so weit gegangen, daß man, so bald es Abend wurde, seines Lebens auf der Straße und unter denen Galerien, welche an den meisten Häusern der Stadt zu finden sind, nicht mehr sicher war. Rand rechts: Quivalisten. Die Worte, deren sie sich als eines Zeichens bey ihren nächtlichen Unternehmungen bedienten, waren Qui va li? von welchen diese wilde Jugend den Namen der Quivalisten bekommen hat. Ob nun gleich mitihrer Menge auch die Frechheit sehr abgenommen hat, so ist es doch am sichersten, des Abends[1039] Im Jahre 1722 gab es bey hellem Tage eine solche Unordnung, daß ein Syndicus und vier Studenten von den Sbirren erschossen wurden. Rand links: Unordnungen vom Jahre 1722. Weil diese Gerichtsdiener bey solcher Gelegenheit zu weit gegangen, und man den Studenten keinen Vorwand geben wollte, die Akademie gänzlich zu verlassen: so wurden deswegen viele von den Sbirren gehängt und nicht wenigere auf die Galeeren verurtheilet, auch zum Andenken dieser an die Studenten gegebenen Satisfaction, an dem Orte, wo der erste Handel vorgegangen, eine Inscription aufgerichtet. Noch vor zweyen Jahren wurde der Graf la Rosa in der Nacht auf der Straße umgebracht.

Ein protestantischer Reisender wird zu Padua ohne Schwierigkeiten in die Kirchen und Klöster begraben, wenn er sich vorher nur in die Matrikel der Akademie hat einzeichnen lassen. Rand links: Begräbniß der Protestanten.

Das Universitätsgebäude oder Collegium wird il Palazzo degli Studii gennent, und sind darinnen sehr viele Bildnisse der berühmtesten Leute, die in Padua gelebt haben, mit beygefügten Inscriptionen zu sehen. Rand links: Il Palazzo degli Studii. Die Anatomiekammer hat zwarsechs Galerien in ihrer Rundung, um daraus die Demonstrationen bequem ansehen zu können; allein sie ist dabey so dunkel, daß man ohne Licht nichts darinnen vornehmen kann. Rand links: Anatomiekammer. Von Sceletis ist keine Sammlung vorhanden, sondern die Professores Medicinæ haben solche in ihren Privathäusern. Der medicinische Garten hat wenige seines Gleichen und ist sehr artig eingerichtet. Rand links: Medicinischer Garten. Der Stifter desselben ist Franciscus Bonæfidei, welcher im Jahre 1658 gestorben, und der erste Professor Botanices zu Padua gewesen ist. Ueber dem Eingange des Gartens liest man folgende in Marmor gehauene Gesetze: Rand links: Gartengesetze.


Trium-Viri Literarii:


I. Portam hanc decumanam ne pulsato ante diem Marci Evangelistæ aate horam vigesimam secundam.

II. Per decumanam ingressus extra decumanam ne declinato.

III. In viridario scapum ne confringito, neve florem decerpito, ne semen fructumve sustollito, radicem ne effodito.

IV. Stirpem pusillam succrescentemque ne attrectato, neve areolam conculcato transilitove.

V. Viridarii injuria non afficiuntor.

VI. Nihil invito Præfecto attentato.

VII. Qui secus faxit, ære, carcere, exilio multator.


An einem andern Orte liest man über zwo Seulen:


Hic oculi.

Hinc maaus,


und über einer Hausthüre: Rand links: Denkmaal Angeli Marcelli.


Angelo Marcello, quod Musarum vireta sylvescentia interlucaverit, atwue arescentibus herbis Castalios latices induxerit, nudisque stirpibus florum coronamenta, naturæ mundumadjecerit. Quo tempore Urbis Præfectus, eradicato omnis hostilitatis aconito, pacificas oleas lauris triumphalibus inserebat. N. B. M. P. Anno M. D. CL.
[1040]

Daß dieser Garten in Vergleichung mancher anderer vieles voraus haben müsse, kann man leicht abnehmen, wenn man nur bedenket, daß Melchior Guillandini, Jac. Antonius Cortuso, Prosper Alpinus, Johann Veslingius und andere berühmte Botanici ehemals die Aufsicht darüber gehabt haben. Rand rechts: Epitaphium Veslingii. Veslingius war aus Minden in Westphalen, und verdienet das artige Epitaphium, welches ihm Octavius Ferrarius verfertiget hat, hier eingerücket zu werden.


JOANNI VESLINGIO, Mindano


Naturæ verique scrutatori solertissimo, qui sapientiæ, atque exoticarum stirpium studio Ægypto ac Syria peragrata ab Veneto Senatu rei herbariæ & corporum Sectioni præfectus eum latinitatis & græcæ eruditionis cultum mutis artibus circumfudit, utillic naturæ ludentis pompam æmularetur, hic spectaculi diritatem Orationis dulcedine deliniret, ut quantum oculi paterentur, tantum sibi aures placerent. Demum laboribus fractus dum miseræ plebi gratuitam operam præstat noxio contactu vitam publicæ Saluti impendit. Jo. Pueppa Socero B. M. P. Anno MDCLV.


Des Morosini Garten, so an der Brenta Vecchia liegt, verdienet gleichfalls von einem Liebhaber der Orangerien und auswärtigen Gewächse in Augenschein genommen zu werden. Rand rechts: Garten des Morosini. Die Aufsicht darüber führet anitzt D. Antonio, Bartoldi, der an die Stelle des im Jahre 1729 verstorbenen D. Tita gekommen ist.

Unter die merkwürdigsten Dinge der Stadt Padua ist die dem heil. Antonio di Padua geweihete Franciscanerkirche zu rechnen. Rand rechts: Franciscanerkirche. Dieser berühmte Nothhelfer war zu Lissabon im Jahre 1195 gebohren, und starb im Jahre 1231. Von seinem Leben und großen Wunderthaten sind viele besondere Bücher im Drucke, welche alle die Approbation der obern Geistlichkeit vor sich haben, und nach deren vorher erhaltenen Erlaubniß heraus gekommen sind; obgleich Dinge darinnen befindlich, welche nicht ohne Anstoß gelesen werden können, und selbst vielen Römischkatholischen als von Ketzern erdichtete Historien vorkommen würden, wenn man nicht im Staude wäre, aus diesen ihren eigenen Büchern sie zu überzeugen, daß manihnen nichts aufbürde. Rand rechts: Vom h. Antonio di Padua. Des h. Antonius Schutz erstrecket sich nicht nur auf die Zeit, welche seine Anhänger hier in diesem irdischen Leben zubringen, sondern er vertritt sie auch am jüngsten Tage mit eben dem Nachdrucke, welcher uns in der h. Schrift von unserm Heilande allein gerühmet wird2. PietroFINI hat seine Gedanken davon in folgender italienischen Poesie ausgedrücket:


Che fo? che penso? al perentorio estremo,

Al novissimo di mi chiama il fato,

Con proclama di Morte io son citato

Del' alte Rote al Tribunal supremo.

O gran punto! ô gran punto! io gelo, io tremo,

E placitar già sento il mio peccato;

Vieni Antonio, e per me fà l'Aunocato,

Se tu tratti la causa, io più non temo.

Jo temo ben delle mie colpe il fio,

E perche reo nel gran processo io sono

Dei' eterne Giustitie io temo il Dio.[1041]

Mà spero al fin de la Pietà nel trono,

S' hò la lingua d' Antonio in favor mio,

Segnatura di gratia e di perdono3.


Die Kapelle dieses Heiligen ist fast ganz mit votis und gemalten Vorstellungen der Wohlthaten, welche man durch seine Fürbitte erhalten, angefüllet, und findet sich darunter auch folgende Inscription:


Viator aspice novum portentum,

ne mirere.

Adsunt similia sæpe & frequentia,

At venerare.

Veneti maris unda incautum Livium

Decennem rapuit

Inscio Patre

Alienum, non filium conquerente,

Bis horæ spatio tectum

Pietas servatum voluit

Cur dubitas?

Ignis, Mare, Ferrum

Cætera occurrentia mala,

Omaia Sancto cedunt

Zacharias Pontinus Pater

Tanti muneris memor

Tanto Sancto posuit.

1645. Kal. Augusti.


In itztgedachter Kapelle brennet eine goldene, und mehr als funfzig große silberne Lampen, nebst zween großen silbernen Leuchtern auf Piedestaux von weißem Marmor. Rand links: Kostbare Kapelle dieses Heiligen. Die Wände sind mit trefflichen bas-reliefs vom Tullio Lombardo, Ant. Lombardo, Jac. Sansovino und Hieron. Campagna gezieret. Der Sarg, worinnen der Leichnam des h. Antonius unter dem Altartische ruhet, ist von Serpentin. Der Altar, auf welchem sieben vom Titiano Aspetti in bronzo gegossene Engel stehen, hat ungemein schöne Marmorarbeit, und die Kapelle überhaupt wenige ihres Gleichen. An der einen Seite derselben zeiget man zwo in Eisen eingefaßte Wachsfackeln von der Dicke eines Kopfes, welche ein Türk mit verstellter Andacht hieher gebracht und geopfert haben soll, in der Hoffnung, daß durch die darinnen enthaltene Feuerwerke die ganze Kapelle in Stücke geschmissen werden sollte. Rand links: Fabel von zwo Wachsfakeln. Allein wider diese angedrohete Gefahr wußte St. Antonius schon Rath zu schaffen, indem er nach geschehener Anzündung der Fackeln dreymal aus dem Sarge rief, man sollte sie wieder auslöschen; wodurch man denn Gelegenheit bekam, die Sache genauer zu untersuchen und den Betrug zu entdecken. Eine fast gleiche Begebenheit wird auch zu Loreto erzählet. Des heil. Antonius Leichnam soll stets einen angenehmen Geruch von sich geben, und solcher sich bey einer Ritze hinter dem Altare vornehmlich spüren lassen. Die Zunge des Heiligen wird in der Sacristey in einem besondern Glase mit vieler Verehrung aufgehoben, und fehlet es hier nicht[1042] un gedruckten Gebethen, welche ganz allein an diese Zunge gerichtet sind. Der Schatz und Vorrath von silbernen Leuchtern, Kreuzen, goldenen Kelchen, Ciboriis und andern Dingen, so zu dieser Kapelle gehören, ist von großem Werthe. Rand rechts: Gebethe an die Zunge des h. Antonius. Unter ihren Heiligthümern werden Haare und Milch von der h. Maria gezeiget.

Der Kapelle des h. Antonius gegenüber ist die von St. Felix, in welcher etliche Fresco-Gemälde von dem florentinischen Maler Giotto zu sehen sind. Rand rechts: Schatz der Kapelle. Reliquien. Kapelle von St. Felix. Epitaphium Const. Dottorii.

Nahe bey St. Antonius Kapelle liest man unter einem marmornen Brustbilde folgende vom Octavio FERRARIO verfertigte Schrift:


CONSTANTINO DOTTORIO.


Ingentis animi juveni, qui in Dalmatia militiam auspicatus flagrante Cretico bello illuc transiit, & memorabili Urbis obsidione strenui & maxime pugnacis nomen implevit; nam pro vallo excubans, crebrisque in hostem eruptionibus, non uno vulnere decorus, terrâque tormentorum impetu excussa pene obrutus & prope oculis captus, cum illi Senatus emeriti decoris præmium Tarvisii armorum regimen obtulisset, honesto otio labores ac pericula præferens, dum quotidie pectus mortis capax hosti objicit, glande trajectus mortalitatem magis finivit quam vitam. Julius Parens desolatissimus, quod accipere debuerat, posuit. Ann. M. DC. LXX.


In dem Chore sind verschiedene schöne metallenebas-reliefs, welche Geschichte aus dem alten Testamente vorstellen. Rand rechts: Bas-reliefs im Chore. Der Tod des Simson unter den verfallenen Mauern des heydnischen Tempels ist insbesondere wohl gerathen, und Vellano aus Padua, ein Lehrling des Donatello, Meister von diesen Stücken. Die Stühle im Chore sind wegen ihrer mit Holze eingelegten Figuren und anderer Bildhauerarbeit sehenswürdig.

Linker Hand beym hohen Altare (wenn man zu demselben tritt) ist ein sehr großer Leuchter vonbronzo und unvergleichlicher Arbeit nicht außer Acht zu lassen. Rand rechts: Hauptaltar. Auf dem Altare stehen sechs große silberne Leuchter von der Höhe eines Mannes, und in deren Mitte ein noch viel höheres Kreuz von gleichem Metalle. Hinter diesem Altare, welcher isolé oder freystehend ist, also daß man um dasselbe herum gehen kann, wird eine Kapelle für die Reliquien der Kirche angeleget.

Der Altar St. Francisci hat schöne Arbeit von pietre commesse, vier Seulen von schwarzem Marmor, und zwo weiße Statuen, davon die eine die Liebe oder Charitatem, die andere aber eine weinende Person vorstellet. Rand rechts: Kapelle St. Francisci.

Unter den vielen schönen Grabmaalen, womit diese Kirche pranget, ist dasjenige, so dem Catterino Cornelio aufgerichtet worden, eines der vornehmsten, und die daran befindliche Schrift von der Feder des gelehrten OctaviiFERRARII in folgenden Worten verfasset: Rand rechts: Epitaphium Catterini Cornelii.


D. O. M. CATTERINO CORNELIO


Andreæ Parentis summi Ducis impressa saaguine vestigia insistens, omaes honorum gradus emensus, Dalmatlæ, dein Crætæ cum summa potestate Legatus, triennium obsessa metropoli, manu, consilio, exemplo nutantia fata, & summum Urbis diem moratus est; sed dum in propugnaculo maxime hostibus infesto dies noctesque excubat, ollæ incendiariæ fulmine cœlo assertus est, Insularum nobilissimæ una in cineres collapsæ rogo funeratus. Federicus Cornelius Fratri incomparabili H. P. P. Ann. M. D C. LXXIV.


Erasmus Gattamelata Statue liegt inder Gestalt eines gerüsteten Helden auf seinem Grabmaale in der Kapelle des heil. Sacraments mit der Unterschrift:
[1043]

GATTAMELATA


Dux bello insignis, Dux & victricibus armis

Inclytus atque aaimi Gattamelata fui.

Narnia me genuit media de gente, meoque

Imperio Venetum sceptra superba tuli.

Munere me digno & statua decoravit equestri

Ordo Senatorum nostraque pura fides.

Rand links: Grabschriften Erasmi Gattamentä.


Die Statua Equestris, womit die venetianische Republik das Andenken dieses Generals verehret hat, ist von dem berühmten Bildhauer Donatelli verfertiget und auf dem Platze vor dieser Kirche zu sehen. Rand links: und seines Sohnes. Des Erasmi Gattamelatä Sohn, Joh. Anton, liegt seinem Vater gegenüber mit folgendem Epitaphio:


Te quoque JOANNES ANTONI immitia Fata

Morte licet doleant, eripuere tamen.

Clara tibi facies, nec non victricia signa:

Inque acie virtus fulminis instar erat.

Unica spes hominum nam Tu juvenilibus annis

Confilio fueras & gravitate senex.

Gattamelata Pater decorant pietasque fidesque

Ingenium, mores, nomen, & eloquium.


In der Kapelle des heil. Josephs findet sich ein schönes Grabmaal zweener Brüder aus der Familie Marchetti, welches von weißem Marmor und mit vielen Statuen gezieret ist. Rand links: Grabmaal zweener Brüder. Die darangehauene Schrift enthält folgendes außerordentliches Bekenntnißdes Todes:


Dividit in geminos concordia fata duorum.


Age mors, falce defuncta, calamum stringe, succisasque vitas ævo vitaliori compensatura, scribe Petri Eq. D. Marci atque Dominici de Marchettis mortales exuvias hoc tumulari, præter has nihil non immortale: in Anatomico Theatro, in primariis Chirurglæ ac Medicinæ exetris, in desperatis morbis, in editis librorum monumentis Urbs, Patria, Principum Aulæ, Orbis universus nunquam mortales credidere: egomet, pudet fateri, sed cogit superstitis Antonii in Patrem & Fratrem pietas perennatura, tantum in me licuisse Marchettis, sæpius obstupui: mortem quis dicere falsam audet? nondum vel falce, velcalamodidicit adulari. Ann. D. M. D C. LXX XX.


Vortrefflich ist auch das Grab eines venetianischen Obersten Pii Capilistii, welcher im Jahre 1557 gestorben.

Octavius Ferrarius, ein durch viele gelehrte Schriften weltberühmter Professorder hiesigen Akademie, hat zwischen den Kapellen di S. Felice und del Crocifisso seine Ruhestäte gefunden, und zwar mit einem so prächtigen Denkmaale, daß wenige Gelehrte sich dergleichen Ehre zu rühmen haben. Rand links: Monument und Grabschrift des Octavius Ferrarius. Sein Epitaphium ist folgendes:


OCTAVIO FERRARIO MEDI OLANENSI in quo ornando & extollendo magni Reges & Principes certarunt. Veneta Respublica præter alia decoramenta bis mille florenorum honorario auxit. Ludovicus Magnus Francorum Rex sponte aureorum quingentorum annuorum congiarium din indulsit. Christina Augusta equestri insigni extulit. Ille Regum opes ac munera animo æquans, facundia, fide & consilio invidiam aut vicit, aut gloriæ incitamentum habuit. Septem & quadraginta annos cum admiratione publice auditus est. Quinto & septuagesimo obticuit,[1044] quam din literis honor constabit scriptis apud posteros locuturus Julius Ferrarius P. B. M. P. Anno MDCLXXXIV.


Von diesem Ferrarius ist folgende Inscription, welche man nicht weit hievon an einem sehr schönen Monumente des Petri Salæ liest, verfasset: Rand rechts: Petri Salä;


PETRO SALÆ


Omnibus aaimi corporisque dotibus præcellenti, qui vix pubescens bello Insubrico Ticini, Alexandriæ, Valentiæ & Mortarlæ obsidione Tribuni Equitum Loricatorum Vexillarius dura militlæ rudimenta summa cum laude posuit Inde, cum in Dalmatia strenuam Reip. operam navasset, in Insubriam regressus Tribuni equitum Legatus, mox & equestris turbæ Ductor bello inter Reges extincto, dum in Cretam proficiscitur prædonum Punicorum insidiis exceptus post longum certamen vulneribus concisus diram captivitatem memorabili constantia triennium pertulit, nullisque præmiis aut minis, ut religionem ejeraret, a barbaris adigi potuit. Quare a Senatu Veneto redemptus novisque stipendiis auctoratus Cretam repetiit, ac primum Venetæ Triremis, dein aliquot onerariarum præfectus ubique consilio manuque veterum Ducum fulgorem juvenis æquavit. Demum intra urbem obsessam revocatus, dum Tribunus propugnaculum maxime hos ibus infestum intrepide tutatur, glande ictus, dextro brachio tot victoriarum instrumento mulctatus, plures militlæ titulos ac fortia facta quam annos numerans spiritum Deo & Principi impendit, annos natus XXXII. Daaiel Parens & Jacobus Patruus Abbas & Canon. Patav. ac in patrio Gymnasio Pub. Sacr, Canon. interpres primarius, e regione gentilis monumenti4 inane sepulchrum stauerunt, ut sit hic posterorum idea & spectaculum potius quam spectator avorum.

An. D. M. D C. LXXI.


Nahe hiebey enthält das schöne Epitaphium des Comte Sicci folgende Worte: Rand rechts: Horaz Sicci;


COMITI HORATIO SICCO


Patr. Pat. qui avitam gloriam fortibus gestis æmulatus, in propugnaculo Viennæ a Turcis obsessæ sagitta transfixus, cuniculi ruina pene obrutus, demum plumbea glande trajectus Urbis, Imperii & Religionis victima concidit, a Leopoldo Augusto, cujus in aula adoleverat, elogio Christiani Herois decoratus. Vincentius Paschalicus Pan. Venet. H. M. P. Anno Sal. MDCLXXXVI.

Hac itur Elysium.


An dem Grabmaale Alexander Contareni hat der berühmte Bildhauer Augustinus Zotto seine Kunst bewiesen. Rand rechts: Alex. Contareni; Die unter des Contareni Bildnisse befindliche Inscription ist folgende:


Hanc ALEXANDRI CONTARENI Venetæ Classis cum summa potestate fortiss, Legati D. Marci Procuratoris, quem nec venti in periculosiss. Reip. temporib. retardarunt unquam, & Hariadenus Barbarossa Othomannicæ Classis Imperator potentiss. sæpe timuit, tam mirabili artisicio ductam effigiem magni indicem animi, præclarumque totius maritimæ disciplinæ simulacrum, ut posteritas haberet, quod instar immortalitatis ac gloriæ unice coleret, ne quidquam Patavino splendori deesset, Petrus & Pandulfus Frat. Opt. P. vixit An. 67. Dies 9. Ob. 18. Kl. Apr. 1553.[1045]

Ueber dem Grabe eines Herrn von Dohna liest man: Rand links: Christoph von Dohna.


D. O. M.


Fui CHRISTOPHORUS Burgravius L. Ba. de Dohna, Othonis F. Zulauffensium imer Silesios Dns, ad quos redire meditantem mors breviore via transtulit in cœlum. Abil non obli, & cœpi vivere cum vivere desii, mutavi æternitate adole scentiam, nihilque mihi ereptum est, nisi quod tempus erat erepturum.

Inclyto huic Heroi, quem lustrata Italia & magno ubique avitæ virtutis specimine relicto, Patavium reversum febris extinxit, Anna Dyrhia Mater vidua Cunradus Fr. mœstiss. P. P Obiit Ann. M. DC. XI V. IV. Kal. Jan. Vixit Ann. XIX. D. X.


Auf dem Fußboden:


Quidquid mortale habuit sub hoc saxo deposuit Illustriss. Christophorus Burgravius L. B. de Dohna Silesius.


Das in dieser Kirche aufgerichtete Bildniß des berühmten Kardinals Petrus Bembus hat folgende Unterschrift: Rand links: Denkmaal des Kardinals Bembi.


PETRI BEMBI Cardinalis imaginem Hieronymus Quirinus Ismaelli filius in publicum ponend. curavit, ut cujus ingenii monumenta æterna sunt, ejus corporis quoque memoria ne a posteris desideretur. Vix. Ann. LXXVI. Mens, VII. dies XXI X. Obiit XV. Cal. Febr. 1547.


Der Leichnam dieses Kardinals ist zu Rom bey den Dominicanern von S. Maria sopra Minerva mit folgendem Epitaphio begraben: Rand links: Epitaphium desselben.


Petro Bembo Patr. Ven. ob ejus singulares virtutes a Paulo III. Pont. Max. in Sac. Coll. cooptato Torquatus Bembus posuit. Obiit XV. Kalend. Februar 1547. Vixit annos 75. menses 7. dies 28.


Er war ein gelehrter Mann, der sehr gut Latein wiewohl mit übermäßiger Nachahmung der Alten und etwas zu gekünstelt schrieb, also daß Julius Cäsar Scaliger, Casp. Francus und Lipsius vieles daran ausgesetzet haben. Er selber hielt auf seinen lateinischen Stilum so viel, daß er versicherte, er wolle solchen nicht gegen das Herzogthum Mantua vertauschen; ja LANZIVSin Oratione contra Italos und andere beschuldigen ihn, daß er nicht nur einem seiner Freunde die Lesung der Episteln Pauli widerrathen, sondern selbst auch weder die Bibel noch das Breviarium lesen wollen, um den lateinischen Stilum nicht zu verderben. In seiner Jugend hat er gar häßliche und obscœne Schriften herausgegeben.

Endlich ist bey der Pforte von der mitternächtlichen Seite der berühmten Cornarä marmornes Brustbild mit folgendem Lobspruche nicht vorbey zu gehen: Rand links: Denkmaal der Cornarä


HELENÆ LUCRETIÆ COR NELIÆ PISCOPIÆ, Joh. Baptistæ D. Marci Procuratoris Fillæ Heroinæ, animi celsitudine, pietate, castimonia, omni[1046] literatura & septem linguarum peritia singulari, cum ab aliis Europæ Magnatibus, tum vel maxime ab Innocentio X I. P. M. perhonorifico diplomate, & ab Jo. III. Poloniæ Rege datis ad eam epistolis summopere commendatæ, quæ posthabitis Virorum Principum connubiis, ante D. Benedicti Antistites Deo primum virginitatem vovit, post ampliss. ædibus in asciteria & peripatum conversis, ferreis uncis membra, divinis philosophicisque contemplationibus mentem acrius exercuit. Demum in celebri Patav. Collegio unico post hominum memoriam exemplo Philosophiæ Lauream adepta, Coronam prævenit, quam ipsi morum innocentia augurabatur in cœlo. Obiit Ann. M. D C. LXXXIV. XXVI. Julii, Ætatis suæ XXXVIII.


Cujus Monumentum

Hieronymus Cornelius Frater

Graviore forma corrigendum curavit

Epigraphe servata

MDCCXXVII.


Dieses ist nur ein Denkmaal dieses in der Theologie, Astronomie, Mathematik und Philosophie gelehrten Frauenzimmers, deren Grab in der Kirche St. Justinä zu suchen ist. Rand rechts: Nachricht von ihr. Sie war gebohren den 5 Jun. 1646, und verband sich mit einem Gelübde zur ewigen Keuschheit, da sie noch nicht eilf Jahre alt war. Im Jahre 1678 den 25 Jun. erhielt sie nach einer öffentlichen philosophischen Disputation und mit gewöhnlichem Gepränge zu Padua den Gradum Doctoris, und würde ihr solcher auch in der Theologie ertheilet worden seyn, wenn es der Kardinal Barbarigo, als damaliger Bischof zu Padua, unter dem Vorwande, es sey nach des Apostels Pauli Befehl (1 Cor. 14, 34) einer Frau in der Gemeine zu lehren verbothen, nicht hintertrieben hätte. Sie redete und verstund außer ihrer Muttersprache die lateinische, französische, spanische, griechische (sowohl wie diese anitzt im Griechenlande in Gebrauche ist, als auch wie sie ehemals geschrieben worden), hebräische und chaldäische Sprache. Die Akademie, so zu Rom unter dem Namen degli Insecondi aufgerichtet worden, nahm sie zu ihrem Mitgliede an, und ließ eine Medaille prägen, welche auf der einen Seitedas Brustbild dieses gelehrten Frauenzimmers mit der Umschrift: Rand rechts: Ihr zu Ehren geprägte Medaille.


Helena Lucretia Cornelia Piscopia Jo. Bap. Procurat. S. Marci Filia


vorstellete, auf der andern Seite aber einen Lorberbaum mit den Worten:


Etiam infœcunda perennat,


um sowohl auf ihren erwählten beständigen jungfräulichen Stand, und die Aufnahme in die Akademiedegli Infecondi, als auf den unsterblichen Ruhm ihrer Wissenschaften hiemit zu zielen.

Zu gleicher Zeit mit ihr lebte in Holland die wegen ihrer Gelehrsamkeit und vielen Sprachen gleichfalls berühmte Anna Maria Schurmanninn, welche im Jahre 1607 gebohren war und 1678 den Weg alles Fleisches gieng5. Rand rechts: Anmerkung von etlichen andern gelehrten Weibspersonen. Schurmanninn. Von dreyen gelehrten Damen, womit zu unserer Zeit die Stadt Mayland pranget, habe ich schon anderwärts Erwähnung[1047] gethan6; und von den zwo Töchtern des Caroli Patin wird besser unten zu reden Gelegenheit seyn. Rand links: Drey Cleliæ Patinlæ. Daß das Frauenzimmer in vielerley Wissenschaften es sehr weit bringenkönnen, beweisen viele unleugbare Exempel7; es ist aber kein Zweifel, daß solche Personen am besten thun, wenn sie der Cornarä Exempel auch in der Erwählung des ledigen Standes folgen. Rand links: Unglückliche Ehen des gelehrten Frauenzimmers. Was IVVENALIS Satyr. VI von reichen Weibern saget:


Intolerabilius nihil est, quam, fœmina dives,


kann vielleicht mit noch mehrerm Rechte von gelehrten Frauen gesagt werden, von welchen den Männern zur Warnung dienen kann, was ein Poet schreibt:


Non habeat matrona tibi quæ juncta recumbit

Dicendi genus, historias non noverit omnes,

Nun quid rancidius, quam quod se non putat ulla

Formosam, nisi quæ de Tusca Græcula facta est.


Eines theils erfodert die Führung der Haushaltung und Erziehung der Kinder andere Sorgen, als die Liebe zu den Büchern neben sich vertragen kann; andern theils bringt nach den menschlichen Schwachheiten eine große Wissenschaft bey dem weiblichen Geschlechte einen fast unvermeidlichen Hochmuth und zwar in einem desto mehrern Grade, als bey den Mannspersonen, deswegen mit sich, weil diese, sie mögen noch so gelehrt seyn, noch allezeit viele Leute ihres Geschlechtes finden, welche es ihnen gleich oder noch zuvor thun, da im Gegentheile ein gelehrtes Frauenzimmer gar wenige ihres Geschlechtes zu finden pflegt, welche sich ihr in Ansehung der Wissenschaften an die Seite stellen könnten.

In dem Oratorio oder der Nebenkapelle der obgedachten Franciscanerkirche sind drey große Fresco-Gemälde vom Titiano nebst den Begräbnissen der Familie von Corraresi. Rand links: Oratorium der Franciscaner.[1048]

Der Thurm der Kirche ist drittehalb hundert Stuffen hoch, und hat man davon eine schöne Aussicht über die große herumliegende Ebene. Rand rechts: Aussicht vom Thurm. Man sieht aber auch, wie wenig Padua bebauet sey, und was für einen großen Platz die häufigen Gärten dieser Stadt einnehmen.

Die kleine Kirche della Annunciata ist fast ganz à fresco von Zotti gemalt, hat aber sonst nichts merkwürdiges. Rand rechts: Kirche della Annunciata. Der dabey befindliche ovale Platz, Arena genannt, soll den Alten zu ihren Schauspielen gedienet haben. Der darauf stehende Pallast, so gleichfalls in ovaler Figur gebauet ist, steht der venetianischen adelichen Familie von Foscari zu. Rand rechts: Arena.

Die Kirche St. Augustini gehöret den Dominicanermönchen. Der hohe Altar hat schöne Bildhauer- und eingelegte Arbeit. Rand rechts: Kirche St. Augustini. An der hintern Seite desselben hat Hieronymus Herculanus folgende Worte eingraben lassen:


Adsis quicunque hæc sacra limina teris

Non sine Beseleel & Oliab arca Domini;

Sacratiss, hoc Augustale

Tabernaculum splendidissimum

Ubi Omnipotens habitat cum hominibus.

Pietas Patrum fundavit,

Charitas fidelium auxit,

Cunctis autem complementum dedit Deus

Disce,

Quod pietate res parvae crescunt,

Impietate maximæ dilabuntur.

Nil sine Numine divum.[1049]

Hoc te volui.

Numen pronus adora, & abi.

P. P. die XX. Martii Anno Christ. æræ

M DC LXIII.


In dem Chore sind die Begräbnisse zweener Carrara, deren der eine, nämlich Ubertinus der dritte, folgendes Epitaphium hat: Rand links: Epitaphia von zweenen Carrara;


Solve genis lachrymas tumulum qui conspicis istum,

Flensque suus, dicas, Spiritus astra colit.

Kam fuit hic Patriæ Dux, Pax, Jus, Spesque Salusque

Hostibus hostis atrox, fidus amicus erat.

Quem generosa Domus plaustro signata rubenti

Edidit msignem strenuitate virum.

Ubertine tuis Patavis spes quanta salusque

Decidit, heu! cum Te mersit acerba dies?

Anno Domini M. CCC. XLV.

Die XXIX. Martii.


Gegenüber ist Jacobus Minor der fünfte, gleichfalls aus dem Carrarischen Hause und Herr von der Stadt Padua, begraben. Seine Grabschrift ist vom Fanciscus Petrarcha in


Heu magno domus arcta viro, sub marmore parvo

Heu Pater hic Patriæ spesque salusque jacent.

Quisquis ad hoc saxum convertis lumina Lector

Publica damna legens, junge preces lacrymis.

Illum flere nefas, sua quem super æthera virtus

Sustulit, hummo si qua fides merito.

Flere gravem patriæ casum fractamque bonorum

Spem licet, & subitis mgemuisse malis.

Quem populo patribusque Ducum Carraria nuper

Alma dedit Patavo, mors inimica tulit.

Nullus amicitias coluit dulcedine tama,

Cum foret horrendus hostibus ille suis.

Optimus inque bonis semper studiosus amandis,

Nescius invidiæ, conspicuusque fide.

Ergo memor Jacobi speciosum credula nomen

Nominibus raris insere posteritas.

Anno Domini MC C CL.

Die XIX. Decembris.


Nahe bey der Cappella dell' Annunciata ist folgende Grabschrift zu sehen:


Alexandri Doctorii Eq. & Luclæ Zacchæ Nob. Venet hic cineres quiescunt, quos non minus thalami quam tumuli consortes eodem Anno, Mense, Hebdomata rapidissimum Famm sustulit. Rand links: Alex. Doctorii. Quorum neuter se alteri superstitem, neuter præmorientem se novit, sed pares pietate, fide, funere, voluntate, hanc sibi destinarunt sedem,[1050] ut quos amor unxerat, mors non divideret Hæe XII. Isle IX. Kai. Maji obierunt MDCLXXXII.


Nicht weit vom Altare di S. Salvatore sind die Begräbnisse Charlotten, einer Tochter des cyprischen König Jakobs und seiner Mutter Marietten. Rand rechts: Begräbniß der Cyprischen Königinn Charlotte und ihrer Mutter. Epitaphium Joh Hier. Grandis; Jene starb im 1480sten, diese aber im 1503ten Jahre.

In der Nachbarschaft der Pforte, so nach dem Kloster führet, hat Joh. Hieronymus Grandis, ein berühmter Bildhauer und Goldschmied, folgendes Epitaphium:


JOANNI HIERONIMO GRANDISPat. Statuario eximio variaque cælatura Auri, Argenti, Gemmarum, Ærisque præstantissimo Vincentius patraus iisdem artibus insignis, in senectute superstes mœstiss. pos.


Hic situs est fuso qui semper præstitit ære,

Vincere qui potuit marmore Praxitelem.

Nomine GRANDIS erat, factis sed grandior ipsis,

Eois fama notus & Hesperiis.

Vix. ann. LII. Obiit die XXII. Martii. M. D. LX.


Ueber Fortunii Liceti Grabmaale bey der Thüre nach dem Glockenthurme liest man: Rand rechts:Fortunii Liceti.


Mortales ita vivite, ut Mens sit in Sepulchro, dum Corpus extra tumulum. Nam huc lato cadavere cœlum ascendet anima. Hoc est solidum sapere.


In der Sacristey pranget der Altar mit trefflicher Bildhauerarbeit und Statuen von weißem Marmor. Rand rechts: Sacristey. Epitaphium Bern Buzzacharini. Die Familie8 der Buzzacarenorum hat allhier ihre Erbbegräbnisse, über deren einem die Worte stehen:


Bernardo Buzzacharino adolescenti, humanioribus literis liberaliumque artium studiis, ingenio admirabili, prudentia, temperantia, cæterisque animi dotibus admodum prædito, ac nulli suæ ætatis secundo, amica manu miserabiliter interempto, Ludovicus de Gagliardis, hoc amoris & veræ amicitiæ testimonium posuit Obiit An. Dom. MDXLI. die VII. Martii, natus annos XXVIII. Menses X. dies XXIV.


Diesen Buzzacharinus hat der Decanus der Domkirche unwissend umgebracht; daher Georgius Fabricius folgende aus Schradern genommene Verse seinem Epitaphio beygefüget hat:


Dulce quod est aliis & carum nomen amici,

Hocce mihi triste causa necisque fuit.

Nam qui crudeli miserum latus ense peregit,

Incertos casus aspice, amicus erat.

Me dare nunc luctus socio, sociumque fuisse

Auctorem mortis, magnus uterque dolor.


In dem Kloster sind vierzig Mönche. Rand rechts: Bibliothek. Ihre Bibliothek ist nicht sonderlich groß, aber wohl eingerichtet. Die Manuscripte sind in einer besondern Kammer.

In der großen Galerie findet sich über der Thüre einer Zelle, welche Albertus Magnus
[1051]

D. O. M.

Rand links: Denkmaal Alberti Magni.


Quam legis ALBERTO domus hæc fuit hospita MAGNO

Parva quidem haud parvo, sed tamen ampla viro.

Parvus erat, subiit parvæ cum limina portæ,

Magnus at exiguo sub lare factus erat.

Senserat hoc dixitque superba Ratisbona Magnum

Hospitem in hospitio dispare, Padua, colis.

Archisacerdotis mitram magnosque Penates

Accipe magna Ratis sie Bona navis erit

Post majora Deus reserans palatia magne

Dixit habe Magni magna Theatra poli.

Audiit & magni Propylea petivit Olympi

Num majore capi limine Magnus habet?


Pictam memoriam pene deletam Fr. Jacobus Salomonius Sac. Theol. Magis. Doct. Colleg. & jam tertio Regens marmoream ponere curavit. Anno M. DC. LXXXIV.


Sacrum

Deo Ter Maximo Numini Alberto Ter Magno Lumini.


An einem andern Orte liest man unter seinem gemalten Bildnisse:


MAGNVS hic ALBERTVS Patavi augustissima proles

Cœnobii splendor, palma, corona, decus.


Die den Benedictinernonnen zuständige Kirche St. Bartholomäi hat gute Gemälde, übrigens aber schlechte Zierrathen, indem ihre Wände nur mit altem Goldleder beschlagen sind. Rand links: Kirche St. Bartholomäi.

Bey den Kapuzinern, gleich in der ersten Kapelle linker Hand, wenn man in die Kirche tritt, liegt der berühmte Kardinal Joh. Franciscus Commendon, dessen Leben Flechier beschrieben hat, begraben. Rand links: Kapuzinerkirche. Grab des Kardinals Commendon. Er starb im Jahre 1584, den 7 Jenner, in einem Alter von ein und sechszig Jahren, neun Monaten und neun Tagen. Seine Grabschrift hält nichts besonderes in sich.

Die Karmeliterkirche ist schön, und verdienet wegen ihrer Marmorarbeit gesehen zu werden. Rand links: Karmeliterkirche.

In der Kapelle St. Andreä Corsini liest man folgende Grabschrift einer Dame, welche währender ihrer Trauung gestorben: Rand links: Grabschrift einer Braut.


ELISABETH SALOMONIÆPatritiæ Venetæ nuptæ innuptæ, ipso sponsalium momemo extinctæ, Nicolaus Comes de Lazara Eques inter utramque facem desolatissimus pro thalamo tumulum posuit, ut saltem cineres & ossa misceret. An. MDCLXXIII.


Ueber der Thüre nach dem Kloster ist des berühmten Juristen Tiberius Decians Grabmonument mit beykommender Nachricht: Rand links: Epitäphium Tiberii Deciani.


TIBERIO DECIANOPatritio Utinensi Comiti, Equitique Clariss. Jurisprudentum Consultiss. Oratori eloquentiss. Litium in Prætoriis Provinciis dijudicandarum Disceptatori æquiss. & in Patavino Gymnasio submota æqualitate supremam cum sempiterna gloria dignitatem consecuto; cum a Sereniss. Rep. Veneta, ut sibi in rebus de jure pertractandis, oblato supraordinario Interpretis loco ampliss. præmiis[1052] ad Urbem accerseretur, cum summo omnium mœrore anno ætatis suæ septuagesimo tertio sanctiss. mortuo. Nicolaus J. C. Jo. Franciscus & Roncadinus Patri pientiss. Monumentum hoc fac. cur. Obiit VII. Idus Februarii M. D. LXXXI.


An der basi steht das Distichon:


HIC CINERES MAGNI DECIANIsufficit illud.

Disces audito nomine, quantus erat.


An der Domkirche wird noch gebauet, und hängen die Zeichnungen, nach welchen alles eingerichtet werden soll, bey dem Eingange der Kirche an der Wand. Rand rechts: Domkirche. Die jährlichen Einkünfte dieser bischöflichen Kirche belaufen sich über hundert tausend Scudi.

In der Kapelle der Familie Zabarella zeiget man ein vom Evangelisten Lukas gemaltes Marienbild, welches der neapolitanische König Robertus dem Poeten Petrarcha, und dieser wieder hieher verschenket hat.

Unter dem Bildnisse eines auf der Erden ruhenden Canonici liest man: Rand rechts: Epitaphium Rofini de Giroldis;


Barthol. Rofinus de Giroldis Canonicus

Paduanus

Vermibus hic donor, & sie descendere conor,

Qualiter hic ponor, ponitur omnis honor.

Quisquis ades, tu morte cades, sta, respice, plora

Sum, quod eris, quod es ipse fui, pro me, precor,

ora.


Die Grabschrift eines geplagten Podagristen ist in der Kapelle der h. Jungfrauen mit folgenden Worten verfasset: Rand rechts: Eines Podagristen.


Leonellus Leoniusex Comitib. Sanguineti Nob. Venet. Redempt. Mantuæ Eques, hujus Eccl. Can. oflicio & consuetudine Principibus carus, paterni in fratres animi, sinceræ in amicos fidei, diuturnæ podagræ doloribus vexatus, vitam pro pœna, mortem habuit pro remedio. An. ætat. suæ LXI V. Domini M. DC. LXII.


Ueber der Thüre nach dem bischöflichen Pallaste liest man: Rand rechts: Lob Galeatti Mussati.


GALEATIO MVSSATO


Archipresbytero altitudine animi & consilii præstantia cum paucis comparando, qui Canonic. jura atque immunitatem ea fide & imrepidi pectoris constamia tutatus est, ut nec gratia unquam nec metu ab officio avocatus fuerit aut deterritus; demum Episcopi demortui vices gerens, talem se præbuit, ut Ecclesiam pastore orbatam nemo senserit, & hujus interitu magno præsidio destitutam omnes ingemuerint. Canonicorum Collegnum B. M. P. Anno MDCLXV.


Der Verfertiger dieser Inscription ist Octavius Ferrarius. Rand rechts: Epitaphium Caroli Patini.

Zur Rechten des Altares St. Caroli steht:


D. O. M.

CAROLO PATINO


Paris. Equ. D. M. prisc. numismat. studiis clariss, famam celeberrimi patris æmulato, e patrio in Patav. Lyceum excepto, post totam Europam lustratam, præmiis & majorum Principum gratia aucto, cum calumnia feliciter luctato, ac pro fundamento virtatis fortunæ ruims uso, ob veterem eruditionem erutam, posterorum cultum promerita Magdalena Ommetz Paris. uxor, Gabr. Carola Saata Paulina, &[1053] Carol. Cath. Fillæ, extremo amoris argumento, annuente Capitulo parentant. Ob. An. MDCXCIII. X. Oct. ætat. suæ Au. LIX. Mens. VIII. D. X.


In dieser Grabschrift sind drey gelehrte Weibespersonen zu bemerken. Magdalena Hommez, Caroli Patini Ehefrau, gab im Jahre 1680 Recueil de Reflexions morales & Chretiennes heraus. Rand links: Drey gelehrte Patiniä. Ihre älteste Tochter Gabriel Carola Santa Paulina hielt im Jahre 1680, unter dem Præsidio ihres Vaters Caroli Patini, eine öffentliche Disputation über verschiedene philosophische Sätze, und schrieb einen Brief, worinnen der Phönix, welchen man auf einer Münze Caracallä antrifft, erläutert wird. Ihre jüngere Schwester Carola Catharina Patina hielt im Jahre 1683 zu Padua auf den Entsatz der Stadt Wien eine lateinische Rede, welche auch im Drucke herausgekommen ist. Ueber dieses publicirte sie im Jahre 1691 zu Padua Tabellas selectas & explicatas, oder Kupferstiche von raren Gemälden der berühmtesten Maler, nämlich Titiani, Pauli Veronensis, Leon. Vinci, Tintoretti, Bassani, Holbenii etc. mit beygefügten Erklärungen. Beyde Schwestern waren Mitglieder von der Akademie der Ricourati zu Padua.

Daß des Kaiser Heinrichs des vierten Gemahlinn Berta allhier begraben sey, wollen einige Scribenten aus einem Steine, der zwischen den Statuen dieser beyden kaiserlichen Personen liegt und folgendes enthalten soll, schließen: Rand links: Von dem Grabe der Kaiserinn Berta.


Præsulis ac Cleri præsenti prædia fano

Donavit Regina jacens hoc marmore Berts,

Henrici Regis Patavi celeberrima Quarti

Conjux, tam grandi dono memoranda per ævum.


Ich gestehe aber, daß ich vergebens nach diesem Denkmaale gesucht habe. Andere behaupten, diese Kaiserinn sey zu Speyer begraben, und vermuthlich beruhet diese Meynung auf keinem bessern Grunde, weil DODECHINVSin Appendice adMARIANVM ad a. 1087, p. 457. CHRONOGRAPHVS SAXOad h. a. p. 1087 und andere Geschichtschreiber deutlich die Stadt Mainz als die Ruhestäte dieser Dame angeben.

Ja der Kirche St. Francisci liest man bey dem Altare, so einem wunderthätigen Bildnisse des Heilandes aufgerichtet worden, folgende vom Octavius Ferrarius verfertigte Schrift: Rand links: Inscriptionen bey einem Bilde Christi.


Christi Servatoris imaginem vultus placida majestate serenos deciduis æternæ clementlæ radiis atque admirandis operibus humano generi beneficos ac salutares, ab obscuro & ignobili loco in hanc augustiorem sedem transtulit PaterPAULUS A PLEBE SACCI, eamque collatitia piorum stipe ad fastigium perduxit, aræque suggestu & peregrino marmore excoluit. Anno M. DC. LXI X.


Auf der andern Seite:


Spectant oculi, quod sola mente intelligitur, adorat mens & stupet, nec sibi credunt oculi, cum divina hæc signa Naturæ leges ac terminos supergressa intuentur, morborum omne genus depulsum, quotquot in hominum vitam sæviunt, quot casus votivæ Tabellæ vastam templi molem implemes narrant, depositosque & conclamatos a Dæmonum vel mortis faucibus ereptos. Hæc qui quotidie videt, nec credit, oculis caret ac mente.


In dieser Kirche hat der Kardinal Peter Bembus einem seiner Freunde folgendes Epitaphium aufgerichtet:
[1054]

CHRISTOPHORO LONGOLIOBelgæ Romanam civitatem propter eximiam in studiis litterarum præstantiam adepto summo ingenio, incredibili industria, omnibus bonis artibus prædito supra juventæ annos, in qua extinctus est, magno Italiæ dolore, cui ingentem spem sui nominis excitaverät, Petrus Bembus Amico atque Hospiti posuit. Rand rechts: Epitaphium Christoph Longolius.


Te juvenem rapuere Deæ fatalia nentes

Stamina cum scirent moriturum tempore nullo

Longoli Tibi si canos seniumque dedissent.


Der berühmte Jurist Hieronymus Cagnolo, welcher im Jahre 1551 zu Padua gestorben, ist gleichfalls in dieser Kirche begraben. Rand rechts: Grabmaal Hier. Cagnolo. Grabschrift Jac. Scarabicii.

Rechter Hand bey dem Haupteingange liest man:


JACOBO SCARABICIOPatavino, in quo Moderator temporum munerumque largitor Deus, annos simul ac virtutes contraxit; cui annum quartum supra decimum vix agenti & morum integritas, ingenii solertia, sermonisque blanditia fuit, ut Patavinis civibus foret exemplo, amori & admirationi. Nunc veluti lectissimum in terris florcm, cœlo jam gratissimum, quo Nonas Martii non tam veris, quam ætheris ingressu in amœnissimum delitiarum hortum subinvidi transtulere Superi. Sebastianus Pater, in Patavino Lycæo Publicus Medicinæ Lector, acerbissimum animi dolorem hoc uno leniens, quod jucundissimo unici filii conspectu convictuque in cœlis iterum fruiturus, flagrantis desiderii Monumemum posuit. M DCLIV. Rand rechts: Subinvidi Superi.


Ob die Ausdrückung von Subinvidis Superis einem Christen anständig sey, werden viele in Zweifel ziehen.

In der Kapelle des bey dieser Kirche gelegenen Hospitals liest man unter dem Monument des Stephani Kokosii, eines Siebenbürgers, welcher als Arzt im drey und dreyßigsten Jahre seines Alters gestorben, die Verse: Rand rechts: Grabschrift eines jungen Arztes.


Hic Juvenis fortis, Medicus jacet. Ergo nec ætas,

Nec vis, nec Medicus vincere fata queunt.


Die Kirche von S. Francesco di Paola ist zwar klein, aber sehr artig und mit einem guten Gewölbe versehen. Rand rechts: Kirche S. Francesco di Paola. Der Hauptaltar hat viele marmorne Statuen und ein schönes Tabernakel.

Die Theatinerkirche von S. Gaetano ist mit weißfleckigtem Marmo pavonazzo ganz überkleidet und sehr artig. Rand rechts: Theatinerkirche. Der Altar hat acht schöne Seulen von weißem und schwarzem Marmor, und in der Mitte den Todeskampf dcs Heilandes am Oelberge gar künstlich in Holz geschnitten. Inder Sacristey zeiget man zwey vom Paolo Veronese gemalte Stücke, welche die Hinrichtung etlicher Märtyrer vorstellen. Uebrigens ist bekannt, daß die Theatiner ihren Namen haben von einer bischöflichen Stadt des Königreichs Neapolis, Theati genannt, woselbst besagter Orden im Jahre 1523 seinen Anfang genommen hat. Rand rechts: Ursprung des Namens vom Theatinerorden.S. Giacomo Apostolo.

In der Kirche di S. Giacomo Apostolo kömmt folgendes Epitaphium vor:


Amice Lector salve. Si cupis fortasse scire, cujus sit hoc monumentum. JOANNIS BONIFACIISebastiani F. honestiss. parentibus nati, in liberalibus disciplinis educati, Jurisconsulti, Historici, Assessoris, Civis Rhodigini, Tarvisini, Patavini, propinquis benefici, amicis grati, Principibus viris chari; Qui si magna non fecit scribenda, plura tamen scripsit legenda, quæ si Tu bene inspexeris, qualis ipse fuerit, melius intelliges, & illius memoriam servabis, & bene vale MDCXXXIII.
[1055]

Außen an der Kirche di S. Giovanni in Verdaca (oder in viridario) findet sich beykommendes Monument eines berühmten Bildhauers: Rand links: Briosco Grabmaal in S. Giovanni in Verdaca.


ANDREÆ CRISPO BRIOSCOPatavino statuario insigni, cujus opera ad antiquorum laudem proxime accedunt, imprimis æneum candelabrum, quod in Æde Divi Antonii cernitur, hæred. pos. vix. Ann. LXII. Mens. 3. Dies 7. Obiit 8. Id. Julii 1532.


Si Crispi decora invidi tacebunt

Quæ spirant opera hujus usque quaque

Voce hæc perpetuo canent sonora.


Ehemals war an diesem Denkmaale Briosci Kopf von Metall zu sehen; allein es ist nur noch ein kleines Stück davon übrig, und das andere vermuthlich weggestohlen worden, weil diese Kirche an einem gar abgelegenen und einsamen Orte steht.

Ueber dem Eingange des Gartens, welcher zu dieser Kirche und dem dabey gelegenen Kloster gehöret, sind zwo eiserne Gestückkugeln und in deren Mitte eine dritte aus weißem Stein eingemauert. Rand links: Denkmaal der Belagerung der Stadt durch Maximilian den ersten. Sie sollen, als der Kaiser Maximilian der erste die Stadt Padua belagert hatte, in diese Mauer geschossen worden seyn, und liest man unter denselben:


Ales Jovis ter maximi

Matris Deorum Bijuges

His lusitabant sphærulis,

Non ergo lucri & sanguinis,

Sed imperii sed gloriæ.


Die Kirche St. Justinä ist von trefflicher Schönheit, und gleicht in vielen Stücken der Kirche St. Pauli zu London. Rand links: St. Justina. Sie ist in drey naves oder Galerien getheilet, sehr hell, und ihre Altäre, deren man außer dem Hauptaltare vier und zwanzig zählet, mit den künstlichsten Statuen und florentinischer eingelegter Arbeit gezieret, beywelcher Lapis Lazuli, Perlenmutter, Jaspis, Achat und die kostbarsten Marmor nicht gesparet sind. So gar die Estriche vor den Altären sind von eingelegter Arbeit. Der übrige Fußboden der Kirche wechselt mit rothem, weißem und schwarzem Marmor ab; die Kirche hat neun schöne Cuppoln, worunter drey vor andern groß sind, und inwärts nach der Kirche ihre mit Geländern versehene Umgänge oder Galerien haben. Die Zierde dieses Gebäudes nimmt noch täglich zu, und wird man nicht aufhören stets neue Verbesserungen anzugeben, weil, so lange daran gebauet wird, große Stiftungen an das hiezu gehörige Kloster (dessen jährliche Einkünfte ohnedem auf hundert tausend Ducaten geschätzet werden) abgetragen werden müssen. Die innere Länge der Kirche, welche in der Figur eines lateinischen Kreuzes gebauet ist, hält (wenn das Chor dazu gerechnet wird) hundert und drey und achtzig gemeine Schritte; ihre Breite ist von acht und siebenzig. Der Kreuzgang hat hundert und acht und zwanzig Schritte in der Länge.

Der Märtyrertod der heil. Justinä ist auf dem Hauptaltare vom Paolo Veronese trefflich gemalet. In dem Chore stehen zwo Orgeln einander gegenüber. Die Stühle desselben sind mit unvergleichlicher Bildhauerarbeit, die viele Historien des alten und neuen Bundes in bas-reliefs abbildet, gezieret, und soll ein französischer Künstler, Richard genannt, zwey und zwanzig Jahre mit diesem Werke zugebracht haben.

Außer den Reliquien der heil. Justinä und anderer Heiligen wird auch der Leichnam des Evangelisten Lukas allhier verwahret, wegen welches die Benedictiner (denen diese Kirche nebst dem Kloster gehöret) ehemals vielen Streit mit den Franciscanermönchen der Rand links: Reliquien.[1056]

Kirche St. Hiob zu Venedig, so gleichfalls diesen Körper zu besitzen behaupteten, gehabt haben. Rand rechts: Streit über den Leichnam des Evangelisten Lukas. Der Pabst Gregorius der dreyzehnte entschied die Sache zum Vortheile der Paduaner; indessen aber zeiget man doch auch zu Rom in der Kirche der heiligen Apostel das Haupt des Evangelisten Lukas. In St. Justinä Kirche wird auch des Apostels Matthäus Körper und etliche Leiber von den unschuldigen Kindern aufgehoben. Weil in der Kirche alles von neuerer Arbeit ist, so findet man nichts mehr von denjenigen Inscriptionen, welche in der alten Kirche zu sehen waren, eine einzige lange Nachricht ausgenommen, welche bey dem Sarge des Evangelisten Lukas befindlich, und von JacoboSALOMONIO in seinen Inscriptionibus Urbis Patavinæ angeführet ist9. Die Begräbnisse der Mönche sind in einer besondern Sacristey, in welcher auch die berühmte Cornara begraben zu werden verlanget hat. Die Aufschrift ihrer Ruhestäte ist: Rand rechts: Epitaphium der berühmten Cornara.


D. O. M.


HELENÆ LUCRETIÆ CORNELIÆ PISCOPIÆ, Joannis Bapt. D. M. Procurat. filiæ, quæ moribus & doctrina supra sexum & laurea ad memoriam posteritatis insignis, privatis votis coram Cornelio Codanino Abbate Sancti Georgii Majoris Venetiarum emissis, S. Benedicti institutum ab ineunte ætate complexa & religiose prosecuta, in Monachorum conditorium, ut vivens optaverat, post acerba fata admissa est.

Monachi H. M. P. P.

Anno Redemptoris M. DC. LXXXIV.


In diesem Kloster werden achtzig Benedictiner unterhalten. Ihre Bibliothek ist sowohl mit den kostbarsten Werken versehen, als auch mit schöner Bildhauerarbeit und einer Galerie gezieret. Das Kloster hat verschiedene Höfe, und in dem großen Umgange ist der Lebenslauf des h. Benedictus à fresco mit darunter gesetzten lateinischen Versen zu bemerken. Rand rechts: Kloster.

Vor der Kirche St. Justinä ist ein großer Platz, der ehemals Campus Martius genennet worden, anitzt aber den Namen vom Prato della Valle führet. Rand rechts: Campus Martius. Es wird an jedem ersten Sonnabend eines Monats ein Viehmarkt darauf gehalten, und glaubt das gemeine Volk festiglich, daß auch in heißesten Sommertagen weder Mücken noch Fliegen sich daselbst spüren lassen. Rand rechts: Ob sich Fliegen auf dessen Viehmärkten spüren lassen. Weil sichs gerade gefüget, daß ein solcher Markt währender meiner Anwesenheit eingefallen, so brauchte ich nicht viel Mühe, von der Falschheit dieser Tradition überführet zu werden. Näher gegen die Kirche St. Justinä ist ein Platz mit einem Wassergraben abgesondert, damit kein Vieh denselben betreten möge, weil man dafür hält, es hätten daselbst viele Märtyrer ihr Blut vergossen, daher man ihn auch il Campo Saato nennet.

In der Kirche di S. Lorenzo ist folgendes Epitaphium zu lesen: Rand rechts: St. Lorenzo. Grabschrift Laur. Pignorli.


D O. M.

LAVRENTIO PIGNORIO

Alteri hujus Ecclesiæ primum Parocho

Deinde Tarvisii Canonico

Pietate ac morum sanctitate spectatissimo

Vero candoris & pudoris exemplo

Literarum omnium cum graviorum tum politiorum peritissimo Penitioris antiquit. non minus certo quam curioso indagatori[1057]

Patriæ, amicorum, & sui ipsius memoriæ

Luculentissimis scriptis propagatori

Musarum denique & Gratiarum corculo & ocello

Dominicus Molinus Sen. Ven.

Amico ac hospiti carissimo & jucundissimoP.

Obiit An. M DCXXXI. Idibus Junii

Vixit Ann. LI X. Mens. VIII.


Als man im Jahre 1273 den Grund zum Hospital,la Casa di Dio genannt, legte, fand sich ein alter bleyerner Sarg, und in demselben ein Schwert, auf welchem nach SCARDEONII Berichte folgende unverständliche Worte stunden: Rand links: Vermeyntliches Grab Antenoris.


Cum super, A, sumes primum tibi Dardane gramma

Auxilium a superis subito tibi Numine clama.

Heu Patavum qui te profugus construxit ab igne

Multoties tali pesti subjecte malignæ.

Mors cita, vita brevis, Patavos in Pace volentes

Vivere, non passa est, gens hoc fatale ferentes

Admonet, & punit nullo discrimine Cives.


Um nur die geringste Erklärung dieser prophetischen Schrift geben zu können, will man bemerket haben, daß alle die Häupter und Herren der Stadt, deren Namen mit einem A angefangen, z. E. Attila, Acciolinus, Ansedisius, Albert Scaliger, Andreas Nerius und andere lauter Unglück gebracht haben. Besagtes Schwert soll im Jahre 1334 dem Albert Scaliger auf sein Verlangen überliefert worden seyn; der obgedachte Sarg aber wurde 1283 linker Hand bey dem Haupteingange der Kirche St. Laurentii, an dem Orte, wo er noch heut zu Tage steht, aufgerichtet: und weil man, ich weis nicht aus was für Ursachen, auf die Meynung gerathen, als wäre dieses das Grab des trojanischen Helden Antenors; so ließ Lupatus de Lupatis, eine gelehrte obrigkeitliche Person dieser Stadt, folgende Verse mit gothischen Buchstaben an das itzige äußere von Stein gemachte Grabmaal setzen:


C. Inclitus Antenor patria vox nisa quietem

Transtulit huc Enedum Dardanidumque fugas

Expulit Euganeos Patavina condidit urbem

Quam tenet hic humili marmore cesa domus.


Die erste Zeile hat gar keinen Verstand. Auf der andern Seite des Grabes steht:


Cum quater alma Dei natalia viderat Orbis

Post decies octo mille ducenta super,

Extulit hæc Paduæ Præses, cui nomen Olive

Cognomen Cleri, patria Floris erat.


An dem Bogen, unter welchem der Sarg steht, liest man:


Potestate nobili viro D. Fmtone de Rubeis de Florentia perfectum fuit hoc opus.


Angeführter Fantonus ist dreymal, nämlich im Jahre 1284,1285 und 1295 Prætor der Stadt gewesen. Rand links: Von des Antenoris Patavio. VIRGILIVS Æneid. lib. I, v. 246. seq. meldet zwar, daß Antenor eine[1058] Stadt, Patavium genannt, angeleget, und stimmet mit ihm auch SENECAConsol. ad Helviam c. 7 überein; allein nach des Poeten eigener Beschreibung müßte solche nicht an dem Ufer der Brenta, sondern am Flusse Timavo, welcher nicht weit von Aquileja sich ins Meer ergießt10, gesucht werden. Seine Worte sind:


Antenor potuit mediis elapsus Achivis

Illyricos penetrare sinus, atque intima tutus

Regna Liburnorum, & fontem superare Timavi:

Unde per ora novem vasto cum murmure montis

It mare præreptum & pelago premit arva sonanti.

Hic tamen ille urbem Patavi, sedesque locavit

Teucrorum – – –


Anstatt daß Virgilius und Claudianus dem Timavo neun Einflüsse in das Meer geben, so meldet Strabo nur von sieben, womit auch Martialis übereinkömmt, wenn er schreibt:


Et tu Ledæo felix Aquileja Timavo

Hic ubi septenas Cyllarus11 hausit aquas.


Die Euganei, welche Antenor überwunden, und in deren Gegend das alte Patavium angeleget worden seyn soll, wohnten nach LIVII Berichte lib. J, c. I an der innersten Beugung des adriatischen Meerbusens, und zwar zwischen der See und den Alpen, daher sie auch PLINIVSlib. III, c. 20 Grajarum Alpium incolas nennet. Rand rechts: Von dem Volke der Euganeorum. Solchemnach waren sie von der heutigen Stadt Padua weit gegen Nordosten entfernet, ob sie sich gleich vielleicht mit der Zeit in ihren Colonien mehr gegen Verona mögen ausgebreitet haben, als zu welcher Muth. maßung itztgedachter PLINIVSl. c. cap. 19 Anlaß giebt.

Des Antenors Sarge gegenüber ist T. Lovati Grabmaal mit dem von ihm selbst verfertigten Epitaphio zusehen: Rand rechts: Grabschrift T. Lovati.


T. LOVATI Paduani Militis, Judicis & Poëtæ

Obiit Ann. Nativit. Christi

M. CCC. IX. sept. die intrante Matt.


Id quod es, ante fui, quod sim post funera, quæris:

Quod sum (quidquid id est) tu quoque, lector, eris.

Ignea pars cœlo, cessit pars ossea rupi,

Lectori cessit nomen inane Lupi.

D.M.


Untenher stehen die Worte:


Mors mortis morti mortem si morte dedisset

Hic foret in terris aut integer astra petisset,

Sed quia dissolvi fuerat sic juncta necesse,

Ossa tenet saxum proprio mens gaudet in esse.

V.F.


S. Maria delle Gratie ist eine schöne und den Dominicanern zuständige Kirche. Rand rechts: S. Maria delle Gratie. S. Maria de' Servi.

S. Maria de' Servi hat den Zunamen von den Mönchen, denen sie gehöret, und welche sich Servos Divæ Mariæ oder insgemein Serviten nennen. Der in der Mitte der Kirche befindliche Altar hat treffliche Marmorarbeit, und das Grabmaal des Juristen Pauli de Castro (welcher zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts verstorben ist) schöne bas-reliefs von bronzo.[1059]

Einen Beweis der schon längst verdorbenen Sitten junger Leute giebt in der Kirche St. Maximini das Grabmaal eines Jünglings, an welchem als etwas besonders gerühmet wird, daß er im zwanzigsten Jahre seines Alters noch ein reiner Junggeselle gewesen: Rand links: Grabschrift Josephi Pini in der Kirche St. Maximini.


IOSEPH PINVS


Venetus, Optimæ indolis adolescens, Latinis Græcisque literis apprime eruditus, qui disserendi facultatem pleno gradu ingressus mira ingenii felicitate breviter edidicit, virginitatis dote adhuc insignis, præmatura morte præreptus quiescit in hac urna, quam mœstissimus Pater Anonius Pinus doloris impatientiss. ad mœroris sui solatium posuit novissimo judicii die surrecturo.

Vixit annos XIX. Mens. VII. Dies XXVIII.

Obiit X. Kal. Octob. M. D. LX.


Die Kirche SS. Philippi & Jacobi gehöret den Patribus Eremitis S. Augustini, und sind in derselben sowohl als in dem daran liegenden Kloster viele Deutsche und andere Fremdlinge begraben. Rand links: Kirche St. Philippi und Jacobi. Denkmaal Salvioni. Um dem Stammbaume des Juris-Consulti Lucæ Salvioni liest man:


O quam misera fortuna, quæ caret invidia.


Die Kapelle der Zabarella ist vom Andrea Mantegna gemalt, und in der Sacristey ist Johannes der Täufer vom Guido Reni zu sehen.

Außer der Kirche steht an der Mauer eine steinerne Kanzel, von welcher D. Martin Luther geprediget haben soll. Rand links: Lutheri Kanzel. Unser Antiquarius versicherte, daß dieser Mann un gran predicatore gewesen, der aber wider den Glauben zu predigen angefangen, als ihm der Pabst sein Versprechen wegen eines Kardinalhutes nicht halten wollen.

In der Kirche St. Sophiä werden die deutschen Studiosi Medicinæ oder ex Ordine Gratioso, wie sie in etlichen Inscriptionen genennt sind, begraben. Rand links: Kirche St. Sophiä. Vor dem Hauptaltare liest man auf einem weißen Marmor: Rand links: Clementissima viscera des Herzogs von Mantua.


Serenissimi

Ferdinandi Caroli Gonzagæ

Ducis Mantuæ, Montisferr. Carolop. etc.

Clementissima viscera

V. Jul. Ann. Sal. MDCC VIII.


Die Redensart von Clementissimis visceribus ist außerordentlich genug, und hat der Verfasser vermuthlich auf das griechische Wort σπλάγχνα sein Absehen gerichtet gehabt.

In der Kirche del Spirito Santo bemerket man folgende Grabschrift Scipionis Gonemii, welcher sechs und neunzig Jahre alt worden, und an eben dem Tage, ja in eben der Stunde, worinnen er gebohren war, verschieden ist. Rand links: Kirche del Spirito Santo. Epitaphium Gonemii.


SCIP IONI GONEMIO EQVITI CIPRIO

Agnatione sua, Cognatione Podocathara & Sozomena,

Assinitate Syncliticorum,

Et Magnorum Stabuli in Cypro Comitum de Avila claro.

Jurisconsulto

Raræ in summa Nobilita modestiæ,

Summæ in barbara Jurisprudentiæ parte elegantiæ,

Miræ in extrema senectute memoriæ,

Intra probitatem comi,[1060]

Citra fastum docto,

Ad normam pietatis prudenti,

Feudalis Rei Professori Patavii Publico,

Eademque in Re Venetæ Reipublicæ a Consiliis,

Viro optimo,

Amicorum maximo,

Parenti ex obsequii & caritatis ossicio Venerabili,

Nicolaus Comnenus Papadopoli Creten.

Abb. S. Zenobii Philos. S. Theolog. ac. J. V. D.

Et Publicus S. Canonum Antecessor

Mœst. H. M. P.

Vixit annos XCVI. Obiit die & hora natali

VII. Kal. Decemb. An. MDCC.


Nachdem ich oben das Grabmaal eines neunzehnjährigen keuschen Jünglings angeführet, so kann ich nicht umhin, eines Mannes Epitaphium einzurücken, welchem ein ganzes Nonnenkloster Benedictinerordens, als ihrem vier und dreyßig Jahre lang gewesenen Beichtvater das Zeugniß giebt, daß er seine unbefleckte Jungferschaft mit sich ins Grab genommen. Rand rechts: Zeugniß der Nonnen von der Jungferschaft ihres Beichtvaters. Itztgedachte Inscription ist in der St. Stephanskirche an der Wand und mit folgenden Worten verfasset: Rand rechts: Epitaphium Bernardini Scardeonii.


BERNARDINO SCARDIONIO


Civi & Canonico Patavino caræ integritatis atque eruditionis viro. Quippe qui (cæteris Christiano Sacerdote dignis virtutibus sidem conciliantibus) illibatum virginitatis florem ad ultimam usque senectam attulisse creditus sit; cujus caritati atque industrlæ hæc Patria antiquitate ac rerum gestarum gloria inclyta acceptam refert monumentorum suorum memoriam ab interitu vindicatam. Sacræ Virgines ad Divi Stephani, quibus ille totos quatuor & trigima annos a sacris confessionibus præfuit, Parenti optimo ac pientissimo, hoc grati animi monumentum unanimes posuere. Procurantibus Magdalena Varcellensi Antistita, Martino Sandellio Confessario.


Die Kirche St. Thomæ Cantuariensis gehört denPatribus Oratorii S. Philippi Nerii, welche in einer Sacristey die Begräbnisse für verschiedene Stände der Menschen besonders eingetheilet haben. Rand rechts: Kirche St. Thomä. Ueber dem Begräbnisse der Priester aus diesem Orden liest man: Rand rechts: Aufschriften verschiedener Begräbnißgrüfte.


Sacerdotes ex familia

D. Philippi Nerii

Perducto ad fastigium templo

Omnique cultu exornato

Supremæ horæ memores

Hoc conditorium

Exuendæ mortalitati

Sibi reservarunt.
[1061]

II.


Die Layenbrüder und Bediente des Klosters finden ihre Ruhestäte unter folgender


D. Philippi Nerii sodales

Iis hominibus

Qui in societatis ministerium adsciti

Sedulam ac fidelem operam

Viventes præstiterunt

Labore ac vita functis

Hanc quietis sedem

Grato animo prospexerunt


Fremde, wie auch in diese Kirche eingepfarrte Mannspersonen, haben bey dem Altare des h. Philippi die Grabschrift:


Ut quos eadem sacra conjunxerant

Idem tumulus capiat,

Hujus Parœciæ viros

Huc recipi Patribus placuit

Relicto etiam exteris loco,

Si quis studio in hoc sodalitium

Ossa ac cineres miscere volaerit.


IV.


Jungfern und kleine Kinder liegen unter folgendem Epitaphio:


Puellis innuptis

Acerbo mersis funere,

Raptis ab ubere ac vitæ limine

Infantibus,

Castis & innocentibus animulis

Commune sepulchrum

Humanæ imbecillitatis monumentum

Ignotorum lacrymas exciturum

D. Philippi sodales statuerunt.


V.


Der verheiratheten Weibspersonen Grabgewölbe wird durch folgende Schrift ange, deutet:


Muliebris sexus

Hujus Parœciæ

Naturæ divortio

Ab carissimorum latere abstractus

In morte etiam pudoris retinens

Hica viris secabat.
[1062]

Mich dünket aber hiebey, man könne den verheiratheten Frauen kein Lob der auch nach dem Tode beobachteten Schamhaftigkeit beylegen, wenn ihre Leichen von der Gesellschaft der Männer abgesondert liegen, weil es ja mit der Ehrbarkeit nicht gestritten, daß sie bey ihren Lebzeiten alle Nächte in einem Bette mit ihren Männern zugebracht haben. Mit mehrerm Rechte könnte man über einem besondern Todtengewölbe der Jungfern anmerken, daß, gleichwie sie in ihrem Leben keine Mannsperson an ihrer Seite hätten haben wollen, also sie auch nach ihrem Tode von männlichem Geschlechte abgesondert zu bleiben für eine Art der Keuschheit hielten.

Obgedachte fünf Inscriptionen sind aus der Feder des beredten Octavius Ferrarius geflossen, von welcher auch folgende zwo herkommen, so außerhalb der Stadt am Kirchhofe, wo die Pestleichen hingebracht werden, befindlich sind: Rand rechts: Begräbnisse der Pestleichen.


Exhausta funeribus Urbs est

Tellusque morientibus defuit.

Fœda lue peremptos cives

Memoria, lacrymis, expiatione

Prosequimini.

Hoc mortuis debetis, qui vivitis,

Quia mox ad plures

Hinc in communem locum abituri estis.

Hominum sortem mors æquat

Pestis etiam sepulcra.

Hoc monumenmm extraneos sequitur

Nihil in agrum nihil in frontem jam reliquum

Urbem sepulcrum occupat

Quibus placet exequias ite

Publicum funus est,

Nulla domus expers cladis,

Quisque parentem, agnatum, affinem luget,

Sic vobis posteri lessum faciant

Philosophari hinc licet

Hoc est mortem commentari,

Quotidie obvium est epidemium.


Unter den weltlichen Gebäuden der Stadt Padua istil Palazzo della ragione oder das Rathhaus das vornehmste, obgleich sein Saal bey weitem nicht das Lob verdienet, welches man ihm insgemein beyleget. Rand rechts: Rathhaus. Rand rechts: Großer Saal. Seiner Figur nach ist er ein Rhomboides, und hält er in der Länge hundert und vier und zwanzig, in der Breite aber drey und vierzig gemeiner Schritte. Das Gewölbe ist hoch, oben mit doppelten eisernen Stangen befestiget und von außen mit Bley gedeckt. Wo seine Wölbung anfängt, hat Giotto mit seinen Lehrlingen den Einfluß der Sonne in die zwölf Zeichen des Thierkreises unter den Bildnissen von Personen künstlich vorgestellt, der Saal aber ist für schöne Gemälde allzu dunkel dabey auch schlecht unterhalten. Er ist am andern Stockwerke angelegt, und wenn man von der Mittagsseite oder vielmehr von Südosten hinauf geht, findet man linker Hand über der ersten Thüre unter des berühmten Geschichtschreibers LIVII Statue die Worte:
[1063]

T. Livius Patavinus Historicorum Latini nominis facile princeps. cujus doctrinam & lacteam eloquentiam ætas illa, quæ virtute pariter ac eruditione florebat, adeo admirata est, ut multi Romam non ut urbem rerum pulcherrimam, aut Ur bis & Orbis Dominum Octavianum, sed ut hunc virum inviserent audirentque a Gadibus profecti sint, hic res omnes, quas Popul. Rom. pace belloque gessit, quatuordecim Decadibus mira styli facilitate complexus, sibi ac patriæ gloriam peperit sempiternam. Rand links: Inscription unter der Statue Livius;


Diese Statue hält ein Buch, in welchem man liest:


Parvus ignis magnum sæpe suscitat incendium. Excessit a vita VI. Tiberii Cæsaris aano ætatis vero suæ LXVI.


Ueber der andern Thüre auf dieser Seite des Rathhauses steht des Albertus Patavinus Brustbild mit folgender Unterschrift: Rand links: Albertus Patavinus;


Albertus Patavinus Heremitanæ Religionis splendor, continentissimæ vitæ, sumpta Parisiis infula Magistrali, in Theologia tantum profecit, ut Paulum, Moysen, Evangelia ac Libros Sententiarum laudatissime exposuerit. Facundissimus ea ætate concionator immortali memoriæ optimo jure datur.


Wenn man auf der andern Seite des Gebäudes in den Saal kömmt, so zeiget sich über der einem Thüre das steinerne Bildniß des Peter Aponus mit der Unterschrift: Rand links: Pet. Aponus.


Petrus Aponus Pat. Philosophiæ Medicinæque scientiss. ob idque Conciliatoris nomen adeptus, Astrologlæ vero adeo peritus, ut in Magiæ suspicionem inciderit, falsoque de hæresi postulatus absolutus fuit.


Auf was für einem Grunde die Nachricht, daß Peter Aponus von der Inquisition für unschuldig erkläret worden, beruhe, ist mir unbewußt. Rand links: Verfahren der Inquisition gegen den Aponus. SPONDANVSAnnal. Ecclesad ann. 1316, und andere Scribenten melden, daß Aponus währenden Processes gestorben und heimlich begraben worden, nach seinem Tode aber habe die Inquisition fortgefahren, und da man den Körper nicht wieder finden können, sein Bildniß verbrannt. NAVDAEVS in der Apologie des grands hommes accusés de Magie c. 14. BAYLE im Dictionaire Crit. und Herr Heumann im siebenten Stücke der Actor. Philos. Art. III, haben ihn wider die Beschuldigung der Zauberey vertheidiget; in den damaligen Zeiten aber waren auch geringe Wissenschaften hinlänglich, einen in den Verdacht der Hexerey zu bringen. Den Namen Conciliator hat APo Nvs von einem Buche, welches er geschrieben, undist solches unter dem Titel: Conciliator differentiarum Philosophorum præcipue Medicorum anno 1483 in Folio gedruckt worden. TOMASINVSin Elog. Illustr. viror. p. 22. sq. und BernardusSCARDEONIVSde antiq. Vrbis Patavii & claris ejus civibus, haben sein Leben beschrieben, der letzte aber dabey verschiedene Fehler einschleichen lassen, worunter auch dieser zu bemerken ist, daß er vorgiebt, Peter Aponus sey im Jahre 1305 gestorben, da doch viele Umstände und Zeugnisse an den Tag legen, daß solches in das 1316 Jahr zu setzen sey, da Peter Aponus sechs und sechszig Jahre alt war.

Ueber der andern Thüre ist Paulus Patavinus und unter ihm folgende Inscription zu sehen: Rand links: Inscription unter Paulus Patavinus.


Paulus Patavinus Jurisconsultorum clariss. hujus nostræ urbis decus æternum, Alexandri Mammæ temporibus Floruit, ad Præturam, Præfecturam, Consulatumque evectus, cujusque sapientiam taati fecit Justinianus Imp. ut nulla non Civilis juris[1064] particula hujus legibus decoretur, qui splendore famæ immortalis, oculis posteritatis admiraadus, insigni imagine hac merito decor.


In dem Saale selbst findet sich auf der Seite gegen Abend unter einer marmornen Statue die Schrift: Rand rechts: Unter Sperono Speronio.


IΣΩ APIΣTOTEΔEI NOEEIN KIKEPONITE EIPEIN SPERONO SPERONIO sapientissimo, eloquentissimo, optimo & Viro & Civi. Virtutem meritaque acta vita, sapientiam, eloquentiam declarant scripta, publico Decreto Vrbis Quatuor-Viri P. Anno a Christo nato M. D. XCI V. Ab urbe vero condita MM. die XI.


Gleich hiebey ist an der Mauer des obgedachten Livius Kopf aus Marmor) und unter demselben auf einem andern Steine die Inscription: Rand rechts: Unter des Livius Kopfe.


V. F.

T. LIVIVS

QVARTAE L.

HALYS

CONCORODIALIS

PATAVI

SIBI ET SVIS

OMNIBVS.


Diese Inscription ist alt und in der Gegend, wo ehemals Templum Concordiæ gestanden haben soll, ausgegraben worden. Andere geben vor, man habe sie unter dem Mauerwerke der Kirche St. Justini noch vor der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts gefunden. Der darüber stehende Kopf ist ein besonderes und gleichfalls altes Stück; ob aber beyde den Geschichtschreiber Livius angehen, ist eine andere Frage, und hat SetoriusVRSATVSin Marmor. erud. p. 142, nach der Anleitung, welche ihm Marquard Gudius gegeben, gar wahrscheinlich dargethan, daß itztgedachte Inscription nur von einem Freygelassenen der Tochter des Titus Livius zu erklären sey.

Die Paduaner stehen ferner in der sichern Einbildung, daß die Gebeine, welche in der Kirche St. Justina im Jahre 1413 in einer bleyernen Kiste verschlossen gefunden worden, vom Titus Livius seyn müssen, daher man sie auch unter Veranstaltung des Xicconis Polentoni (welcher damals Kanzler zu Padua war und unter die berühmten Männer, so die Wiederherstellung der Wissenschaften in Italien hauptsächlich befördert haben, zu rechnen ist) mit großem Gepränge hieher auf das Rathhaus gebracht. Rand rechts: Von dem Leichname des Livius. Unter der obangeführten alten Inscription findet sich folgende neuere, die Lazarus Bonamico, ein hiesiger Professor, verfertiget hat:.


Ossa tuumque caput cives tibi, maxime LIVI,

Prompto animo hic omnes composuere tui.

Tu famam æternam Romæ patriæque dedisti,

Huic oriens, illi fortia facta canens.

At tibi dat patria hæc, & si majora liceret,

Hoc stares totus aureus ipse loco.
[1065]

T. Livius quarto Imperii Tib.

Cæsaris anno vita excessit

Ætatis vero suæ LXXVII.

M. D. XLVII.


Außen über der Thüre-wodurch man nach dem Officio Sanitatis geht, stehen die Worte:


Ossa T. Livii Patavini uaius omnium mortalium judicio digni, cujus prope invicto calamo invicti populi Romani res gestæ conscriberentur An. 1548.


Die Beweise, woraus man schließen will, daß die im Jahre 1413 gefundene Knochen, dem T. Livius zuzuschreiben sind, beruhen auf gar schlechtem Grunde, und ist man sogar nicht sicher, daß solches Skeleton von keiner Weibsperson gewesen. XiccoPOLENTONVS beruft sich zwar in einem Schreiben, welches er wegen Findung dieser Gebeine an Nicolaum Nicolum Florentinum abgehen lassen, auf die scissuram cranii, aus welcher man habe erkennen können, welcherley Geschlechtes der Körper gewesen sey; allein die neuern Anatomici werden dergleichen Kennzeichen schwerlich zulassen.

POLLIO ASINIVS tadelte an des T. Livius lateinischer Schreibart quandam Patavinitatem12; allein daraus folget noch nicht vollkommen, daß Livius aus der heut zu Tage also benannten Stadt Padua gebürtig gewesen. Rand links: Vaterland des Livius. PapiniusSTATIVSLib. IV, Silv. 7, ad Maximum Junium nennet den Livius Timavi alumnum; der Fluß Timavus aber ist nicht bey Padua, sondern weit davon, nämlich zwischen Trieste und Aquileja, wie schon oben angemerket worden, zu suchen, woselbst auch Antenor seine Stadt Patavium angeleget hat. Vermuthlich zielet SIDONIVS APOLLINARISPaneg. Anthemii auf des Livius Schriften, wenn er setzt:


– – vel quidquid in ævum

Mittunt Eugaucis Patavina volumina chartis.


Allein mit den Montibus Eugaucis hat es abermals eine solche Beschaffenheit, daß man sie nicht in der Gegend von dem heutigen Padua (wie oben schon berühret worden) ohne große Verwirrung der alten Geographie setzen kann. Woher Eusebius seine Erzählung genommen, wenn er in seiner Chronik meldet, Livius sey zu Padua gestorben, ist mir unbekannt; daß aber Apona sein Vaterland sey, scheint MARTIALIS anzudeuten, wenn er Lib. I, Epigr. LXII schreibt:


Censetur Apona Livio suo tellus

Stellaque, nec Flacco minus,


und könnte dieser berühmte Geschichtschreiber von der benachbarten Stadt Patavinus genennt worden seyn, gleichwie Virgilius für einen Mantuaner ausgegeben worden ist, ob er gleich nur in einem nicht weit von Mantua entfernten Dorfe Andes das Tageslicht erblicket hat. Rand links: Patavini fontes Itztgedachte Muthmaßung würde nicht wenig bestärket werden, wenn man versichert wäre, daß die Patavini fontes beymPLINIO. lib. II, c. 103 und lib. XXXI, c. 6,[1066] die warmen Bäder von Apona wären, welche vier und eine halbe italienische Meile von Padua liegen und außer Streit zu alten Zeiten schon bekannt waren (coll. LVCAN. lib. VII. CLAVDIAN. Epigr. VIII. SILIVSlib. XII. CASSIODOR. var. lib. II, Epist. 38.MARTIALISlib. VI, Epigr. XLII. II, v. 4). Wenn Livius aus der Stadt Padua bürtig gewesen, so muß der Name Timavus bey den Alten von zween unterschiedenen Flüssen gebraucht worden seyn.

Ferner sieht man auf dem Saale des Rathhauses zu Padua ein Denkmaal und Brustbild der Marquisinn d'Obizzi, welche sich von ihrem ergrimmten Liebhaber, einem paduanischen Cavalier, der sich in Abwesenheit ihres Mannes zu ihr in die Kammer geschlichen hatte, lieber erstechen lassen, als in sein sündliches Zumuthen willigen wollen. Rand rechts: Denkmaal und Tod der Marquisinn d'Obizzi. Der Thäter hatte außer andern Anzeichen auch dieses wider sich, daß ein Hembdeknopf auf dem Bette der ertödteten Dame gefunden worden, welcher demjenigen, den er noch an der andern Hand trug, völlig ähnlich war; der einzige Sohn der Marquisinn, welcher noch nicht fünf Jahre alt war, und von dem Mörder auf die Seite getragen worden, ehe er zu Ausübung seiner äußersten Bosheit schritte, belästigte ihn gleichfalls mit seinem obgleich nicht zulänglichem Zeugnisse. Weil der Thäter aber etlichemal die Tortur ausstund, so konnte man ihm nicht wohl ans Leben kommen, und nach Verlauf von funfzehn Jahren halfen ihm seine Freunde zu seiner Freyheit, deren er jedoch nicht lange genossen, weil ihm der obgedachte Sohn der unglücklichen Marquisinn eine Kugel durch den Kopf schoß; und auf solche Att von der an seiner Mutter verübten Bosheit Rache nahm13. Auf obgedachtem Saale stehen unter ihrem marmornen Brustbilde die Worte:


Venerare pudicitiæ simulacrum & victimam Lucretiam de Dondis ab Horologio, Pii Æneæ de Obizzonibus, Orciani Marchionis uxorem. Hæc inter noctis tenebras, maritales asserens tædas, furiales recentis Tarquinii faces casto cruore extinxit, ficque Romanam Lucretiam intemerati tori gloria vicit. Tantæ suæ Heroinæ generosis Manibus hanc dicavit aram Civitas Patavina. Decreto die 31. Decembris Anni MDCIXI.


Daß man die Keuschheit der Obizzi mit einem aufgerichteten Denkmaale verewiget hat, ist höchst billig; man hätte aber dergleichen Ehre auch einer keuschen Bauermagd Isabella Ravagnina wiederfahren lassen sollen, welche zu der Zeit, da sich Maximilian der erste Meister von Padua gemacht hatte, lieber von der Brücke il Ponte Curvo hinunter springen und ersaufen, als etlichen geilen kaiserlichen Soldaten, von welchen sie verfolget wurde, in die Hände gerathen wollen. Rand rechts: Sonderbare Keuschheit einer Bauermagd. Der römischen Lucretia That ist sehr lobenswürdig; ich zweifele aber nicht, es werden unter mancher andern Nation solche Exempel der vertheidigten Keuschheit anzutreffen seyn, welche in Erwägung aller dabey vorkommenden Umstände billig den Vorzug vor der Lucretia Unternehmen verdienten14; ob man ihrer gleich bey der Nachwelt wenig oder gar nicht gedenket15. Rand rechts: Vergleichung mit der Lucretia. Ich erinnere mich hiebey der Wahrheit dessen, was PLINIVSlib. III, Ep. 15 anmerket: alia clariora esse, alia majora, und daß man sowohl zum Lobe der gemeldten Magd, als der keuschen Susanna sagen kann:
[1067]

Casta Susanna placet; Lucretia cede Susannæ,

Tu post, illa mori maluit ante scelus.


Gleich bey dem Obizzischen Monumente, nämlich über der innern Seite der Thüre, wodurch man nach dem Officio Sanitatis geht, ist folgende Inscription in Marmor eingegraben: Rand links: Inscription wegen eines Arms des Livius.


Inclyto Alphonso Arragonum Regi studiorum Fautori, Reip. Venetæ fœderato, Antonio Panormita Poëta legato suo orante, & Matthæo Victurio hujus Urbis Prætore constantissime intercedente, ex Historiarum parentis Titi Livii ossibus, quæ hoc tumulo conduntur, brachium Pat. Civ. in munus concessere. A. C MCCCCLI. 14. Kal. Se.


Man sieht hieraus, daß es auch gelehrte Reliquien gebe16, welche mit nicht wenigerm Eifer als die Heiligthümer der Märtyrer aufgesucht werden. Rand links: Gelehrte Reliquien. Das Unglück will auch, daß die Stadt Padua nicht mehrere Gewißheit von des T. Livius Gebeinen beybringen kann, als von manchen andern geistlichen Reliquien in der römischkatholischen Kirche gegeben wird.

Endlich ist noch in dem großen Saale nicht weit vom Ausgange nach dem Pallastedes Potestà ein Stein zu bemerken, auf welchem die Worte stehen: Rand links: Lapis Vituperii.


Lapis vituperii & cessionis bonorum.


Diejenigen, so banqueroute machen, und ihre Schulden nicht bezahlen können, kommen von der Verfolgung ihrer Gläubiger los, wenn sie s. v. mit nackenden posterioribus öffentlich dreymal auf diesen Stein sich setzen, und dabey eidlich ihre Armuth kund thun. Dergleichen gerichtliche Handlung ist indessen schon seit mehr als funfzig Jahren nicht gefeyert worden.

An das Rathhaus stößt das Palatium Prætoris oder il Palazzo di Potestà, worinnen viele Brustbilder, Portraite und Wapen derjenigen, so die Würde einesPotestà bekleidet haben, zu sehen sind. Rand links:Il Palaszo di Potestà. Lobsprüche verschiedener Prætorum: Ehemals waren auch viele zu ihrem Lobe gerichtete Inscriptionen unter denselben befindlich, und verdienten sonderlich diejenigen, welche aus der Feder des beredten Octavius Ferrarius geflossen, so vieles Lob, daß ich nicht umhin kann, nur etliche wenige davon als eine Probe von ihrem Werthe hier einzurücken:


I.


ALORSIO PRIOLO

Paternæ venerationis titulum promerito

Quod submotis peccandi causis

Levioris lapsus atque ætatis licentiam

Clementer æstímarit

Et in pudoris notam supplicio converso

Suffundere maluerit juventutis sanguinem

Quam effundere

Artium Studiosi

Summo regnandi artifici

Effigiem sacrarunt

Anno M. DC. LIV. Rand links: Aloysii Prioli,
[1068]

II.


ANGELO CORRARIO, Prætori


Qui Veneto cœlo delapsus populis quoscunque adiit beneficus ac salutaris, his etiam terris usura brevi commodatus, mansuetudine, celeritate & consilii præstantia nominis augurium implevit, hoc etiam quod in ipso rerum ingentium molimine evocatus est, ut pacis ac felicitatis nuntius Romanum Orbem collustraret: Litteræ ac disciplinæ Cyllenium fidus sibi modo ostensum beneficiis præsens adorant, atque erepti desiderium augusta imagine solantur. Anno MDCLVI. Rand rechts: Angeli Corrarii.


III.

Rand rechts: Antonii Bernardi,


Cape animos Dalmatia mœrens

Culti orbis limes, Italiæ mœnia,

Si totâ virium mole Ottomannus incumbit

Novusque e Thracia turbo circumtonat

Certa Salus adest

ANTONIVS BERNARDVS,

Qui publicos hostes toto æquore cecidit

Irruentem barbariem sistet

Novusque Leonida

Christiani Orbis claustra tuebitur.

Facile hostem superat

Qui se ipsum vincens

De vitiis & cupiditatibus triumphat.


Hoc militari aspectu cultuque civilis imperii insignibus radiante spectamium oculos rapiebatALORSIVS MOCENICVS, incertum bello an pace clarior, cum a Turcicis Tropæls recens in Urbe studiorum altrice Ottomannicas manubias Musis consecraret fessisque rebus subveniens fovendis ingeniis laudem fœneraret. Rand rechts: Aloysii Mocenici. Juris studiosa juventus suum cuique decus rependens sacros vultus quam publicis hostibus formidatos, tam clementlæ fulgore coruscos, æternum grati animi monumentum statuit.

Anno M. DC.LVIII.


V.


JOANNI DE CABALLISPrætori.

Rand rechts: Joh. de Caballis,


In quo extollendo virtus ac fortuna certarunt, cujus ætatem cum honoribus præcurrerent, beneficiis suis maorem repererunt. Ille clementia, æquitate, splendore, honores antecessit, & titulis omnibus, quibus eum Juris studiosa juventus ultra omnium commendationem protulit, paternæ venerationis honestamentum præoptavit.

MDCLXVI.


VI.


MARCI RVZZINIPrætoris


Sereni vultus duro marmore spirant, cujus mitissimum pectus clementia, tanquam Templum insedit, cui cum una felicitas fuerit fecisse felices, postquam urbem annona, Gymnasium munificentia beavit, ita abscessit, ut cum nullius unquam spem srustratus sit, sui desiderium explere non potuerit. Rand rechts: Marci Ruzæini, Juris studiosi B. M. P.
[1069]

VII.


NICOLAO MOCENICO

Artium ac disciplinarum

Fautori generosissimo

Quod dignationem quam a literis accepit

Cumulatiorem iisdem refuderit

Et ex sapientiæ contubernio

Mitem aaimum ac noxis placabilem

Retulerit

Nec ferro aut igne

Sed molli maau

Publicæ rei vulnera curaverit

Artium & Medicinæ studiosi

Regaandi artibus ad exemplum instructo

Et salutariP. P,

Anno MDCL.

Rand links: Nic. Mocenici;


VII.


NICOLAO MOCENICO

Principalis fortunæ paratu

Cunctorum munificentiam supergresso

Quod ex omni regnantium instrumento

Solam clementiam ac mansuetudinem

Deprompserit

Summumque jus arbitratus

Aliquid de jure decedere

Amari maluerit quam metui,

Juris studiosa juventus

Non uno indulgemiæ exemplo

Obstricta

Parenti mitissimo

Hoc pietatis ac venerationis M. P.

Anno MDCL.

Rand links: Nic. Mocenici;


VIII.

Rand links: Aloysii Molini.


ALORSIO MOLINOPrætori,


Qui cum Urbem cædibus cruentam, nocturnis insultibus intutam, penuria ac fame prope obsessam invenisset, incredibili virtute ac pervigili semper cura post sævam latrocinationem repressam atque adhibita juvenilibus animis fomenta, ut pacem pati vellent, annonæ rerumque omnium affluentiam adversus anni sterilitatem fundosque mendaces invexit, & pro corrupto ac perdito Urbis statu optimum ac felicissimum longo etiam in posterum provisu induxit. Juris studiosi Musarum ac civium sospitatoriP. P. Gustavo Adamo Baner Jo. Fil. de Mulamer, Noerby, Verder, etc. Sueco Syndico, ac Pro-Rectore Anno Domini MDCLII.
[1070]

Allein von allen die und und mehrern Inscriptionen ist nichts mehr zu sehen, nachdem vor fünf Wochen ein Befehl von Venedig gekommen, dieselben ohne Ausnahme auszulöschen und mit Kalk zu überstreichen. Rand rechts: Warum sie ausgelöschet worden? Die Ursache dieses Verfahrens ist unbekannt. Vielleicht hat man den allzuvielen mit unterlaufenden Schmeicheleyen auf einmal durch Abschaffung dergleichen Lobreden Einhalt thun wollen. Vielleicht ist auf Seiten der obrigkeitlichen Personen in Venedig der Neid an solcher harten Verordnung Ursache. Vielleicht hat man auch befürchtet, es möchte die Aufrichtung solcher Denkmaale den Prætoribus Anlaß geben, daß sie vielen Unordnungen der ausschweifenden Studenten, mehr als es nöthig, durch die Finger sehen, um sich nicht um die Ehre eines solchen Andenkens zu bringen.

Indessen hat obgedachtes Schicksal auch die Inscriptionen des Palazzo del Capitaneo oder Pallastes des Præfecti betroffen, worinnen Octav. Ferrarius gleichfalls schöne Zeugnisse seiner Beredsamkeit angebracht hatte, aus welchen ich nur etliche wenige hiemit anführe: Rand rechts: Inscriptionen des Pallazzo del Capitaneo. Zu Ehren Joh. Grimani;


JO. GRIMANOD. Marci Proc.

Antonii Proc. F. duorum Procuratorum Fratri,

Qui incertum facundia an consilio major,

Visu atque auditu venerabilis

Post legationem ad Cæsarem

Omnium, quas Sol viderit, splendidissimam

Urbis Præfectus hoc veluti secessu

In altitudinem consiliorum conditus

Ædium cultu ac stipatu magnos reges provocans,

Mansuetudine ac facilitate populis immixtus

Imperium ac Libertatem miscuit

Themidis Sacerdotes

Summo Justitiæ vindici posuere.


Auf eben diesen Grimani hat Ferrarius folgende sehr artige Gedanken zu Papiere gebracht:


Diva potens maris

Edita mari virgo

Ubi inJOANNE GRIMANO

Omnia regia aspexit

Regiam formam totiusque corporis dignitatem

Imperio dignam

Cultum ac paratum principalem,

Opes privatum censum supergressas,

Parem opibus munificentiam

Eloquentiam & gratiam

Non liberæ modo urbis arbitram

Sed ipsorum Regum ac Cæsarum potentem,

Literarum cultum ac patrocinium

Plane regium

Sacrum Libertatis numen

Sibi anxie metuisset,

Nisi hæc omnia[1071]

Non modo in æquum deducta

Sed infra civem dejecta vidisset

Nihil eminens præter virtutem

Atque æquitatis amorem;

Quare, esto, inquit,

Quod parens fratresque fuerunt

Triplexque titulus

Raro ac forte unico exempla

Peaates impleat

Unde ad supremum est gradus

Cunctis minorem se gerere,

Id demum imperium est.


II.


PETRO DELPHINOPræfecto


Qui literas ac disciplinas fovit impensius, quia quodcumque illæ præcipiunt, abunde præstitit, ac beneficiis magis quam remediis ingenia experiri bonaque facere maluit, quam cogere. Rand links: Petri Del. phini. Cui juventus cum omnia debeat, sibi vi detur ingrata, si eum Præfectum appellet, quem semper Patrem experta est. Anno Dom. M. DC.LXVI.


III.

Rand links: Sebast. Justiniani,


SEBASTIANI JVSTINIANIPræf.

Simulacrum quod paupere saxo,

AVREÆ VIRGINIS CVLTORESposuerunt,

Si fortuna votis respondisset,

Stare aureum jussissent,

Quando ille duro seculo aureos mores induxit

Aurique animosus contemptor

Vili rerum annona

Soli virtuti ac literis

Pretium posuit.

Anno MDCLII.


IV.


SEBASTIANI JVSTINIANI

Venerabilis species

Et quidquid spectandum posteris tradi potest

Hic oculos rapit.

Quæ pingi non possunt meliora puta.

Horum ductu ac lineamentis

Qualia sint conjicito

Ingens animus pulcherrime habitat

Liberalium artium sectatoresP. P. MDCLIII.


V.


Conclave hoc regium gentis Capellæ magnificentia extructum Patavini Gymnasii annuis magistratibus legendis Comitium Justitiæ sacrarium cum Deæ ipsius Simulacro,[1072] Juris sacerdotes augustius reddere decrevissent, NICOLAI CAPELLIincomparabilis vultibus expresserunt Anno M. DC. LIV. Rand links: Nic. Capelli.


VI.


Ut olim Romana Curia solam Censorii Catonis effigiem recepit, Philosophantium in hac Urbe cœtus unamNICOLAI CAPELLIimaginem placida oris majestate serenam sacravit, hocque illi comitium instar atrii esse voluit. Par utriusque virtus, nisi quod hic mitior & a nullo unquam accusatus est. Anno M. DC. LIV.


Die letzten Worte zielen vermuthlich auf den Umstand, daß Cäsar den Cato ins Gefängniß hat wollen führen lassen (PLVTARCH. in Catone minore, cap. 47).

In diesem Pallaste steht auch die öffentliche Stadtbibliothek, um welche sich Gabriel Aemo sehr verdient gemacht hat, daher man auch folgendes Andenken seiner Sorgfalt und Freygebigkeit darinnen liest: Rand rechts: Stadtbibliothek.


GABRIELI ÆMOPræfecto; quod Bibliothecam ventis atque imbribus perviam, libris situ corruptis, ipsisque parietibus vitium ducentibus, sartam tectam exegerit, & absterso squalore in pristinum cultum restitutam insigni liberalitate auxerit; Octavius Ferrarius B. M. P. Rand rechts: Denkmaal Gabr. Aemi.


Il Palazzo del Capitaneo liegt auf dem schönen Platze Piazza de' Nobili genannt. Rand rechts: Il Palazzo del Capitaneo. Das Gebäude ist wohl angelegt, und hat im andern Stockwerke eine ansehnliche Galerie von drey und zwanzig rothmarmonen Seulen. Der Thurm ist gleichfalls von guter Baukunst, und zeiger die varan befindliche Uhr sowohl den Lauf der Sonne als des Mondes.

Der ehemalige Pallast des Tyrannen Ezzelini oder Acciolini hat weitläuftige unterirdische Gewölber, und wird anitzt zu einem Magazin von Munition und zu einem Provianthause von Korn gebraucht. Rand rechts: Pallast Ezzelini. Besagtes alte Castel, so im Jahre 1237 angefangen und im Jahre 1242 vollendet worden, hat zween Thürme, an deren einem die Worte zu lesensind:


Piis carcerem adspergite lacrymis, quem majores vestri cruore, hic ætatis, sexus, conditionis, morum, nullo discrimine habito, quos Acciolinus Tertius de Romano inhumaniter vivos detrusit, inedia, dolore, desperatione non nisi mortuos atque consumptos extraxit, inter tot imiocentes – – – quod incredibili feritate hoc viventibus condidit sepulchrum, nocens mortuus est. Vestram hinc agnoscite felicitatem, qui optimum Principem nacti invidiæ, non pietati locum reliquistis. Sebastianus Galvanus Patavinus, annona & toto bellico apparatu a Sereniss. Veneta Rep. in hac arce suæ fidei commissis, teterrimo carceri hæc ex historiis inscribenda curavit Ann. Dom. MDCXIIX.


Bey dem Thore aller Heiligen und zwar auf einem Bollwerke steht unter einem marmornen Löwen die Inscription: Rand rechts: Denkmaal Julian Gradonicus.


Hoc hospes opus tibi indicat, an JULIANUS Gradonicus, qui Patavium ornavit atque munivit, Anci meruerit nomen; at, si tu legeris acta, Aristidem quoquo dices, nam talem egit Præt. qualis quilibet esse deberet. Anno M. D. XVIII.


Paulus Tomasinus hat über dem Eingange seines Privathauses, nicht weit vom Ponte de' Tadi, setzen lassen: Rand rechts: Schrift an Paul Tomasins Hause.


Domino cohonestanda Domus

Paulus Tomasinus Advocatus 1639.
[1073]

In dem Hausplatze desselben ist folgendes kurzgefaßtes Testament zu bemerken: Rand links: Sein Testament.


Deo vivite, Sereniss. Reip. Venetæ obsequium præstate, omnes honorate, nullum cujuscunque sortis spernite, pro nemine fidei jussione vos obstringite, sic vivite ut posteri vos vixisse intelligant. Paulus Tomasinus J. C. Filiis suis testamento reliquit.


Bey der Mühlenbrücke treibt das Wasser dreyßig nahe beysammen liegende Mühlen.

Das schönste Privathaus der ganzen Stadt ist il Palazzo di Soranzo, welcher mit vielen Portraiten großer Herren gezieret ist. Rand links: Palazzo di Soranzo. Die Besitzer desselben schreiben sich in lateinischen Inscriptionen Superantios. Der zu diesem Pallaste gehörige Garten ist noch nicht im Stande.

In dem Hofe des Hauses di Mantua ist ein großer Colossus aufgerichtet, mit der Unterschrift: Rand links: Statua Herculis Buphiloponi.


Hercules Buphiloponus bestiarius, qui tristitiam depulit omnem, peramplo hoc signo Mantuæ cura reflorescit.


Buphilopomus kann so viel seyn, als ein großer Liebhaber der Arbeit. Bestiarii waren nach den Zeugnissen TERTVLLIANI, VOPISCI, PRVDENTII und vornehmlich CASSIODORI (divers. lect. lib. V, Epist. 42) diejenigen Personen, welche in den Amphitheatern freywillig mit den wilden Thieren stritten; was aber die eigentliche Absicht bey der Aufrichtung dieser itztbesagten Statue gewesen sey, ist mir unbewußt, ich erinnere mich auch nicht, daß die alten Scribenten jemals dem Herkules dergleichen Benennungen beygeleget haben.

In des Comte Francesco Capo di Lista Hause steht ein hölzernes Pferd, von solcher Größe, daß es in dem untersten Stockwerke nicht aufgerichtet seyn kann, sondern man es halb von einander nehmen müssen. Rand links: Großes hölzernes Pferd. Der Herr des Hauses soll ein Pferd im Wapen führen; was man aber für einen sonderlichen Einfall mit Verfertigung dieses hölzernen Pferdes gehabt, weis niemand zu sagen. Mein Führer versicherte, es sey dieses das trojanische Pferd im Originale.

Ehemals waren in Padua die Kabinette von Bonaviti, Silvalico, Zabarella, Tomassini, Lazara und andern sehenswürdig; allein es ist davon nichts mehr vorhanden. Rand links: Kabinette: D. Morgani hat noch eine gute Sammlung. Die beste aber hat der berühmte Medicus Anton Balisnieri, welcher den 28 Jenner 1730 im neun und sechszigsten Jahre seines Alters gestorben, seinem Sohne gleiches Namens hinterlassen. Rand links: des Valisnieri. Man findet darinnen vielerley Petrefacta und Naturalia, idola Ægyptiaca, hetruscische Gefäße, alte marmorne busta und Köpfe, worunter einer vom Junio Bruto und zween vom Jupiter sind. Verschiedene Thiere, so vorher in Spiritu Vini eingetaucht gewesen, werden ohne fernerem liquore unter gläsernen Glocken, welche mit grünem Wachse auf ihrem Grunde wider das Eindringen der Luft und die Annäherung des kleinen Gewürmes befestiget sind, erhalten. Rand links: Manier verschiedene Thiere lange aufzubehalten.

Was die paduanischen Lustgärten anlangt, so ist derjenige, welcher dem venetianischen Nobile d'Andola zusteht, mit vielen Statuen gezieret. Rand links: Garten d'Andola; des Papafava. Den Preis vor allen aber behält der Garten von Papasava, wegen seiner breiten Allee zwischen großen Orangebäumen, auf deren Seiten hohe Cypressen stehen, wegen seines Labyrinths, trefflichen Hecken (worunter etliche von Buchsbaum die Höhe von zwölf bis vierzehn Fuß haben) und andern Annehmlichkeiten, womit er den valmeranischen Garten zu Vicenza beynahe noch übertrifft.[1074]

Der Namen Papafava soll eigentlich seinen Ursprung haben von Jacobino de Carraria, welchen die Mönche in seiner Jugend, als er zu Carraria im Kloster erzogen worden und sehr gern Bohnen aß, also benennet haben. Rand rechts: Etymologie von Papafava.

Die Luft von Padua wird für gesund gehalten: und hat des Wirths al Rè d'Ingliterra Vater, Martin Ichtel ein Deutscher, so vor etlichen Jahren gestorben ist, das hundert und vierzehnte Jahr seines Alters zurück geleget. Rand rechts: Gesunde Luft. Es giebt wenige Städte, worinnen nach Proportion ihrer geringen Zahl von Einwohnern so viele Apotheken anzutreffen sind, als hier, welches vornehmlich daher rühren mag, daß sie meistentheils auch mit Confect Handlung treiben. Rand rechts: Menge von Apotheken. Die Vipern werden allhier in großer Menge gesammlet, und theils lebendig zum Gebrauche aufgehoben oder verschicket, theils das Vipernpulver daraus verfertiget. Rand rechts: Viperneuren. Dieses reget und führet ab, was es schlimmes im menschlichen Körper findet. Man fängt mit einem Scrupel im Gewichte an, und geht damit bis auf ein Drachma, mit welchem man eine Zeitlang fortfährt. In Neapolis mästet man junge Hühner mit Vipern und Mehl, und ißt sie bey der Cur, so lange man die Bouillons von Vipern trinkt. Noch besser soll es seyn, wenn man Vipernpulver mit Gerstenmehle vermischet, etliche Tage lang junge Hühner damit mästet, und mit Milch tränket, darauf aus solchen in verlutirten Phiolen ein Consommé machet, und solches etliche Wochen lang trinkt. Ich erinnere mich hiebey, daß der englische Chevalier Digby seiner schönen Frau vornehmlich Kapaunen, die mit Vipern fleische gemästet waren, zu essen gab. Er besaß aber diesen seinen Abgott nicht lange, und starb sie frühzeitig. Die Vipern sind nicht in jedem Jahre von gleicher Kraft. Rand rechts: Wo die besten Vipern sind? Für die besten werden diejenigen gehalten, welche man in der Gegend um Rom fängt, daher man solche auch nach Venedig kommen läßt, um den berühmten Theriak (den man aber anitzt in Paris und etlichen andern Orten eben so gut machet) daraus zu verfertigen. Alle giftige Thiere haben mehr Feuer und Stärke in den warmen und trockenen Gegenden: daher es denn wohl seyn kann, daß auch die um Padua in einem kühlern und wasserreichen Lande sich aufhaltende Vipern den römischen weichen müssen.

Es giebt in der Gegend von Padua viele Gewitter, und sind sonderlich diejenigen, so von der Seeseite kommen, gemeiniglich sehr stark. Rand rechts: Starke Gewitter.

Nach der Regel, extremum occupat scabies, füge ich noch hinzu, daß allhier, vielleicht den Musen zu Ehren und zu besserer Erbauung der Universitätsjugend, öffentliche Häuser, in welchen die Donne libere oder del Mondo leben, geduldet werden. Rand rechts: Oeffentliche lüderliche Häuser. Diese haben ihre gewisse angewiesene Wohnungen, worinnen sie fast nach der Art, wie in dem Staate der Severambes gedichtet wird, beysammen in einer Gesellschaft von sechs bis acht Mitgliedern leben und dem Publico ihre Dienste anbiethen. Damit an einer so löblichen Stiftung gar nichts auszusetzen seyn möge, sind etliche Medici befehliget, öftere und genaue Einsicht zu haben, daß keine gar zu sehr verdorbene Waare sich einschleiche, und die Gesundheit junger Leute nicht in allzu große Gefahr gesetzet werde. Solcher öffentlichen Venustempel sind zwey in der Stadt, und was auch besonders ist, der eine bey den Patribus Eremitis, und der andere nächst an den Nonnen St. Blasii.

Die Juden sind auch in einen besondern Theil der Stadt verwiesen, außer welchem sie nicht wohnen dürfen. Rand rechts: Judenquartier. Die drey dahin führende Thore sind mit Inscriptionen versehen, worunter diejenige, so über der Pforte gegen Mittag gelesen wird, in folgenden Worten verfasset ist:
[1075]

F. D.


Ne populo cœlestis Regni hæredi usus cum exhærede esset fraudi, Judæi unum in locum hic redacti assiduo Marci Cornelii lectissimi Viri Episcopi Domus Dei zelo atque studio pene universorum Sanctissimo Dominæ Urbis Senatu auctore, facto decreto civium, Virorum amplissinorum Francisci Bernardi Prætoris, Marci Quirmi Præfecti benigno auspicio, eximia Danielis Campesii, Sertorii Ursati Eq. Nicolai Campo San. Petri J. C. Curatorum opera. Anno Christi M. DC. III. J. F. M. Rand links: Inscription eines Thores.


Padua, den – – May,

1730.

Fußnoten

1 In Brescia rechnet man fünf und dreyßig tausend Seelen.


2 Die ehrerbiethige Hochachtung der Einwohner zu Padua gegen den heiligen Antonius ist so groß und so allgemein, daß selbst die Bettler ihre Almosen nicht um Gottes; sondern um des heiligen Antonius Willen sich erbitten. Nichts ist anstößiger, als eine zu Padua öffentlich aufgehängte Tafel: Exaudit S. Antonius, quos non exaudit Deus.


3 Vid. Relazioni del gran Santo di padona Antonio, e dell' alte sue maraviglie, diLelioMANCINIIn Padoua 1654,12.


4 Weil gegenüber das Begräbniß seiner Verwandten Jacobi Salä ist.


5 Die gelehrten Werke der Schurmanninn, welche sich bey wiederholten Abdrücken dennoch rar gemacht, hat eine würdige Nachfolgerinn derselben vor kurzer Zeit aufs neue gesammlet: Annæ Mariæa SCHVRMANNINopuscula ebræa, latina, græca, gallica, prosaica & metrica eum animadversionibus & præfationeTraugott. Christ. DorotheæLOEBERIAE, Lips. 1749, 8. Sie war zu Cöln am Rhein im Jahre 1607 den 5 November gebohren. Weil sie aber ihre meiste Lebenszeit in Holland und sonderlich in Utrecht zugebracht, so machen sie die Holländer zu ihrer Landsmänninn. Mit gleichem Rechte hat MÖLLERin Cimbria litterata sie unter die gelehrten Holsteiner gezählet, meil sie als eine Labadistinu sich lange Zeit in Altona aufgehalten, wo auch der erste Theil ihrer so bekanntgewordenen Schrift: melioris partis electio 1673 gedruckt worden. Im Jahre 1678 verließ sie Altona, und gieng mit den Labadisten nach Wiewert, wo sie in dem ein und siebenzigsten Jayre des Alters verstorbenist. Ihr Wahlspruch zeugte non ihrer Gemüthsfassung: Amor meus crucifixus est. Der berühmte holländische Dichter Jakob Cats, ob er gleich den Korb bey ihr geholet hatte, belegt sie dennoch in seinen Gedichten mit ungezahlten Lobsprüchen. Unter ihrem Bildnisse wird folgender Lobspruch gelesen:


Divini pictoris opus cœlestis imago

Quam dedithic divas pingere digna manus.

Quæ cum omnes vellet nec posset pingere musas,

Expressit decimam cum decimaque novem.


6 Zu Bologna erhielt Laura Maria Catharina Bassi im Jahre 1733 im zwanzigsten Jahre ihres Alters den Gradum Doctoris und einen Platz in der Akademie, so vom Instituto Scientiarum den Namen führet. Im Jahre 1731 sprach ich zu Warmund, drey vierthel Stunden von Leyden, des dasigen arminianischen Predigers Tochter Sara Maria Renemänninn, ein Mägdchen von eilf Jahren, welche damals schon den Generalbaß auf dem Clavier spielete, die biblischen Historien vollkommen innen hatte, die Mythologie wohl mußte, und die französische, englische, spanische, hochdeutsche und holländische Sprache nicht nur verstund, sondern auch redete, und dabey einen guten Anfang im Lateine gemacht hatte. Sie scheint von schwächlicher Gesundheit zu seyn: und ist bey ihren Wissenschaften dieser Umstand merkwürdig, daß sie von Natur kein Belieben dazu hat. sondern von ihrem Vater, dem es nur um die Ehre, eine gelehrte Tochter zuhaben, zu thun ist, wider ihren Willen dazu angehalten wird. Ein guter Freund hielt ihm nemlich aus guten Absichten vor: es würde bey solchen Umständen seine Tochter im vierzigsten Jahre ohne Verstand seyn. Erantwortete aber: daran läge ihm nichts; und sey es ja ohne dem im vierzigsten Jahre mit dem Menschen fast vorbey. In eben diesem 1731 Jahre habe ich auch in Leyden einem Collegio oder Predigten, welche alle Sonntage von einer alten Frau geringen Standes über die Offenbarung Johannis gehalten wurden, beygewohnet. Sie führte hiebey die angezogenen Stellen des alten Testaments allezeit nach dem Grundtexte mit einigen grammatikalischen Anmerkungen an, und hatte man ihr wegenihrer Wissenschaft in der hebräischen Sprache den Beynamen der hebräischen Frau gegeben. Die Freyheit der Religion giebt in Holland Gelegenheit, daß viele gemeine Leute beyderley Geschlechts sich mehrals in andern Landen, um die Wissenschaften, so mit der Religion einige Verknüpfung haben, bekümmern. Im Jahre 1715 las ein Kisten- oder Kussermacher zu Amsterdam, Namens Teuerhof, unter dem Vorwande eines Collegii Pietatis, wöchentlich drey-bis viermal etliche Stunden lang über des Spinosa Philosophie, und viele Mägde nebst anderm gemeinen Volke höreten ihn mit großer Aufmerksamkeit. Dieser Mann hatte zwar keine Gelehrsamkeit, allein einen deutlichen Vortrag und einen sehr großen Begriff. Der Herr Kanzler Pfaff welcher sich einsmals mit ihm in eine Unterredung eingelassen, mußte gestehen, daß eringenium vastissimum bey ihm angetroffen habe.


7 Noch im vorigen Jahre hat eine mayländische Dame Donna Maria Gaetana Agnesi gewiesen, daß das schöne Geschlecht auch sogar in solchen Wissenschaften, welche man insgemein die allertiefsinnigsten zu nennen pflegt, zu einer gesetzten Stärke gelangen könne. Hier ist die Aufschrift ihrer algebraischen Unterweisungen: Instituzioni analitiche ad uso della Gioventa Italiana, Mayland, 1749, zweene Bände in 4. Die Laura Cereta aus Brescia, die Chiara Matraini aus Lucca, die jüngsthin verstorbene Marquisinn von Chatelet und tausend andere Beyspiele, das alles sind hinlängliche Beweise von den Fähigkeiten des weiblichen Geschlechts. Die wankelmüthige Königinn Christina aus Schweden hätte in der That nicht nöthig gehabt, sich ihres Geschlechts auf eine unerlaubte Weise zu schämen. Sie hatte auf ihren Reisen über zweytausend Bewillkommungsreden der witzigsten Köpfe gehöret, die alle nicht nach ihrem Geschmacke waren. Ihr Leibarzt Bourdelet unterstund sich, nach der Ursache dieses Widerwillens zu fragen. Wer sollte es nicht überdrüßig werden, antwortete sie, immer einerley Leyer zu hören: die erlauchte Tochter des großen Gustavs die zehnte Muse, die Sappho unsrer Zeit, der Ruhm ihres Geschlechts. Diese Herren schreyen sich zu Tode, mir zu sogen, daß ich ein Weibsbild bin; ich weis es ohnedem mehr als zu wohl. Mit einem so starken Widerwillen war sie wider ihr Geschlecht eingenommen. Der einzige Dechant zu Vienne Anton Argoud hatte das Glück ihren Beyfall zu erhalten, und mit Gnadenbezeugungen überhäuft zu werden. Es scheint fast, Christinens Schwäche sey ihm bekannt gewesen. Er ließ in seiner Rede nicht einmal das Wort Königinn hören Er verglich sie mit den größten Helden und behauptete, daß sie solchen nicht nur gleich komme, sondern auch die selben übertroffen habe. Und das war es, was die Königinn gern hören mochte. Wan lese des Abtsd'ARTIGNYnouveaux memoires d'Historique de Critique & de Litterature, art. 26. Paris, 1749.


8 Elisabeth Buzacarena liegt in St. Anna mit folgendem Epitaphio begraben:


Elisabethæ Buzacarenæ, cumqua ann. XXVIII. conjunctissime vixit URSATUS URSATUS Eques & sibi, cæteris omnibus exclusis posuit, ut ne mors quidem vel mortalium ullus eorum corpora mortua divelleret, quos vivos unus & idem spiritus rexit fœdere concordi. An. M DC XXIX.


9 Dieses Werk ist im Jahre 1701 in Quart zu Padua herausgekommen, und es ist Schade, daß es fast mit unzähligen Druckfehlern angefüllet worden.


10 Vid. PLIN. Hist. Nat. lib. II, c. 103. lib. III, 18,19. woselbst des Timavi in der Nachbarschaft von Trieste und Aquileja gedacht wird. Add. LIV. lib. XLI. s TRAB. lib. V. MELAlib. II, c. 4. SERVIVSs ad Æneid. lib. I. Hievon scheint CLAVDIANVSin Sexto Cons. Honor. etwas abzugehen, wenn er ihn mit dem Tesino, Mincio und der Adda verknüpft, und unter andern schreibt: – – tardusque meatuMincius, inque novem consurgens ora Timavus.


11 Cyllarus ist des Castors Pferd.


12 Vid. Fab. QVINTIL. lib. I. Instit. Orat. c. 9. it. lib. VIII, cap. I.


13 MISSONT. I, p. 186, sq.


14 An der ganzen Aufführung der Lucretia hat der Ehrgeiz großen Antheil, und giebt auch OVIDIVSFastor lib. II zu verstehen: daß es ihr mehr um das Urtheil der Leute, als um die Keuschheit zu thun gewesen sey, wenn er schreibt:


Succubuit famæ victa puella metu.


15 Die Seltenheit des Exempels bey den Römern ist Schuld daran, daß Lucretia fast vergöttert worden. Allein verdienet sie auch alle Lobsprüche?


Si tibi forte fuit, Lucretia, gratus adulter,

Immerito es merita præmia cæde petis,

Sin potius casto vis est illata pudori,

Quis furor est, hostis crimine velle mori?

Frustra igitur laudem captas Lucretia, namque

Vel furiosa rutis, vel scelerata cadis.


16 Dahin könnte auch die Schreibfeder, welche Lip sius der h. Maria zu Hall in Brabant gewidmet hat, nebst des Epiktets Lamye gerechnet werden.


Quelle:
Johann Georg Keyßler. Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. Theil 2. Hannover 1751, S. 1076.
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