XV.
(1827.)

Wie schon erwähnt, beschränkten sich Schubert's Reisen auf ein Paar Ausflüge nach Ungarn (1818 und 1824) und nach Oberösterreich (1819 und 1825), welchen nunmehr im Jahr 1827 noch eine Reise nach Graz folgte, wo er und Jenger in dem Hause desDr. Carl Pachler die freundlichste Aufnahme fanden.

Die Familie Pachler, deren Name zuerst bei Besprechung der Oper »Alfonso und Estrella« genannt worden ist und die nun in dieser Episode aus Schubert's letzter Lebenszeit plötzlich in den Vordergrund tritt, bestand aus dem Herrn des Hauses, der Hausfrau und Beider Sohn: Faust, der zur Zeit des Schubert-Besuches im achten Lebensjahre stand1.

Carl Pachler war der jüngste Sohn eines Bräumeisters, dessen Vater, aus Tirol nach der Steiermark eingewandert, daselbst seinen bleibenden Aufenthalt genommen hatte. Nach dem Tod seiner Mutter, die als Witwe den Betrieb der[394] Bräuerei und der Gastwirthschaft leitete, trat Carl in den Besitz der beiden Gewerbe, deren weitere Führung aber, da er als Advocat in Graz anderweitigen Beschäftigungen obzuliegen hatte, einem Werkführer und beziehungsweise Pächter überlassen wurde. In seiner Eigenschaft als ordentlicher bürgerlicher Bräumeister widerfuhr ihm auch die Ehre, von dem dortigen uniformirten Bürgercorps, dessen Wiedererrichtung seinem bei dem Kaiser eingelegten Fürworte zu danken war, zum ersten Oberst desselben gewählt zu werden.

Im Jahre 1816 (seinem 26. Lebensjahre) vermählte er sich mit Marie Leopoldine Koschak, Tochter des Dr. Adalbert Koschak in Graz, eines als Freund der Musik und Geselligkeit allenthalben wohlbekannten Mannes. Marie Pachler war nach dem einstimmigen Zeugniß jener Personen, welche sie gekannt haben, eine durch Schönheit und mannichfache Talente, namentlich durch musikalische Begabung ausgezeichnete Frau. Sie versuchte sich schon in ihrem neunten Jahre in der Composition und spielte Beethoven's Sonaten mit seinem Verständniß, worüber ein Zeugniß des Meisters, den sie im Jahre 1817 in Wien hatte kennen lernen, vorliegt. Ihre früheste Ausbildung erhielt sie im väterlichen Hause, und auf die Entwicklung ihrer geistigen Fähigkeiten war der damalige Professor der Geschichte in Graz, Julius Schneller2, von entscheidendem Einfluß. Dieser scheint auch ihre Bekanntschaft mit Beethoven vermittelt zu haben. Der Meister wurde im Jahr 1827 von[395] der Pachler'schen Familie zum Besuch er wartet; sein im März desselben Jahres erfolgter Tod vernichtete aber diese Hoffnung3, und so erschien daselbst an seiner Statt Franz Schubert in Gesellschaft seines Freundes Jenger, welch' Letzterer auch Beethoven dahin zu geleiten bestimmt war.

Die gesellige Unterhaltungsgabe des Dr. Pachler, die seine Bildung und das Musiktalent seiner Frau, die als Mädchen nur durch besondere Verhältnisse von dem Ergreifen der Virtuosenlaufbahn abgehalten worden war, und die daselbst geübte Gastfreundschaft schufen das Pachler'sche Haus zu einem Vereinigungsort fast aller in Graz sich aufhaltenden oder durchreisenden Celebritäten. Berühmte Sänger und Schauspieler besuchten dasselbe während ihrer Gastspiele; Schubert, Teltscher und Schönstein wohnten daselbst, und jeder Fortziehende empfahl den neu Ankommenden wieder dahin. Auch der Dichter Gottfried Ritter von Leitner, der um das Jahr 1825 in die Familie eingeführt worden war, gehörte dem auserlesenen Kreise an, von welchem sich diese fortan umgeben sah, und jene von seinen Gedichten, welche Schubert in den Jahren 1827 und 1828 in Musik[396] setzte, waren diesem von Frau Marie Pachler zur Composition empfohlen worden.

Solcher Art war der Familienkreis4, in welchem Schubert kurze Zeit vor seinem Scheiden aus dieser Welt eine Reihe schöner Tage verlebte, die eine solche Anziehungskraft auf ihn ausübten, daß er schon für das nächste Jahr die Möglichkeit eines abermaligen Besuches daselbst in Aussicht nahm. Er und Jenger waren bereits im Sommer 1826 – doch vergebens – in Graz erwartet worden. Im Herbst 1827 endlich sollte Beider Wunsch in Erfüllung gehen.

Eine Reise nach der Hauptstadt der Steiermark war in damaliger Zeit an sich schon keine Kleinigkeit; bei Jenger und Schubert aber, von welchen der Erstere an den Kanzleidienst gebunden war, der Letztere mit fortwährender Ebbe in seinem Geldbeutel zu kämpfen hatte, häuften sich die Schwierigkeiten in ungeahnter Weise, und es bedurfte, wie der hier folgende Briefwechsel bezeugt, eines vollen Jahres, um den gefaßten Entschluß zur Ausführung zu bringen.

In einem Brief vom 1. August 1826 an Frau Marie Pachler bedauert Jenger, von Wien nicht abkommen zu können, und fügt bei: »Vielleicht geschieht es noch im Herbst, und kann ich nicht fort, so kommt doch ganz gewiß Freund Schubert und der Maler Teltscher, welche beide sich bei[397] Ihnen, gnädige Frau, vorstellen werden.« Schubert kam aber nicht und Jenger vertröstete wieder auf das nächste Jahr. In einem Brief vom 29. December 1826 schreibt er: »Freund Schubert hat sich's bestimmt vorgenommen, künftiges Jahr nach Graz zu reisen; doch wenn er nicht mit mir kommt, so geschieht es wieder nicht – wie heuer.«

Am 12. Jänner 1827 schreibt er abermals an Frau Pachler: »Schubert läßt Ihnen, gnädige Frau, unbekannter Weise die Hände küssen, und auch er freut sich sehr, die Bekanntschaft einer so warmen Anhängerin Beethoven's zu machen. Gott gebe, daß unser allseitiger Wunsch, dieses Jahr nach Graz kommen zu können, in Erfüllung gehe.«

Und am 25. Mai: »Ich halte dafür, daß es am besten wäre, die Reise nach Gratz zu Anfang des Monats September anzutreten. Schubert bringe ich dießmal ganz gewiß mit, auch einen zweiten Freund, Lithograf Teltscher.«

Am 12. Juni eröffnete Schubert selbst die Correspondenz mit folgenden Zeilen:


»Euer Wohlgeboren, Gnädige Frau!


Obwohl ich nicht einsehe, wie ich ein solch freundliches Anerbieten, als Euer Gnaden mir durch das an Jenger gesendete Schreiben bekannt machten, irgend verdiene, noch ob ich je etwas entgegen zu bieten im Stande sein werde, so kann ich doch nicht umhin, einer Einladung zuzusagen, wodurch ich nicht nur das vielgepriesene Gratz endlich zu sehen bekomme, sondern überdieß Euer Gnaden persönliche Bekanntschaft zu machen die Ehre habe. Ich verharre mit aller Hochachtung

Euer Wohlgeboren

ergebenster Franz Schubert.«
[398]

Am 16. Juni schrieb Jenger abermals als Antwort auf einen Brief der Frau Dr. Pachler vom 7. desselben Monats:

»Freund Schubert war über ihre gütige Einladung ganz entzückt, und seinen Dank und Versprechen, dieser schönen Einladung zu folgen, enthält das beiliegende Blättchen5.

Wir freuen uns recht herzlich auf den Ausflug in die liebe Steiermark, und ich hoffe auch, daß Sie, beste gnädige Frau, mit meinem Reisegefährten zufrieden sein werden. Wir wollen dann wieder einmal so ganz der Musik leben, und Schubert soll manch neues liebes Liedchen in unsern musikalischen Kranz winden. Auch Freund Dr. Carl soll in jeder Hinsicht mit uns zufrieden sein; wir stellen auch an der Bier- und Weinschenke unsern Mann.«

Der Wunsch der beiden Freunde ging in der That bald darauf in Erfüllung. Am 30. August 1827 kündigte Jenger der Frau Dr. Pachler die bevorstehende Abreise mit folgenden Worten an:

»Künftigen Sonntag, den 2. September reisen Freund Schubert und ich mit dem Eilwagen um halb zehn Uhr Abends hier ab und hoffen zu Gott, am Montag Abends neun Uhr in Graz bei Ihnen einzutreffen, worauf wir uns schon herzinniglich freuen.«

Im Hause Pachler war man auf Schubert sehr gespannt und der damals siebenjährige Sohn Faust wollte vor Aufregung und Erwartung gar nicht zu Bette gehen, sondern die Ankunft der beiden Gäste abwarten. Er sollte sie aber erst am nächsten Morgen beim Frühstück begrüßen, wo sich Schubert (dessen Lithografie ihm schon früher gezeigt worden) im grünen Rock und weißen Beinkleidern einfand.[399]

Der Aufenthalt in Graz gestaltete sich zu einem sehr angenehmen, durch Musik und Ausflüge in die schöne Umgebung mannichfach belebten. Die Familie Pachler wohnte damals ausnahmsweise nicht auf dem Land, und so wurden denn von der Stadt aus Partien, und zwar nach Wildbach, einem kleinen, der Witwe Massegg, Tante des Dr. Carl Pachler und Mutter von sechs eben im Aufblühen begriffenen Töchter gehörigen Gut, sowie nach dem am »Ruckerlberg« gelegenen Hallerschlössel6, Pachlers gewöhnlichem Landaufenthalt, unternommen, an welchen Schubert, Jenger und Anselm Hüttenbrenner theilnahmen.

Von diesen durch fröhliche Stimmung, insbesondere auch durch die Gesellschaft anmuthiger Frauen belebten Landpartien ist nichts weiter zu berichten, als daß jedesmal viel des Weines vertilgt wurde, wobei Jenger und Schubert kaum in letzter Reihe gestanden haben dürften7. Zu Hause fehlte es[400] dagegen nicht an musikalischer Unterhaltung, deren Kosten fast ausschließlich die beiden Gäste der Familie Pachler bestritten, indem Schubert (in Ermanglung eines Sängers) seine Lieder (unter anderen auch den »Wanderer an den Mond«) selbst vortrug, und mit Jenger vierhändige Clavierstücke spielte.

Der gemüthlich-heitere Aufenthalt in Graz dauerte bis in die letzte Woche des September; denn schon am 27. d. M. richtete Jenger von Wien aus an die von ihm hochverehrte gastfreie Wirthin in der Steiermark folgende Zeilen:

»Durch den morgen von hier nach Grätz abfahrenden glücklichen Steyrer Josef Hüttenbrenner senden wir – Freund Schwammerl und ich – Ihnen, liebe gnädige Frau, sowie dem Freund Dr. Carl noch unseren herzlichsten und innigsten Dank für alle uns erwiesene Güte und Freundschaft, die wir ewig nie vergessen werden, und zwar um desto weniger, als Schubert und ich noch gar selten so herrliche Tage verlebten, als jetzt in dem lieben Grätz und seinen Umgebungen, worunter Wildbach mit seinen lieben Bewohnern obenan steht. – Hier will sich's noch nicht recht geben, besonders bei mir, wo ich jetzt wieder am großen Karren stark ziehen muß, jedoch keinen Strick abreißen werde. Im Vergleich mit den vorhergegangenen 20 Tagen ist es fast nicht auszuhalten, und doch muß es jetzt auch wieder recht sein. Eine kleine Beschreibung unserer Rückreise dürfte Sie, liebe gnädige Frau, wohl ein wenig interessiren, und deßhalb fange ich in Fürstenfeld an; denn daß die Trennung von unsern lieben guten[401] Hausleuten uns etwas schwer geworden, und selbst der Himmel in unsere Trauer miteingestimmt hat, wird Ihnen Freund Karrer wohl erzählt haben.«

Folgt nun in dem Brief eine Beschreibung der Rückreise, die wir hier kurz andeuten.

In Fürstenfeld nahm die Bürgermeisterin Wittmann die beiden Reisenden auf; am 21. September besuchten sie den Calvarienberg, fuhren nach eingenommener Mahlzeit weiter, und langten Abends um 8 Uhr in Hartberg an, wo sie im Hause des Stadtrichters Zschok Nachtquartier fanden. Am 22. Früh um 5 Uhr setzten sie die Reise fort, frühstückten in der Pinga, gingen über den die Grenze bildenden Berg, von dessen Höhe sie, die Mützen schwingend, dem Lande Steiermark und allen Lieben ein Lebewohl und Dankesworte zuriefen, und fuhren dann über Aspang, Pitten, Waibersbach, Sebenstein vorbei nach Schleinz, wo sie bei dem Kaufmann Stehmann übernachteten, daselbst den Sonntag sehr lustig zubrachten, und am Montag mit diesem und noch zwei anderen Gästen die Rückreise nach Wien antraten. Sie trafen daselbst um 10 Uhr Abends ein, und trennten sich unter den Tuchlauben vor Schubert's Wohnhaus beim »blauen Igel«, mit dem Vorsatz, den Lieben in Graz sogleich Nachricht von sich zu geben.

So fügte denn auch Schubert Jengers Brief folgendes, für die Wiener Gesellschaft nicht eben schmeichelhafte Schreiben an Frau Dr. Pachler bei:


»Euer Gnaden!


Schon jetzt erfahre ich, daß ich mich in Grätz zu wohl befunden habe, und Wien will mir nicht recht in den Kopf,[402] 's ist freilich ein wenig groß, dafür ist es leer an Herzlichkeit, Offenheit, an wirklichen Gedanken, an vernünftigen Worten und besonders an geistreichen Thaten. Man weiß nicht recht, ist man g'scheidt oder ist man dumm, so viel wird hier durcheinander geplaudert, und zu einer innigen Fröhlichkeit gelangt man selten oder nie. S'ist zwar möglich, daß ich selbst viel daran schuld bin mit meiner langsamen Art zu erwarmen. In Grätz erkannte ich bald die ungekünstelte und offene Weise mit und neben einander zu sein, in die ich bei längerem Aufenthalt sicher noch mehr eingedrungen sein würde. Besonders werde ich nie die freundliche Herberge mit ihrer lieben Hausfrau, dem kräftigen Packleros und dem kleinen Faust vergessen, wo ich seit langer Zeit die vergnügtesten Tage verlebt habe. In der Hoffnung, meinen Dank auf eine würdige Weise noch an den Tag legen zu können, verharre ich mit aller Hochachtung


Euer Gnaden

ergebenster

Franz Schubert.«


»NB. Das Opernbuch8 hoffe ich in einigen Tagen senden zu können.«


Noch am Tag der Abreise Schubert's von Graz schrieb Frau Pachler einen Brief an Jenger, den dieser in Wien vorfand und in welchem sie an ihn die Bitte richtete, Schubert zu vermögen, daß er zum bevorstehenden Geburts- und Namenstag ihres Gatten ein vierhändiges Clavierstück[403] schreibe, das der kleine Faust bei diesem Anlaß mit ihr spielen könne9.

Schubert componirte wirklich einen kleinen Marsch mit Trio10 und übersendete die Composition in Begleitung des folgenden Schreibens an Frau Pachler.


»Hiermit überschicke ich Euer Gnaden das vierhändige Stück für den kleinen Faust. Ich fürchte, seinen Beifall nicht zu erhalten, indem ich mich für dergleichen Compositionen eben nicht sehr geschaffen fühle. Ich hoffe, daß sich Euer Gnaden besser befinden als ich, da mir meine gewöhnlichen Kopfschmerzen schon wieder zusetzen. Doctor Carl bitte ich meinen herzlichen Glückwunsch zu seinem Namensfest abzustatten und zu melden, daß ich das Buch meiner Oper, welches Herr Gottdank, dieses Faulthier, schon seit Monaten zum Durchlesen hat, noch immer nicht zurückerhalten kann. Uebrigens verharre ich mit aller Hochachtung

Ihr ergebenster

Franz Schubert.«


Wien, den 12. October 1827.


Unter demselben Datum schrieb Jenger an Faust Pachler:


»Lieber kleiner Freund!


Daß ich mir Deine Commission angelegen sein ließ, siehst Du nun an diesem Blatte. Studire es also fleißig und denke am vierten kommenden Monats an Freund Schwammerl[404] und mich. Entrichte Deinem lieben Vater zu seinem Namenstag von uns alles erdenkliche Schöne; wir wollen uns an jenem Tag im Geist zu Euch versetzen. Schreibe mir bald wieder, Dein Brief hat mir viel Freude gemacht. Doch habe ich denselben erst am zehnten dieses Monats durch Freund Gometz11 erhalten.«


Schubert illustrirte seinen Aufenthalt in der Steiermark durch mehrere Tanzcompositionen, die als »Grätzer Galoppe« und »Grätzer Walzer« im Stich erschienen sind. Auch die »Valses nobles« und »Ori ginaltänze«12 gehören dieser Zeit an; das Lied: »Heimliches Lieben« und die »Altschottische Ballade« von Herder entstanden (über Anregung der Hausfrau) im Pachler'schen Hause. Die Lieder: »Im Wald« und »Auf der Bruck« wurden zuerst in Graz verlegt13, und die Gesänge: »Das Weinen« und »Vor meiner Wiege« – von Leitner – »Heimliches Lieben« und »An[405] Silvia« sind der von ihm hochverehrten Frau Marie Pachler gewidmet14. Besonderes Gefallen fand diese an der »Altschottische Ballade« von Herder, von welcher ihr Jenger sogleich eine Abschrift besorgen mußte. Die Ballade – ein Duett zwischen Mutter und Sohn – ist strofisch behandelt, von kleinem Umfang, aber stimmungsvoll und von echt Schubertschem Gepräge15. Andere Lieder aus dieser Zeit sind durchweg bedeutend und schon lange bekannt und beliebt geworden.[406]

Von mehrstimmigen Gesängen sind aufzuführen: das komische Terzett »Der Hochzeitsbraten«16, »Schlachtgesang« von Klopstock für Doppelchor, das »Ständchen« von Grillparzer, »Nachtgesang im Wald«17 und eine italienische Cantate zu Ehren des Fräuleins Irene K.18 für Männerquartett mit Begleitung von zwei Clavieren19.[407]

Noch im October dieses Jahres, also unmittelbar nach der Rückkehr von der Reise, vollendete Franz das düstere Gemälde der »Winterreise«20 – ein seltsamer Gegensatz zu den heiteren Bildern, von welchen erfüllt er aus den steyrischen Bergen heimgekehrt war, zugleich aber auch eine jener Thatsachen, die Schubert's von der Außenwelt völlig losgelöstes Productionsvermögen in schlagender Weise charakterisiren.

Im darauffolgenden Monat entstand das Trio inEs-Dur21, ein Werk, das ihm auch im Gebiet der Kammermusik die gebührende Anerkennung verschaffte und sich neben den gleichartigen Werken der größten Meister als diesen ebenbürtig fortan behauptet hat. Das Es-Trio ist – sowie auch das etwas früher entstandene in B – eine der wenigen Instrumentalcompositionen Schubert's, die noch bei Lebzeiten des Meisters in Privatgesellschaften und auch in öffentlichen Concerten von ausgezeichneten, für den Componisten begeisterten Musikern22 vorgeführt und mit entschiedenem Beifall aufgenommen wurden.[408]

Damit war aber Schubert's Thätigkeit in dieser Zeitperiode nicht erschöpft; auch die Kirchen- und Claviermusik sollte ihren Theil abbekommen. Er schrieb nämlich die deutsche Messe auf einen von Professor Johann Filipp Neumann (Dichter der Oper »Sakuntala«) verfaßten Text für gemischten Chor mit Orgel oder Instrumentalbegleitung23 und als Anfang das »Gebet des Herrn«, ebenfalls für gemischten Chor mit Instrumentalbegleitung – einfache melodiöse und kirchlich gehaltene Gesänge – ferner im Gebiet der Claviermusik die von den Verlegern unter dem Namen Impromptus (III–VIIIop. 142) herausgegebenen Clavierstücke, und ein Paar kleine Gelegenheitscompositionen24.

Noch liegen aus diesem Jahre zwei an Schubert gerichtete, auf musikalische Angelegenheiten sich beziehende Briefe vor, welche hier ihre Stelle finden. Der erste derselben, datirt vom 15. Jänner und rein geschäftlicher Art, rührt[409] von dem Musikverleger H.A. Probst in Leipzig her, welchem Schubert einige Manuscripte zum Verlag übersendet hatte; der zweite, mit dem Datum 7. November, von Hofrath Friedrich Rochlitz, einem aufrichtigen Bewunderer Schubert's, welchen er für die Composition eines seiner Gedichte zu gewinnen suchte.

Das ablehnende Schreiben Probst's lautet25:


»Erst spät erhielt ich Ihre Manuscripte durch Artaria & Comp. So gerne ich auch das Vergnügen hätte, Ihren Namen in meinen Katalog einzuverleiben, so muß ich doch für jetzt darauf verzichten, da ich durch Herausgabe von Kalkbrenners oeuvres complets mit Arbeit überhäuft bin. Auch gestehe ich, daß mir das Honorar von 80 fl. C.M. für jedes Manuscript etwas hoch angesetzt schien. Ich halte die Werke zu Ihrer Verfügung und empfehle mich Ihnen mit vorzüglicher Hochachtung.«26


In einer, wie bemerkt, ganz verschiedenen, obwohl ebenfalls musikalischen Angelegenheit wendete sich Rochlitz mit folgenden Zeilen an den Wiener Barden:


»Euer Wohlgeboren


kennen die Hochachtung und Zuneigung, die ich gegen Sie und Ihre Compositionen hege; Herr Haslinger hat Ihnen[410] auch meinen Dank für Ihre Musik zu jenen meinen drei Liedern27 sowie meinen Wunsch, daß Sie ein größeres Gedicht durch Ihre Kunst verschönern möchten, mitgetheilt, so wie Ihre Geneigtheit dazu. Erlauben Sie daher, daß ich sogleich auf diesen Gegenstand komme. Das Gedicht, welches ich im Sinne habe, ist: ›Der erste Ton28. Sie finden es im fünften Bande meiner gesammelten Schriften, welche Haslinger besitzt. Ich will hieher setzen, wie ich mir die Musik dazu denke; nur glauben Sie ja nicht, daß ich damit eine Art Vorschrift (zu welcher ich kein Recht habe) geben wolle; nehmen Sie vielmehr, was ich sage, bloß als einen Vorschlag zu eigener Erwägung und folgen Sie dann, was sich Ihnen nach solcher Erwägung ergibt – wozu Sie sich begeistert fühlen, mag es mit meinem Vorschlage ganz oder zum Theil oder gar nicht übereinstimmen. Ouverture: Ein einziger kurzer gerissener Accord ff. und nun ein möglichst lang ausgehaltener von <> für Clarinette oder Horn mit Fermate. Jetzt leise beginnend und sich dunkel verwickelnd, mehr harmonisch als melodisch – eine Art Chaos, das nur allmälig sich entfaltet und lichter wird. Ob hiermit die Ouverture schließe oder ein Allegro folge, will ich nicht bestimmen; wird das zweite erwählt, so sei dies Allegro nur ernst, aber sehr kräftig und brillant, bekomme jedoch einen absterbenden Schluß aus dem ersten Satze. Jetzt Declamation ohne Musik[411] bis: ›Wirken gegeben‹. Hier fällt das Orchester leise in ausgehaltenen Accorden ein, zu diesen wird mit nur ganz kurzen Zwischenspielen bei den Haupteinschnitten der Rede gesprochen bis: ›Erdenreich‹. Hier ein längeres, düsteres Zwischenspiel. Ein kürzeres, sanfteres nach: ›Gott‹; der folgende Satz bis: ›selbst gefällt‹ ohne alle Musik; der: ›Nun schweigen‹ bis ›soll ich sein‹ – Accorde mit ganz kurzen Zwischenspielen bei den Haupteinschnitten: jetzt aber ein ausgeführteres, sanft heiteres Zwischenspiel, nach welchem mit den Worten: ›Nun schließt‹ etc. sich in der Musik alles mehr zu regen und allmälich zu steigern beginnt. Dies nimmt zu im freien Instrumentalspiel nach den Worten: ›Wiederhall sie nach‹ – und bildet so die ausgeführte Vorbereitung und Einleitung zu dem großen, möglichst prachtvollen und glänzenden Chor: ›Drum Preis Dir‹ – der so lange und so effectvoll ausgeführt wird, als es dem Componisten gefällt; doch bekommen die ganz letzten Zeilen, mithin der Schluß des Ganzen eine sanftere, mildere Musik ohne Veränderung des Tempo oder der Tonart. In dieser Weise von einem so geist- und empfindungsvollen Meister, wie Sie, componirt und von einem so würdigen Declamator, wie Ihr Anschütz, gesprochen, verspreche ich mir eine große Wirkung und eben eine solche, wie sie ein jeder Kenner oder Nichtkenner ehrt und liebt. Doch – ich wiederhole es: Alles dies ist nur mein Vorschlag, und Ihnen kommt die Wahl und Entscheidung zu. – Uebrigens freut es mich, Ihnen auch hiemit etwas näher zu kommen und mein Andenken bei Ihnen aufzufrischen. Kommt das Werk zu Stande und erhalte ich es, so werde ich für eine möglichst vollendete Aufführung in unserm Concert[412] Sorge tragen29. Mit ausgezeichneter Hochachtung und Ergebenheit


Rochlitz.«
[413]

Auf dieses schmeichelhafte Schreiben dürfte Schubert ausweichend oder geradezu ablehnend geantwortet haben. Thatsache ist, daß er das Gedicht eben so wenig, wie Beethoven, in Musik setzte30. Der didaktische Charakter desselben, vielleicht auch die Mahnung an Haydn's Schöpfung mochten die Ursache gewesen sein, daß er sich mit dem Inhalt der an sich sinnigen Dichtung nicht befreunden konnte; wo dies aber der Fall war, ließ auch der sonst so willfährige Schubert sich nicht bewegen, seine musikalische Kraft daran zu messen31.

Das eben vorübergezogene Jahr 1827 darf in Schubert's Leben (gleich dem Jahr 1825) den äußerlich und innerlich glücklichsten Episoden beigezählt werden. Getragen von[414] dem Hochgefühl künstlerischen Schaffens, fortan noch höheren Zielen zustrebend, wie seine größeren Werke aus dieser Periode bezeugen, erlebte er – zum letzten Mal – die Freude, sich dem Genuß der schönen Natur und dem Reiz einer heiteren, ihm freundlichst entgegenkommenden Gesellschaft auf das unbefangenste hingeben zu dürfen. Sein anspruchloses gemüthliches Naturell fand aber gerade darin jene volle Befriedigung, welcher er in einigen Briefstellen – nach seiner Weise mit wenigen Worten – tiefgefühlten Ausdruck verleiht.

Schon binnen Jahresfrist nach diesem kurzen, aber wohlthuenden Zwischenspiel war seine irdische Mission erfüllt und deckte den kaum in das Mannesalter Eingetretenen die kühle Erde.

1

Die auf Schubert's Verhältniß zur Familie Pachler bezüglichen Mittheilungen verdanke ich der Güte des Herrn Dr. Faust Pachler, Scriptor in der k.k. Hofbibliothek in Wien.

2

Professor Schneller, von der Censursbehörde verfolgt, verließ Graz im Jahre 1823 und begab sich nach Freiburg im Breisgau, wo er als Professor der Filosofie im Jahre 1834 gestorben ist.

3

Als Jenger 1825 von Graz, wo er beim Generalcommando angestellt war, nach Wien transferirt wurde, übersendete ihm Frau Pachler (durch einen gewissen Strasser) einen Empfehlungsbrief an Beethoven und durch den Hofschauspieler Rettich (einen intimen Freund des Pachler'schen Hauses) ein zweites Schreiben, welches Jenger im November 1826 Beethoven einhändigte. Jenger schrieb darüber an Frau Pachler, daß Beethoven von ihrem Musiktalente mit Freude gesprochen und geäußert habe, es wäre für ihn gescheidter gewesen, zu ihr nach Graz, als zu dem Bruder nach Oberösterreich zu gehen; indessen hoffe er, sie noch in Graz zu sehen.

4

Von der Familie Pachler ist noch der Sohn Dr. Faust Pachler am Leben. Dr. Carl P. starb im Jahre 1850 in einem Alter von 60 Jahren, und Frau Marie P. im Jahre 1855 in einem Alter von 61 Jahren in Graz. – Leitner wurde erster Secretär bei den steirischen Ständen, trat später in Pension und lebt derzeit völlig zurückgezogen in Graz. – Auch Anselm Hüttenbrenner hat daselbst seinen bleibenden Aufenthalt genommen.

5

Schubert's Brief vom 12. Juni.

6

Der Ort, in welchem das Hallerschlössel gelegen ist, heißt Sparbersbach; das Schlössel wurde damals (1827) von Freunden der Familie Pachler bewohnt.

7

Als Erinnerungszeichen an den Besuch in Wildbach figurirt an einer Stallthür daselbst Schubert's Porträt, das er vielleicht selbst beistellte und daran festmachte oder später nachsendete. Bei den Ausflügen nahmen die drei Freunde Schubert, Jenger und A. Hüttenbrenner in dem einen der Wagen, die Familie Pachler in dem andern Platz An der Partie nach Sparbersbach betheiligte sich auch eine schöne junge Witwe, für deren Reize Jenger (und vielleicht auch Schubert) nicht unempfindlich war. Der hier folgende, von der schönen Frau verfaßte Theaterzettel deutet darauf hin, daß es bis zum Fußfall, vielleicht auch zu der Bitte um einen Kuß gekommen ist. Der Titel des Stückes heißt: »Der Fußfall im Hallerschlössel oder Zwil chen's [will sagen; zudringlich werden] mi nit so!« Personen: Harengos (Dr. Haring, Besitzer des Hallerschlössels). Pachleros (Dr. Carl Pachler), Schwammerl (Spitzname des dicken Schubert), Schilcherl (A. Hüttenbrenner, von seiner Vorliebe zum »Schilcherwein« so genannt).

8

Ohne Zweifel »Alfonso und Estrella.«

9

Sie hatte Schubert schon mündlich darum angegangen, und der Zweck des Briefes war nur der, ihn an sein Versprechen zu erinnern.

10

Eine Copie desselben ist im Besitz des Freiherrn Josef von Spaun in Wien.

11

Gometz war – gleich Jenger – beim Generalcommando in Graz angestellt und kam nachher zum »Hofkriegsrath« nach Wien, wo er derzeit noch bedienstet ist. – Frau Pachler, in Besorgniß, daß Schubert auf die Composition vergessen könne, ließ wahrscheinlich den kleinen Faust selbst einen Bittbrief aufsetzen. Schubert schrieb die kleine Composition zwischen dem 10. und 12. October.

12

Die »Grazer« Tänze und »Valses nobles« erschienen – die Galoppe ohne Opus-Zahl als Nr. 10 der »Favorit-Galoppe« – die anderen als op. 91 und 77 bei T. Haslinger, die »Original-Tänze« bei Diabelli.

13

Sie wurden lithografirt und gedruckt bei J. Franz Kaiser in Graz, und verlegt bei Kienreich daselbst, dem sie Schubert aus Gefälligkeit überlassen zu haben scheint. Die beiden Lieder waren bereits im Jahre 1825 entstanden; im Jahre 1828 erschienen sie bei Haslinger.

14

»Heimliches Lieben« ist nicht, wie der gedruckte themat. Katalog aussagt, von Leitner, sondern befand sich unter verschiedenen, der Frau Pachler von einem Freund ihrer Familie zugesendeten Gedichten. Die Leitner'schen Gedichte erfreuten sich im Hause Pachler großen Beifalles, und die Hausfrau verfehlte nicht, Schubert auf einige derselben aufmerksam zu machen. Am 26. October 1827 schrieb Jenger an sie: Ihre paar Zeilen vom 5. erhielt ich heute früh sammt dem Packetchen, das ich gleich Freund Schwammerl übergab, worüber seine Empfangsbestätigung hierneben folgt. – Das Packet enthielt wahrscheinlich die erste Ausgabe von Leitner's Gedichten. – Die Dedicationsangelegenheit kam im darauf folgenden Jahr zum Abschluß. Irene Kiesewetter übernahm dabei die Stellvertretung der Frau Pachler. Letztere scheint mit der Annahme gezögert zu haben, und Schubert, entweder ungehalten über diese Verschleppung oder aus Fahrlässigkeit, unterließ; es, ein mit der Dedication versehenes Exemplar nach Graz zu senden, so daß Frau Pachler sich ein solches bei Deyrkauf um den Ladenpreis verschaffen mußte. – Anstatt der »Ballade«, welche Schubert zu düster land, wurde »An Silvia« in das Heft (op. 106) aufgenommen.

15

Die Ballade erschien (in Graz) abgesondert im Stich, da Schubert das düstere Lied den übrigen der Frau Pachler gewidmeten Gesängen nicht beigeben wollte. – Das Manuscript besitzt Herr Spina, und eine Abschrift Freiherr v. Spaun, in welcher aber das Vorspiel von fünf Tacten weggelassen, und in dem Gesang der Mutter eine kleine Abänderung – wahrscheinlich eine Vogl'sche »Verbesserung« – enthalten ist. Die Ballade ist vor kurzem bei Spina als Nr. 5 des »Liederkranzes« im Stich erschienen. – C. Loewe hat dasselbe Gedicht – aber durchcomponirt – in Musik gesetzt.

16

Das Manuscript besitzt Herr Spina. – Im Jahre 1829 brachte Franz Roser dieses Terzett mit Instrumentalbegleitung als scenische Darstellung im Josefstädter-Theater zur Aufführung.

17

Dieser schöne Chor wurde am 3. Mai 1827 in einem Concert des Herrn Lewy zum ersten Mal öffentlich und mit Beifall aufgeführt. Die Proben davon wurden in Dornbach abgehalten.

18

Ohne Zweifel Irene Kiesewetter, später verehlichte Freiin Prokesch von Osten. Die Cantate ist, dem Text nach zu urtheilen, eine Gelegenheits- (Gratulations)-Composition zur Feier der Wiedergenesung des Fräuleins, und wahrscheinlich für italienische Sänger geschrieben. In dem Haus des Kunstgelehrten Rafael Kiesewetter wurde besonders alte, aber auch moderne Musik cultivirt. Berühmte italienische Sänger, wie z.B. Lablache, fanden sich daselbst ein, und Herr Bocklet fantasirte da einmal über ein von Lablache ihm gegebenes Thema. Schubert war ebenfalls mit der Familie bekannt und erhielt Einladungen zu den musikalischen Unterhaltungen.

19

Die Composition beginnt in C-Dur 4/4. Der Männerchor geht am Schluß bei den Worten:

Evviva dunque la bella Irene,

La delizia del nostro amor

in einen Chor gemischter Stimmen über. Die Cantate ist noch ungedruckt. Eine Abschrift besitzt Frhr. v. Spaun.

20

Von dem Lied »Die Krähe« an, mithin die letzten zehn Lieder des Cyclus.

21

Das Manuscript befindet sich dermalen im Besitz der Frau Gräfin Rosa von Almasy in Wien, welche es aus dem Nachlaß der Gräfin Caroline Folliot von Crenneville (geb. Gräfin Esterhazy, ihrer Tante und einstigen Schülerin Schuberts) überkommen hat.

22

Die beiden Trio's pflegten Carl Maria von Bocklet (Clavier), Schuppanzigh (Violine) und Linke (Cello) zu spielen. Bei einem solchen Anlaß (im Spaun'schen Hause) küßte einmal der für Schubert schwärmende Bocklet diesem die Hand und rief den Anwesenden zu, sie wüßten nicht, welchen Schatz sie an Schubert hätten.

23

Es sind dabei Oboe, Clarinett, Horn, Posaune und Orgel oder Contrabaß verwendet. Die Messe besteht aus dem Introitus, Gloria, Credo, Offertorium, Sanctus, Nach der Wandlung, Agnus Dei und dem Schlußgesang. Die Begleitung des »Gebet des Herrn« ist dieselbe wie jene der Messe. Eine Copie dieses Kirchenwerkes besitzt Frhr. Josef v. Spaun. Diese Messe schrieb Schubert für die Hörer des Polytechnikums in Wien; derzeit wird sie auch von Männerstimmen mit Orgelbegleitung vorgetragen. Ferdinand Schubert setzte sie als dreistimmige Kirchenlieder zum Gebrauch der Normalschüler.

24

Ein Alegretto, dem abreisenden Herrn Ferd. Walcher »zur Erinnerung« mit dem Datum 26. April, dessen Original Hofrath Walcher in Wien besitzt, und den vierhändigen Marsch mit Trio (in G-Dur) für den siebenjährigen Sohn Faust der Frau Marie Pachler (im October geschrieben).

25

Dasselbe ist adressirt an Herrn Franz Schubert, Tonkünstler und Compositeur.

26

Im Jahre 1828 verlegte Probst das Es-Trio (op. 100) – wie es scheint, das einzige Schubert'sche Werk, das bei dessen Lebzeiten im Ausland verlegt worden ist. – Im Jahre 1840–41 erschien die C-Sinfonie bei Breitkopf und Härtel.

27

»Alinde«, »An die Laute«, »Zur guten Nacht« (inop. 81 enthalten).

28

Das Gedicht – »Eine Fantasie« betitelt – enthält 66 Verse und ist in der allg. musik. Leipziger Zeitung, 8. Jahrg. Nr. 1 am 2. Oct. 1805 abgedruckt.

29

Wie aus einem Brief von Rochlitz an den Musikalienhändler Tobias Haslinger (de dato 10. Sept. 1822) hervorgeht, wurde damals Beethoven ausgeforscht, ob er nicht geneigt wäre, das Gedicht »Der erste Ton« in Musik zu setzen. »Uebrigens wünschte ich sehr«, schreibt Rochlitz seinem Freunde, »daß sich der herrliche Beethoven auch einmal durch eines meiner musikalischen Gedichte (›Auswahl‹ 5. Band) zu einer Composition begeistert fühlte und zwar vielleicht durch das eben für ihn, wenn ich nicht irre, am meisten passende: ›Der erste Ton.‹ Ich wünschte es nicht aus Eitelkeit oder sonst in Rücksicht auf mich – als worüber ich längst hinweg bin, sondern weil er da Raum und Stoff für seine reiche Fantasie und große Kunst der Ausmalung fände, Raum und Stoff in Ueberfluß.« – Beethoven ging aber auf diese Idee nicht ein. Denn am 28. Dec. 1822 schrieb Rochlitz darüber an Haslinger: »Beethoven hat, wie ich wirklich erst auf seine Erinnerung bemerke, nicht Unrecht, wenn er sagt, die musikalische Bearbeitung des ›ersten Tons‹ möchte an Haydn's ›Schöpfung‹ erinnern.« Zwar ließe sich diesem ausweichen, wenn man eine ganz andere Behandlung erwählte, nämlich, daß man das Gedicht als Declamationsstück mit Zwischenmusik der Instrumente (melodramatisch) behandelte: aber so ist es schon früher einmal, obgleich nicht gut, in Musik gesetzt worden, und da wird es unser Künstler nicht nochmals so machen wollen, obgleich jene Composition fast gar nicht bekannt worden ist, und an! der ganzen Erde Niemand weniger als Er diese Collision zu scheuen hätte. Sollte er dennoch in diese Idee eingehen wollen, so dürfte der äußere Zuschnitt am vortheilhaftesten also zu machen sein: – Folgt nun ebenfalls eine Skizzirung der musikalisch-declamatorischen Behandlung. – »Da es nur drei Instrumental-Zwischensätze gibt – fährt Rochlitz weiter fort – könnten diese schon ziemlich ausgeführte Stücke werden, und alles Malen des Einzelnen, mithin die entfernteste Erinnerung an die ›Schöpfung‹ würde vermieden.«

30

»Der glorreiche Augenblick«, Cantate von Weißenbach, von Beethoven in Musik gesetzt, wurde 1814 anläßlich der Congreßfestlichkeiten mit dem unterlegten Text von Rochlitz: »Preis der Tonkunst« in Wien aufgeführt. (Schindler, Beethovens Biografie II. B. S. 152, wo auch erwähnt wird, daß Rochlitz dasselbe Gedicht im Jahre 1822 Beethoven zur Composition vorgelegt habe.)

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So trug Schubert, wie mir Frhr. v. Schönstein mittheilte, die »Nächtliche Heerschau« von Zedlitz, welche ihm dieser mit dem Wunsch übergeben hatte, daß er sie in Musik setze, viele Wochen mit sich herum, gab sie aber endlich dem Dichter mit der Erklärung zurück, daß er der Sache nicht gewachsen sei, und nicht den Muth habe, sich an die Arbeit zu machen, da er fühle, daß er nicht im Stand sein werde, eine gute Musik zu dem Gedichte zu componiren. – Auch Felix Mendelssohn wurde (von Frau v. Pereira in Wien) zugemuthet, dasselbe Gedicht zu componiren, was er aber mit der Bemerkung ablehnte, daß ein beschreibendes Gedicht nicht wohl in Musik zu setzen sei. (Briefe F. Mendelssohns I. Theil.) Die »Nächtliche Heerschau« fand bekanntlich später an Herrn Emil Titl ihren musikalischen Erlöser.

Quelle:
Kreissle von Hellborn, Heinrich: Franz Schubert. Wien: Carl Gerold's Sohn, 1865, S. 393-415.
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