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[124] Original: im Mozarteum zu Salzburg


An den Musiklehrer Friedrich Schwaan in Rostock


Salzburg, am 3. März 1840.


Mein hochgeschätzter Freund!


Unmöglich bin ich imstande, Ihnen meine Freude zu beschreiben, die ich gestern, als am 3. dieses, bei Empfang Ihres mir unschätzbaren Andenkens1 hatte. Welch zarte liebevolle Aufmerksamkeit von Ihrer Liebe, Verehrung und Freundschaft gegen Mozart und seine Gattin spricht nicht aus dieser gefühlvollen That? Ich bin nicht imstande, Ihnen für diese außerordentliche Freude genug danken zu können. Gott, mein so gütiger Schöpfer, lohne Sie dafür. [Das] ist alles, was ich sagen kann. Mögen mich doch nur ja alle diese liebevollen Auszeichnungen und ehrenvollen Beweiße in Demuth wandlen laßen, daß ich nicht noch am Ende stolz und einbilderisch werde. Sie können nicht glauben, wie viele dergleichen Prüfungen ich zu bestehen habe, und wie sehr ich mich in Acht nehme und ich meinen gütigen Schöpfer täglich bitte, mich in meiner Demuth zu erhalten.

Vielleicht haben Sie, lieber Freund, auch aus Zeitungen ersehen, welche Ehren der gütige König von Bäuern2 mich genüßen ließ. Ja, ich mußte nach München kommen und der Vorstellung des Don Giovanni beiwohnen, der der Mozartischen Familie zu Ehren aufgeführt wurde. Den so gütigen Empfang S.M. des Königs und der huldreichen Königin, die mich beide mit offenen Armen empfiengen, die mich mit Ehrenbezeichnungen so überhäuften, daß ich for lauter Freuden und Wonnegefühle weder eßen noch schlafen konnte! Ach, welche hohe Verehrung hat dieser große Monarch noch für Mozart im Grabe. Ja, seine hohe Verehrung geht so weit, daß er, da er für Mozart selbst nichts mehr thun kann, Er alles aufsucht, doch noch seine Wittwe so glücklich wie möglich ohne Mozart zu machen. Ach, wie viel Liebes und Gnädiges gegen mich könnte ich Ihnen noch sagen, wenn mich nicht meine kranke Hand daran verhinderte, da [ich] just an der rechten[125] Hand [mit] Gücht im Daumen und Zeigefinger geplagt bin. Ich nehme mir aber for, in meinem nächsten Brief mehr zu schreiben, wenn es Gottes Wille ist und ich wieder eine gesunde Hand bekomme. Bis dahin leben Sie recht wohl, und nehmen noch tausend Dank für alles, und bleiben Sie mir so gut als Sie mir immer waren! Wer ist dann glücklicher als Ihre dankbare

Freundin Constanza

Etatsräthin von Nissen

gewesene Wittwe Mozart.


[Nachschrift:] Ach, danken Sie doch auch allen Denjenigen, die mitgewürckt haben, herzlich für mich, besonders Ihrer lieben Gattin und dem Hrn. Musikdirektor Weber, der mir durch seinen Nahmen verwand ist, indem ich eine geborene Weber bin. Heute noch soll der schöne Anschlagzettel: Plagat! nicht Zettel! Diese Benennung würde zu gemein sein! – also das schöne Plagat soll heute noch in einem schönen Goldrahmen in meinem Sitzzimmer parieren [= paradieren]. Und dabei Ihr so seelenvoller Brief! O, wie freue ich mich, ihn vor allen meinen Bekannten laut leßen zu hören.

Meine gute Schwester [Sophie], die alle meine Freuden mit mir theilt, empfiehlt sich mit mir aufs Zärtlichste und ist Ihnen so dankbar wie ich.

Nun bitte ich auch Herrn Pachow [?], der in gutem Andenken stehet, vielmahl zu grüßen. Nochmahlen leben Sie alle recht wohl und haben Sie Gedult bei Durchlesung dieses Gekritzels3 und geben Sie die Schuld meinem kranken Finger!

Fußnoten

1 Offenbar hatte Schwaan in Rostock Mozartische Musik zur Aufführung gebracht.


2 König Ludwig I. von Bayern.


3 Konstanze ist über 77 Jahre alt und schreibt mit zittriger Hand!


Quelle:
Mozart, Constanze: Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente 1782 bis 1842. Dresden 1922, S. 126.
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