§. 7.

[255] Bevor man zu spielen anfängt muß man das Stück wohl ansehen und betrachten. Man muß den Charakter, das Tempo und die Art der Bewegung, so das Stück erfordert, aufsuchen, und sorgfältig nachsehen, ob nicht eine Passage darinnen stecket, die oft beym ersten Ansehen nicht viel zu bedeuten hat, wegen der besondern Art des Vortrags und des Ausdruckes aber eben nicht leicht abzuspielen ist. Man muß sich endlich bey der Ausübung selbst alle Mühe geben den Affect zu finden und richtig vorzutragen, den der Conponist hat anbringen wollen; und da oft das Traurige mit dem Fröhlichen abwechselt:[255] so muß man jedes nach seiner Art vorzutragen beflissen seyn. Mir einem Worte: man muß alles so spielen, daß man selbst davon gerühret wird3.

Quelle:
Leopold Mozart: Versuch einer gründlichen Violinschule. Wien (1922), S. 255-256.
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