148. Mozarteum.

[277] Wien 9. Mai 1781.

Ich bin noch ganz voll der Galle! – und Sie als mein bester liebster Vater sind es gewiß mit mir. Man hat so lange meine Geduld geprüft, – endlich hat sie aber doch gescheitert. Ich bin nicht mehr so unglücklich in salzburgischen Diensten zu sein – heute war der glückliche Tag für mich. Hören Sie!

Schon 3 Mal hat mir der – ich weiß gar nicht wie ich ihn nennen soll – die größten Sottisen und Impertinenzen ins Gesicht gesagt, die ich Ihnen um Sie zu schonen nicht habe schreiben wollen und nur, weil ich Sie immer mein bester Vater vor Augen gehabt habe, nicht gleich auf der Stelle gerächt habe. Er nannte mich einen Buben, einen liederlichen Kerl, sagte mir, ich sollte weiter gehen, und ich – litt alles, – empfand daß nicht allein meine Ehre, sondern auch die Ihrige dadurch angegriffen wurde; allein – Sie wollten es so haben, – ich schwieg. Nun hören Sie. Vor acht Tagen kam unverhofft der Laufer herauf und sagte mir, ich müßte den Augenblick ausziehen. Den andern allen bestimmte man den Tag, nur mir nicht. Ich machte also alles geschwind in den Koffer zusammen, und die alte Mad. Weber65 war so gütig mir ihr Haus zu öffnen. Da habe ich mein hübsches Zimmer, bin bei dienstfertigen Leuten, die mir in Allem was man oft geschwind braucht, und (wenn man allein ist nicht haben kann) an die Hand gehen. Auf Mitwoch setzte ich meine Reise (als heute den 9.) mit der Ordinaire fest; ich konnte aber meine Gelder, die ich noch zu bekommen habe, in der Zeit nicht zusammen bringen, mithin schob ich meine Reise bis Samstag auf. – Als ich mich heute dort sehen ließ, sagten mir die Kammerdiener daß der Erzbischof mir ein Paquet mitgeben will. Ich fragte ob es pressirt; so sagten[277] sie ja, es wäre von großer Wichtigkeit. – »So ist es mir leid daß ich nicht die Gnade haben kann Se. Gnaden zu bedienen, denn ich kann (aus obengedachter Ursache) vor Samstag nicht abreisen. Ich bin aus dem Hause, muß auf meine eigenen Kosten leben, da ist es nun ganz natürlich daß ich nicht eher abreisen kann, bis ich nicht im Stande dazu bin, – denn kein Mensch wird meinen Schaden verlangen.« Kleinmayrn, Moll, Brunetti und die zwei Leibkammerdiener gaben mir ganz Recht. Als ich zu ihm hinein kam, – NB. muß ich Ihnen sagen, daß mir der Schlaucka einer der Leibkammerdiener sagte, ich sollte die Excuse nehmen, daß die Ordinaire schon besetzt sei, das sei bei ihm ein stärkerer Grund. Als ich also zu ihm hinein kam so war das erste: »Wann geht er Bursch?« Ich: »Ich habe wollen heute Nacht gehen, allein der Platz war schon verstellt.« Da gings in einem Odem fort: ich sei der liederlichste Bursch den er kenne, kein Mensch bediene ihn so schlecht wie ich, er rathe mir heute noch weg zu gehen, sonst schreibt er nach Haus, daß die Besoldung eingezogen wird. Man konnte nicht zur Rede kommen, das ging fort wie ein Feuer. Ich hörte Alles gelassen an, er lügte mir ins Gesicht, ich hätte 500 Fl. Besoldung, hieß mich einen Lump, Lausbuben, einen Fex – o ich möchte Ihnen nicht Alles schreiben! – Endlich da mein Geblüt zu stark in Wallung gebracht wurde, so sagte ich: »Sind also Ew. H. Gnaden nicht zufrieden mit mir?« – »Was er will mir drohen er Fex, o er Fex! – dort ist die Thür, schau er, ich will mit einem solchen elenden Buben nichts mehr zu thun haben.« – Endlich sagte ich: »Und ich mit Ihnen auch nichts mehr.« – »Also geh er«, und ich im Weggehen: »Es soll auch dabei bleiben, morgen werden Sie es schriftlich bekommen.« – Sagen Sie mir also bester Vater ob ich das nicht eher zu spät als zu früh gesagt habe? – – Nun hören Sie; meine Ehre ist mir über Alles, und ich weiß daß es Ihnen auch so ist. Sorgen Sie sich gar nichts um mich; ich bin meiner Sache hier so gewiß, daß ich ohne mindeste Ursache quittirt hätte. Da ich nun Ursache dazu gehabt habe und das 3 Mal, so habe ich gar keinen Verdienst mehr dabei, au contraire ich war zweimal[278] Hundsfut, das drittemal konnte ich es halt doch nicht mehr sein.

So lang der Erzbischof noch hier sein wird, werde ich keine Akademie geben. Daß Sie glauben, daß ich mich bei der Noblesse und dem Kaiser selbst in üblen Credit setzen werde, ist grundfalsch. Der Erzbischof ist hier gehaßt, und vom Kaiser am meisten. Das ist eben sein Zorn, daß ihn der Kaiser nicht nach Laxenburg eingeladen hat. Ich werde Ihnen mit künftigem Postwagen etwas Weniges von Geld überschicken, um Sie zu überweisen, daß ich hier nicht darbe. Uebrigens bitte ich Sie munter zu sein, denn jetzt fängt mein Glück an, und ich hoffe daß mein Glück auch das Ihrige sein wird. Schreiben Sie mir heimlich daß Sie vergnügt darüber sind, und das können Sie in der That sein, – und öffentlich aber zanken Sie mich recht darüber, damit man Ihnen keine Schuld geben kann. Sollte Ihnen aber der Erzbischof ungeachtet dessen die mindeste Impertinenz thun, so kommen Sie allsogleich mit meiner Schwester zu mir nach Wien, wir können alle 3 leben, das versichere ich Sie auf meine Ehre. Doch ist es mir lieber, wenn Sie ein Jahr noch aushalten können. – Schreiben Sie mir keinen Brief mehr ins deutsche Haus und mit dem Paquet, ich will nichts mehr von Salzburg wissen – ich hasse den Erzbischof bis zur Raserei.

Schreiben Sie nur abzugeben »auf dem Peter im Auge Gottes im 2. Stock«.

Geben Sie mir Ihr Vergnügen bald zu erkennen, denn nur dieses fehlt mir noch zu meinem jetzigen Glück.

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Die Familie war, da Aloysia am k.k. Hoftheater engagirt war, nach Wien gezogen. Der Vater aber war gestorben.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 277-279.
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