175. Mozarteum.

[328] Wien 3. Nov. 1781.

Ich bitte um Verzeihung, daß ich vergangenen Posttag nicht den Empfang der Cadenzen, wofür ich Ihnen gehorsamst danke, berichtet habe; es war aber eben mein Namenstag. In der Früh verrichtete ich also meine Andacht, und da ich eben schreiben wollte, so kamen mir eine Menge Gratulanten auf den Hals. Um 12 Uhr fuhr ich in die Leopoldstadt zur [328] Baronin Waldstädten73, allwo ich meinen Namenstag zugebracht habe. Auf die Nacht um 11 Uhr bekam ich eine Nachtmusik von 2 Clarinetten, 2 Horn und 2 Fagott und zwar von meiner eigenen Composition; diese Musik hatte ich auf den Theresiatag für die Schwester der Fr. v. Hickl oder Schwägerin des Hrn. v. Hickl (Hofmaler) gemacht, allwo sie auch wirklich das erste Mal ist producirt worden. Die 6 Herrn die solche exequiren, sind arme Schlucker, die aber ganz hübsch zusammen blasen, besonders der erste Clarinettist und zwei Waldhornisten. Die Hauptursache aber, warum ich sie gemacht, war, um dem Hr. v. Strack [Leibkammerdiener des Kaisers] (welcher täglich dahin kommt) etwas von mir hören zu lassen und deßwegen habe ich sie auch ein wenig vernünftig geschrieben. Sie hat auch allen Beifall erhalten, man hat sie in der Theresiennacht an dreierlei Orten gemacht, denn wenn sie wo damit fertig waren, so hat man sie wieder wo anders hingeführt und bezahlt. Die Herrn also haben sich die Hausthüre öffnen lassen, und nachdem sie sich mitten im Hof rangirt, mich, der ich mich eben entkleiden wollte, mit dem ersten E b Accord auf die angenehmste Art von der Welt überrascht. –

Es wäre wohl gut, wenn jetzt meine Oper fertig wäre, denn Umlauf kann seine jetzt nicht geben, weil die Mademoiselle Weiß und die Mademoiselle Schindler krank sind. Jetzt muß ich gleich zum Stephanie gehen, weil er endlich gesagt hat, daß etwas fertig sei. – Neues weiß ich Ihnen gar nichts zu schreiben, denn Kleinigkeiten können Sie nicht interessiren, und Sachen von Belang werden Sie schon so gut wissen, als wir Wiener. Daß nun ein Dauphin existirt, ist zwar auch wenigstens dermalen eine Kleinigkeit bis eine Großheit daraus wird. Nur um dem Duc d'Artois nicht allein die Ehre eines Bonmot zu lassen, habe ich dieses hergeschrieben; denn er sagte einmal zur Königin, als sie sich in ihrer[329] Schwangerschaft beklagte daß ihr der Dauphin sehr viele Ungelegenheit mache, – il me donne des grands coups de pied au ventre, – auf welches er dann sagte: O madame, laissez le venir dehors qu'il me donnera des grands coups de pied au cul. –

Nun waren den Tag, als die Nachricht kam, alle Theater und Schauplätze frei, und jetzt – schlägt es drei, mithin muß ich zum Stephanie eilen, sonst treffe ich ihn nicht mehr an, dann kann ich wieder warten. Ich hoffe, Sie werden sich alle Tage besser befinden, wie auch meine liebe Schwester, die ich von ganzem Herzen umarme.

73

Geb. von Schäfer, eine der ausgezeichnetsten Clavierspielerinnen Wiens und besondere Gönnerin Mozarts. Sie nahm sogar später, um dessen Liebesangelegenheit zu begünstigen und Constanze den Quälereien der Mutter zu entziehen, das Mädchen mehrmals auf längere Zeit zu sich ins Haus. Vgl. Nr. 182. – Die Serenade ist bei Köchel als Nr. 375 verzeichnet.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 328-330.
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