174. Mozarteum.

[326] Wien 13. Oct. 1781.

Danke Ihnen nebst der Frl. v. Aurnhammer für die Concerte. – Mr. Marchal hat mir den jungen Hr. v. Mayern gestern Vormittags auf mein Zimmer gebracht, und Nachmittags[326] bin ich hinausgefahren und habe meine Sachen abgeholt. Mr. Marchal hat Hoffnung zum Grafen Jean Esterhazi als Hofmeister zu kommen und Graf Cobenzl hat ihm eine schriftliche Recommandation an den Grafen gegeben, er sagte mir: J'ai donné une lettre à Monsieur votre protégé; – und als er wieder mit dem Marchal zu sprechen kam, sagte er ihm: D'abord que j'aurai de réponse, je le dirai à Mr. Mozart votre protecteur.

Nun wegen dem Text der Oper.72 Was des Stephanie seine Arbeit anbelangt, so haben Sie freilich Recht, doch ist die Poesie dem Charakter des dummen, groben und boshaften Osmin ganz angemessen, und ich weiß wohl, daß die Verseart darin nicht von der besten ist; doch ist sie so passend mit meinen musikalischen Gedanken (die schon vorher in meinem Kopf herumspazierten) übereingekommen, daß sie mir nothwendig gefallen mußte, und ich wollte wetten, daß man bei dessen Aufführung nichts vermissen wird. Was die in dem Stücke selbst sich befindende Poesie betrifft, könnte ich sie wirklich nicht verachten. Die Arie von Belmonte »O wie ängstlich« könnte fast für die Musik nicht besser geschrieben sein. Das »Hui« und »Kummer ruht in meinem Schooß« (denn der Kummer kann nicht ruhen) ausgenommen ist die Arie auch nicht schlecht, besonders der erste Theil. Und ich weiß nicht, bei einer Oper muß schlechterdings die Poesie der Musik gehorsame Tochter sein. – Warum gefallen denn die wälschen komischen Opern überall? – mit all dem Elend, was das Buch anbelangt! – sogar in Paris, wovon ich selbst Zeuge war. – Weil da ganz die Musik herrscht, und man darüber alles vergißt. Um so mehr muß ja eine Oper gefallen, wo der Plan des Stücks gut ausgearbeitet, die Worte aber nur blos für die Musik geschrieben sind und nicht hier und dort einem elenden Reim zu Gefallen (die doch bei Gott zum Werth einer theatralischen Vorstellung es mag sein was es wolle, gar nichts beitragen, wohl aber eher Schaden bringen) Worte setzen oder ganze Strophen, die des[327] Componisten seine ganze Idee verderben. Verse sind wohl für die Musik das Unentbehrlichste, aber Reime – des Reimens wegen – das Schädlichste. Die Herrn, die so pedantisch zu Werke gehen, werden immer mit sammt der Musik zu Grunde gehen. – Da ist es am besten, wenn ein guter Componist, der das Theater versteht und selbst etwas anzugeben im Stande ist, und ein gescheidter Poet als ein wahrer Phönix zusammen kommen. Dann darf einem vor dem Beifall des Unwissenden auch nicht bange sein. Die Poeten kommen mir fast vor, wie die Trompeter mit ihren Handwerkspossen! Wenn wir Componisten immer so getreu unsern Regeln (die damals, als man noch nichts besseres wußte, ganz gut waren) folgen wollten, so würden wir eben so untaugliche Musik, als sie untaugliche Bücheln, verfertigen.

Nun habe ich Ihnen dünkt mich genug albernes Zeug daher geschwätzt, nun muß ich mich um das erkundigen, was mir am meisten am Herzen liegt, nämlich Ihre Gesundheit mein bester Vater! Ich habe Ihnen in meinem letzten Schreiben zweierlei Mittel für den Schwindel vorgeschlagen, die wenn sie Ihnen nicht bekannt sind, Ihnen vielleicht nicht tauglich vorkommen werden. Man hat mich aber versichert, daß sie gewiß guten Erfolg bringen würden, und das Vergnügen, Sie gesund zu wissen, machte mir diese Versicherung so glaublich und gewiß, daß ich mich unmöglich enthalten konnte, selbe so aus gutem Herzen vorzuschlagen mit dem heißesten Wunsche, daß sie deren nicht benöthiget sein möchten, und im widrigen Falle, daß sie zur gänzlichen Herstellung gedeihen sollen. Meine Schwester wird sich, hoffe ich, täglich mehr erholen.

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Dieser ganze Absatz ist von Nissen (S. 458) mit unter den Brief Nr. 172 vom 26. Sept. 1781 gezogen worden.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 326-328.
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