135.

[200] Salzb: d letzten Sept: 1777


Mon trés cher Fils!


Heut frühe war Prob im Theater, Haydn mußte zurZayre zwischen Musiken unter die Ackt machen. schon um 9 Uhr kam einer nach dem andern, nach 10 Uhr fieng sie an und gegen halbe 12 uhr [200] wurden sie erst fertig; natürlicherweise war immer die Türkische Musik darunter, dann auch ein Marche. die gräfin v Schönborn kam vom gr. Czernin in einer chaise geführt auch zur Probe. Die Musik soll sehr zur Action passen und gut seyn. Obwohl es nun nichts als Instrumentalmusik war, so mußte der Hofflügl hinüber gebracht werden, den Haydn spielte. Den tag vorher, ist bey der Nacht die Hafenederische1 Finalmusik hinten im Edlknabengarten, wo die Rosa, wohnte, gemacht worden. Der Fürst speißte im Hellbrunn: und dieCommoedie fieng nach halbe 7 uhr an. h: v Mayrigg stand bey der Thür als Comissarius und die 2 Cammerdr Bauernfeind, und aigner nahmen die Billets ein, die Noblesse hatte keine Billets, und doch sind 600 ausgegeben worden. Wir sahen vom Fenster den zulauf, der aber nicht so grosß war, als ich mir vorstellte, denn fast die halben Billets blieben aus. Mann sagt, es soll öfter aufgeführt werden, dann kann ich die Musik hören, wenns mich freuet, die Hauptprobe habe ich gesehen. Die Commoedie war schon um halbe 9 uhr aus, folglich muste der Fürst und alles auf ihre Wägen eine halbe Stund warten. Eine halbe Granadier Compagnie stand auf dem Platz um zu paradirn, und der Fürst kam durch den Garten. Den 1ten october. Heut frühe sind die fräul: von schiedenhofen, und Kronach und die Nannerl auf Maria Plain gegangen für uns alle zu Bethen. und um halbe 11 uhr sind sie itzt eben zurück, und nun macht die Kronach Nannerl der Nannerl die Haar zurecht. – – Ist B: Dirnitz nicht in München? – – er wird wohl auf seinem Gut seyn. was macht dann der geistl: h: v Dufraisne? – – Gestern erhielt ich recht unvermuthet ein schreiben vom Misliwetcek. Ich will hier den ganzen Brief abschreiben. Diversi ordinari sono ch'io ricevei aviso da Napoli che per diversi impegni fortißimi hanno dovuto prender un certo Maestro Valentini per l'opera di Carnevale, non ostante peró s' accorderanno gigliati 100 al Sgr: Figlio per un opera l' anno Venturo. ma Vogliono l' Impressaro, cio è il Sgr. Don Gaetano Santoro, che V: S: gli scriva che per meno di 100 Cigliati non puol venire, ma con i 100 d'esser [201] pronto d' accettar l' Opera che si destinera. Io sono tanto tormentato da cotesti Impressari che aßolutamente vogliono ch' io ne scriva due l'anno venturo: ea momenti aspetto la Scrittura. Gia a me tocheranno gli siti piu Cattivi, non importa. io in Napoli sono connoscinto, e ne scrißi Sei. perche so che vogliono che io scriveßi la prima, e probabilmente la terza. Io consiglio sempre, per maggior Sicurezza, l' Opera del Carnovale. Dio sa, se ci potrò andare, ma giá che vogliono cosi, accettero la Scrittura, se non potró, la rimanderò. V: S: dunque da me sarà avisato quali opere mi devono toccare. ed allora potrà lei scriver al Sgr: Don Gaetano Santoro circa il prezzo e circa l' Opera a dirittura; overo mandarmi la Lettera, che io l' invierò. frà tanto mille saluti a tutta la stimatma Famiglia, e mi do l'onore x x: Du siehst aus diesem schreiben, daß ich eben nicht gleich auf dieses schreiben antworten darf, weil ich ohnehin noch von ihm abzuwarten habe, was für opern er machen soll. vermöge diesem schreiben weis er nun auch noch kein Wort, daß Du in München bist. Ich warte demnach einen Brief von Dir ab, den ich morgen frühe zu erhalten hoffe, um so dann einen weitern Entschluß zu fassen, nach den Umständen, kann man sich richten, der Weg bis Neapel ist zu weit, und zu kostbar: sonderheitl: wenn man sich noch mehr entfernt. Unsere Absicht ist itzt ganz eine andere und solltest Du das glück haben, welches hart zu vermuthen ist, in München anzukommen; so kann man auch nicht gleich das erste Jahr davon laufen; man kann aber das schreiben an den h: Santoro alsdann so einrichten, daß es Dir Ehre macht, und Dich sicher stellt auf iedes anderes Jahr, wenn es mehr gelegen und thunlich ist, eineopera in Neapel sicher zu bekommen. Wenn unterdessen h: Misliwetcek erfährt oder erfahren hat, daß Du in München bist, so muß und kann Dir allzeit zur Entschuldigung dienen, wenn Du ihn nicht besuchen willst, daß die Mamma es Dir verbiethet, auch noch durch andere Leute dazu aufgeredt wird x: Es ist, in der That, ein verdrüsslicher Punckt, den er aber, wenn er vernünftig denkt, selbst einsehen muß, und einer Mutter nicht übel nehmen kann. Was würde der arme[202] Mann, wenn er auch nach Neapel reisen kann, itzt ohne Nase im Theater für eine Figur machen? – – Doch propria culpa haec acciderunt. wem kann er die schuld, als sich selbst, und seinem abscheulichen Leben geben? – – welche schande vor der ganzen Welt! alles muß ihn fliehen und verabscheuen; das heißt ein wahres sich selbst zugezogenes Elend! – –

Donnerstag den 2t octob. heute war ich im Pfinstag amt, da erfuhr ich, daß am Samstag dieCommödie wiederholt, und am Sontag ball seyn wird: vermutlich bezahlter Ball. Die zwischenmusik vom Haydn war so gut, das ihm der Erzb: die Ehre angethañ bey der Tafel zu sagen: er hätte nicht geglaubt, daß der Haydn so was zu machen im Stande wäre: er sollte statt Bier nichts als Burgunder trinken. was ist doch dieß für eine Rede! Ehre, und Unehre! wieder ein – – wasch mir den Beltz x x: Ich bin nach dem Amt gleich nach Hause gegangen, um einen Brief von euch zu erwarten. Nun ist es 12 uhr mittags, aber noch kein Brief. Ich will euch unterdessen sagen, daß ich um viel besser mich befinde, doch habe noch einen kleinen Husten, und stinckenden Auswurff, und das ist gut: vor 2 tägen hat sich noch obendrein ein kleiner Revmatismus in meiner linken Achsel angemeldet, ich hielt mich warm, und gestern Nachmittags gieng ich bey der grossen Sonnenwärme mit der Nannerl und Pimperl spatzieren, ließ mich von der Sonne brennen, schöpfte gute Luft und befand mich recht gut, so daß ich gewunschen habe in einem Wagen sitzen, und davon reisen zu können. Der Erzbischof fuhr eben mit seiner Famille beym Mirabellthor hinaus, als wir von der schiesßstatt her beym grossen Stadl giengen, bey ihm sass graf Gundacker, wir machten ihm einen Knicks, bis die übrigen aber nachkammen, waren wir schon beym thor vorbey. Sie fuhren allen zum Neugebäude, den grossen kostbarfürstl: Garten Pallaßt zu bewundern. Der graf Khünburg oberstl: hat uns sonderht: seine Empfehl: an euch aufgegeben. S E: Obersthofmeister ist hier, ich war aber noch nicht bey ihm, denn er ist den ganzen Tag in der Leopoldskron. morgen, weil fasttag ist, speiset er zu hause, da gehe ich zu ihm. Itzt komm ich aus der Lytanie, dann morgen ist[203] Maria de Mercede, wo mir h: v Benike sagte er höre der Fürst Breiner werde den ball geben. Da nun 4 uhr nachmittag vorbey und kein Brief mehr zu hoffen, so schlüsse, und gehe dann mit der Nannerl und Pimpes spazieren. alles empfehlt sich, sonderh: die Fr: Hagenauerin, mit der ich eben auf der gassen gesprochen und die uns täglich einladen läsßt, und selbst einladet. ich und die Nannerl küssen euch millionenmahl, wünschen euch 1000 glück und absonderlich gute gesundheit, und in der Hofnung morgen etwa einen Brief zu erhalten, bin der alte

Strohwittweber von Weib und Kind

Mozart


Wenn Du etwas vor dem Churf: producieren Kannst; wenigstens solltest oder könntest ein Present bekommen; wenn doch sonst nichts zu machen wäre.

Fußnoten

1 Josef Hafeneder, Komponist und Musiker der Salzburger Hofkapelle.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 204.
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