134. [an Gattin und Sohn]

[196] Salzburg d 28 Sept: 1777


Heute bin ich das erste mahl ausgegangen, und zwar ins mirabell1 in die letzte Messe, hinauf in das Seitenoratorium. Unter der Messe sahe ich den h: v. Gilowsky2 die Fr: v Riedel am Arm und den h: grenier mit dem h: v Riedl in den Mirabellhof hineingehen. Sie besahen die zimmer. Ich gieng also, da die Messe vorbey war, über den Gange in die zimmer, um sie zu Complimentiern. Sie waren sehr verwundert, da ich ihnen sagte ihr wäret in München, und vielleicht etwa gar von München abgereiset. am Montage versprachen sie uns zu besuchen. Nach Tische kammen die schützen. h: zahlmeister gab das beste, welches h:Bullinger gewonnen. Ich aber das zweyte, [196] und da ich für die Mamma geschossen, so gewann ich ihr 7 kr. Der Wolfg:, für den der Bullinger geschossen, gewann 13 kr. Nachdem spielte der Kastl und die Catherl mit uns, bis zur hauptprobe der Französ: Commoedie, die um 5 uhr war. Sie giengen alle 3 ins theater, und ich führte den Pimperl etwa 100 schritte für thörl spazieren, gieng mit ihm nach Hauß, dan auch zur Hauptprobe. Sie war in Kleidern, aber es wurden keine anderen Leute eingelassen. auf den Diensttag werden 500 billets ausgetheilt. Der Erzb: ist schon ein paar Tage zu Weidwirth, weil aber heute frühe der grof Guntacker und sie angekommen, so ist er heut abends zurückgegangen. Wir haben die schönsten und wärmesten Täge. Ich bin heute, Gott Lob, recht gut, und hab sehr wenig gehustet, manchmal in 2 Stunden kaum 3mahl. Nun fahre ich fort immer anfeuchtende Sachen zu nehmen und werde darüber auch mit demDr. Barisani3 sprechen, dann ich bin sehr mager geworden. Ich Hofe zu Gott es wird sich geben: dann mein Gemüth ist nun ruhiger, und ich werde mich in allem sehr in Acht nehmen. Nur bitte ich Dich mein lieber Wolfgang keinen Exceß zu machen, Du bist an die gute Ordnung von Jugend auf gewohnt, und Dich vor hitzigem gedränk zu hütten, dann Du weist, daß Du gleich erhitzet bist, und die Kälte Dir lieber als die Wärme ist; Ein klarer Beweis, daß Dein geblüth zur Hitze geneigt gleich in Wallung kommt. Die starken Weine, und vieles Weintrincken ist Dir also schädlich. Stelle Dir nun vor, in was unglück und Betrübniß Du Deine liebe Mutter in einem weit entfernten Lande setzen könntest. Von mir will ich nicht einmahl eine Meldung machen. Dem Mr. Duschek habe geschrieben, und zwar sehr umständlich; auch beygesetzt Du werdest gelegenheit suchen ihm auf Deiner Reise einmahl zu schreiben. Die Madme Duschek4 hat mir auf mein schreiben abermahl geantwortet, und mir gemeldet, daß ihr unsere verdrusse von Salzb: ebenfals berichtet worden, daß Er und Sie den empsindsammsten Antheil nehmen und unsere Verdienste belohnet [197] zu sehen wünschen, der nun noch schlimmere Wolfg: möge nun gerade oder über die Queer nach Prag kommen, so werde er allzeit mit dem Freundschaftlichstem Herzen empfangen werden. Nun muß ich Dir die Signatur auf mein Memmorial herschreiben; Du wirst sehen, wie man hat studiern müssen, um nur etwas hinaufschreiben zu können.


Ex Decreto Celsmi Principis 26 Sept: 1777.


dem Supplicanten zu bedeuten, wie Sr. Hochf: gnaden anforderst unter Höchstdero Music Personali gute Einverständniß verlangten. Höchstdieselben wollen dahero in gnädigster zuversicht, daß er sich mit dem Kapellmeister und andern bey der Hofmusik angestellten Personen ruhig und friedlich betragen werde; ihn bey vorigen Diensten belassen, und dabey gnädigst auftragen, die Kirche so wohl als Höchstdero Person gut zu bedienen sich befleissigen solle.


hast Du in Deinem Leben einen solchen galimathias gelesen? wer die Bittschrift, und dann die Signatur lieset, muß nothwendig glauben, der Cancelliste hätte diese Signatur auf das unrechte Memorial geschrieben. Zum Glück hat es niemand gelesen, als h: Bullinger: und wird es vielleicht Niemand mehr lesen; dann h: zahlmeister sagte mir heute, ich solle nur um das Geld schicken. Er brauche nichts zu lesen, und er hätte mir ohnehin das Geld zu schicken keinen Anstand genommen, indem er keinen so gemessenen Befehl, wie es nötig ist, nicht erhalten hatte, mich auszustreichen. Vergangenen Freytag hat h: Kolb den fremden Kaufleuten eine grosse Musik gegeben, wobeyFerlendi, Ferrari, Kostl, Stadler, Pinzger5 E: auch waren. Er geigte Dein Concert, und Nachtmusik, und dann hiess es, da die Musik so sehr belobt wurde und ein erstaunlicher Lerm und geklatsch war, das ist die Composition eines guten Freundes der nicht mehr hier ist, dann schrie alles: schade daß wir ihn verlohren haben! Das war beym Elzenberger im Saal. auf die letzte wurde alles besoffen; sie trugen einander auf den achseln in Procession herum, und stossen an den in der Mitte hängenden Luster oder grossen Hängeleuchter, zerbrachen die mittere schaale und andere [198] Stücke, so daß man das zerbrochene wieder muß von Venedig ergenzen lassen, folglich die Stücke nach Venedig schicken. Das Päekt mit der Hosen habe mit dem Postwagen heute früh abgeschickt; ich hoffe ihr werdet es erhalten haben, sonst mus man nachfragen, die Sachen kommen oft auf die Mauth, ich hab desswegen darauf geschrieb: eine getragene Hosen und Musikalien.

Montag den 29 in der Frühe6. Itzt erhalte das erste schreiben aus München. Die Sache kann vielleicht gut geben. – Nun ruft man mich, die Frau von Riedl kommt. – – – Sie blieb bis halbe 12 uhr da, sie empfehlt sich und wünscht, daß Du in München bleiben möchtest, sie kommt erst in 2 Monat nach Hause. Nun auf die Sache von München zu kommen, so würde es vielleicht gehen, wenn Du nur Gelegenheit bekommen kannst, daß der Chur Fürst, alles hört was Du kannst, und sonderheitl: in der Fugen, Canons und Contrapuncts Composition zu machen im Stande bist. Dem Graf Seau must Du erschrecklich das Maul machen, was Du ihm für sein Theater in Arien x: und Ballets ohne eine Bezahlung zu verlangen alles machen willst. Mit den Cavallieren must Du erstaunlich höflich seyn, dann ein ieder hat sein Maul dariñ. Consoli7 könnte die neue Scene für die Madme Duschek singen. von der Madme Duschek kannst Du mit gr: Seau auch im vorbeygehen sprechen. vielleicht könntet ihr beym Graf Seau im Garten eine Musik machen. wenn die Sache einiges Ansehen der Hofnung gewinnt, so wird euer Aufenthalt in München länger nothwendig seyn; mache Dir den h: Woschitka recht zum freund, er hat immer Gelegenheit mit dem Churf: zu sprechen, und hat allenCredit; solltest Du für den Churf: auf die Gamba Etwas machen müssen, so kann Dir derselbe sagen wie es seyn muß und die Stücke zeigen, die der Churf: am meisten liebt, um dessen Geschmack einzusehen. Solltest Du mit dem Churf: nicht gesprochen haben, oder nicht sprechen können, und gezwungen seyn ihn schriftlich anzugehen, so wird h: v Belvall Dir rathen wer die schrift verfassen soll. Du kannst Dich so wohl mündlich als schriftlich [199] beym Churf: und beym Gr:Seau herauslassen, daß Sr Durchl: sich in betref Deiner Contrapuncts wissenschaft nur an den P: Maestro Martini in Bologna auch an den h: Haße nach venedig wenden möchten, um dieser herrn Urtheil von Dir zu hören, und findest Du es nothwendig so will ich Dir die 2 Diplomata schicken, wo Du schon im 14: Jahre Deines alters als Maestro di Capella der Accademien zu Bologna und Verona erklärt bist. Ich bin ganz getröst! und bin recht frohe, daß die Mamma, die 1000 mahl kisse, wohl auf ist: und das glaub ich Dir, daß es Dir leicht ums Herz ist. Die ganze schützen Compagnie empfehlt sich euch. Die Nannerl war heut vormittag bey der frau v schiedenhofen, vielleicht kommt sie samt der Kronach neml: heut nachmittag zu uns. Morgen ist alle galla abgeschaft, heut ist dafür grosse Gesellschaft. Die Histori mit Mr. Albert (dem wir uns empfehl:) und der Gräfin v schönborn ist zum kissen. Mache an alle unsere freund und bekannte unsre Empfehl: – – also ist h: Siegl auch ins schlag häusl eingegangen? – ich gratuliere vom Herzen! die frl. Mizerl, Sallerl, Pimmperl, trefel, Gil: Catherl etc: alles empfehlt sich, sonderh: die frl: von Riedl und der h: Graf Arco Leopold. etc: etc: Ich Kisse euch beyde von Herzen und bin der alte verlassene Einsiedler mit seiner Häuserin

Mozart.


Ich schicke dir hier die 2 Diplomata, und die attesation des P: Martini; mache, daß es der Churf: zu lesen bekommt, gr. Seau mus es auch lesen, und dem Churf lesen lassen. Das macht grosses Aufsehen! Daß Du schon vor 7 Jahren Maestro di Capella von denAccademien geworden8.

Fußnoten

1 Ein erzbischöfliches Schloß in Salzburg.


2 Es gab drei Salzburger Familien dieses Namens, mit denen Mozarts bekannt waren. Das Oberhaupt der einen war Hofrat, der andern Truchseß und Kammerfourier, der dritten Hofchirurg.


3 Dr. Sylvester von Barisani, der Leibarzt des Erzbischofs.


4 Das Prager Künstlerehepaar Franz und Josepha Duschek war seit einem Salzburger Aufenthalt bei Verwandten der Familie Mozart bekannt.


5 Salzburger Hofmusiker.


6 Antwort auf Wolfgangs Brief vom 26. September.


7 Kastrat der Münchener Hofkapelle.


8 Folgt eine Nachschrift der Tochter.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 200.
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