6.

[10] Mantua den 11 Jenner 1770.


Gestern sind wir abends hier angelanget, und sind eine Stund darauf nämlich um 6 Uhr in die opera1 gegangen. Wir sind, gott [10] Lob, gesund; der Wolfgangerl sieht aus, als wenn er einen feldzug gemacht hätte: nämlich ein wenig Rothbraun, sonderh: um die Nase und den Mund, von der Luft, und vom Caminfeuer. So zum Exempl, wie Se Maj: der Kayser aussehen. Meine schönheit hat noch nicht viel gelitten, sonst würde ich in verzweiflung gerathen. von hier kann ich dir noch nichts schreib: heute ware bey h: Fürsten v Taxis, er war aber nicht zu Hause, und Se gnädige Dame hatte so nothwendig Briefe zu schreiben, daß sie uns ihre Landsleute nicht sprechen kunte. wir sahen aber unten im Hause ein paar schmutzige Kuchlgöttinen ganz freudenvoll herausspringen, um uns, als ihre Lands Leute zu sehen. Mir scheint es gefällt ihnen in Italien nicht sonderheitlich. Morgen sind wir mittags bey Titl: h: grafen Francesco Eugenio Comte d'Arco eingeladen; dann werde etwas mehrers von hier schreiben können. Unterdessen muß ich dir noch eins und anders von Verona melden. Wir haben das Amphiteatrum und das Museum Lapidarium gesehen. in Kaysters Reisebeschreibung wirst Du es lesen, und ich werde ein Buch wegen der Alterthümmer in Verona mitbringen. H. v Helmreich, dem mich empfehle, wird Dir wohl die zwey theile des Kaysters noch Lehnen, damit Du wenigst im zimmer reisen kannst, wenn Du gleich nicht bey uns bist. Ich würde die Briefe zu sehr beschweren und Theuer machen, wenn ich die zeitungsblätter, die von dem Wolfg: inMantua und anderen Orten schreiben, einschicken wollte. Hier schliesse ich doch eins bey, in welchem 2 fehler sind; nämlich: es heist wi rtl: Capellmeister, und in einem Alter von noch nicht 13 Jahren, anstat 14 Jahre. Allein, Du weist wie es geht, die zeitungsschreiber schreiben, wie es ihnen einfällt, und was ihnen einfällt. Ich könnte Dir noch andre sachen einschicken; dann die Poeten fangen in Verona in die Wette über ihn. hier ist die abschrift des in unserer gegenwart aus dem Stegereif Componierten Sonetto von einem gelehrten Liebhaber, so wie auch selbst der Capellmeister Daniele Barba über den Wolfg: die schönsten Verse ex tempore gesungen hat x:

Den 16ten wird hier in dem Saal der Accademia Filarmonica das gewöhnliche wöchentl: Concert seyn, wozu wir eingeladen sind: [11] Dann gehen wir gleich nach Mayland, ist das Wetter Kalt und der Weg gefrohren, so gehen wir über Cremona; ist das Wetter warm, folglich die Wege schlecht, so müssen wir über Brescia. Es ist alles sicher, hier hört man kein Wort, wie in Teutschland. Ich habe bey meiner Ehre kaum zeit diesen Brief zu schreiben. wir musten heute desswegen die opera auslassen. Sobald wir in Mayland sind, werde Dir wieder schreib: und Du schreibe mir nach Mayland. Du kannst unten daran setzen: per ricapito del Sgr: Troger Secretario di S. Exliza il Sgr: Comte Carlo de Firmian. Nun muß ich schlafen gehen. Lebe Du und die Nannerl wohl. wir Kissen euch 1000 Mahl. wir drincken alle tag euere gesundheit, der Wolfg: vergisst es niemals. Lebe wohl ich bin Dein alter

Mzt


An alle gute freunde und freundinen alles Erdenkliches. ich kann niemand schreiben, ich bin ein geblagter Mann. nichts als anlegen und ausziehen; Einpacken und Auspacken, und noch dazu kein warmes zimmer, verfrieren wie ein Hund, alles was nur berühre, ist Eyß. Und wenn du erst die thüren und schlösser an den zimmern sehen solltest! lauter gefängnisse! – Den eingeschlossenen Brief an h: Friderici nach gera gieb auf die Post, damit er bald und richtig fortkommt. Es ist die Bestellung eines Flügels.

Fußnoten

1 Über diese unterrichtet Wolfgangs Brief vom 26. Januar (4).


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 12.
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