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[96] Venedig den 20ten feb: 17701


Wir sind, gott Lob, gesund und wohlauf. Seit deinem Brief vom 1ten diß habe nichts mehr erhalten, ob Du geschrieben hast oder nicht, weis ich nicht. ich schreibe dieß abermahl bey h: Wider, wo ich den ersten Brief, den du wirst erhalten haben, geschrieben habe. wir haben schon 4 mahl bey ihm gespeist, seine Igfer Töchter sind itzt in waschen und ausbesserung meiner spitzdatzeln begrifen, und die grosse tochter hat dem Wolfg: ein schönes paar spitzdatzeln verehrt. Ich kann Dir die Ehrlichkeit dieser Leute nicht genug anrühmen, sie empfehlen sich alle Dir, und sonderh: dem ganzen Hagenauerischen Hause. wenn h: Johannes2 immer alles gutes von dem Widerischen Hause spricht, so versichere ich Dich, daß er niemals genug sagen kann; ich habe auch ein wenig die Leute in dieser Welt versucht, allein ich habe wenige, ja sehr wenige dergleichen, wie diese sind, angetrofen; denn nebst dem, daß sie dienstfertig, redlich und voll der Ehrlichkeit und Menschenliebe sind, so sind sie auch dabey höflich, voll der guten Art und keineswegs stolz auf die erwiesenen Höflichkeiten. vor anfange des kommenden Monats werden wir nicht aus venedig kommen. Es bleibt übrigens immer richtig, daß wir, wo nicht auf Josephi doch auf die Charwoche und (mit gottes Hilfe) zu Ostern gewiß in Salzb: seyn werden. Ich hätte bald geschrieb: zu Hause! allein mir ist beygefallen, daß wir zu Hause nicht wohnen können. du must mir also schreiben, ob wir beym Sailerwirt, beym Stern, oder beym Säulentzl einlogieren sollen. Ich glaube es wird am besten seyn, ich nehme meine Wohnung im Löchl, so habe alsdann nicht weit ins Hagenauer hauß. So, wie wir (wie die Soldaten) unter einander schliefen, können wir nicht mehr seyn; der Wolfgang ist nicht mehr 7 Jahre alt x: Ich hab dir übrigens nichts mehr zu schreiben, als daß wir euch 10000000 mahl küssen und in guter hofnung Leben euch bald zu sehen, um dir mündlich zu sagen daß ich bin Dein alter

Mozart


[97] Wir sind nun bald genug in den gondoln gefahren. Die ersten täge bewegte sich im schlafe das ganze Bett, und ich glaubte immer ich wäre in der gondola. Wir haben bey dem Bruder des Sgr: Lugiati gespeist. morgen speisen wir bey S: Ex: Catharina Cornero, am Sonntage beym Patriarchen, am Montag bey S Ex: Dolfino3. x: wir werden kommende woche meistens bey die Nobili speisen.

Fußnoten

1 Verschrieben für 1771.


2 sc. Hagenauer.


3 Vielleicht der Librettist Giovanni Dolfin.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 98.
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