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[127] Mayland den 14ten Nov: 1772


unser schreiben aus Mayland wirst Du richtig erhalten haben. Heut erhielten wir 2 brief und ein schreiben von h. v Chiusolis auf ein mahl: folglich 3 briefe. Ich dancke allen mit dem Wolfg: für die gütigen Glückwünsche und wir empfehlen uns beyde unseren sammtlichen guten freunden und freundinen von Herzen. Die Nannerl hat das mart: italiän: gratulationsschreiben recht gut deutsch übersetzet. Ich bin mit dem Tagebuch sehr wohl zufrieden und ersuche euch nur so fortzufahren. Meine Gesundheit war, nachdem ich 3 tage auf der Reise war, so gut, daß ich mich verwunderte, indem wir sonderheit: von Verona bis Mailand sehr unordentlich lebten. Nachdem ich nun aber bald 14 täge in Mayland bin, so melden sich wieder einige Kleinigkeiten an, und ich komme zu zeiten in Salzburg: Gedanken, in denen ich eine zeit stecke, ohne es zu merken, die ich mir dann geschwind ausschlage, oder wenigst auszuschlagen mir Mühe gebe, geschwind als alle böse Gedanken, die mir der teufl in meinen Jungen Jahren eingab. Der arme Winter1 dauert mich. Nun wird man [127] weniger Holz in Salzb: nötig haben, folglich mag es wohlfeiler werden. h: Hornung kann nun etwas erschnappen, wenn nicht etwa ein Baßist aus Westindien verschrieben wird.

Von den Sänger und Sängerinen ist noch niemand hier als die Sgra Suarti2, so den 2do Uomo macht, und der ultimo tenore. Der Primo Uomo Sgr Rauzzini3 wird dieser täge erwartet. Die de amicis aber wird erst Ende dieses oder anfang kommenden Monats eintreffen. unterdessen hat der Wolfg: unterhaltung genug gehabt die Chöre, deren 3 sind, zu schreiben, und die wenigen Recitativ, die er in Salzb: gemacht zu ändern, und theils neu zu schreiben, indem der Poet4 die Poesie den h: Abbate Metastasio nach Wieñ zur untersuchung geschickt hatte, und dieser ihm vieles verbessert, abgeändert, und eine ganzeScena im 2ten act beygesetzt; dann hat er alle Recit: und die Overtura geschrieben5. h: Leutgeb will also nach Rom gehen? – – Ich soll ihm schreiben ob hier etwas zu machen wäre? – – Dieß ist hart zu sagen! – – wenn er am anfange, das ist die ersten Täge des Monats December hier wäre, so hätte Hofnung, daß er eine Arie zu accompagnieren zur opera könnte genommen werden. wenn aber die Arien einmahl geschrieben sind, dann ist es zu späth. Er müste über Brescia gehen, und da könnte er sich schnurgerade bey Sgr: Conte Lecchi melden, der ein starker Violinspieler, grosser Musikverständiger, und liebhaber ist, zu dem wir, bey unserer Rückreise schnurgerad abzusteigen versprochen haben. Hier ein öffent: Concert zu machen ist nicht so leicht, und wenig vortheilhaft ohne besondere Protection, und dann wird man bey der Einnahme hintergangen. übrigens würde er keinen schaden haben. Die wohnung kann er bey uns haben, folg: braucht er auch für Liecht und Holz nichts auszugeben. Der Franzos Mr: Baudace wird, wie Höre, mit seinem französ: Waldhorn auch bald hier seyn. Basta! schaden wird er keinen haben. Allein in zeiten müste er hier seyn um in der opera gebraucht werden zu können. folg: müste er wenigst[128] unter den ersten 2 tägen des Decembers mit dem Postwagen abreisen um bald hier einzutreffen; dann den 26ten Decemb: gehet die opera schon in Scena. wie stehet es aber mit der Erlaubniß? – – – Ist von der musik niemand in Lauffen? – – –

wenn du künftig schreibest so mache einen Umschlag mit der überschrift

à Madame Marie Anne d'Aste d'Astiburg née Troger

à

Milan.

Lebt alle gesund, wir küssen euch viel 100000 mahl und bin Dein

alter

L Mzt


schreib mir ganz klein das Recept vom Handdeig, und schicke es.

Die Variationen sind in meinem schreibkasten, wo ich schreibe.

Die Nannerl soll sie aber nicht hergeben, denn es sind fehler darinn.

Fußnoten

1 Felix Winter, Sänger der Salzburger Hofkapelle.


2 Felicita Suarti.


3 Der berühmte Kastrat Venanzio Rauzzini, der auch als Komponist geschätzt wurde.


4 G. da Gamerra.


5 Für die neue Oper »Lucio Silla«.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 129.
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