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[18] Mayland den 10ten feb: 1770


Meine Briefe vom 27 Jenner und 3ten leb: wirst du hofentl: erhalten haben, so wie jene von Mantua. was ich sicher vorsehe, ist, daß wir bis Ende des faschings hier bleiben werden. S: Excl: graf v Firmian sind nun wieder besser, und wir hatten die gnade Mittwoch den 7ten das erste mahl bey seiner Tafel zu speisen. S:Excl: haben nach der Tafel dem Wolfgl: die 9 Theile der Metastasische Werke verehrt. Es ist eine der schönsten Editionen nämlich die Turiner-Edition, und sehr schön eingebunden. du kannst dir leicht vorstellen, daß dieß ein so wohl mir als dem Wolfgl: sehr angenehmes present ist. S: Excl: sind durch die Geschicklichkeit des Wolfgl: auserist gerührt, und distinguiren uns mit besonder gnade und vorzüglichkeit; und es würde zu weitläuftig seyn, dir umständlich zu erzehlen, was der Wolfgl: in gegenwart desMaestro Sammartino1 und einer menge der geschicktesten Leute für Proben seiner Wissenschaft abgelegt, und alle in Erstaunung gesetzt. du weist es ohnedem, wie es in dergleichen fällen zugehet, du hast es oft genug gesehen. Wir sind, gott lob, gesund. Nur verdrüsst mich, daß ich nicht weis, ob wir noch nachTurin gehenwerden. denn, wenn wir auf die Heilige Woche in Romseyn wollen, so muß die Turiner-reife zurückbleiben, weil wir uns auf dem Weeg nach Rom, in Parma, Bologna und Florenz aufhalten, und ich vorsche, daß vor der ersten fasten-woche nicht von hier wegkommen kann. das beste ist, daß wir hier sichere, bequeme und angenehme Wohnung haben. Wir hatten lange das schönste Wetter, den 6ten aber kam ein heftiger Wind, welcher den 7ten in der Nacht noch stärker [18] wurde und einen solchen schnee mit sich brachte, daß den 8ten morgens alles mit häufigem schnee bedecket war. da nun aber kein schnee hier bleiben kann, so sind die Strassen abscheulich kottig, und kaum durchzukommen.

Unterdessen haben wir hier verschiedene Kirchen Musiken zu hören gelegenheit gehabt; und unter andern gestern das Seelenammt oder Requiem für den alten Marquese Litta, welcher zum Verdrusse der so grossen Familie itzt im fasching gestorben ist, da sie ihm doch das leben gerne noch bis in die Fasten gegönnet hätten. Das Dies irae von diesem Requiem dauerte gegen 3 viertl stund um 2 uhr Nachmittag war alles aus: wir assen also um halbe 3 zu mittag.

Du must dir nicht einbilden, daß ich dir eine Beschreibung der hiesigen Andachten machen werde; ich könnte es für ärgerniß nicht thun: alles bestehet in der Musik und im kirchen aufputz, das übrige ist alles die abscheulichste Ausgelassenheit.

Nun komme eben von einer Vesper so über 2 Stunden gedauert, so daß mehr nicht Zeit hatte als diesen Brief zu Hause zu hohlen, und bey Hl: Hausmeister im grafl Firmianschen Hause auszuschreiben, indem auch vorhero alda sehen wollte, ob nicht ein Brief von dir alda ist: allein ich fand nichts. du bist sehr faul; nun sind wir schon lange hier und dieser ist der dritte Brief den ich dir von Mayland schreibe, und noch keine Antwort. Ich weis nichts bessers als auch einige Wochen nicht mehr zu schreiben. Der Wolfgl: freuet sich von Posttage zu Posttage von dir einen Brief zu sehen, und dennoch kommt nichts. addio. ich bin der alte

Mzt


An alle guten freunde und freundinen nach Standsgebühr meine, ja unser Beyder Empfehlung2.

Ich kisse dich und die Nannerl: aber nur einmahl, weil ihr nichts schreibet.


[19] Mr. Troger lasst sich dir empfehlen: sage derMadssle Troger nebst meiner Empfehlung, daß ich ihren hl: Bruder sehr grosse Verbindlichkeit habe, indem er uns ein so gute Wohnung ausgesucht, wo wir mit allem wohl versorgt sind, und einen eigenen Bruder zu unserer Bedienung haben.

Fußnoten

1 Giovanni Battista Sammartini (1704–1774), der bekannte Mailänder Organist und Komponist.


2 Hier folgt die Nachschrift Wolfgangs (5).


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 20.
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