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Salzb: den 6ten Novb: 1777


Mein Liebes Weib, und mein Lieber Sohn!


gott Lob, daß Ihr glückl: in Manheim angelangt seyd! Ich weis zwar nicht, und zweifle sehr, daß Wolfg: alles dieses alda finden wird, was er sich vorgestellt, und was ihm vielleicht mancher vortheilhaftes vorgemahlt hat. Dieser lange Zug von augsp: bis Manheim wird dem Beutl sehr schaden gethan haben; und Manheim wird ihn schwerlich wieder vüllen. Basta! Ihr seyd einmal da. hl: Becke wird herzlich froh seyn, daß Dich der Fürst Taxis und der Prelat zu Kaysersheim nicht gehört, so bleibt er immer Hahn im Korbe in seiner gegend und der Clavier-gott seiner Anbetter. hl: Vogler2 wird derjenige seyn, der, so viel weis, einen Tracktat von der musikal: Berechnung herausgegeben, er ist ein starker Contrapunctist und algebraist; er hat die Musikschule oder Accademie der jungen Leute unter sich. gestern abends ist der OberstB: Pranck begraben worden. Heute ist der Violoncelist hl: Baumgartner3 und der Flötenist hl: Gering4 hier angekommen, sie waren eben bey mir, und lassen sich empfehlen, sie gehen nach Wienn. Die Seide hat die Nannerl von augsp: bekommen, aber sie ist sehr wenig, ich glaub weil dort das gewicht kleiner oder geringer seyn wird. Der gr: Wolfegg ist heute auch angekommen, aber ich habe noch nicht mit ihm gesprochen. wenns, wie bey solchen Höfen zu geschehen pflegt, das Ansehen hat ins lange zu gehen, so sorgt für ein andres quartier: vielleicht kann es der Wolfg: dahin bringen, daß ihn der Churf: eine deutsche opera machen lässt. Ich bin in der That besorgt: dann Manheim ist ein theuerer Ort. Ihr wisst wie die Sachen stehen. Ich hoffe hl: Danner, dem mich höflichst empfehle, wird euch beystehen und anleitung geben. Ich hoffe der Wolfg: wird sich Mühe geben [245] sich alle Leute durch vorkommende Höflichkeit zu freunde zu machen, und hl: Vice Cpr: Vogler muß ein sehr geschickter Mann seyn, denn er stehet in vielem Credit beim Churf: Ich bin sehr begierig ob Du Dir die gunst des hl: Raff, dem ich mich geh: empfehle, erhältst, er ist mir als ein recht ehrlicher und Christl: Mann allzeit angerühmt worden; ich hab dem Misliw: geschrieben, daß er wegen Deiner an ihn schreiben soll. Nun hoffe daß ihr gesund seyd, und der Catharr der Mamma nachgelassen hat. wir sind, gott Lob beyde gesund, auch der Pimperl, der nie so frisch war als itzt Den 2ten am Sontag, haben wir die Mitzerl eingeladen, und Wolfg: Nahmenstag mit einer Henne und Copäundl Celebriert. Wenn ich alle Compl. hersetzen wollte müste ich den Kopf eines Engels haben, um alle die Leute im gedächtnüsse zu behalten, und dan würde ich mich müde schreiben. Lebt gesund, wir beyde Kissen euch millionmahl und bin der alte

Mozart


Ist das nicht der schönste Herbst, den man sich wünschen kann? – hier hat aber auch schon wegen der Trüekne und Wärme, das Brod und Mehl aufgeschlagen.

Hl: Rust kann nun reisen: allein da er nicht nur das Reisegeld, sondern auch noch 3 Monat-besoldung haben will, so will sich der Erzb: auf das letztere nicht verstehen. Rust bleibt also hier im Zimmer hinter dem Ofen, und zieht seyn geld als invalidus dann es kommt itzt an Tage, daß er nicht nur sein Weib, sondern auch seines Weibs vatter erhalten muß, daß er eine Menge schulden und versetzte Sachen in Italien hat; er kann also nicht reisen. bleibt er aber, so kann er umsonst das geld einnehmen, und dann hineinschicken und abzahlen. kann er nicht ausgehen, so bleibt er zu hause. der Erzb: muß ihn doch bezahlen. addio. Wenn Du nicht Zeit hast, so soll die Mamma, wenn sie zu haus ist, und etwa nicht viel zu thun hat, was vorbeygehet schreiben.

NB Ich habe bis dato alle Posttäge geschrieben, damit ihr also wisst ob ihr alle Brief empf:

Fußnoten

1 Antwort auf Wolfgangs Brief vom 31. Oktober.


2 Abt Georg Joseph Vogler (1749–1814), geistlicher Rat und Vizekapellmeister am Mannheimer Hofe.


3 Johann Baumgärtner, ein damals bekannter Virtuose.


4 L. Gehring.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 246.
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