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Salzb: den 10ten Novb: 1777


Mon trés cher Fils!


In gröster eyle schreibe, daß ich Dein schreiben vom 4ten auf dem Weg, da ich zu den Cairtauern ins Ammt gieng, weil andreas avelinus ist, erhalten habe. Ich speiste da; dann muste wegen Martini in Domm in die Vesper lauffen, und nun habe eine Stunde zum schreiben übrig, da die Post um 5 uhr geht.

gestern gab ich das schiessen, und gewann selbst das beste. Ich wünsche, daß Du beym Churf: Beyfahl erhalten, und daß Du Dich auf der orgel und in der Composition recht zeigen kannst. – Sie brauchten also in Manheim einen guten Organisten. Die Briefe habe alle erhalten, manche kammen um einen Tag später mit der seitenpost. Ich hab alle Posttäge geschrieben, folglich könnt leicht nachsehen, ob ihr solche alle erhalten habt. Ich hoffe Du wirst dieSonata, so Du der Mdsse Canabich gemacht, auf klein Papier Copierter auch Deiner schwester schicken. hab ich Dir nicht letztlich schon geschrieben, daß die welschen in Mannheim nicht geachtet werden? – ich wuste es ja! Man sagte mir Vogler wäre ein musikl: Theoreticus, er mag demnach wol ein Nmrr sein oder ein opmooamculr2 seyn, ich hab nichts von ihm gesehen. hl: Holzbauer3 war allzeit ein braver ehrlicher Mann. Bitte dem hl: Holzb: und Cannabich4 meine Empfehlung abzulegen. Du schreibst nichts von der grossen opera und dem Theater? – – vielleicht auf das nächste. – – sind keine Commœdianten da? werden wohl deutsche Singspiel aufgeführt? – – Wenn Du gelegenheit bekommst Dich recht zu zeigen, so hast Du auch Hofnung in Manheim zu bleiben: denn ein Concert spielen und sonst nichts, kann ieder, der es Exerciert hat, mir ist [247] Leid; nun sind wir zu weit von einander, bis ich dir etwas schreibe, ist unterdessen alles vorbey. habt ihr nicht gesucht aus dem Wirtshause in ein privatwohnung und wohlfeilere Kost zu kommen? hl: Cannabich wird euch wohl rathen und an die Hand gehen. Hl: Baumgartner und géring haben gestern ein Concert auf dem Rathause gegeben, die Beltzt-Companie hat sich anstatt des Peltzlschiessen abbonniert, und hat ihnen überhaupts 4 Thaler gegeben, es war aber der ganze wilde adl, so gar alle Kinder dafür da. und sammt des Erzb: Einlage werden sie mehr nicht als etlich und 50 fl bekommen haben. Der jungf: Baß werde schon etwas schicken, heute schreib ich ihrs in den Brief, den ich für Sie gestern schon vorgeschrieben habe. Wir beyde sammt dem Pimperl und der Tresl sind gesund. Ich hoffe und wünsche daß auch ihr es immer seyd. gestern hat sich hl: v: Petermann abermahl um Dich bey mir erkundiget, wie auch der junge graf v zeyt Domherr, dan Oberstkuchlmeister und andre, – so gar der graf Czernin – Wenn ich Dir alle Complimente schreiben wollte müste ich frühe morgens zu schreiben anfangen. alles empfehlt sich. wir Kissen euch beyde Million-mahl und bin der alte Mann und Sohn

Mozart

Fußnoten

1 Antwort auf Wolfgangs Brief vom 4. November.


2 Auflösung der Chiffren: Narr sein oder ein spassmacher


3 Ignatz Holzbauer (1711–1783), seit 1753 Kapellmeister der Mannheimer Hofoper, der Komponist des »Günther von Schwarzburg«.


4 Christian Cannabich (um 1731–1798); Direktor der Mannheimer Instrumentalmusik.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 248.
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