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Salzb: den 12ten Jenner 1778.


Meine Lieben!


Den vorigen Posttag habe nicht geschrieben, ich werde auch nur alle 8 Täge schreiben, wenn nichts besonders vorfallt. Dein schreiben vom 3ten habe erhalten; bin vergnügt daß ihr gesund seyd. wir sind es auch, nur daß die Nannerl seit einigen tagen einen fluß im Kopf hat, und ich sie nicht ausgehen lasse. Es sind viel Kranke hier, und sterben viele. Der 25te Domherr, der Chorherr Vollenhals ist durch ein hitziges fieber auch dem Todt nahe, er ist versehen worden und hat die letzte öhlung bekommen. von München haben wir keinen Brief: vielleicht weis er nichts gewisses – vielleicht getraut er sich nichts zu schreiben. überhaupts weis man hier nichts, als daß der alda angekommene Kaysl: gesandte der Reichsgesandte Baron Lehrbach Land Comandeur von Ellingen ist, ein oncle des hiesigen Lehrbach. In Reichenhall ist vom Taxischen Regiment ein officier mit 28 Mann eingerückt. der Cornet v Andretter hat um geld geschrieben, weis aber noch nicht, wo er hin wird beordert werden. übrigens ist alles still; wünsche, daß es so bleibt. Missliwetcek hat mir geschrieben, daß er 2 Concertoni auf verlangen des FürstenComponiert und dem Brunetti geschickt, aber keine antwort erhalten. ich antwortete ihm, daß er nichts dafür bekommen werde; es wird in die vorige Bezahlung darein gehen, er soll aber dem Brunetti so oft schreiben, bis derselbe müde wird 6 xr allzeit Briefporto zu bezahlen, und die Sache betreibt. Der Major graf überacker ist ohnweit Regenspurg auf einem Landgut, wo er schon einige Zeit bey seiner schwester war, gestorben, der Ritter, im schloß Commendant, ist alle augenblick zum sterben. Der lederer Lackner Rathsherr ist mit allen hl: Sac: versehen worden, liegt in der grösten Lebensgefahr an der hitzigen Krankheit. Es werden nur 5 oder 6 Ball auf dem Rathshaus seyn. Die Comödianten sind elend, haben schlechten zugang, sind zu bedauern. wir haben noch nichts davon gesehen. Nach ostern soll der [320] Erzb: willens seyn die opera buffa von München kommen zu lassen und ihnen 50 Duggatten monatlich zu geben für seine Person. gott gebe, daß wir keine andere fürchterlichere opern in der Nähe bekommen; da man hier von efnz Nmcurfcutumt, dmo zhuln dmholnd amñ amrocuflrln wlrdln. dmo 15 ahnftfsno wmgln vsn wfln fa amrocu ofnd x: vsn dlrolftl vsn lglr ulr, oseeln mhcu osedmtln fa amrocu olynx:2 und andere dergleichen wilde Sachen, die nicht schreiben mag, weil vieles nicht wahr seyn kann, und alle Menschen hiernicht unbillig in grossen Sorgen stehen. Ich wollte schon auf etwas rathen; das man aber bey euch eben leichter und geschwindermerken kan. nämlich, ob nicht die Prlhofoculn trhppln fa Celvfoculn glgln Ihefcu hnd blrgln lfne Blwlghug amculn?3 – – geschieht dieses, so hab ich es errathen. gott schütze alle ehrliche Leute! ich getraue mir meine vermuthungen nicht zu schreiben; man könnte ganz unschuldig in einen bösen verdacht kommen. Sr Exc: der Obersthofmeister haben mir gemeldet, daß Sr Hochf: gnaden ihm befohlen hätten mir und dem Haydn zu sagen, ob wir nicht einen recht guten Organisten wüsten, dieser müste aber auch ein trefflicher Clavierist seyn, anbey von gutem Ansehen, sich gut presentieren können um den Damen Lecktion zu geben. wie? sagte ich, auch mich haben Sr Hochf: gnaden benennt? – ja – – absonderlich sie! und lachte. – ich antwortete: ich weis niemand der alle diese Eigenschaft hat. Ist vielleicht einer in Manheim, so kann er sein glück machen. für einen welschen Secretaire war das Walterische Zimmer beym Andretter vom Fürst bestellt und 8 täge geheitzt. Er ist aber aber nur bis Roveredo gekommen, wo er schon die Salzb: Luft gerochen, die ihm ein so starkes fieber zugezogen, daß er wieder zurück gekehrt, und obwohl er nur 3 Täge aus war, so übl aussahe, daß er, wie die Briefe sagt en, nicht mehr zu kennen war. Dieses alles habe gestern den 11ten geschrieben. heut den [321] 12ten in der frühe ist der Lederer Lackner wirkl: gestorben. gestern hab das beste gewonnen und also der Mamma 29 xr herausgeschossen. Heut nachmittag muß des Chorregenten in Laufen fehlachers bruder, einen kaysl: feldtrompeter probieren, weil er anhalt Hoftrompeter zu werden. NB der Wolfgang soll lachen; der fehlacher von lauffen hat auch ein memmorial eingegeben um Hoforganist zu werden. Heute am Nahmenstag des graf Ernst wird auf die Nacht die Noblesse eine schlittenfarth halten danSoupé und Ball beym Fürst Breiner in der Domdechaney. Die gräfin v Lodron und Khünburgin fahren nicht mit. bl: von schiedenhofen wird diesen fasching noch heyrathen, dem Oberbereiter ist die Erlaubniß abgeschlagen word: Er wird sie aber nicht lassen; weil er nach Wienn zu kommen trachtet. Ruft kommt nicht aus dem Hause: componiert den Parnasso confuso zur Consecration des neuen Erzbischof v ollmütz. er macht aber meistens gebrauch von schon geschriebenen Arien aus seinen Sparten, wie mir Spizeder und die Copisten sagen. Franz Barisani wird erst in der fasten nach Hause reisen. das ganzeBarisanische Hauß ist missvergnügt, und die glory sehr heruntergesunken: so gar die Freul: v Mölk, die dieser läge bey uns war- und sich empfehlt, ist sehr, wegen schwätzereyen, Hochmuth, und ihr bezeugten verachtungen darüber aufgebracht. Nun schlüsse. Wir Küssen euch beyde million mahl die Nannerl befindet sich besser – und sind beyde die alten

Mzt


alles – in specie h : Bullinger empfehlt sich.addio!

Hier schicke ein blath von der Sonaten, damit der brief nicht so dick wird, und so werde es nach und nach schicken.

Fußnoten

1 Antwort auf Wolfgangs Brief vom 3. Januar 1778.


2 Auflösung der Chiffren: linz Nachricht – hat. das zehen dausend mann marschieren werden. das 15 munitions wagen von wien im marsch sind x: von der seite von eger her, sollen auch soldaten im marsch seyn x:


3 Preusischen truppen im Clevischen gegen Julich und bergen eine Bewegung machen?


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 322.
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