111.

[163] Monsieur

mon trés cher Pére!


Aus ihrem letzten briefe vom 9ten febro habe ich ersehen, daß sie meine 2 lezten briefe noch nicht erhalten haben. h: wendling und h: Ramm gehen morgen frühe von hier ab. wenn ich wüste daß es sie gar sehr verdriesset, daß ich nicht auch mit ihnen nach Paris bin, so würde es mich reuen, daß ich hier geblieben bin. ich hoffe es aber nicht. der weg nach Paris ist mir ja nicht vergraben. h: weñdiiug hat mir versprochen sich gleich um Mr grimm zu erkundigen, und mir sogleich nachricht davon zu geben. wenn ich diesen freund zu Paris habe, so komme ich gewis nach, denn der wird mir schon etwas zuwegen bringen. die gröste ursach warum ich nicht mit bin, war auch diese. wir haben noch nichts ausfindig machen können, um meine mama nach Augsburg zu bringen. wie hätte sie wohl hier im hause bleiben können, ohne mich? – – ich bitte sie nur sich um ihre Reise von Augsburg nach Salzburg zu bekümmern; wenn ich nur dieses gewis weis, so werde ich schon sorgen daß sie gut nach Augsburg kommt – – wenn kein ander mittel ist so führe ich sie selbst dahin – – beym heiligen kreuz steigen wir ab. nur das mus ich auch wissen, ob sie hernach mit einer Person nach haus reist, oder in mehrere? – ob, wenn sie nur 2 sind, schon eine chaise da ist, oder ob sie unsere brauchen kann? – das können wir hernach alles richtig machen. wenn sie nur von Augsburg bis Salzburg ist. von hier bis augsburg wird es nicht viell kosten. Denn es giebt sicher so leute hier, die mañ hauderer nennt, welche die leute wohlfeil führen. bis dahin hoffe ich doch so viell zu bekommen, das meine Mama nach haus reisen kann. izt wüste ich wircklich nicht wie es möglich wäre. Der h: [163] de jean der auch morgen nach Paris reist, hat, weil ich ihm nicht mehr als 2 Concerti und 3 quartetti fertig gemacht habe, mir nur 96 fl. (er hat sich um 4 fl., daß es die hälfte wäre, verstossen) gegeben. er muß mich aber ganz zahlen, denn ich habe es mit den wendlingschen abgemacht, ich werde das übrige nach schicken. Daß ich es nicht hab fertig machen können, ist ganz natürlich. ich habe hier keine ruhige stund. ich kann nichts schreiben als nachts; mithin kann ich auch nicht früh aufstehen. zu allen zeiten ist man auch nicht aufgelegt zum arbeiten. hinschmieren könnte ich freylich den ganzen tag fort; aber so eine sach kommt in die welt hinaus, und da will ich halt daß ich mich nicht schämen darf, wenn mein Namm drauf steht. Dann bin ich auch, wie sie wissen, gleich stuff wenn ich immer für ein instrument (das ich nicht leiden kann) schreiben soll. mithin habe ich zu zeiten um abzuwechseln was anders gemacht, als Clavier duetti mit violin, und auch etwas an der Messe. iezt seze ich mich aber in allen ernst über die Clavier duetten, damit ich sie stechen lassen kann; wenn nur der Churfürst hier wäre, so machete ich geschwind die Messe aus. was aber nicht ist, das ist nicht. Ich bin ihnen mein lieber Papa sehr verbunden wegen den vätterlichen brief deñ sie mir geschrieben, ich werde ihn im schaz aufheben, und allzeit gebrauch davon machen. ich bitte sie also nicht zu vergessen wegen meiner Mutter ihrer Reise von augsburg bis Salzburg, und mir die zeit accurat zu bestimmen. Dann bitte ich die in lezten briefe angemerckten arien nicht zu vergessen. wenn ich mich nicht irre, so sind auch Cadenzen da die ich einmahl aufgesezt habe, und aufs wenigste ein aria Cantabile mit ausgeseztengusto? – – Das bittete ich mir an ersten aus. Das ist so ein exercitium für die weberin. ich habe ihr erst vorgestern ein Andantino Cantabile vom Bach1 ganz gelernt. gestern war eine Accademie beym Canabich. Da ist, bis auf die erste sinphonie vom Canabich, alles von mir gewesen. Die Rosl hat mein Concert ex B gespiellt, dan hat der h: Ramm, (zur Abwechslung) fürs 5te mahl mein oboe Concert für den ferlendi gespiellt, welches hier einen grossen lärm macht. es ist auch izt [164] des h: Ramm sein Cheval de bataille. hernach hat die Madelle weberin die aria di bravura von der de amicis ganz fortreflich gesungen. Dann hab ich mein altes Concert ex D gespiellt, weil es hier recht wohl gefällt. Denn habe ich eine halbe stund Phantasirt, und hernach hat die Madsel weber die arie, Parto m'affretto, von der de amicis gesungen, mit allem applauso. zum schluß dann war meine sinfonia vom Re Pastore. ich bitte sie um alles, nehmen sie sich der weberin an; ich möchte gar zu gern daß sie ihr glück machen könnte; Mann und weib, 5 kinder und 450 fl: besoldung! – – vergessen sie nicht wegenitalien. auch wegen meiner nicht. sie wissen meine begierde und meine Passion. Ich hoffe es wird alles recht gehen. ich habe mein vertrauen zu gott, der wird uns nicht verlassen. Nun leben sie recht wohl, und vergessen sie nicht auf meine bitten und Reccomandationen. ich küsse ihnen 100000 mahl die hände und bin dero gehorsamster sohn

Wolfgang gottlieb Mozart

Mannheim den 14ten febro

17782


meine schwester umarme ich von ganzen herzen. an alle gute freund und freundinen meine Empfehlung, besonders an h: Bullinger. apropós. wie gefällt ihnen die französische aria? – –

Fußnoten

1 Joh. Christian Bach.


2 Folgt ein Brief der Mutter. (13. Februar). – Antwort des Vaters: 23. Februar.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 1. München/ Leipzig 1914, S. 165.
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