10. [Anfang zu Wolfgangs Brief]

[321] Manheim den 8ten Nofember

1777


Mein allerliebster


Wür haben deinen lesten brief von 29ten und auch alle andre richtig erhalten, können aber unmöglich alles so akurat beandworthen [321] wie es sein solle, dan wir müssen die zeit nur stellen, und meistens bey der nacht schreiben, wo wir erst umb ein uhr ins bett kommen den andern tag späth aufstehen, just zum mittag essen förtig werden, nach den Disch zum herrn director Kanwich, und Von dorth umb 9 uhr nach haus zum essen. iezt sind die gallatäg vor bey dem ersten tag war umb 11 uhr das ambt und darunter dieCononen und Peller losgebrant worden, der Wolfgang hat nach dem ambt zu der Curfürstin gehen müssen, alwo ihme der indentant nehmlich herr graf Savioli aufgeführt hat, sie hat sich noch seiner erinert da er vor 14 Jahren hier gewesen, hatt in aber nicht mehr gekenet. hernach war grosse tafel und auf den abend gross Apartement. den Zweyten tag ist die grosse deutsche opera, betitelt (güntter Von schwarzburg)1 aufgefürth worden, welche sehr schön ist und eine unvergleichliche Music hat, ist auch ein wunder schönes ballet darbey gewesen. den 3ten tag wahr grosse Academie wobey der Wolfgang ein Consert und auf die lest vor der schluss Sinvoule aus den Kopf und eine Sonaten gespillet hat. er hat von dem Curfursten und der Curfürstin, wie auch von allen so ihm gehört, einen ungemeinen beyfahl erhalten. freytag den 4ten tag war galla Comedi wir wahren mit Monsieur undMadame Kanawich auch darinen. wir haben beyde den tag wie die academie war bey herrn Kanawich gespeist, und heunt hat mein Sohn allein bey gespeist weill er gleich nach tisch mit ihn zu den Curfürsten olfnln Kfndlrn2 gehet, göstern ist er auch schon dorthen gewesen und der Chrifrot3 ist alzeit darbey gegenwärtig es sind 4 und 2 davon spillen Clavier, dir Chrifrot eslbit olsul Kfndlr4 über alles. und hat es den indentant befohlen das man den wolfgang solle hin führen. der wolfgang wird noch einmahl bey der Curfürstin ganz allein spillen, dan sie hat es ihm versprochen iezt müssen wir erwarthen bis sie es befiehlt. indessen winsche ich dir zu deinen Kinstigen Namenstag vill 1000 glick mein lieber mann alles was dir an Seell und leib nüzlich ist mit beständiger gesundheit zu erleben, Vor allen winschte ich bey dir zu sein um dir pörsöhnlich zu [322] gradulieren, weill es aber dermahlen nicht möglich ist, so wollen wür deine gesundheit aus einem gutten Rein wein (den wür dir von herzen winschten das du einen hettest) drincken und stets an dich gedencken, mit der angenehmsten hoffnung uns wenns gottes willen ist wider zu sehen, und beysammen zu bleiben. die nanerl lasse ich griessen und fragen ob die Jungfer bas ihr die seyden schon geschickt hat, dan sie hat mir versprochen es gleich zu über machen. der herr Paron schaffman und herr dehl feind gester Vormittag bey uns gewesen und haben uns besuchet, heunt sind sie nacher Wezlar abgereist.

Fußnoten

1 von J. Holzbauer.


2 Auflösung der Chiffren: seinen Kindern


3 Curfirst


4 der Curfirst liebet seine Kinder


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 323.
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