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Salzb: den 11ten Nov. 1780


Mon trés cher Fils


schreibe in der Eile um halbe 10 uhr Nachts, da ich den ganzen Tag nicht zeit hatte, Varesco2 mir das Buch3 späth überbrachte, und der gr: Sepperl überacker von 5 uhr bis itzt bey uns war. Heute sind 2 Kerl um einen Kopf Kürzer gemacht worden; Sie sind von einer grossen Compagnie dern man hier 4 auf einmahl erwischte.

Hier übermache das Buch und den Plan zurück, damit Sr El: graf Seeau sehe, daß alles nach der vorschrift gemacht worden. über 8 Tag wird mit dem Postwagen das ganze abgeschriebene Buch folgen, so nämlich, wie Abb: Varesco wünschet, daß es soll gedruckt werden: Es werden auch die nötigen Anmerkungen dabey seyn. Hier ist die Arie: mir scheint es wird recht seyn. wo nicht; – – nur geschwind geschrieben. auch schlüsse eine Anweisung pr: 15 fl bey, die bey h: Pichler Eisenniederleger, wo die Salzstadt einmal waren, kennen, wenn Du sie benötigt bist mit gelegenheit in Empfang genommen werden. unterdessen verwahre den aviso zetl in Deiner Brief Ta sche, bis Du das geld nötig hast. Ich wünschte dieaddreße zu Deiner Wohnung genau zu wissen, um die Briefe sicher addressieren zu können. Morgen haben wir kein schiessen: weil ich und der zahlmeister bey den Cajetanern speisen; es wird am Dienstag oder Mittwoch dafür seyn, der graf überacker giebt das beste, die scheibe ist die Catherl wie sie beym Kerschbaumergewelb über den Staffel fällt und den nacketen Arsch herzeigt. Die Poesie ist noch nicht dazu gemacht. Daß der Postwagen den armen Arsch erschröcklich zerstösst hab auch in meinem Leben nur ein einziges mahl erfahren, mich erwischt er auch nicht mehr. Man muß doch in allem den Unterschied erfahren. Hier hat es nicht nur geschieben, geschneuet, oder schneegeworfen, sondern gestern und vorgestern den 9ten und 10ten war ein erschröcklicher Kalter wind, und alle Strafsen [139] rein aufgefrohren; heute aber hat sich der Wetter gebrochen und ist mehr zum regen geneigt. Was Du mir von dem singenden Personale schreibst, ist trmhrfg. Dmo blotl4 wird also die ahosk Csapsoftfsn5 thun müssen. Ich wünschte ich hätte die Mdme Mara6 singen hören; schreib mir wie sie singt. Daß ich mich auf das vortrefliche orchester wie ein Kind freue, kannst Dir leicht vorstellen. Ich wünsche, daß ich bald abkommen kann: aber mit dem Postwagen komme ich gewiß nicht, meine zween zwetschkenkern sind mir lieber. nun muß ich schlüssen, es ist zeit – zum Rosenkranz aber vorhero x: hernach zum schlafen, Deine schwester hat schläfrige Augen, sie küsset Dich, der Pimperl schnarcht und ich bin Dein getreuer vatter

L Mozart


unser Compliment an das Canabichische Hauß und an die beyden Wendlingschen Familien. dann an den Figlio Beckè, und an alle die uns kennen und zu kennen verlangen.

Hast Du die Briefe mit den geldern übergeben? lasse Dir solche bescheinen, und schicke die Bescheinung ein; absonderlich den Dir der Cammerdiener mitgegeben.

alle Welt empfehlt sich, sonderheitlich die Londronischen Comteßen.

Fußnoten

1 Antwort auf Wolfgangs Brief vom 8. November 1780.


2 Giambattista Varesco, der Librettist des »Idomeneo«.


3 Das Textbuch des »Idomeneo«.


4 Auflösung der Chiffren: traurig. Das beste


5 musik Composition


6 Die gefeierte Sängerin G.E. Mara (1749–1833).


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 140.
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