192.

[115] vienne ce 5 de 7bre 1781:


Mon trés cher Père!


Ich schreibe ihnen nun in meinem Neuen zimmer. auf dem graben No 1175 im 3ten stock. – aus dem, wie sie mein leztes schreiben aufgenommen, sehe ich leider – daß sie (als wenn ich ein Erzbösewicht, oder ein Dalk, oder beydes zugleich wäre) mehr dem geschwätze und schreiberey anderer leute trauen, als mir, und folglich [115] gar kein vertrauen auf mich setzen; ich versichere sie aber daß mir dies alles gar nichts macht – die leute mögen sich die augen aus dem kopf schreiben – und sie mögen ihnen beyfall geben wie sie wollen, so werde ich mich deswegen um kein haar verändern, und der nemliche Ehrliche kerl bleiben wie sonst. – und das schwöre ich ihnen, das wenn nicht sie es hätten haben wollen, daß ich ein anders quartier nehmen sollte, ich gewis nicht würde ausgezogen seyn; – denn es kommt mir vor als wenn einer von seinen eigenen commoden Reisewagen sich in einen Postwagen setzte. – Doch stille davon – denn es nützt doch nichts – denn die faxen die, gott weis wer ihnen im kopf gesetzt hat, überwiegen doch immer meine gründe; – nur das bitte ich ihnen, wenn sie mir etwas schreiben daß ihnen an mir nicht recht ist, oder daß sie glauben daß es besser seyn könnte – und ich schreibe ihnen dann wieder meine gedanken darüber – so halte ich es allzeit für etwas das zwischen vatter und sohn geredet ist, also ein geheimnüss und nicht als etwas daß andere auch wissen sollen – mithin bitte ich sie, lassen sie es dann dabey bewenden, und adreßiren sie sich nicht an andere leute, denn, bey gott, andern leuten gieb ich nicht fingerlang rechenschaft von meinen thun und lassen, und sollte es der kayser sein. – haben sie immer vertrauen auf mich denn ich verdiene es. – ich habe sorge und kümmerniss genug hier für meinen unterhalt; verdriessliche briefe zu lesen ist dann gar keine sache für mich. – ich habe von anfang als ich hieher kamm von mir ganz allein leben müssen, was ich durch meine bemühung habe erhalten können – die andern haben immer ihre besoldung dabey gezogen – Ceccarelli hat mehr verdient als ich – hat sich aber hier brav ausgeleert; wenn ich es so gemacht hätte, so wäre ich gar nicht im stande gewesen zu quitiren. – daß sie, mein liebster vatter, noch kein geld von mir bekommen, ist gewis meine schuld nicht, sondern die dermalige üble Saison. – haben sie nur gedult. – ich muß sie Ja auch haben. – ich werde sie bey gott nicht vergessen! – als die historie mit dem Erzbischof war schrieb ich um kleider. – ich hatte Ja nichts bey mir als mein schwarzes kleid – die trauer war aus. – es wurde warm – die kleider kammen nicht. – ich muste mir [116] also machen lassen – wie ein lump konnte ich nicht in Wieñ herumgehen; besonders in diesen falle. – meine Wäsche sah aus zum erbarmen. – kein hausknecht hatte hier hemder von so grober leinwand als ich sie hatte. – und das ist gewis das abscheulichste an einem Mansbild. – mithin wieder ausgabn – ich hatte eine einzige scolarin1; die blieb mir 3 wochen aus – da verlor ich wieder dabey. – wegwerfen darf man sich nicht hier, das ist ein Haupt Principium, sonst hat man es auf immer verdorben – wer am impertinentisten ist, der hat den vorzug. – aus allen ihren briefe sehe ich daß sie glauben daß ich nichts thue als mich hier amusiren – da betrügen sie sich wohl stark – ich kann wohl sagen daß ich gar kein vergnügen habe – gar keines – als das einzige daß ich nicht in Salzburg bin. – in Winter hoffe ich daß alles gut gehen wird – und da werde ich sie mein bester vatter gewis nicht vergessen. – sehe ich daß es gut thut, so bleibe ich noch länger hier, wo nicht, so habe ich im Sinn schnurgerade nach Paris zu gehen. – und darüber bitte ich sie um ihre Meynung. nun leben sie wohl. ich küsse ihn 1000mal die hände und meine liebe schwest umarme ich von herz und bin Ewig

Dero gehorsamst Sohn

W: A: Mzt


P:S: mein Compliment an die Duscheckischen. – bitte mit gelegenheit mir auch die aria die ich für die baumgarten gemacht, – das Rondeau für die Duscheck – und dem Ceccarelli seines zu schicken.

Adieu.

Fußnoten

1 Gräfin von Rumbeck.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 115-117.
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