193.

[117] vienne ce 12 de Septbre 1781


Mon trés cher Pére!


Ich habe ihre beyde briefe den von 5ten durch Mr Marchal, und den von 7t durch die Post richtig erhalten – und zwar den von 7ten [117] eher als den von 5ten. – die serenade vom Rust muß auf dem Steinern theater1 recht gut gelassen haben; besonders weil die Sänger gesessen sind, und aus dem Papier heraus gesungen haben. – in einem zimmer oder Saal würde das gewis nicht thunlich seyn. – ich muß lachen; man redet hier immer von Accademien die man zu Ehre des grosfürsten geben wird, und – der grosfürst wird auf einmal da seyn – und – wir werden kein Steiners theater haben! – Hl: Lipp2 muß vor den grossen Herrschaften ein schönes ansehen gemacht haben, noch ein wenig schlechter als der Haydn, wenn es möglich ist! – die Tapferkeit die Haydn im lazaretwaldl bewiesen hat, war von keinem geringen Nutzen für meine gesundheit! – Ich bedaure die Armen verunglückten in Radtstatt recht von Herzen! – eben weil wir von feuer reden, es hat diese ganze Nacht durch in der Stephanskirche in der Magdalena kapelle gebrant – um 5 uhr Morgens hat der Rauch den thurmwächter aufgeweckt – bis halb 6 uhr ist keine Seele zum löschen gekommen; und um 6 uhr wo es am Heftigsten gebrandt hat, hat man erst Wasser und die spritzen gebracht. – Der ganze altar mit allem zugehör, und die stühle, und alles was in der kapelle ist, ist verbronnen. – Man hat die leute zum löschen und helfen geprügelt, und weil fast niemand hat helfen wollen, so hat man leute in Portirten kleidern und gestickten Westen helfen sehen. – man sagt daß seit Wieñ steht keine solche schlechte anordnung gewesen seye, als diesmal – der kayser ist halt nicht hier. – wenn nur der Daubrawaick3 bald hieher kämme, damit ich meine Musick bekomme. – Die frl. v: Auerhammer quält mich entsetzlich wegen den Dopelconcert. – Nun sind Proben über Proben im theater. – der ballet-Meister Antoine ist von München berufen worden – und da wird in ganz Wieñ und in allen vorstädten um figuranten geworben – denn es ist noch ein trauriger Rest vom Noverre vorhanden, die aber die 8 Jahre durch kein bein bewegt haben, und die meisten davon also wie lauter Stöcke sind. – ich habe [118] ihnen glaube ich schon lezthin4 geschrieben daß die Iphigenie teutsch und Alceste welsch vom gluck aufgeführt wird – wenn die Iphigenie oder Alceste allein aufgeführt würde, wäre es mir schon recht, aber alle beyde, ist mir sehr unangenehm; ich will ihnen die ursache sagen. der die Iphigenie in das teutsche übersezt5 hat, ist ein vortreflicher Poet, und dem hätte ich recht gerne meine oper von München6 zum übersetzen gegeben – die Rolle des Idomenè hätte ich ganz geändert – und für den fischer im Baß geschrieben – und andere Mehrere veränderungen vorgenommen, und sie mehr auf französische art eingerichtet. – Die Bernaskoni, adamberger und fischer hätten mit grösten vergnügen gesungen – da sie aber nun 2 opern zu studiren haben – und so mühsame opern – so muß ich sie entschuldigen. – und eine 3te opera wäre ohnehin zu viel –

Ich muß nun zum Marchal eilen, denn ich habe ihm versprochen ihn beyn graf kobenzl aufzuführen, sonst komme ich zu spätt. – Nun leben sie recht wohl, ich küsse ihnen 1000mal die hände und meine schwester umarme ich vom herzen und bin Ewig Dero

gehorsamster Sohn

W: A: Mozart


P.S. Mein kompliment an alle gute freunde und freundinen; den Marchand küsse ich –

Fußnoten

1 Im Schloßpark von Hellbrunn bei Salzburg.


2 Franz Ignaz Lipp, der Schwiegervater Michael Haydns (s. den Brief vom 18. Juli 1778).


3 Ein Salzburger Bekannter der Familie Mozart.


4 Am 29. August.


5 J.B. von Alxinger (1755–1797).


6 »Idomeneo«.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 117-119.
Lizenz:
Kategorien: