*198. [an das »Bäsle« in Augsburg]

[129] Vienne le 21 d'octobre 1781.


Ma très chère Cousine!


Ich war schon die ganze Zeit her auf einen Brief von Ihnen, liebste Baase, begierig; – wie der ausfallen wird! – und wie ich mir ihn eingebildet, so war er auch. – Denn nachdem ich einmal drei Monathe vorbeigehen lassen, so hätte ich nicht mehr geschrieben – und wenn der Scharfrichter mit bloßem Schwert hinter mir gewesen wäre; – denn ich hätte ja nicht gewußt: wie, wann, wo, warum, und was? – ich mußte nothwendigerweise auf einen Brief warten. –

Es sind unterdessen, wie Sie wohl wissen werden, viele wichtige Sachen mit mir vorgegangen, wobey ich nicht wenig zu denken, und viele Verdrüßlichkeiten, Ärgerniß, Kummer und Sorge hatte, welches mir auch in der That zu einer Entschuldigung meines langen Stillschweigenswegen dienenkann; – was sonst das übrige alles anbelangt, so muß ich Ihnen sagen, daß das Geschwätze1, was die Leute von mir [129] herum laufen zu lassen beliebten, zum Theil wahr; und zum Theil – falsch ist; – mehr kann ich zur Zeit nicht sagen; nur noch zu Ihrer Beruhigung, daß ich nichts – ohne Ursache – und zwar – ohne gegründete Ursache thue. – Wenn Sie mehr Freundschaft und Vertrauen zu mir gezeigt hätten, und sich gerade an mich (und nicht an andere – und zwar! – ) doch stille! – wenn Sie sich gerade an mich gewendet hätten, so wüßten Sie gewiß mehr, als alle Leute – und wenn es möglich wäre, mehr als – ich selbst! – Doch – Nun daß ich nichts vergesse – haben Sie doch die Güte, liebste, beste Baase, und überbringen Sie sogleich selbst das beyliegende Schreiben dem Hrn. Stein; und bitten Sie ihn, er möchte mir doch gleich darauf antworten, oder wenigstens Ihnen sagen, was Sie mir darüber schreiben sollen; denn ich hoffe, daß unsere Correspondence, liebes Bäsle, nun erst recht angehen soll! wenn Ihnen die Briefe nicht so theuer zu stehen kommen! – wenn Sie mich, wie ich hoffe, mit einer Antwort beehren wollen, so haben Sie nur die Gewogenheit den Brief wie letzhin – nemlich auf dem Peter im Auge Gottes, im 2ten Stock zu addressiren; – ich wohne zwar nicht mehr dort, allein auf der Post ist die Adresse schon so bekannt, daß wenn ein Brief gerade an mein Logis gewiesen ist, ich selben einen Tag oder ein paar Tage später erhalte. –

Nun leben Sie wohl, liebste beste Baase! und erhalten Sie mich in Ihrer mir so schätzbaren Freundschaft; der meinigen sind Sie ganz versichert; ich bleibe Ewig

Ma très chère Cousine

Ihr aufrichtigster

Vetter und Freund

Wolfgang, Amadé

Mozart


P.S. Meine Empfehlung an den

Herrn Vatter und Frau Mutter,

wie auch Frl. Juliana.

Die Madme Weber Empfehlt sich Ihnen sammt ihren 3 Töchtern, und bittet Sie um eine Gefälligkeit. – Herr Bartholomei, Buchhändler (den Sie ohne Zweifel kennen werden), hat das Portrait der Alois dermaligen Lange begehrt um es stechen zu lassen; nun wird es schon auf künftigen März 2 Jahre, daß weder von dem Portrait [130] noch davoriger Bezahlung eine Meldung geschieht; – und den vergangenen März war es schon wieder zurückversprochen. – DieMadme Weber ersucht Sie also sich ein wenig darum zu erkundigen, indem sie gern wissen möchte, wie sie daran ist. – NB. es ist das nemliche Portrait, welches in München der Baron Yöth gehabt hat. – Ich glaube Sie haben es auch gesehen. – Also sehr schlecht von ihm, daß er es ohne etwas davon zu wissen zu machen, in fremde Hände giebt. – Adieu ma chère, schreiben Sie mir bald. –

Fußnoten

1 Vgl. hierzu den Brief vom 5. September.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 129-131.
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