204.

[137] vienne ce 5 de Decbre 1781


Mon trés cher Pére!


Heute habe keinen brief von ihnen, ich will ihnen also von Neuekeiten schreiben was ich weis; – es giebt deren zwar wenige, und die wenigen sind meistens erlogen – und das ist eben die ursache warum ich ihnen keine schreibe, weil ich förchten muß ich werde dabey zu schanden; wie zum beyspielt der general Laudon schon wirklich tod war – und nun aber (glück dem haus österreich) wieder auferstanden ist. – Der grosfürst bleibt bis Neu Jahr hier; und dem kayser ist es nun bange geworden wie er ihn diese lange zeit durch unterhalten könne – Damit er aber nicht viel kopfzerbrechens hat, so – unterhaltet er ihn gar nicht. – es ist Ja genug, wenn lr olfnl irmh1 unterhaltet, und dazu – ist lr meelfn glnhg2. auf dem schönbruner Ball war eine grausame confusion; weil vermög der trefflichen anstalten solches ohne hexerey vorzusehen war, so gieng auch der herr Ego nicht darauf, weil er kein liebhaber vom gedränge, Rüppenstösse, und Prügel ist; und sollten es auch kmfolrefcul3 seyn! – der kammer-fourier Strobel hatte die Billeter auszutheilen. auf 3000 Personen war der antrag. – es wurde öfentlich kund gemacht, daß Jedermann sich bey dem obengedachten Strobel könne aufschreiben lassen – da ist nun alles hingelaufen; und der Strobel – hat aufgeschrieben. – und da durfte man dann nichts als um die billetter schicken. – einigen, die zu bekannt sind, wurden sie ins haus geschickt. – und solchecommißion gab man dem Nächstbesten Buben. – Da geschah daß ein Bub auf der treppe einen vorbeygehenden fragte, ob er nicht so und so hiesse. Dieser sagte aus spass Ja; und er – gab ihm ein billet. Ich weis zwey häuser welche dieser unordnungenwegen kein billet bekommen haben. – sie waren aufgeschrieben. – schickten hin – der Strobl ließ ihnen sagen, er hätte ihnen Ja die billeter längst geschickt. – auf diese art war der Ball voll friseurs und Stubenmädchers. – Nun kömmt aber das schönste. worüber sich dieNsbelool4 [138] sehr aufgehalten hat. – der kmfolr5 führte immer dfl grsoihrotfn6 an arm – es waren 2 Parthienconter-danse von der Nobleße – Römmer und tartaren. – bey einem von diesen geschahe es, daß der ohnehin schon unartige Wiener Pöbel, sich so zudrängte, daß sie die grsoihrotfn dem kmfolr7 von arm weg – mitten in die tanzenden hinein stossten. – Der kmfolr fieng an mit den füssen zu stampfen; sacramentirte wie ein Lazerone, stosste einen ganzen hausen volck zurück; und hollte links und rechts aus. – einige von der ungarischen garde wollten allzeit mit gehen, um platz zu machen – allein er schickte sie weg. – auf diese art geschieht ihm recht; – dann das geht nicht, Pöbel bleibt doch immer Pöbel.

diesen augenblick erhalte ihr schreiben vom 27tNovembre. Das ist gewis daß der kayser dem Herzog v: Würtemberg entgegen gefahren ist – und zwar der Prinzessin zu liebe. – aus diesem macht auch kein Mensch hier einiges geheimnüss – Nur weis man nicht ob das ein brocken für ihn selbst, oder für einentoskanischen Prinzen seye. – glaublicher ist das lezte. allein – der kmfolr ist mir gar zu zmrtefcu.8 mit ihr – er küsst ihr unaufhörlich die hände, eine nach der andern, und öfters beyde zugleich. nur das wundert mich, weil sie so zu sagen noch ein kind ist. – wenn aber das wahr ist und geschieht, was man sagt, so glaub ich nun selbst wieder daß ihm das hemd näher ist als der Rock; – dann sie soll 2 Jahre hier in einem kloster bleiben. – und – vermuthlich – wenns keine hexen giebt, wird sie meine scolarin auf dem Clavier seyn.

den fagottist den man dem Erzbischof anhängen will, kenne ich schon, er secondirt Ja mit dem Ritter bey der opera; sie schreiben ich soll sie nicht vergessen! – daß sie freude haben, daß ich sie nicht vergesse, macht mir gewis das grösste vergnügen. – wenn sie aber glauben könnten ich könnte sie vergessen – das würde mich recht sehr schmerzen. Ich soll denken, daß ich eine unsterbliche Seele habe – nicht allein denk ich das, sondern ich glaube es; – woriñ bestünde denn sonst der unterschied zwischen Menschen und vieh? – eben weil [139] ich das nur zu gewis weis und glaube – so habe ich nicht alle ihre Wünsche so, (wie sie sich es gedacht hatten) erfüllen können – Nun leben sie recht wohl; ich küsse ihnen 1000 mal die händ und meine liebe schwester umarme ich vom herzen und bin Ewig dero

gehorsamster Sohn

W: A: Mozart

Fußnoten

1 Auflösung der Chiffren: er seine frau


2 er allein genug


3 kaiserliche


4 Noblesse


5 Auflösung der Chiffren: kaiser


6 die grosfürstin


7 grosfürstin dem kaiser.


8 zärtlich

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 137-140.
Lizenz:
Kategorien: