*232. [an Baronin von Waldstädten in Wien]

[189] Allerliebste, Allerbeste, Allerschönste,

Vergoldete, Versilberte und Verzuckerte

Wertheste und schätzbarste

Gnädige Frau

Baronin!


Hier habe ich die Ehre Euer Gnaden das bewußteRondeau sammt den 2 Theilen von den Comedien, und dem Bändchen Erzählungen [189] zu schicken. Ich habe gestern einen großen Bock geschossen! – es war mir immer als hätte ich noch etwas zu sagen – allein meinen dummen Schädel wollte es nicht einfallen! und das war mich zu bedanken daß sich Euer Gnaden gleich so viel Mühe wegen dem schönen frock gegeben – und für die Gnade mir solch einen zu versprechen! – allein, mir fiel es nicht ein; wie dies dann mein gewöhnlicher fall ist; – mich reuet es auch oft daß ich nicht anstatt der Musik die Baukunst erlernt habe, denn ich habe öfters gehört daß derjenige der beste Baumeister sey, dem nichts einfällt. – Ich kann wohl sagen, daß ich ein recht glücklicher und unglücklicher Mensch bin! – unglücklich seit der Zeit da ich Euer Gnaden so schön frisirt auf dem Ball sah! – denn – meine ganze Ruhe ist nun verloren! – nichts als Seufzen und Ächzen! – die übrige Zeit, die ich noch auf dem Ball zubrachte, konnte ich nichts mehr tanzen – sondern sprang – das soupee war schon bestellt – ich aß nicht – sondern ich fraß – die Nacht durch anstatt ruhig und sanft zu schlummern – schlief ich wie ein Ratz, und schnarchte wie ein Bär! – und (ohne mir viel darauf einzubilden) wollte ich fast darauf wetten daß es Euer Gnaden à proportion eben auch so gieng! – Sie lächeln? – werden roth? – o ja – ich bin glücklich! – Mein Glück ist gemacht! – Doch ach! wer schlägt mich auf die Achseln? – Wer guckt mir in mein Schreiben? – auweh, auweh, auweh! – mein Weib! – Nun in Gottes Namen; ich hab sie einmal, und muß sie behalten! was ist zu thun? – ich muß sie loben – und mir einbilden, es sey wahr! – Glücklich bin ich, weil ich keine Auerhammer brauche um Euer Gnaden zu schreiben wie Hr. v. Taisen, oder wie er heißt! (ich wollte er hätte gar keinen Namen!), denn ich hatte an Euer Gnaden selbst etwas zu schicken. – Und auch außer diesem hätte ich Ursach gehabt Euer Gnaden zu schreiben; doch das traue ich mir in der That nicht zu sagen; – doch warum nicht? – also Courage! – Ich möchte Euer Gnaden bitten, daß – pfui Teufel, das wäre grob! – A propòs; kennen Euer Gnaden das Liedchen nicht? –


Ein frauenzimmer und ein Bier

wie reimt sich das zusamm? –

[190] Das frauenzimmer besitzt ein Bier,

Davon schickt sie ein' Bluzer1 mir,

So reimt es sich zusamm.


Nicht wahr das hätte ich recht sein angebracht? – Nun aber senza burle. Wenn mir Euer Gnaden auf heute abends einen Bluzer zukommen lassen könnten, so würden sie mir wohl eine große Gnade erweisen. – Denn, meine frau ist – ist – ist und hat Gelüste – und aber nur zu einem Bier welches auf englische Art zugerichtet ist! – nun brav, Weiberl! ich sehe endlich daß du doch zu etwas nütze bist! – Meine frau, die ein Engel von einem Weibe ist, und ich der ein Muster von einem Ehemann bin, küssen beyde Euer Gnaden 1000 mal die Hände und sind ewig dero

getreue Vasallen

Mozart magnus, corpore parvus

et

Constantia, omnium uxorum pulcher

rima et prudentissima.


Wien den 2t Oktober 1782

an die Auerhammer bitte mein Compliment. –

Fußnoten

1 Ein steinerner Krug.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 189-191.
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