*352. [an die Gattin in Baden bei Wien]

[355] Liebstes bestes Weibchen


Gestern Donnerstag den 13ten ist Hofer mit mir hinaus zum Carl1 speisten draus, dann fuhren wir herein, um 6 Uhr hohlte ich Salieri und den Cavalieri mit den Wagen ab, und führte sie in die Loge[355] dann gieng ich geschwind die Mama und den Carl abzuholen, welche unterdessen bei Hofer gelassen habe. Du kannst nicht glauben, wie artig beide waren, – wie sehr ihnen nicht nur meine Musick, sondern das Buch und alles zusammen gefiel. – Sie sagten beide einOperer, – würdig bey der größten festivität vor dem größten Monarchen aufzuführen, – und Sie würden sie gewis sehr oft sehen, den sie haben noch kein schöneres und angenehmeres Spectacel gesehen. – Er hörte und sah mit aller Aufmerksamkeit und von derSinfonie bis zum letzten Chor war kein Stück, welches ihm nicht ein bravo, oder bello entlockte, und sie konnten fast nicht fertig werden, sich über diese Gefälligkeit bei mir zu bedanken Sie waren allzeit gesinnt gestern in die Oper zu gehen. Sie hatten aber um 4 Uhr schon hinein sitzen müssen – da sahen und hörten Sie aber mit Ruhe. – Nach dem Theater ließ ich sie nach Hause führen, und ich supirte mit Carl bei Hofer. – Dan fuhr ich mit ihm nach Hause, allwo wir beyde herrlich schliefen. Dem Carl hab ich keine geringe Freude gemacht, daß ich ihm in die Oper abgehohlt habe. – Er sieht herrlich aus – für die Gesundheit könnte er kein bessers Ort haben, aber das übrige ist leider Elend! – einen guten Bauern mögen sie wohl der Welt erziehen! – aber genug, ich habe weil Montag erst die großen Studien (daß Gott erbarm) denCarl bis Sonntag nach Tisch ausgebeten; ich habe gesagt, daß du ihm gerne sehen möchtest – Morgen Sonntag2 komme ich mit ihm hinaus zu dier – dan kannst du ihn behalten, oder ich führe ihn Sonntag nach Tisch wieder zum Hecker; – überlege es, wegen einen Monath, kann er eben nicht verdorben werden, denke ich! – unterdessen kann die Geschichte wegen den Piaristen zu Stande kommen3, woran wirklich gearbeitet wird. – übrigens ist er zwar nicht schlechter, aber auch um kein Haar besser als er immer war. er hat die nähmliche Unform, plapet gerne wie sonst, und lernt fast noch weniger gern, weil er daraus nichts als vormittags 5 und nach Tisch 5 Stunden im Garten herumgeht, wie er mir selbst gestanden hat, mit einem Wort die Kinder thuen nichts, als Essen, trinken, schlafen und spazieren gehen, eben ist Leitgeb und [356] und Hofer bei mir; – ersterer bleibt bey mir beym Essen, ich habe meinen treuen Kamaraden Primus eben um ein Essen ins Bürgerspital geschickt; – mit dem Kerl bin ich recht zufrieden ein einziges Mahl hat er mich angesetzt, daß ich gezwungen war bey Hofer zu schlafen, welches mich sehr seckirte, weil sie mir zu lange schlafen, ich bin am liebsten zu Hause, weil ich meine Ordnung schon gewohnt bin dieß einzige Mahl hat mich ordentlich übeler Humor angeregt. Gestern ist mit der Reise nach Bernstorf der ganze Tag darauf gegangen, darum konnte ich dir nicht schreiben – aber daß du mir 2 Tage nicht geschrieben, ist unverzeihlich, heute hoffe aber gewiß Nachricht von dir zu erhalten. und Morgen selbst mit dir zu sprechen, und dich von Herzen zu küssen.

Lebe wohl Ewig dein

Mozart


d. 14. 8br. 791.

Die Sophie küsse ich tausendmahl, mit N. N. mache was du willst. adieu4.

Fußnoten

1 War damals in einem Erziehungsinstitut in Perchtholdsdorf untergebracht.


2 Verschrieben für Samstag.


3 S. den vorhergehenden Brief.


4 Die Gattin kehrte nach Wien zurück. »Den 5ten Decbr. 55 Minuten nach Mitternacht 1791« verschied Mozart. –


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 355-358.
Lizenz:
Kategorien: