*255.

[228] Vienne ce 18 de Juin 1783.


Mon très cher Père!


Ich gratuliere, Sie sind Großpapa! – Gestern früh den 17ten um halb 7 Uhr ist mein liebes Weib glücklich mit einem großen, starken und kugelrunden Buben entbunden worden; – um halb 2 Uhr Nachts fingen die Schmerzen an – folglich war es mit dieser Nacht um alle Ruhe und Schlaf für beide gethan. – Um 4 Uhr schickte ich um meine Schwiegermutter – und dann um die Hebamme; um 6 Uhr kam sie in Stuhl, – und um halb 7 Uhr war alles vorbei. – Meine Schwiegermutter bringt nun alles das Üble was sie ihrer Tochter ledigerweise zugefügt hat, nun wieder mit allem Guten herein, – sie bleibt den ganzen Tag bei ihr. –

Mein liebes Weib, welche Ihnen die Hände küßt und meine liebe Schwester von Herzen umarmt, befindet sich, so viel es diese Umstände zulassen, recht gut. – Ich hoffe zu Gott, daß, da sie sich gut hält, sie ihr Kindbett auch glücklich überstehen wird. – Auf das Milchfieber habe ich Sorge! – Denn sie hat ziemliche Brüste! – Nun hat das Kind wider meinen Willen, und doch mit meinem Willen eine Säug-Amme bekommen! – Meine Frau, sei sie es im Stande oder nicht, sollte niemals ihr Kind stillen, das war immer mein fester Vorsatz! – allein, einer andern Milch solle mein Kind auch nicht hineinschlucken! – sondern bei Wasser, wie meine Schwester und ich, will ich es aufziehen, – allein – die Hebamme, meine Schwiegermutter und die meisten Leute hier haben mich ordentlich gebeten ich sollte das nicht thun, nur aus dieser Ursache weil hier die [228] meisten Kinder beim Wasser darauf gehen, indem die Leute hier nicht damit umgehen können – das hat mich nun bewegt – nachzugeben, – denn – ich möchte mir nicht gerne einen Vorwurf machen lassen. –

Nun wegen der Gevatterschaft! – Hören Sie was mir geschehen ist. – Ich ließ die glückliche Entbindung meiner Frau gleich dem Baron Wezlar (als meinem wahren guten Freund) benachrichtigen; – er kam gleich darauf selbst – und offrirte sich zum Gevattern. – Ich konnte es ihm nicht abschlagen – und dachte bei mir, ich kann ihn deswegen doch Leopold nennen – und als ich das dachte – so sagte er voll Freuden – ah, nun haben Sie einen Raymundi – und küßte das Kind – was war also zu thun? – Ich ließ den Buben also Raymund Leopold taufen. – Ich kann Ihnen aufrichtig gestehen, daß wenn Sie mir nicht Ihre Meinung darüber in einem Briefe geschrieben hätten, ich mich sehr in Verlegenheit würde befunden haben – und ich wollte nicht gut stehen, ob ich es ihm nicht etwa wieder abgeschlagen hätte! – Ihr Brief tröstet mich aber daß Sie mit meinem Verfahren nicht unzufrieden sein werden! – er heißt ja doch auch Leopold. –

Nun muß ich schließen, – ich küsse Ihnen sammt meiner Kindbetterin 1000mal die Hände, und wir umarmen 1000mal unsere liebe Schwester und sind ewig Dero gehorsamste Kinder

W. u. C. Mozart.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 228-229.
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