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[225] Vienne ce 7 Juin 1783


Mon trés cher Pére!


Gott lob und dank ich bin wieder ganz hergestellt! – Nur hat mir meine krankheit einen Chatar zum andenken zurückgelassen; das ist doch hüpsch von ihr! – Ich habe den brief meiner lieben schwester richtig erhalten. Der Nammens-Tag meiner frau ist weder im May noch im März, sondern am 16t febrario; und steht gar in keinem kalender. – Meine frau aber dankt vom Herzen beyden für ihren gutgemeinten glückswunsch, welcher auch ohne Nammenstag angewendet ist. – sie wollte meiner schwester gerne selbst schreiben, allein in ihren dermaligen umständen muß man ihr es schon zu gute halten, wenn sie ein wenigcomod – zu teutsch – gelegen ist. – Vermög der untersuchung der Hebamme hätte sie schon den 4ten dieses niederkommen sollen – allein ich glaube nicht daß vor den 15ten oder 16t etwas daraus werden wird. – sie wünscht es sich Je eher Je lieber, besonders um desto bälder so glücklich zu seyn sie und unsre liebe schwester mit mir in Salzburg zu umarmen. – Da ich nicht glaubte daß aus dem spass so geschwind Ernst werden könte, so verschob ich immer mich auf die knie niederzulassen, die Hände zusamm zu halten, und sie mein liebster vatter recht unterthänig zu gevatter zu bitten! – Da es nun aber vieleicht noch Zeit ist, so thue ich es halt izt. – unterdessen (in getröster Hofnung daß sie es mir nicht abschlagen werden) habe ich, seit die Hebamme denvisum Repertum eingenommen, schon dafür gesorgt, daß Jemand das kind in ihrem Nammen hebt, es maggeneris masculini oder faeminini seyn! – es heist halt: Leopold oder Leopoldine. – Nun muß ich meiner schwester wegen der clementischen Sonaten ein paar worte sagen; – daß die komposizion davon nichts heisst, wird Jeder der sie spiellt, oder hört, selbst empfinden; – Merkwürdige oder aufallende Pasagen sind keine darin ausgenommen die 6ten und 8ven – und mit diesen bitte ich meine schwester sich nicht gar zu viel abzugeben, damit sie sich dadurch ihre ruhige, stette hand nicht [226] verdirbt, und die hand ihre natürliche leichtigkeit, gelengigkeit, und fliessende geschwindigkeit dadurch nicht verliert. – Denn was hat man am Ende davon? – sie soll die 6t und 8v in der grösten geschwindigkeit machen, (welches kein Mensch wird zuwegen bringen, selbst clementi nicht) so wird sie ein entsezliches Hackwerk hervorbringen, aber sonst weiter in der welt nichts! –clementi ist ein ciarlattano wie alle wälsche. – er schreibt auf eine Sonate Presto auch wohl Prestißimo und alla breve. – und spiellt sie Allegro im 4/4 tackt; – ich weis es, denn ich habe ihm gehört. – was er recht gut macht sind seine 3ten Paßagen; – er hat aber in London tag und Nacht darüber geschwizt; – ausser diesem hat er aber nichts – gar nichts – nicht den geringsten vortrag noch geschmack, – viel weniger Empfindung. –

Nun von Hr. v: Aman; – hl. v. fichtl hat mir gesagt daß der Hofkammerath Aman als ganz Närrisch gebunden seye. – Daß war mir ganz Natürlich, denn er Pflegt immer ganz Moros herum zu gehen. – und ich sagte noch darauf: das studium Mag wohl nicht ursache daran seyn. worauf Hl. v. fichtl nicht wenig lachte. um den Basilius aman ist mir aber sehr leid; – und in der that von dem hätte ich es niemalen vermuthet; – eher würde ich zugegeben haben daß er seye gescheider worden. – Nun – vieleicht nimmt er mich auch in seine dienste wenn ich nach Salzburg komme? – ich gehe gewis hin und melde mich. – sollten sie etwa ein teutsches lied von seiner komposizion bekommen können, so haben sie die güte und schicken sie es mir, damit ich was zu lachen habe. ich will die Musique darauf Machen. – Doch Nein! – ich kenne einen Narren hier, und der soll sie machen. –

wegen dem Varesco wissen sie noch nichts?1 – ich bitte sie vergessen sie nicht; – dieweil ich in Salzburg wäre könnten wir so schön daran arbeiten, wenn wir unterdessen einen Plan haben. –

Nun leben sie recht wohl; meine frau und ich küssen ihnen 1000 mal [227] die hände und umarmen unsre liebe schwester von herzen und sind Ewig dero

gehorsamste kinder

W: et C. Mozart


P:S: ich hoffe sie werden wohl den varierten Sing-Part von der aria non sò d'onde viene erhalten haben? –

Fußnoten

1 S. den Brief vom 7. Mai.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 225-228.
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