289. [an Kaufmann Michael Puchberg in Wien; Wien, um den 17. Juni 1788]

[284] Vehrehrungs-würdiger O: B:1

liebster, bester freund! –


Die überzeugung daß Sie mein wahrer freund sind, und daß Sie mich als einen ehrlichen Manne kennen, ermuntert mich, ihnen mein Herz ganz aufzudecken, und folgende bitte an Sie zu thun. – Ich will ohne alle Ziererey nach meiner angebohrnen aufrichtigkeit zur sache selbst schreiten. –

Wenn Sie die liebe und freundschaft für mich haben wollten, mich auf 1 oder 2 Jahre, mit 1 oder 2 tausend gulden gegen gebührenden Interessen zu unterstützen, so würden sie mir auf acker und Pflug helfen! – Sie werden gewis selbst sicher und wahr finden, daß es übel, Ja onmöglich zu leben sey, wenn man von Einahme zu Einahme warten muß! – wenn man nicht einen gewissen, wenigstens den [284] nöthigen Vorath hat, so ist es nicht möglich in ordnung zu kommen. – mit nichts macht man nichts. wenn Sie mir diese freundschaft thun, so kann ich 1mo (da ich versehen bin) die nöthigen ausgaben zur gehörigen zeit, folglich leichter entrichten, wo ich izt die bezahlungen verschieben, und dann eben zur unbequemsten zeit meine ganze Einahme oft auf einmal hinausgeben muß. – 2do kann ich mit sorgenlosern gemüth und freyern herzen arbeiten, folglich mehr verdienen. wegen sicherheit glaube ich nicht daß sie einigen zweifel haben werden! – Sie wissen so ongefähr wie ich stehe – und kennen meine Denkungsart! – wegen der Souscription därfen sie keine Sorge haben; ich setze nun die zeit um einige Monathe mehr hinaus; – ich habe hofnung auswärtig mehrere liebhaber zu finden als hier. –

Nun habe ich ihnen, in einer angelegenheit die mir sehr wichtig ist, mein herz ganz sehen lassen, folglich als ein ächter Br: gehandelt – aber nur gegen einen ächten br: kann man sich ganz heraus lassen. – Nun sehe ich mit sehnsucht einer antwort, aber wirklich – einer angenehmen antwort entgegen; – und ich weis nicht; – ich kenne sie einmal als den Mann der so wie ich, wenn er anderst kann, seinen freund, aber wahren freund, seinen br:, aber ächten br: gewis unterstüzt. – wenn Sie vieleicht so bald nicht eine Solche summa entbehren könnten, so bitte ich sie mir wenigstens bis morgen ein paar hundert gulden zu lehnen, weil mein hausherr auf der Landstrasse so indiscret war, daß ich ihn gleich auf der stelle (um ungelegenheit zu vermeiden) auszahlen musste, welches mich sehr in unordnung gebracht hat! – Wir schlafen heute daß erstemal in unserm neuen quartir, alwo wir Sommer und Winter bleiben; – ich finde es im grunde einerley wo nicht besser; ich habe ohnehin nicht viel in der stadt zu thun, und kann, da ich den vielen besuchen nicht ausgesezt bin, mit mehrerer Musse arbeiten; – und muß ich geschäfte halber in die stadt, welches ohnehin selten genug geschehen wird, so führt mich Jeder fiacre um 10 K: hinein, um das ist auch daslogis wohlfeiler, und [285] wegen früh Jahr, Sommer, und Herbst, angenehmer – da ich auch einen garten habe. – Das Logis ist in der waringergasse, bey den 3 Sternen No 135. Nun nehmen Sie meinen brief als das wahre zeichen meines ganzen vertrauens gegen sie, und bleiben sie Ewig mein freund und br:, wie ich seyn werde bis ins grab

Ihr wahrer, innigster freund und br:

W.A. Mozart.


P:S: Wenn werden wir denn wieder bey ihnen eine kleine Musique machen? – –

Ich habe ein Neues Trio geschrieben! –

Fußnoten

1 = Ordens Bruder (als Freimaurer).

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 284-286.
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