*290. [an Kaufmann Michael Puchberg in Wien; Wien]

[286] Verehrungswürdigster O B.

Liebster bester freund!


Ich habe immer geglaubt dieser tagen selbst in die Stadt zu kommen, um mich bei ihnen wegen ihrer mir bewiesenen freundschaft mündlich bedanken zu können – Nun hätte ich aber nicht einmal das Herz vor ihnen zu erscheinen, da ich gezwungen bin, Ihnen frey zu gestehen, daß ich ihnen das mir geliehene ohnmöglich sobald zurückzahlen kann, und sie ersuchen muß mit mir Gedult zu haben! – Daß die Umstände dermalen und Sie mich nach meinem Wunsch nicht unterstützen können, macht mir viele Sorgen! – Meine Laage ist so, daß ich unumgänglich benöthigt bin Geld aufzunehmen. – aber Gott, wem soll ich mich vertrauen? Niemandem als ihnen, mein Bester! – Wenn Sie mir nur wenigst die freundschaft thun wollen, mir durch einen andern Weg Geld zu verschaffen! – ich zahle ja gerne die Intereßen, und derjenige der mir lehnte, ist ja durch meinen Charakter u. meine Besoldung1 glaub ich gesichert genug – es thut mir leid genug, daß ich in diesem falle bin, ebendeswegen wünschte ich aber eine etwas ansehnliche Summe auf einen etwas längeren Termin zu haben, um einem solchen [286] falle vorbeugen zu können. – Wenn Sie, werthester Br: mir in dieser meiner Laage nicht helfen, so verliere ich meine Ehre undCredit, welches das einzige ist, welches ich zu erhalten wünsche. – ich baue ganz auf ihre ächte freundschaft und br: Liebe, und erwarte zuversichtlich, daß Sie mir mit Rath und That an die Hand gehen werden. Wenn mein Wunsch in Erfüllung gehet, so kann frey Odem schöpfen, weil ich dann im Stande sein werde, mich in Ordnung zu bringen und auch darinnen zu erhalten; – Kommen Sie doch zu mir und besuchen Sie mich; ich bin immer zu Hause; – ich habe in den 10 Tagen daß ich hier wohne mehr gearbeitet als in andern Logis die 2 Monat, und kämen mir nicht so oft so schwarze Gedanken (die ich mir mit Gewalt ausschlagen muß) würde es mir noch besser von Statten gehen, denn ich wohne angenehm, – bequem – und – wohlfeil. – ich will sie nicht länger mit meinem Gewäsch aufhalten, sondern schweigen und hoffen.

Ewig ihr verbundener Diener

wahrer freund u. O. B.

W.A. Mozart


d. 27 Juny 1788.

Fußnoten

1 Seit 7. Dezember 1787 jährlich 800 fl. als k.k. Kammermusikus.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 286-287.
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