*292. [Wien, 2. August 1788]

[287] Liebste Schwester! –


Mit Recht könntest du böse auf mich sein! – wirst du es aber auch dann sein, wenn du mit diesem Postwagen die neuesten Klavierstücke von mir erhälst? – O nein! – dies wird hoffentlich alles wieder ins Geleise bringen. –

Da du überzeugt sein wirst, daß ich dir gewiß täglich alles mögliche Gute wünsche, so wirst du auch darüber hinausgehen, daß ich mit meinem Glückwunsche zu deinem Namenstage etwas späte nachhinke. – Liebste Schwester; – Ich wünsche dir von ganzem Herzen, von ganzer Seele, alles das, was du dir selbst am ersprießlichsten zu sein glaubest, und hiermit Punctum. –

Liebe Schwester! du kannst nicht zweifeln daß ich viel zu thun habe – du weißt auch recht gut, daß ich zum Briefschreiben etwas faul bin; – nimm mir es also nicht übel, wenn ich dir selten schreibe; – dieses soll aber dich nicht abhalten, mir öfters zu schreiben; – so ungern ich Briefe schreibe, so gern erhalte ich deren. – Auch hast du mehr Stoff zu schreiben als ich, da mich in Salzburg mehr Sachen interessiren als dich in Wien. –

Nun muß ich dich um etwas bitten. – Ich möchte gerne daß mir der Haydn1 seine 2Tutti-Messen, und die Graduale die er geschrieben, in Partitur auf eine Zeit lehnte, – ich würde sie mit allem Dank wieder zurückschicken. – Es ist nun eben ein Jahr daß ich ihm geschrieben, und ihn zu mir eingeladen habe, aber er hat mir nicht geantwortet; – im Antworten scheint er mir viel gleiches mit mir zu haben, nicht wahr? – Ich bitte dich also recht sehr, mir diese Sachen auf diese Art zu wege zu bringen; – lade ihn zu dir hinaus, und spiele ihm von den neuern Sachen vor; das Trio und Quartett wird ihm nicht mißfallen. – Adieu, liebste Schwester! – sobald sich wieder neue Musik sammelt, so werde ich sie dir schicken; – ich bin ewig

Dein aufrichtiger Bruder

W.A. Mozart.


[288] P.S. Meine Frau empfiehlt sich dir bestens und wir beiden unserm lieben Hrn. Schwagern.

P.S. Um dir über den Punct in Betreff meines Dienstes zu antworten, so hat mich der Kaiser zu sich in die Kammer genommen, folglich förmlich decretirt2; einst weilen aber nur mit 800 fl. – es ist aber keiner in der Kammer der soviel hat. – Auf dem Anschlagzettel, da meine Prager Oper Don Giovanni (welche eben heute wieder gegeben wird) aufgeführt wurde, auf welchem gewiß nicht zuviel steht, da ihn die k.k. Theaterdirection herausgibt, stand: – die Musik ist von Hr. Mozart, Kapellmeister in wirklichen Diensten seiner k.k. Majestät.

Fußnoten

1 Michael Haydn in Salzburg.


2 Unterm 7. Dezember 1787.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 287-289.
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