*321.

[319] Frankfurt am Main den 3ten October 1790.

Sonntag.


Liebstes, bestes Herzens-Weibchen! –


Nun bin ich getröstet und vergnügt. Erstens weil ich Nachricht von Dir meine Liebe erhalten, wornach ich mich so sehnte; zweitens durch die beruhigende Auskunft in Betreff meiner Affairen – ich habe mir so fest vorgenommen, gleich das Adagio für den Uhrmacher zu schreiben, dann meinem lieben Weibchen etwelche Ducaten in die Hände zu spielen; that es auch – war aber, weil es eine mir sehr verhaßte Arbeit ist, so unglücklich, es nicht zu Ende bringen zu können – ich schreibe alle Tage daran – muß aber immer aussetzen, weil es mich ennuirt – und gewis, wenn es nicht einer so wichtigen Ursache willen geschähe, würde ich es sicher ganz bleiben lassen – so hoffe ich aber doch es so nach und nach zu erzwingen; – ja, wenn es eine große Uhr wäre und das Ding wie eine Orgel lautete, da würde es mich freuen; so aber besteht das Werk aus lauter kleinen Pfeifchen, welche hoch und mir zu kindisch lauten. –

Ich lebe hier bis dato noch ganz retiré – gehe den ganzen Morgen nicht aus, sondern bleibe in meinem Loch von einer Stube und schreibe; – meine ganze Unterhaltung ist das Theater, wo ich dann Bekannte genug antreffe, von Wien, München, Mannheim und sogar Salzburg – Franz Lange Waldhornist und Gres der Schatzmeister ist hier – auch der alte Wendling mit seiner Dorothé – ..... so lebte ich am liebsten fort – aber – ich fürchte es nimmt schon ein Ende, fängt ein unruhiges Leben an – man will mich nun schon [319] überall haben – und so ungelegen es mir ist, mich überall so begucken zu lassen, so sehe ich doch die Nothwendigkeit davon ein – und muß es halt in Gottes Namen geschehen lassen; – es ist nun zu vermuthen daß mein Concert nicht schlecht ausfallen möchte – ich wollte es wäre schon vorbey, nur um dem Zeitpunkt näher zu seyn Dich meine Liebe wieder zu umarmen! – Dienstag giebt die chur-mainzische Schauspielergesellschaft mir zu Ehren meinenDon Juan – Lebe wohl meine Liebe – grüße mir die wenigen Freunde die es mit mir gut meinen – sorge für Deine mir so werthe Gesundheit und sey stets meine Constanze so wie ich ewig seyn werde

Dein

Mozart.


NB. Schreibe mir fleißig, wenn es auch nur wenige Zeilen sind.

P.S. Gestern habe ich bei dem reichsten Kaufmann in ganz Frankfurt gespeist, bei Herrn Schweitzer1. – Die Crux2 ist auch hier. – Das Mädel habe ich noch nicht gesehen – die Quellenberg aber sagte mir, sie sey so gros und dick geworden, daß ich sie nicht mehr kennen werde. – adjeu.

Morgen Montag ist der Einzug und über acht Tage die Krönung. –

Fußnoten

1 Der Bankier Franz Maria Schweitzer.


2 Violinspieler.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 319-320.
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