16.

[54] Von welcher richtigen Seite Mozart, bloß von seinem Genius geleitet, die Dinge der Musikwelt ansah, bezeugt folgende kleine Anekdote.

Er kam auf seinen Reisen zu einer sehr vornehmen Familie, in welcher der Vater die Musik sehr schätzte, und der jetzt berühmte Sohn, damals in einem Alter von 13 Jahren, schon sehr brav Klavier spielte.

»Lieber Herr Kapellmeister«, sagte der Knabe, »sagen Sie mir doch, wie ich's anfangen soll, ich möchte so gern zuweilen selbst etwas komponieren?«

»Damit müssen Sie warten, mein Freund«, antwortete Mozart.

»Sie haben aber doch schon viel früher komponiert.«

»Aber nicht gefragt, wie ich's machen soll. – Wenn man den Geist dazu hat, so quält's und drückt's; man muß es machen und macht's auch und fragt nicht, wie man's machen soll.«

Der Knabe stand beschämt und traurig da, als Mozart dies herausgepoltert hatte. – Er sagte: »Wollen Sie mir auch kein Buch vorschlagen, voraus ich's recht machen lernen könnte?«

»Sehn Sie« – antwortete Mozart freundlicher, indem er dem Kleinen die Wangen streichelte, – »das ist wieder nichts! Hier, hier, hier! (er zeigte auf Ohr, Stirn und Herz) ist Ihre Schule. – Ist's da richtig, dann in Gottes Namen die Feder in die Hand, und steht's auf dem Papier – hernach[54] einen verständigen Mann gefragt, ob's recht gemacht worden ist, oder wie's anders hätte werden sollen.«

Quelle:
Johann Aloys Schlosser: Wolfgang Amad. Mozart. Prag 1828 [Nachdruck Prag 1993], S. 54-55.
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