VII.

Wir kommen nun endlich zu dem mittleren Sohne Hans Bachs, dem Großvater Sebastians. Derselbe wurde am 19. April 1613 zu Wechmar geboren und Christoph genannt. Er erwählte ebenfalls [139] den Musikerberuf. Bei der Schilderung der Lebensverhältnisse seines ältesten Bruders wurde schon erwähnt, daß er sich zeitweilig am herzoglichen Hofe zu Weimar aufgehalten habe; er soll dort »fürstlicher Bedienter« gewesen sein1, was jedenfalls auch von musikalischen Verpflichtungen in der Hofcapelle zu verstehen ist, welche damals mit Lakaien-Diensten gern verbunden wurden. Von Weimar wird er sich gegen das Jahr 1640 nach Prettin2 in Sachsen begeben und dort seiner Kunst weiter gelebt haben. Denn er holte sich eine Tochter dieses Orts: Maria Magdalena Grable (geb. 18. Sept. 1614) zur Gattin, deren Vater vermuthlich Stadtpfeifer daselbst war3. 1642 finden wir ihn als Mitglied der Musikanten-Compagnie in Erfurt, von dort siedelte er 1653 oder 1654 nach Arnstadt über, dem Wohnort seines jüngern Bruders Heinrich4. Hier starb er nur 48 Jahre alt, am 14. Sept. 1661 als gräflicher Hof- und Stadtmusicus, seine Wittwe folgte ihm am 8. October desselben Jahres5.

Christoph Bach mit seinen Söhnen repräsentirt unter den drei Brüdern am ausschließlichsten das zünftige, weltliche sogenannte Kunstpfeiferthum, während Heinrich und dessen Söhne als Orgelspieler und Componisten die bevorzugtere Stellung im Dienste der Kirche einnahmen und Johann beiden Anforderungen gerecht zu werden wußte. Mehr noch als andere Classen des deutschen Volkes war das Musikantenwesen während der heillosen Zustände des dreißigjährigen Krieges in Rohheit und Verwilderung gesunken, und wurde deshalb mit ziemlich allgemeiner Mißachtung angesehen. Wir haben keine Nachricht darüber, daß Christoph Bach der moralischen Verkommenheit seines Standes als ein Muster sittlicher Gesundheit und gediegener Bürgertugend gegenüber gestanden habe. Aber angesichts der unverwüstlichen Tüchtigkeit des Geschlechts, [140] welches selbst in dieser Zeit so treffliche Männer wie Heinrich Bach hervorbringen konnte, in dessen Gemeinschaft der ältere Bruder seine späteren Lebensjahre verbrachte, welches nach zwei Generationen einen Genius ersten Ranges aus sich hervorgehen ließ, können wir an der innerlichen Unverdorbenheit von Sebastians Großvater unmöglich zweifeln. Es hieße den Geist des großen Enkels beleidigen, in dem sich dieses Mal der gute Geist des deutschen Volkes recht eigentlich offenbarte, wenn wir nicht auch glauben wollten, daß Christoph Bach die Gebrechen seines Standes recht wohl gefühlt, und einen höhern Begriff vom Werthe der Kunst gehabt und geltend gemacht habe, als er damals hinsichtlich der Instrumentenspieler allgemein, und meistens mit Recht, verbreitet war.

Es mag übertrieben erscheinen, bei einfachen Pfeifern und Geigern ein Bewußtsein höherer Kunstwürde zu suchen. Aber es ist thatsächlich, daß in den fünfziger Jahren des 17. Jahrhunderts bei den Bessern unter ihnen die Ueberzeugung durchbrach, es seien energische Anstrengungen nöthig, sich wieder zu Ehre und Ansehen zu verhelfen. Bei der hohen Bedeutung der Instrumentalmusik für das deutsche Culturleben ist dies ein nicht zu unterschätzendes Zeichen dafür, daß das Volk eine Ahnung von seiner innewohnenden Kraft auch jetzt nicht verloren hatte. Zunächst mußte es gelten, den Stand der Musikanten als solchen in der Achtung der Menschen zu heben. Zünftig war ihre Kunst freilich schon längst gewesen. Aber es lag im Wesen der Beschäftigung, welche die Leute oft unstet durch die Lande trieb und zugleich keine feste Gränze zwischen Liebhaberei und Profession steckte, daß hier Gesetzes Schutz sehr unzureichend war. In der That sind Klagen über Berufsbeeinträchtigung seitens der Musikanten ungemein häufig, und mehren sich, je mehr im Laufe des Jahrhunderts das Selbstgefühl und Standesbewußtsein derselben gegenüber den sogenannten »Bierfiedlern« zunahm. Wenn nun schon in Friedenszeiten eine Controle sich unausführbar zeigte, so mußte in den Jahren dreißigjähriger Verwirrung die allgemeinste Willkür einreißen. Eine in zunftmäßiger Weise gebildete freiwillige Association größerer Kreise, in welcher man sich zur gegenseitigen Wahrung bestimmter gemeinschaftlicher Interessen und zur Befolgung strengerer sittlicher Grundsätze verpflichtete, war sicherlich ein geeignetes Mittel zum Ziele zu gelangen. [141] Wurde hier dann auch die Kunst vorwiegend handwerksmäßig angesehen, so war doch eine Art von objectivem Gegengewicht vorhanden gegen jene gefährliche, sittlich zersetzende Macht, welche von allen Künsten der Musik am meisten innewohnt. Wirklich traten im Jahre 1653 die Kunstpfeifer der hauptsächlichsten Orte Nord- und Mitteldeutschlands zu einer solchen Vereinigung zusammen unter dem Namen des »Instrumental-Musikalischen Collegiums in dem ober- und niedersächsischen Kreise und anderer interessirter Oerter«. Sie setzten Statuten auf, ließen dieselben durch den Kaiser Ferdinand III. bestätigen und durch den Druck verbreiten. Diese geben nicht nur über die Zwecke des Collegiums klare Auskunft, sondern werfen auch ein so helles Licht auf die Sitten und Unsitten des damaligen Musikantenwesens, daß wir sie hier vollständig mittheilen müssen6.

»1. Es soll keiner von dem musikalischen Collegio sich aus freyen Stücken seiner Kunst zu gebrauchen in einer Stadt, Ambt oder Closter, woselbst allbereit unserer Societät einer gesessen, und in Bestallung genommen, niederlassen, noch demselben darin von Auffwartungen irgendwas entwenden, es wäre denn, daß er sich einer andern Handtierung gebrauchen, oder daß er von der Obrigkeit des Orts dahin vociret, der allbereit bestallte Musicus auch versichert würde, daß ihm an seinen Accidentien kein Eintrag geschehen, oder er zum wenigsten des Abgangs halben schadlos gehalten werden möchte.

2. Es soll sich ein jedweder sodalis dahin befleißigen, wann er in wirkliche Bestallung irgendwo genommen wird, daß das seinem Vorfahren hiebevor ex publico gereichte jährliche Lohn unverkürzet und ungeschmälert verbleibe, und weil bis daher die löbliche Kunst, und derselben Zugethane, dadurch nicht in geringe Verachtung gerathen, auch mancher ehrliche Mann von seinem Dienst darüber gar [142] verdränget worden, wann jemand um die bloßen Accidentia auffzuwarten sich offeriret, so soll sich ein jedweder Musikant für dergleichen ihm und der Kunst verkleinerlichen Contracten äußerst hüten.

3. Indem auch der allerhöchste Gott seine Gnade und Gaben wunderlich pfleget auszutheilen, und einem bald viel bald wenig giebet und verleihet, so soll um deßwillen niemand den andern, ob er gleich eine bessere Art der musikalischen Instrumente sich zu gebrauchen hätte, verachten, viel weniger aber deßhalben ruhmredig seyn, sondern sich der Christlichen Liebe und Sanftmuth befleißigen, und mit seiner Kunst also umgehen, daß dadurch zuvörderst Gottes des Allerhöchsten Ehre gesuchet, sein Nächster erbauet, und er selbst von jeder männiglichen seines ehrbaren Wandels halber ein gutes Gerücht jederzeit haben und behalten möge.

4. Damit auch jeder Ort mit einem tüchtigen genugsam qualificirten Musico versehen, nebst dem auch andere, insonderheit die Gesellen und Lehrknaben, zu mehrerem Fleiß und stetigem Exercitio angetrieben werden mögen, so soll jedesmal derjenige, so zu einem Dienst ordentlicher Weise berufen, und dannenhero seine Probe abzulegen erfordert wird, zweene der nächstgesessenen Lehrmeister nebst einem tüchtigen Gesellen darzu beschreiben, welche ihn absonderlich seiner Kunst halber examiniren, und seine Probe oder Meister-Recht in den Stücken, so hierzu angeleget und in den Innungs-Laden befindlich, anhören und vernehmen.

5. Es soll keiner, er sey gleich Lehrmeister, Geselle oder Lehrknabe, sich gelüsten lassen, grobe Zothen oder schandbare, unzüchtige Lieder und Gesänge zu singen oder zu musiciren, sintemal der Allerhöchste Gott dadurch nur höchlich erzürnet, ehrbare Gemüther, insonderheit die unschuldige Jugend, geärgert, auch diejenigen, so der löblichen Kunst der Musik zugethan, bey ansehnlichen Gesellschafften und Zusammenkünfften in die größte Verachtung darüber gesetzet werden.

6. Hingegen aber soll ein jedweder, der zur Auffwartung beruffen wird, nicht alleine für sich selbst, nebst den bey sich habenden Gehülffen, züchtig, ehrbar und bescheiden sich verhalten, sondern auch unverdrossen sein, die anwesenden Gesellschafften vermittelst der musicae instrumentalis und vocalis seinem besten Vermögen nach zu erlustigen und zu erfreuen.

[143] 7. Ein jedweder soll sich, soviel ihm möglich, mit besonderm Fleiß darnach umsehen, daß er fromme und getreue Gesellen, wie auch unberüchtigte Lehrknaben um und neben sich habe, damit auff öffentlichen Zusammenkünfften und Auffwartungen den eingeladenen Gästen nichts entfernet, oder dem gesammten musikalischen Collegio übel nachgeredet werde, noch auch unschuldige Leute in Verdacht und Gefahr gerathen.

8. Soll keiner sich unterfangen, unehrliche Instrumenta, als da seyn Sackspfeiffen, Schafsböcke, Leyern und Triangeln, welcher sich oftmals die Bettler zum Sammlen der Almosen für den Thüren gebrauchen, zu führen, dadurch dann die Kunst ebenfalls in Verachtung gebracht und verkleinert gehalten wird.

9. In specie soll sich ein jedweder aller gotteslästerlichen Reden, vermaledeyten Fluchens und Schwörens äußerst enthalten: würde aber jemand darwider handeln, so soll er darum von seinem Meister und Mitgesellen, nach ihrem Ermessen, auch atrocität und Vielheit seines Verbrechens, nach Belieben gestraffet, auch wohl gar aus dem musikalischen Collegio verstossen werden.

10. Soll keiner bey Gauklern, Diebhenkern, Butlern, Häschern, Taschenspielern, Spitzbuben, oder anderen dergleichen leichten Gesindlein, sich einiger Auffwartung unterfangen, sondern es soll viel mehr ein jedweder ihrer Gesellschafft, um Erhaltung guten Gerüchts und Leumunds willen, sich ganz und gar enthalten, und dieselbe fliehen und meiden.

11. Gleichergestalt soll auch kein Lehrmeister einen Lehrknaben von obgemeldten oder andern unrichtigen Personen annehmen, sondern diejenigen, so zu Begreiffung der musikalischen Kunst auffgedinget werden, sollen nicht allein von ehrlicher Geburt seyn, sondern auch für sich selbsten nichts verbrochen haben, wodurch sie infamiam juris contrahirt und auff sich gezogen, gestalt dann bey der Auffdingung ein jeder Lehrknabe seinen Geburtsbrief, so nach Verordnung der Rechte und eidlicher Aussage zweyer unbeleumdeter Zeugen verfasset, vorzeigen, und derselbe so lang in des musikalischen Collegii nächster Lade verwahrlich beygeleget werden soll, bis er seine Lehrjahre ehrlich und redlich ausgestanden, und deswegen mit einem guten Zeugniß und Lehrbrief versehen werden kann.

[144] 12. Und nachdem ein perfecter Musikant auff vielen Instrumenten, theils pneumaticis, theils pulsatilibus unterwiesen werden, und darauff auch geübet seyn muß, so soll kein Lehrknabe unter fünff Jahr frey gesprochen, und daß er seiner Kunst erfahren, für tüchtig erkennet werden. Hierum so sollen bey der Auffdingung jederzeit zweene der nächst angesessenen Kunst- und Lehrmeister, ingleichen ein tüchtiger Gesell gegenwärtig seyn, und in der Anwesenheit zwey Exemplar des Auffdingbriefs (davon das eine dem, wessen Disciplin und Information der Lehrknabe untergeben wird, verbleiben, das andere aber des Lehrknaben Eltern, Vormündern oder Verwandten auszuantworten) gefertiget, insonderheit aber hierbey der Lehrknabe zu fleißigem Gebet, getreulicher Auffdingung, fleißiger Übung, und daß er seinem Magistro und Lehrmeister allen gebührenden Respect und Gehorsam erweise, ernstlich und mit allem Fleiß erinnert und anermahnet werden.

13. Damit auch derjenige, so seine Lehrjahre ausgestanden, und deswegen nunmehr frey gesprochen, desto vollkommener werde, so soll er die nächsten drey Jahr, ehe er sich besetzet, bey andern berühmten Meistern als ein Gesell sich gebrauchen lassen. Dieweil aber bey den mechanicis artificiis oder schlechtern Handwerkern die Meisters-Söhne und Töchter hierunter durch langwierige Gewohnheit diesen Vortheil und Fürzug erlanget, daß sie etwa nicht so lang als andere der Wanderschafft in ihrem Gesellenstand obliegen dürffen, so sollen auch dieser löblichen Kunst zugethaner und verwandter Lehrmeisters ihre Söhne, item, diejenige, so sich an der Meister ihre Töchter verheyrathen, wann sie ein Jahr als Gesellen auffgewartet, in dem Übrigen verschonet, auch mit einigem Meister-Recht nicht beleget werden.

14. Sobald dann jemand seine Lehrjahre überstanden, und jetzo nunmehr für einen Gesellen auffwarten kann, so sollen ihm sodann etliche Artikel fürgelegt und bekannt gemacht werden, derer er sich, wann er an fremde Oerter kömmt, bei Ablegung seines Grußes gebrauchen, und hieraus auch der fremde Meister erkennen könne und möge, ob sich unsers musikalischen Collegii Verwandte und Zugethane den fürgeschriebenen Artikeln gemäß verhalten und darum genugsame Wissenschafft tragen.

[145] 15. Und nachdem dieses der Musikanten Collegium zu dem Ende auffgerichtet und mit besondern Artikeln und Regeln befestiget worden, damit den Störern und Pfuschern, so bey allen andern viel schlechtern corporibus, Gablen, Gilden und Zünfften durch aus nicht gelitten werden, gewehret, und wer Lust und Liebe zu dieser musikalischen hochwerthen Kunst trägt, dieselbe aus dem Grund zu lernen desto mehr angetrieben und anermahnet werde, so sollen alle und jede unsers Collegii Verwandte sich der Pfuscher und Störer gänzlich entschlagen, und bey erforderter Auffwartung mit ihnen überall keine Gemeinschaft haben, dargegen aber in ihren Lehr-Jahren der Zeit wohl wahrnehmen, damit sie in der Musik recht tüchtig und geschickt gemacht, und darum solchen Stümplern und Hümplern mit Recht praeferiret und vorgezogen werden können.

16. Daferne sich zwischen den Collegen oder deren Verwandten einiger Zwist und Streit zutragen sollte, worüber jemand an seinem ehrlichen Namen und guten Leumund verkleinerlich angegriffen oder sonsten unverschuldeter Weise in Schaden gesetzet, oder auch ihm seine Auffkünfte entzogen werden wollten, so soll der Beleidigte Macht haben, solches sechs in der Nähe gesessenen Lehrmeistern zu verkündigen, die dann zur gelegenen Zeit vor die Kreis-Lade beide Theile erfordern, ihre Mißhelligkeiten daselbst anhören und vernehmen, und mit Zuziehung dreyer Gesellen den befundenen schuldigen Theil, es sey Kläger oder Beklagter, zu gebührender Strafe ziehen, auch ihn zur Ersetzung aller verursachten Unkosten anhalten mögen.

17. Was den Lohn der Gesellen anbelanget, so soll einem jeden frey stehen, mit denselben jedes Orts und Gelegenheit nach zu handeln, wie er vermeinet, daß es verantwortlich, jedoch nach abgehandeltem Werke stracks die Handlung zu Papier bringen, und wie sie accordiret, ein jeder ein Theil in seine Verwahrung nehmen, damit einer dem andern zu bezahlen, und dieser wiederum willig und getreulich zu dienen angeleitet werde, und friedlich mit einander zu leben Ursach haben mögen.

18. Da auch einer sich wollte unterfangen, einem alten Meister unserer Kunst von seinem Dienste, auff was Maß und Weise, durch was gebrauchten Schein und praetext es auch immer geschehen möchte, zu bringen, sich aber in dessen Stelle einzuflechten, so soll [146] sowohl derjenige, so durch oberzählte unanständige Wege seine Beförderung suchet und einen andern aussticht, nebst seinen Gesellen, so bey ihm dienen würden, dieses unsers Collegii sich damit verlustig machen und darin weiter nicht geduldet werden, sintemal das liebe Alter, wenn die Unvermögenheit mit einfällt, ungeachtet der vorigen gehabten langwierigen großen Mühe, Dienst und Arbeit, leicht in Verachtung zu gerathen und demselben die Jugend vorgezogen zu werden pfleget, sollte aber die Unvermögenheit bey einem verlebten bestallten Musico so groß seyn, daß er entweder seine Dienste gar nicht oder mit großer Beschwerde verrichten könnte, und des Orts Gottesdienst und andere Auffwartungen gleichwohl nothwendig versehen werden müssen, alsdann soll einer Macht haben als ein Substitut des Verlebten Stelle zu bedienen, jedoch daß der Alte die Hälfte der Besoldung und seine Part von dem Verdienste bekomme, und die übrigen Tage seines Lebens von dem Substituto oder Adjuncto gebührend respectiret, in allen Sachen, wie nicht unbillig, ihm der Fürzug gelassen, der Segen Gottes erwartet, und von einem jedweden wohl erwogen und betrachtet werde, daß, was er dem Alter für Gut- und Wohlthaten erweise, Gott der Allerhöchste ihm solches dermaleinst wieder vergelten und belohnen lassen werde.

19. Und weil ein jeglicher Arbeiter seines Lohnes werth, niemand auch damit auffzuhalten, so soll ein jedweder, so sich in den Städten und sonst mit einer bestellten Musik gefaßt halten muß, von sich selbst beflissen seyn, seine Gesellen und Gehülfen richtig zu belohnen, niemanden auch vorher zu entlassen, er habe denn seinen rückständigen Verdienst völlig empfangen, widrigen Falls soll keinem anderen Gesellen in die erledigte Stelle und Dienst zu treten verstattet seyn.

20. Hingegen sollen auch die Gesellen desselben Dienstes, worzu sie sich einmal bestellen lassen, fleißig abwarten, den jungen Lehrknaben mit guten Exempeln und der ihnen anständigen Ehrbarkeit vorangehen, insonderheit aber ihren Principalen, bei welchen sie Dienst angenommen, allen gebührenden Respect erweisen, und deswegen gegen sie keinerlei Vermessenheit zeigen, ob sie gleich bedünkte, in der Kunst besser und gründlicher erfahren zu seyn, als der Principal selbsten.

[147] 21. Nachdem auch die Erfahrung bezeuget, daß mancher seinen angenommenen Dienst mit lauter Lehrjungen versehen wollen, dargegen aber einem jeglichen die gesunde Vernunfft selbst dictiret, daß die tirones und Lehrknaben, wie in allen andern Sachen, also auch in dieser musikalischen Kunst kein vollkommenes Stück zuwege bringen können, und da denn entweder bey dem öffentlichen Gottesdienst, oder einiger anderer Versammlung dergleichen Fehler und Mängel vorkommen, hierfür dem Director solcher Musik nicht nur alle Schuld beigemessen, sondern auch der meiste Schimpf auff ihn gewälzet, und die löbliche Kunst selbst dadurch nur verächtlich gemacht wird, so soll keinem Lehrmeister gestattet und nachgelassen seyn, mehr denn drey Knaben auff einmal in seine Information und Lehr auffzunehmen und darinnen zu behalten.

22. Ein jeglicher Lehrknabe soll bey seiner Auffdingung sich verschreiben, oder da er selbst nicht schreiben könnte, soll solche Verschreibung an statt seiner durch seine Eltern, Vormunde oder Verwandten schriftlich geschehen, daß der auffgedingte Lehrknabe die oben beym zwölfften Artikel benannten Lehrjahre treulich vollständig und endlich aushalten, und in währenden Lehrjahren von seinem Lehrmeister nicht entlaufen wolle, sollte aber einer so vergessen seyn und von seinem Lehrmeister in währenden Lehrjahren ausspringen, der soll von keinem andern Lehrmeister bei Straffe von zehen Thalern, wieder auffgenommen, noch in diesem unsern musikalischen Collegio jemals wieder geduldet, sondern als unrichtig gehalten werden. Würde sich aber befinden, daß der Lehrknabe ob nimiam saevitiam seines Lehrmeisters ausgewichen, und also dieser in culpa wäre, auff den Fall soll der Lehrmeister wegen der Versäumniß und andern zugestandenen Schadens, seinem Lehrknaben oder dessen Eltern und Befreundeten nach sechs der nächst angesessenen musikalischen Senioren billigem Ermessen dafür gerecht, auch darum schuldig erkannt werden.

23. Damit auch diesen unter uns verglichenen Artikeln desto genauer nachgesetzt und die diesem musikalischen Collegio angehörigen sodales mit weniger Kosten und Beschwerde zusammenkommen und bei solchem Convent nothwendige Sachen austragen können, so sollen drey Laden gefertiget, eine in Meißen, die andere im Braunschweigischen und die dritte in Pommern oder der Mark [148] Brandenburg, und zwar welcher Ort den Zugethanen unsers Collegii am bequemsten fallen wird, niedergesetzet, diese verglichenen Artikel wo nicht an allen Orten originaliter, dennoch deren auscultirte, vidimirte Copien darein gelegt und treulich verwahret werden, damit auff erheischenden Fall bey unserer Collegen Versammlung alle actus und Sachen, so etwa zwischen den Musikanten sich zutragen möchten, darnach regulirt und gerichtet werden können.

24. Und ob zwar derjenigen, so sich allbereit zu diesem musikalischen Collegio bekannt, nicht eine geringe Anzahl, jedennoch aber soll keinem andern der Zutritt denegirt und verweigert werden, wann er nur nach abgelegter Probe für ein tüchtiges und geschicktes Glied dieser unserer Societät und Gesellschaft wird können erkennet und gehalten werden.

25. Wie nun schließlich böse Sitten und Gebräuche zu guten heilsamen Satzungen Ursach und Anlaß gegeben, aber nicht möglich gewesen, gegenwärtige Artikel also zu extendiren, daß dadurch alle Zufälle specialiter und ausdrücklich wären berühret worden, als soll das übrige der ältesten, so die nächsten bey jedes Orts Laden seyn, und welche denselben krafft dieses Artikelbriefs adjungiret und zugeordnet, ihrem arbitrio dergestalt heimgestellet seyn und bleiben, daß sie in sich zutragenden Vorfällen auf das, was ehrbar und zulässig ist, auch zu Erhaltung dieses musikalischen Collegii gereichet, ihr Absehen richten, niemanden über die Gebühr und Billigkeit beschweren, jedoch auch grobe, unverantwortliche Excesse nicht ungeahndet hin passiren lassen sollen, damit diesem unsern Collegio, bevorab aber der allerhöchsten Römischen Kaiserlichen Majestät, unsers allergnädigsten Herrn darob ertheilten Confirmation gebührender allerunterthänigster Respect erhalten, und der gute, rühmliche Zweck erreichet werde, so von den Urhebern dieses nützlichen Werks von Anfang gesetzet und gestecket worden.«

Wenn man sich die »bösen Sitten und Gebräuche«, gegen welche hier Bestimmungen gegeben werden, zusammendenkt, so erhält man, auch abgesehen von den nicht »ausdrücklich berührten speciellen Zufällen«, schon eine hinreichende Vorstellung davon, wie es damals unter den deutschen Musikanten aussah. Niemand wird den achtungswerthen Ernst verkennen, mit dem man Zucht, Sitte und Ordnung wieder herzustellen suchte, und die Ueberzeugung, daß die [149] edle Kunst besseres werth sei, als allgemein verachtet und mißhandelt zu werden, spricht aus jenen Artikeln auf erfreuliche Weise. Die Anzahl von über hundert Namen aus den angesehensten Städten der betreffenden Kreise, welche den Artikeln folgen, beweist auch, daß das Verlangen nach bessern Zuständen ein recht allgemeines war; außerhalb liegende Ortschaften, wie Mühlhausen in Thüringen, schlossen sich dem musikalischen Collegium an. Wenn nun gleich in der Folgezeit die Werthschätzung der Kunstpfeifer und Stadtmusikanten im ganzen eine geringe blieb, wenn man ihnen vorwarf, daß ihre handwerksmäßige Kunstübung jede tiefere musikalische Kenntniß abweise, daß sie ungebildet, grob, stolz und störrisch seien7, wenn kleinliche Zänkereien unter ihnen nicht aufhörten, so wissen doch auch einzelne Stimmen hervorzuheben, »daß noch viel ehrliebende und geschickte Männer unter ihnen seien, die sich eines Gott und Menschen wohlgefälligen Wandels befleißigten«8. Den innerlich tüchtigen Kern und die Bedeutung dieser Leute für die deutsche Kunstgeschichte gering zu veranschlagen, darf man sich unter keinen Umständen verleiten lassen. In jedem Stande finden sich mehr geringe und mittelmäßige, als ausgezeichnete Individuen, zudem drückte alle ziemlich gleichmäßig Noth und Armuth, die es zu einer freudigen Kraftentfaltung nur bei ungewöhnlichen Talenten kommen ließ. Sie haben aber in ihrer Art die Kunst in Ehren gehalten und gegenüber den fremdländischen Einflüssen, welchen sich die Höfe und höhern Stände bald überwiegend hingaben, im Volke die Liebe und den Sinn für die vaterländische Kunst nach ihren Kräften geweckt und gepflegt. Und das Volk hat ihnen gedankt, indem es ihren Werth und das Ideale auch in ihrem Berufe begriff; jener Eichendorffsche Spielmann, der ins Land hinaus zieht und seine Weisen singend von Haus zu Haus geht, ist bis heute eine jedem deutschen Gemüthe tief sympathische Figur. Die zunftmäßigen Einrichtungen der 25 Artikel waren natürlich keine neuerfundenen, sondern stützen sich jedenfalls auf allgemeine Gebräuche, die nur hier aufs neue, und verschärft und erweitert in Erinnerung gebracht sein werden. Insofern dienen sie eben einer allgemeinern Erkenntniß des damaligen Kunstpfeiferwesens, und somit auch der Verhältnisse des Bachschen Geschlechtes.

[150] Christoph Bach ist allerdings, wie wir vermutheten, durch seine Heirath mit den Musikanten des obersächsischen Kreises in Verbindung gekommen, es fehlt aber jede Andeutung darüber, ob er ihrem musikalischen Collegium beigetreten sei. Wir dürfen es im Gegentheil als entschieden unwahrscheinlich bezeichnen, daß er oder irgend ein anderer der großen Bachschen Familie sich an demselben betheiligte. Vielmehr drängt sich nun die Vermuthung auf, daß eben sie in ihrem engen Zusammenhalten eine ähnliche Erscheinung für Thüringen bietet, mochten ihr auch Innungszeichen und Statuten fehlen. Es ist schon bemerkt, wie ungefähr zu der nämlichen Zeit sich die drei hauptsächlichen Sammelstellen der Bachschen Musiker herausbildeten: Erfurt, Arnstadt und Eisen ach, und nichts scheint mehr berechtigt, als die Annahme, daß sie mit mehr oder minder klarer Ueberlegung das Ziel erstrebten, in jener Zeit der sittlichen Verwilderung ihrer Berufsgenossen, welche ihnen besonders in dem Erfurt der fünfziger und sechziger Jahre entgegen treten mußte, innerhalb eines patriarchalisch geschlossenen Familienverbandes die Würde der Kunst und ihres Standes hoch zu halten. Waren es nun nur bis zu einem gewissen Grade Zunft-Interessen, die sie an einander ketteten, so ist es einleuchtend, daß in ihrer Betreibung der Musik auch das Handwerksmäßige weniger hervortreten mußte. Dies ist ein wohl zu beachtender Umstand, der sie auch über die Besseren ihrer außerhalb stehenden Berufsgenossen emporhebt und zu einem Kreise von Auserwählten macht. Da ferner ein großer Theil der Familienglieder als Cantoren und Organisten sich im Dienste der Kirche und Schule befand, und so in seiner Art ein Stück der damaligen höheren Cultur repräsentirte, so mußte der innige Zusammenhang aller auch eine verhältnißmäßig größere Bildung mit sich führen, als man sie sonst bei ihresgleichen anzutreffen gewohnt war, und das Wort eines Zeitgenossen, daß unter hundert Kunstpfeifer-Gesellen kaum einer gefunden werde, der zehn ordentliche Worte ohne Fehler zu Papier bringen könne9, kann unter allen Umständen und wie man es auch verstehen mag, auf die Bachs [151] keine Anwendung finden. Ein weiteres Zeichen des besondern unter ihnen waltenden Geistes sind die Familientage, welche eine lange Zeit hindurch alle männlichen Angehörigen des Geschlechts jährlich in Erfurt, Eisenach oder Arnstadt abhielten. Auch als sich durch Christoph Bachs ältesten Sohn die Familie nach Franken hinein verzweigte, also sicherlich noch in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts, wurde diese Sitte aufrecht erhalten. Sie kamen dann also an einem der genannten Orte zusammen zu keinem andern Zweck, als um das Gefühl der Zusammengehörigkeit aufzufrischen, gegenseitige Erlebnisse und Gedanken auszutauschen und einige vergnügte Stunden mit einander zu verbringen. Noch im Gedächtniß von Sebastian Bachs Sohne Emanuel lebte es, wie sich seine Vorfahren dann auch musikalisch erbaut und belustigt hatten. Zuerst sangen sie einen Choral; dann folgten weltliche Volkslieder, welche im Gegensatz zu der anfänglichen religiösen Stimmung durch Possen und Scherze oftmals derber und cynischer Art die Lachlust bei Sängern und Hörern reichlich erweckten. Der Vortrag solcher Lieder gehörte, wie bemerkt ist, mit zum Kunstpfeiferberuf. Besonders beliebt soll der Gesang von Quodlibets gewesen sein, unter welchen man bis ins 16. Jahrhundert mehrstimmige Stücke verstand, die in den einzelnen Stimmen verschiedene bekannte; oft geistliche und zugleich weltliche Melodien mit ihren Texten zu einem harmonischen Ganzen zu vereinigen suchten10. Die Ausführung solcher harmonischer Kunststücke lag jedoch wohl den fröhlichen Musikanten fern; sie werden ihre Absicht besonders auf die Verschiedenartigkeit der Texte gerichtet haben, wo denn der Zufall in den tollsten Widersinnigkeiten sein Spiel treiben mußte11. –

Der älteste Sohn von Christoph Bach: Georg Christoph, wurde [152] am 6. Sept. 1642 in Erfurt geboren12. Er war zuerst Schuldiener in Heinrichs bei Suhl, eine Stelle, zu der er wahrscheinlich durch die Verbindungen gelangte, in welchen seine Vatersbrüder mit Suhl standen. Von dort rückte er 1668 zum Cantor in Themar auf, einem alten Städtchen in der Nähe von Meiningen, was damals zur gefürsteten Grafschaft Henneberg gehörte, seit 1672 gothaisch wurde, 1680 an Herzog Heinrich von Römhild kam; nach dessen Tode (1710) nahm es schon einmal Meiningen gewaltsam in zeitweiligen Besitz13 – so spielte man zu jener Zeit Fangball mit Städten und Menschen. Nach zwanzig Jahren ward Bach zu gleicher Function nach Schweinfurt berufen. Dort starb er am 24. April 1697, als Stammvater der fränkischen Bachs14. Daß er auch Componist gewesen ist, geht aus dem Umstande hervor, daß in Philipp Emanuel Bachs Musikaliensammlung sich eine kirchliche Composition für 2 Tenöre, 1 Bass, 1 Violine, 3 Violen da Gamba und Fundamentalbass von ihm befand über den Psalmentext: »Siehe, wie fein und lieblich ist es, wenn Brüder einträchtiglich bei einander wohnen.« Diese Composition, welche 1689 entstanden sein soll, ist einstweilen verloren gegangen, weshalb es unmöglich zu errathen ist, wie weit seine Fähigkeit als Tonsetzer gereicht habe. – Wir gelangen zu seinen Kindern. Der erstgeborne, Johann Valentin, kam den 6. Jan. 1669 zur Welt15, woraus zu schließen, daß der Vater sich mit Antritt des themarischen Cantorats verheirathet. Ihm folgten noch Johann Christian (15. März 1679 bis 16. Juni 1707), und Johann Georg (11. Nov. 1683 bis 13. März 1713), von denen nichts sicheres [153] weiter bekannt geworden ist. Valentin wurde am 1. Mai 1694 zum schweinfurtischen Stadtmusicus und – schon jetzt oder später – zum Oberthürmer bestellt. In dieser Position hielt er es für seine Pflicht, eine Ehe zu schließen, was denn auch am 25. Sept. 1694 mit Anna Margaretha Brandt geschah. Er starb am 12. Aug. 1720; drei diesem Bunde entsprossene Söhne sind zu nennen. Johann Lorenz, von dem die Ferrichsche Genealogie herstammt, geb. 10. Sept. 1695, war Organist zu Lahm in Franken und starb hochbetagt am 14. Dec. 1773. Von ihm kenne ich ein Praeludium nebst Fuge in D dur, woraus ein tüchtiger und selbständiger Musiker zu Tage tritt. Der zweite Sohn, Johann Elias, auf dessen Begegnung mit Sebastian Bach wir später zurückkommen werden, geb. 12. Febr. 1705, studirte Theologie, wurde hernach Cantor und Inspector des Alumneums zu Schweinfurt, wo er am 30. Nov. 1755 starb. Endlich der dritte, Johann Heinrich, wurde am 27. Jan. 1711 geboren, und kam nicht über die jungen Jahre hinaus. Man wird leicht bemerken, wie mit dem Hineinwachsen ins fränkische Gebiet auch andere Vornamen (Valentin, Lorenz, Elias) auftauchen, als sie bei den thüringischen Bachs gewöhnlich waren16.

Dem ersten Sohne folgte in der Ehe Christoph Bachs am 22. Febr. 1645 ein Zwillingspaar, welches er zwei Tage darauf durch die Pathen Ambrosius Marggraf und Christoph Bärwald aus der Taufe heben und Johann Ambrosius und Johann Christoph nennen ließ. Der erste derselben sollte unseres großen Sebastian Vater werden. Ihre frühste Kindheit verlebten sie in Erfurt; als sie acht oder neun Jahre alt waren, wurde Arnstadt der Aufenthalt der Familie, wo sie unter des Vaters Anleitung den Grund zu ihren musikalischen Fertigkeiten gelegt haben werden. Als Christoph Bach im besten Mannesalter starb, waren die Zwillinge kaum erwachsen. Die Natur hatte sie nicht nur mit den engsten Banden des Blutes an einander gekettet, sondern ihnen auch eine Gleichartigkeit des äußern und innern Wesens verliehen, welche Jedermann in Verwunderung setzte, und sie selbst in höheren Kreisen zum Gegenstande [154] neugieriger Betrachtung gemacht zu haben scheint. Sie hatten dieselbe Weise zu denken und sich auszudrücken, sie spielten dasselbe Instrument, die Geige, und bewiesen dieselbe Manier der Auffassung und des Vortrags. Ihre äußere Aehnlichkeit soll so groß gewesen sein, daß, wenn sie bei einander waren, die eignen Frauen ihre Gatten nicht erkennen konnten, und die Seelenübereinstimmung soll so weit gereicht haben, daß sie selbst Krankheiten mit einander theilten. In der That überlebte der ältere den Tod des jüngern nur um kurze Zeit. Die gegenseitige Anhänglichkeit, welche allen Bachs eigen war, zeigt sich in dem Verhältniß von Sebastians Vater zu seinem Zwillingsbruder gleichsam in ihrer größten Intensität. Und da über das eigne Leben desselben wenig zu berichten sein wird, werden wir uns erlauben dürfen, die Charaktereigenthümlichkeiten des jüngern Bruders, so weit sie zu erkennen sind, auf den ältern mit in Anwendung zu bringen.

Vermuthlich haben beide sich nach des Vaters Tode und vollendeten Lehrjahren eine Weile als Kunstpfeifer-Gesellen auf die Wanderschaft begeben. Hernach schieden sich aber ihre Wege: Ambrosius wurde 1667 in Erfurt angestellt, Johann Christoph erhielt am 17. Febr. 1671 eine Berufung als Hofmusicus von dem Grafen Ludwig Günther zu Schwarzburg-Arnstadt. Daß derselbe sich der hier, wie anderwärts, einigermaßen verfallenen Kirchenmusik mit Interesse annahm, ist schon an einem andern Orte bemerkt. Er hatte Jahrs vorher für den Kirchenchor und die begleitenden Instrumentisten sonntäglich eine besondere Uebungsstunde unter Direction des Cantors Heindorff einrichten lassen, auf deren Abhaltung er sorgfältig hielt. Wie nöthig dies war, ergiebt sich auch daraus, daß noch bei dem Oster-Schulexamen 1673 über den schlechten Stand des Singchors, der sich ja hauptsächlich aus Schülern ergänzte, Klage geführt wurde17. Späterhin forderte der Graf einmal bei Anstellung eines neuen Stadt-Cantors, daß dieser mindestens vier Personen für jede Stimme aufstellen solle, was für jene Zeiten, in denen man sich nicht selten mit einfacher Besetzung behalf, einen ziemlich starken Chor gab18. Wenn er einen musikalischen[155] Kammerdiener annahm, so wurde es in dessen Bestallung ausdrücklich bemerkt, daß er sich »allezeit in der Kirche und bei dem Exercitio musico einfinden solle«. Und eben dasselbe lesen wir in Joh. Christophs Anstellungsdecret; zugleich wurde ihm aufgegeben, nicht ohne Vorwissen des Cantors und der gräflichen Räthe zu verreisen, »in der Zierlichkeit im Geigen und Musiciren sich ferner wohl zu üben«, und »da zu Hofe er nebst andern oder allein begehret würde, sich willig finden zu lassen«. Hiermit wurde er an den obersten Dirigenten, den Cantor Heindorff, verwiesen, und dem damaligen Stadtmusikanten Gräser anbefohlen, bei allen bürgerlichen Gelegenheiten, wo es Musik zu machen gab, zuerst den Bach zuzuziehen, darnach erst den Thürmer, und dann wechselweise seine Kunstpfeifergesellen. Die Anweisung auf diesen Nebenverdienst war nothwendig, denn als Hofmusicus erhielt Bach nur 30 Gülden Gehalt und einige Naturallieferungen19. Da er nun im Trocknen saß, hätte er nach alt-Bachischer Weise sich einen Hausstand gründen müssen, worin ihm der Bruder Ambrosius schon vorangegangen war. Absichten dazu scheinen auch damals vorhanden gewesen zu sein; daß diese aber zunächst nicht ausgeführt wurden, und warum nicht, läßt uns einen tiefern Blick in die Natur dieses Mannes thun, als es bei seinen Geschlechtsgenossen bis jetzt möglich war. Das Arnstädter Consistorium hatte außer der Oberaufsicht in Kirchen- und Schulsachen auch gewisse geistlich-richterliche Befugnisse in Dingen, die mit der Religion und Sittlichkeit zusammen hingen. Am 19. Aug. 1673 erschienen vor ihm die verwittwete Anna Margarethe Wiener und ihre Tochter Anna Kunigunde, ihnen gegenüber Johann Christoph Bach, und das mit beiden Parteien vorgenommene Verhör offenbarte Dinge, die wir zunächst in der charakteristischen Weise wiedergeben, wie sie protokollirt wurden.

»Nachdem sich Bach bishero mit der Anna Cunigunda Wienerin geschleppet und der gemeinen Sage nach mit ihr verlobet haben soll, so sind beide Theile vors Consistorium beschieden, und gestehet Anna Cunigunda, daß sie Bach um die Ehe an- und dieselbe ihr versprochen. Die Mutter aber sagt, er habe sie durch Hansen Lampen lassen [156] ansprechen und ihren mütterlichen Consens desideriret, welchen sie auch darein gegeben, und hätten nicht weniger auf die Ehe beide Theile einander Ringe gegeben, welche sie auch noch hätten. Wäre [nämlich die Tochter] gesonnen, damit ihr Gewissen nicht beschweret würde, ihre Zusage zu halten, wiewohl sie sich zu keinem Manne zwinge, und stelle es in des Bachs Gewissen und Verantwortung, ob er von ihr bei dieser Bewandtniß ohne dessen Verletzung abzutreten vermeine.

Christoph Bach gestehet zwar, daß er Annen Cunigunden Wienerin um die Ehe angeredet, es wäre aber das Werk in lauter Tractaten bestanden20, und hätte er sich verbindlich nicht eingelassen. Negat pure, daß er die Mutter um ihren Consens durch Hans Lampen lassen ansprechen; dieser Hans Lampe sei der Wienerin gegen21 Schwäher und ihr mit der nächsten Schwägerschaft verwandt. Da er nun ihren, der Wienerin, Consens zur Perfection seines Werks desideriren wollen, werde er es ja vielmehr durch seine, Bachens, eigne nahe hier sich befindende Blutsfreunde, exempli gratia Heinrich Bachen, als durch ihre, der Wienerin, Freunde thun lassen. Er habe ihr einen Ring gegeben und sie ihm auch einen gegeben, aber nicht auf die Ehe. In specie sagt er, sie habe ihn vexiret mit Leuchtens22 Tochter und gemeinet, er hätte diesen Ring von derselben empfangen, darauf er repliciret, damit sie nun sähe, daß sich dergleichen [nicht] also befinde, so wollte er ihr solchen Ring geschenkt haben.

Anna Cunigunda bleibet bei Obigem, und sei in specie der Ring ihr auf die Ehe gegeben, damit sie nämlich seiner Treu versichert wäre.

Bach bleibet nicht weniger bei seinem Berichte und negiret die vom Gegentheil vorgeschützten Umstände; zudem so hätte die Anna Cunigunda ihm ihren Ring wieder abgefordert und gleichsam also den Korb ihm gegeben.

Wienerin: Nachdem sich Bach ihrer geäußert23, und seine Affection gegen sie verloschen, so habe sie ihren Ring wieder desideriret [157] mit solchem Anhang: sie gäbe es ihm in sein Gewissen, wenn sie ihm nicht gut genug wäre und er sie nur zu äffen gedächte, so möchte er ihr nur den Ring wieder geben und in seinem Gewissen es gegen Gott verantworten; sie wollte es demselben heimgestellt sein lassen und mit ihm dergestalt nichts ferner zu schaffen haben. Jener habe darauf in Antwort vermelden lassen, er befürchte hierunter Gottes Strafe nicht.

Zu gedenken: Weil Bach dabei verharret, daß er der Wienerin nichts verbindliches zugesaget, gleichwohl aber unterschiedene Vermuthungen wider ihn fürhanden, so ist ihm beweglich zu Gemüthe geführet, daß es leicht die Wege erreichen könnte, daß er sich jurato purgiren müsse, derowegen er sich wohl prüfen möchte, wie ihm denn bis heut über acht Tage Bedenkzeit verstattet sein sollte, da er sich denn ohne ferneres Erfordern wiederum stellen und erklären sollte. Welches auch der Wienerin also eröffnet worden.«

Der kleine Roman zwischen den beiden jungen Leuten war demnach schon zu Ende gespielt gewesen. Auch hatte keins das andere nachträglich verklagt, sondern das Consistorium, dem die Sache zu Ohren gekommen war, hatte seinerseits geglaubt, sich über jenes Verhältniß näher unterrichten zu müssen. Obgleich aus dem aufgezeichneten Verhör sich keine bestimmte Schuld Bachs ergiebt, so wird doch das Consistorium, das bei seinem Urtheil den persönlichen Eindruck beider mit berücksichtigen konnte, im Rechte gewesen sein, wenn es der Vertheidigung Johann Christophs nicht gleich zugänglich war. Der junge, kunstfertige Mann mochte seinen Eindruck auf die Arnstädter Bürgertöchter nicht verfehlt haben. In der Absicht, sich eine Lebensgefährtin zu suchen, hatte er sich auch der Anna Wiener genähert und in der zwangloseren Weise jener Stände mit ihr verkehrt und gesprochen, wobei auch die Möglichkeit eines ehelichen Bündnisses berührt worden war. Halb aus eigner Neigung, halb aus unbedachtsamem Benehmen wird es gekommen sein, daß er eine nachhaltige Liebe des Mädchens zu sich erweckte. Das Gefühl einer nicht gleich starken Erwiederung seinerseits trieb sie zur eifersüchtigen Neckerei wegen eines Ringes; er, um derselben zu begegnen, schenkte ihr denselben. Diesen Leichtsinn zu entschuldigen, sind wir weit entfernt, möchten ihn jedoch nicht mit zu strengem Maßstab gemessen sehen. Nun ward Bach der halbernsten Tändelei [158] überdrüssig und ließ dem Mädchen die Qual einer unerwiederten Liebe. Ihre Aussagen vor dem Consistorium bezeugen aber nicht nur diese, sondern auch wirkliche Weiblichkeit und Zartgefühl. Zu stolz, um mit sich spielen zu lassen, hatte sie ihm das ihrerseits ernst gemeinte Versprechen zurückgegeben und ihm den Umgang aufgekündigt; aber einmal um die Sache befragt, verräth sie doch wieder das eigentliche Gefühl in der wiederholten Berufung auf sein Gewissen und auf Gott, vor dem er sein Benehmen zu verantworten habe und in dessen Willen sie ihre Wünsche befehle. – Die geistliche Behörde, deren Absicht es war, einen Ausgleich herbeizuführen, scheint dieses Mal Oel ins Feuer gegossen zu haben. Bach fühlte sich der Anna Wiener gegenüber nicht verpflichtet, wie schon die trotzige ihr gegebene Antwort beweist, daß er Gottes Strafe wegen eines Treubruchs nicht befürchte, und dadurch, daß die Sache jetzt an die Oeffentlichkeit gedrungen und vermuthlich auch Stadtgespräch geworden war, wurde seine Widerspenstigkeit nur gesteigert und seine Gleichgültigkeit gegen das Mädchen in Abneigung verkehrt. Was zunächst weiter in der Angelegenheit vor dem Consistorium verhandelt worden ist, darüber fehlen die Nachrichten, man sieht jedoch so viel, daß es der Ansicht war, Bach müsse die Wienerin heirathen. Wenn derselbe endlich Folge geleistet hätte, so würden wir dies aus dem Ansehen des Consistoriums und nach den damaligen Sitten erklärlich finden, indem gegenseitige Zuneigung bei Eheschließungen keineswegs immer das entscheidende Motiv war, und man viel häufiger noch, als heutzutage, äußern Gründen nachgab und der Zeit die Ausgleichung selbst von starken Differenzen anheim stellte. Daß sich aber der arme, in seiner äußern Lebenslage vom gräflichen Hofe und dessen Räthen gänzlich abhängige Musicus mit der größten Entschiedenheit, ja Erbitterung gegen dieses Ansinnen wehrte, ist ein merkwürdiger Beweis von berechtigtem Selbstgefühl, das eine Einmischung in die Angelegenheiten des Gemüthes und Herzens unter allen Umständen Niemandem gestattete. Die schwarzburgischen Grafen jener Zeit standen in einem Abhängig keits-Verhältniß vom Herzogthum Sachsen, und da Johann Christoph in Arnstadt nicht Recht erhielt, wandte er sich mit einer Appellation an das Consistorium in Weimar. Dies geschah im November 1674, nachdem die Angelegenheit sich nun schon weit über ein Jahr hinausgezogen [159] hatte. Er trat hier mit solcher Leidenschaftlichkeit auf, daß er sich später vorwerfen lassen mußte, gesagt zu haben, »er sei der Wienerin so feind, daß er sie nicht vor Augen sehen könne«. Und in Weimar erkannte man ihm sein Recht zu. Hiernach blieb der Arnstädter Behörde nichts zu thun übrig, als Versöhnung zu stiften, wozu sich Bach nunmehr bereit finden ließ, und dadurch seinen in Weimar gethanen Ausspruch thatsächlich widerrief. Darüber war das Ende des Jahres 1675 herangekommen, fast drittehalb Jahre hatte der aufreibende Kampf um seine innere Freiheit ihm hingenommen. Er ging siegreich daraus hervor, aber der Gedanke an Liebe und Ehe war ihm für Jahre verleidet. Während im übrigen die männlichen Personen des Bachischen Stammes sich früh, oft im Anfang der zwanziger Jahre verheiratheten, blieb er bis in sein fünfunddreißigstes Lebensjahr unvermählt. Dann nahm er sich (um Ostern 1679) Martha Elisabeth Eisentraut zur Gattin, die Tochter des Kirchners zu Ohrdruf.

Noch ist ein Verdacht zu zerstreuen, der vielleicht beim Lesen der eben geschilderten Ereignisse sich einstellen könnte, als ob es die Folgen unerlaubten Umganges gewesen wären, nach denen Bach zur Ehe mit Anna Wiener hätte veranlaßt werden sollen. Daß ihr Verhältniß zu einander ein sittlich ganz reines gewesen ist, steht außer allem Zweifel, und ergiebt sich schon allein aus dem aufmerksamen Lesen des oben mitgetheilten Verhöres. Dinge, wie sie etwa hier vorausgesetzt werden könnten, werden in den Consistorialverhandlungen, welche unsre Quelle waren, immer mit größter Offenheit besprochen, auch würde in einem solchen Falle die weimarische Behörde sich sicherlich nicht zu Gunsten Bachs erklärt haben. Ueberhaupt muß hier mit Genugthuung constatirt werden, daß in Hinsicht des Verkehrs der Geschlechter unter einander in der Bachschen Familie sehr strenge Grundsätze geherrscht haben, und daß sie sicherlich auch hierin sich vor andern ihrer Zeit merklich auszeichnete. Wenn man eine so große Anzahl von Eheschließungen und Geburten aufzusuchen und zu verfolgen hat, wie das von uns geschehen mußte, und darunter keinem einzigen Falle begegnet, der auf ein illegales oder vorzeitiges Sichzusammenfinden schließen läßt, so ist dies in jener sittlich verwilderten und schlaffen Zeit und unter jener Menschenclasse ein wahrlich nicht leicht wiegendes Ehrenzeugniß.

[160] Der Stadtmusicus Gräser, dem Johann Christoph zur besondern Berücksichtigung beim Musikmachen anempfohlen war, machte diesem Leben und Tagewerk sauer, beeinträchtigte ihn nicht nur in seinem Erwerb, sondern suchte ihn auch in boshafter und zanksüchtiger Weise zu kränken und zu reizen. Einst war er so weit gegangen, nicht nur Johann Christoph, sondern auch die ganze Bachische Musikanten-Familie gröblich zu beschimpfen. Hierauf erfolgte eine Collectiv-Beschwerde der Arnstädter und Erfurter Bachs, über deren Erfolg zwar nichts bestimmtes zu melden ist, doch scheint man gegen Gräser eingeschritten zu sein. Die Differenzen hörten übrigens nicht auf; noch einmal nahm die Regierung sich Bachs an, endlich jedoch riß dem alten Grafen die Geduld, er sah ein, daß bei den ewigen Zänkereien die Musik nicht gedeihen könne, und am 7. Jan. 1681 ließ er sämmtlichen Musikanten ihre Bestallungen aufkündigen »wegen ihres Unfleißes und ihrer Uneinigkeit«24. Das Unglück wollte es, daß der Graf bald darauf starb, und in Folge allgemeiner Trauer alle öffentliche Musik verboten wurde. So sah sich Joh. Christoph mit seiner Gattin und seinem erstgebornen Töchterchen aller Einkünfte beraubt und in die äußerste Nothlage versetzt. Nicht ohne Bewegung kann man es lesen, wie dieser Mann trotzdem an der Seite des greisen Heinrich Bach, seines Oheims, sonntäglich die Musik in der Kirche bestellen half ohne die geringste Vergütung, wie er bei den nunmehr regierenden jungen Grafen nach Verlauf einiger Trauer-Monate um die Erlaubniß nachsuchte, zuweilen in Arnstadt, oder wenn das beanstandet würde, in dem entfernteren Gehren, »mit einer stillen Musik etwas zu verdienen, und dadurch sich und die Seinigen nothdürftiglich zu erhalten«, oder wenn er bittet, zur Neujahrszeit trotz der Trauer »vor den Thüren abblasen« zu dürfen. Die Zeit des Elends ging vorüber, und er wurde in den [161] ersten Monaten des Jahres 1682 von der jungen Herrschaft aufs neue zum Hofmusicus und zum Stadtpfeifer ernannt. Wir wenden uns von der unerfreulichen Seite seines Lebens, den auch fernerhin nicht aufhörenden Beschwerden über Berufsbeeinträchtigung und andern Conflicten mit seinen Standesgenossen hinweg zur Betrachtung der am gräflichen Hofe getriebenen Musik. Dies wird um so größeres Interesse haben, als späterhin auch Sebastian Bach diesem Hofe seine Dienste zu leisten hatte.

Nach dem Tode Ludwig Günthers fiel die Grafschaft an dessen beide Neffen, von denen der jüngere, Anton Günther, die Oberherrschaft mit der Residenz Arnstadt erhielt, wo er 1683 seinen Wohnsitz nahm und bis zu seinem Tode 1716 verblieb. Zum Capellmeister seines Hofes berief er Adam Drese, einen damals schon mehr als sechzigjährigen Mann. Er war um die Mitte des December 1620, wahrscheinlich in Weimar geboren, und vom Herzog Wilhelm IV., in dessen Hofcapelle er zuerst wirkte, dem königl. polnischen Capellmeister Marco Sacchi in Warschau zur weitern Ausbildung übergeben, sodann selbst zum Capellmeister am weimarischen Hofe ernannt. Hier stand er im Jahre 1658 einer Capelle von 16 Musikern vor und bekam 275 Gülden Gehalt, nebst Naturallieferungen25. Nach dem Tode des Herzogs (1662) und der Theilung seines Landes nahm ihn dessen vierter Sohn Bernhard, dem die Herrschaft Jena zufiel, mit sich dorthin und übertrug ihm nicht nur die Capellmeisterstelle, sondern, bei Dreses vielseitiger Bildung, auch das Amt eines Kammersecretärs, sowie das des Stadt- und Amts-Schulzen. Im Jahre 1667 ließ der Fürst eine Veränderung in seiner Hofhaltung eintreten, und Drese wurde aus unbekannten Gründen entlassen. Ein Bittgesuch an den Herzog Moritz zu Sachsen-Zeitz verschaffte ihm eine lobende Empfehlung an Landgraf Ludwig von Hessen-Darmstadt26. Ob er es hier zu einer Anstellung brachte, ist dunkel; einige Jahre darauf war er wieder am Hofe zu Jena. Als Bernhard 1678 gestorben war, blieb Drese vermuthlich unter der vormundschaftlichen Regierung der Herzogin noch an seinem Posten, nach dem Tode derselben (1682) wird er nach kurzer Unterbrechung[162] 1683 in den Dienst des Schwarzburger Hofes getreten sein. Verbessert hatte sich seine Lage im Laufe der Ereignisse nicht: im Jahre 1696 erhielt er eine Besoldung von 106 Gülden jährlich27. Er starb im hohen Alter von 80 Jahren und zwei Monaten am 15. Febr. 1701. – Dreses musikalische Thätigkeit muß eine ausgedehnte gewesen sein. Sein Hauptinstrument war die Viola da gamba, gleich wie bei seinem Freunde und Kunstgenossen Georg Neumark, mit dem er in Weimar zusammen lebte und wirkte. Als Componist trat er 1672 mit einer Sammlung Allemanden, Couranten, Sarabanden u. drgl. hervor, und soll im übrigen viele Instrumental-Sonaten, Kirchenstücke und theatralische Compositionen verfaßt und zumal in der Behandlung des Recitativs sich ausgezeichnet haben28. Bekannt ist von diesen gedruckten und ungedruckten Sachen bis jetzt nichts wieder geworden; doch haben sich 14 Liedercompositionen von ihm in Neumarks »fortgepflanztem musikalisch-poetischen Lustwalde« (Jena, 1657) erhalten. Auch eine Anleitung zur Composition existirte um das Jahr 1680 von ihm und war im Gebrauch29. Von seinen geistlichen Melodien, die er theils zu den religiösen Liedern des Consistorialraths Büttner in Arnstadt, theils zu eignen Dichtungen erfand, hat sich der Gesang: »Seelenbräutigam, Jesu, Gottes Lamm« mit seiner ansprechenden, aber sinnlich spielenden Tonweise im Gebrauche erhalten. Diese dichterische und compositorische Thätigkeit hing mit der Sinnesänderung zusammen, welche sich bei Drese in seinem Alter einstellte. Vorher war er ein leichtgesinnter, lebenslustiger Künstler gewesen, der bei theatralischen Aufführungen, an denen er sich betheiligte, mit Vorliebe die lustige Person vorgestellt haben soll. Nach dem Tode des Herzogs Bernhard von Jena lernte er zuerst Speners Schriften kennen, und wurde vorzugsweise durch sie ein eifriger Anhänger des Pietismus. In Arnstadt veranstaltete er neben der Erfüllung seiner Amtspflichten nach Speners Vorbilde religiöse Versammlungen Gleichgesinnter in seinem Hause, und ließ auch 1690 in Jena eine Schrift erscheinen: [163] »Unbetrügliche Prüfung des wahren, lebendigen und seligmachenden Glaubens«. Zu dieser schrieb Spener selbst eine Vorrede, in welcher er an Drese dessen ernste Gesinnung und tiefes Gemüth rühmend hervorhebt30. Der Pietismus fand aber in Arnstadt keinen günstigen Boden; wenigstens waren die beiden Olearius, Vater und Sohn, welche dort als Geistliche neben und nach einander in sehr hohem Ansehen standen, demselben durchaus feindlich gesinnt. Sicherlich geschah es durch ihren Einfluß, daß 1694 am Cantate-Sonntage und am Himmelfahrts-Feste eine öffentliche Warnung gegen die »Irrlehren« der Pietisten von allen Kanzeln verlesen wurde, und nicht ohne Genugthuung äußert sich der jüngere Johann Christoph Olearius, »obwohl unter andern einige quäckerisch gesinnte Pietisten solche Religionsruhe zu verunruhigen heimlich und öffentlich sich seithero bemühet, so habe doch Gott durch christliche Obrigkeit solches gehindert«31. Derselbe charakterisirte später einmal Drese als einen arglistigen, unruhigen, mit fanatischen Grillen behafteten Mann, dessen Haus »die Herberge aller subtilen und plumpen Pietisten« gewesen, nimmt Anstand, ihn zu den reinen evangelischen Liederdichtern zu rechnen, und giebt seiner Freude darüber Ausdruck, daß er und sein Geschlecht in Arnstadt ganz ausgestorben und seine Händel mit ihm verloschen. Uns fehlen die Mittel, festzustellen, wessen Urtheil über Drese das Richtigere trifft, im allgemeinen aber ist man jener hochmüthigen und verknöcherten Orthodoxie gegenüber immer geneigt, sich auf Seite der Pietisten zu stellen. Daß unter solchen Umständen Dreses Stellung in Arnstadt nicht zu den unbekümmerten gehörte, leuchtet ein, dazu kam er ohne sein Verschulden häufig auch in äußere Noth. Wie wenig gewissenhaft man in Zahlung des Gehaltes war, ergiebt sich unter anderm aus einem Schreiben Dreses an den arnstädtischen Kammerrath vom 19. April 1691: »übrigens erinnere kürzlich, daß vorm Jahre Michaelis ich vertröstet worden, gegen das Quartal Luciae zwei Quartale [der Besoldung] einzuheben, damit der Rest nicht zu hoch aufwachsen könnte; an besagtem Luciae wurde ich bis nach den heiligen Feiertagen vertröstet, [164] nach diesen ich gar bis aufs Quartal Reminiscere verwiesen; ich erwartete solches auch mit Geduld; als ich mich nun an demselben wieder angemeldet, wurde ich weiter bis in die Marterwoche vertröstet, indem ich mich nun in derselben auch gebührend angegeben, bekam ich zur Resolution: es wäre kein Geld da; wo ich nun nach so vielen Vertröstungen ferner hingewiesen werde, weiß ich nicht!« Nicht unbemerkt darf hier die gewandte Ausdrucksweise bleiben, und etwas von individueller Färbung, was hier wie in andern Eingaben Dreses32 unter dem todten Formelkram derzeitiger Actenstücke wohlthuend berührt, und selbst in diesen untergeordneten Geistesäußerungen von dem frischen Leben zeugt, was trotz vieler Verirrungen in dem Pietismus sich regte. Ein Sohn des alten Capellmeisters, Wilhelm Friedrich Drese, hatte von seines Vaters Anstellung an vier Jahre unentgeltlich in der gräflichen Capelle mitgewirkt33, dann irgend einen musikalischen Posten bei einem Baron von Meußbach in Triptis im Weimarischen bekleidet, und bemühte sich später, wieder in schwarzburgische Dienste zu kommen. Lange wird er nicht darin geblieben sein. Am Ende des Jahrhunderts war die Capelle zeitweilig aufgelöst34, und Adam Drese hoffentlich in angemessener Weise in Ruhestand versetzt. Nach seinem Tode – seine Frau war schon 1698 gestorben – werden auch die pietistischen Bestrebungen rasch wieder verschwunden sein, und Sebastian Bach, als er wenige Jahre darauf in Arnstadt Organist wurde, hätte wohl kaum noch Spuren davon vorfinden können. Jedenfalls war ein persönlicher Einfluß Dreses auf ihn nicht mehr möglich, wie man annehmen zu müssen geglaubt hat35, da derselbe nicht mehr am Leben war; daß aber auch Sebastian Bachs Stellung zum Pietismus eine ganz andre gewesen ist, als man gemeiniglich vermuthet, wird später ausführlich entwickelt werden.

[165] Graf Anton Günther that mancherlei für die Musik, wohl nicht zum kleinsten Theile auf Anregung seiner Gemahlin Augusta Dorothea, welche vom Hofe ihres Vaters, des Herzogs Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, ein reges Kunstleben gewohnt war. Außerdem daß er einen renommirten Meister an die Spitze berief, besonders begabte junge Leute auf seine Kosten ausbilden und reisen ließ, brachte er auch den Capellbestand auf eine für die kleinen Verhältnisse beträchtliche Höhe. Freilich hatten die meisten Musicirenden auch noch andere Aemter oder Dienste, aber es mußte dann bei Besoldung derselben doch immer auf die musikalische Leistungsfähigkeit Bedacht genommen werden. Eins der Verzeichnisse der Hof-Musik führt auch den Organisten und Cantor zu Gehren, den Cantor zu Breitenbach und einen Fagottisten aus Sondershausen auf. Es geschah also zu besondern Gelegenheiten, daß die musikalischen Kräfte des ganzen Ländchens zusammengetrommelt wurden, und nicht selten mag der stille Michael Bach zu Fuß den Weg von Gehren auf das Schloß in Arnstadt gemacht haben, um bei einem besonders glänzenden Hofconcerte mit zu wirken36. Aber auch ohne das sieht eine Liste der Capellmitglieder bunt genug aus. Folgendes ist eine Zusammenstellung der Instrumentisten um das Jahr 1690: Herr Drese senior – Viola da gamba. Kammerdiener Wentzing – Violine. Kammerdiener Gleitsmann – Laute, Violine und Viola da gamba. Actuar Heindorff – Violine. Der Kornschreiber – Clavier und Violine. Der Küchschreiber – Clavier. Herr Drese junior – Viola da gamba. Stadt-Cantor Heindorff – Violine. Ein Fagottist. Fünf Trompeter. Trompeter Jäger – Violine. Zwei Hautboisten, auch für die Violine zu gebrauchen. Bach mit seinen Leuten (4 Personen). Dies sind zusammen 21 Spieler, mit welchen jede Instrumentalsonate auf das vollständigste ausgeführt werden konnte. Noch stattlicher macht sich eine andere Liste, welche auch den vocalen [166] Bestand angiebt und die wir ganz in ihrer ursprünglichen Fassung mittheilen wollen. Aus einem nicht erkennbaren Grunde ist der Capellmeister Drese nicht mit genannt.


Vocalisten.


Discant: Hans Dietrich Sturm.

Altist: Hans Erhardt Braun.

Tenorist: 1. der Kammerschreiber.

Tenorist: 2. der Kornschreiber.

Tenorist: 3. Hans Heinrich Longolius.

Bassist: 1. Der Bauschreiber.

Bassist: 2. Der Cantor.


Instrumentisten.


Violine: [Johann] Christoph Bach.

Violine: Christoph Jäger.

Violine: Actuarius.

Violine: Wentzing.

Alt-Viole: Bachens Gesellen und Lehrjungen.

Tenor-Viole: Bachens Gesellen und Lehrjungen.

Bass-Viole: Bachens Gesellen und Lehrjungen.

Violon: Küchschreiber.

Organo: Heinrich Bach.


außer den Trompetern sind auch auf gnädigen Special-Befehl zu dieser Musik bishero mit gezogen worden:


Zur Capella oder zum Complimento37 aus der Schule allhier:


Jägers Sohn: Discantista.

Sauerbrey: Altista.

Müller: Tenorista.

Schmidt: Bassista.


Von diesen Personen können gebraucht werden zur Instrumental-Musik besonders:


Jäger, Violinist

Bach, Violinist

Actuarius, Violinist

Wentzing, Violinist

Kammerschreiber, Violinist

Kornschreiber, Violinist

Trompeter Förster, Violinist

Trompeter Herthum, Violinist

der Cantor, Violinist

Hans Erhardt Braun, Violinist

Hans Heinrich Longolius, Violinist

Bachens Geselle, Violinist

Trompeter-Lehrjunge, Alt-Bratsche

Hans Dietrich Sturm, Alt-Bratsche

Müller aus der Schule, Alt-Bratsche

[167] Schmidt aus der Schule, Tenor-Bratsche

Sauerbrey aus der Schule, Tenor-Bratsche

Bachens Lehrjunge, Tenor-Bratsche

der Küchschreiber, Violon und zwei Bass-Viole

Bachens Geselle, Violon und zwei Bass-Viole

Bachens Lehrjunge, Violon und zwei Bass-Viole


Eine genauere Vergleichung der beiden Verzeichnisse zeigt, daß das zweite das frühere ist, weil hier noch Heinrich Bach genannt wird, der um das Jahr 1690 nicht mehr dienstfähig war. In diese Zeit aber die erste Liste zu setzen, veranlaßte uns die Nennung des Kammerdieners Gleitsmann, welcher etwa damals in gräfliche Dienste trat38. Die zweite wiederum kann doch nicht vor 1683 aufgestellt sein, denn sonst müßte Günther Bach, Heinrichs jüngster Sohn mit darauf gefunden werden. Unter diesen Gesichtspunkten ergiebt nun eine Vergleichung weiter, daß der Instrumentalkörper unter Dreses Leitung mannigfaltiger und reicher geworden war: es sind zu den Streichinstrumenten die Gamben hinzugekommen, außerdem die Laute, die Oboen, das Fagott. Auch dürfte der Umstand, daß bei dem reinen Instrumental-Corps des zweiten Verzeichnisses der Cembalist fehlt, zu dem Schlusse berechtigen, daß die Instrumental-Musik bei Hofe sich damals noch auf einfache Klingstücke und Tänze beschränkte, wie sie vor und während der Tafel am Platze waren, durch Drese aber auch das Instrumental-Concert eingeführt wurde, was ohne Cembalo-Accompagnement nicht sein konnte. Der Küchschreiber, welcher als Clavierspieler aufgeführt wird, ist kein anderer, als Christoph Herthum, Heinrich Bachs Schwiegersohn, derselbe, dem in der älteren Liste der Violonbass zuertheilt ist. Johann Christoph Bach endlich erscheint im älteren Verzeichniss selbst fünfen, im späteren nur selbst vieren; dürfte man hieraus etwas folgern, so wäre es ihm anfänglich in seiner neuen Stellung unter dem Grafen Anton Günther besser ergangen als später. Aber wir wissen aus einer andern Quelle, daß seit jenen schweren Zeiten beim Beginn der Regierung des Grafen dauernde Noth ihn nicht mehr bedrückt hat. Vielmehr konnte er bei seinem Tode seiner Familie ein kleines Vermögen hinterlassen.

[168] Genau wie sein Vater, erreichte auch Johann Christoph nur ein Alter von 48 Jahren, sein Todestag wurde der 25. August 1693. Ihn überlebten seine Wittwe und fünf Kinder. Erstere bekam die Erlaubniß, den Dienst des verstorbenen Mannes durch die Gesellen fernerhin versehen zu lassen, zeigte sich aber jenen widerspenstigen und rohen Menschen gegenüber ihrer Aufgabe nicht gewachsen, und bat nach drei Jahren selbst um Aenderung dieses Verhältnisses. Der älteste Sohn, Johann Ernst (geb. 8. Aug. 1683), besaß jedenfalls ein nicht unbedeutendes musikalisches Talent, und nahm zur weitern Ausbildung desselben aus eignen Mitteln einen halbjährigen Aufenthalt in Hamburg, hernach auch noch eine Weile in Frankfurt. Zuverlässig kehrte er sodann nach Arnstadt zurück, um Mutter und Geschwister durch Verwerthung seiner Fähigkeiten zu unterstützen. Leider aber wollte dies zu Anfang nicht gelingen, und da mittlerweile auch das väterliche Vermögen von den Hinterbliebenen allmählig aufgezehrt war, endlich sogar langwierige Krankheit im Hause einkehrte, so wurde die Lage der Familie Johann Christoph Bachs bald eine recht bedrängte. Eine andre Bachische Familie, welche hätte helfen können, lebte damals nicht am Orte; nur der jugendliche Sebastian Bach bekleidete dort von 1703–1707 seine erste Organistenstelle. Aber selbst dieser that, wie wir sehen werden, was in seinen Kräften stand, um dem nothleidenden Vetter beizustehen. Als er nach Mühlhausen berufen wurde, glückte es Johann Ernst nach einigen Bemühungen, Sebastians Nachfolger zu werden. Freilich geschah dies nicht ohne eine vor dem damaligen Capellmeister Paul Gleitsmann abgelegte Probe, in welcher Bach durch den Vortrag eines Praeludiums mit vollem Werke, einer extemporirten Choral-Durchführung, und der geschickten und correcten Ausführung der Generalbass-Stimme zu einem vorgelegten Kirchenmusik-Stücke seinem Mitbewerber den Rang ablief. Daß man jedoch seine, des Vierundzwanzigjährigen, Fertigkeit der von Sebastian Bach schon mit 18 Jahren erreichten nicht gleichstellte, geht aus der bedeutend geringeren Besoldung hervor: er erhielt den sehr bescheidenen Gehalt von 40 Gülden und anderthalb Maß Korn, auch sah man sich gemüßigt, noch ein halbes Jahr verstreichen zu lassen, ehe die definitive Anstellung erfolgte. Da er zwanzig Jahre lang an diesem Posten verblieb, der ihn doch nur sehr kümmerlich ernähren konnte, [169] so nimmt es nicht Wunder, daß er den Hoffnungen nicht entsprochen zu haben scheint, welche Gleitsmann glaubte auf ihn setzen zu dürfen. Wenigstens mußte er sich 1728, wo er endlich die mit 77 Gülden ausgestattete Stelle an der Ober-und Liebfrauen-Kirche erhielt, vom Consistorium ermahnen lassen, »sich in seiner Kunst immer besser zu üben, solche möglichst durch gutes Nachsinnen zu excoliren, nicht immer auf einer Leyer zu bleiben, sondern durch gepflogene Correspondenz mit ein und andern berühmten Kunsterfahrenen sich habil zu machen«. Uebrigens erschwerte ihm ein Augenleiden seine Studien. Vermählt war er zum ersten Male (seit dem 22. Oct. 1720) mit einer Tochter des Pfarrers Wirth zu Wandersleben; seine zweite Gattin, mit der er sich 1725 verband, hieß Magdalene Christiane Schober, und war Tochter eines Kanzleisecretärs zu Gotha. Sie überlebte nebst drei unerwachsenen Kindern seit 1739 ihren Mann, dem die Sonne des Lebensglücks wenig geschienen hat39. – Von den drei Brüdern Johann Ernsts starb der jüngste, Johann Andreas, im Jahre nach des Vaters Tode, kaum drei Jahre alt; von einem andern, Johann Heinrich, ist nur überliefert, daß er am 3. Dec. 1686 geboren wurde. Häufiger erwähnt findet sich dagegen Johann Christoph, geb. 13. Sept. 1689, über dessen Lebenslauf aber die Nachrichten nicht weniger unsicher sind, als über sein Todesjahr. Nach der Genealogie war er Krämer zu Blankenhain; dagegen bewirbt sich im Jahre 1726 ein Johann Christoph Bach, geborner Arnstädter, der schon vordem 12 Jahre bei dem Oberamtmann Struve im schwarz-burgischen Dorfe Keula im Dienste gestanden und auch zuweilen auf der Orgel fungirt hatte, um die Stelle an der dortigen Mädchenschule40. Da diese Person kaum jemand anders sein kann, als der Sohn von Sebastians Oheim, so müssen wir entweder die Angabe der Genealogie für irrig halten, oder annehmen, daß er späterhin Krämer geworden sei; unmöglich wäre ja auch dies nicht. Gestorben soll er sein 173641. Und hiermit verliert sich die Linie des arnstädtischen [170] Kunstpfeifers Johann Christoph Bach schon ins Unbekannte, ganz im Gegensatze zu der Nachkommenschaft seines Bruders Ambrosius. Während wir von den Enkeln jenes nicht einmal die Namen wissen, erblühte das Geschlecht des letzteren grade in seinen Kindeskindern zur größten Fülle, und wenn auch keins derselben nur entfernt an Talent dem Einen und Einzigen sich vergleichen durfte, so waltete doch in ihnen allen der Geist der Kunst. Der Genius des Geschlechts, nachdem er mehr oder minder durch die volle Breite einiger Generationen gewaltet hatte, wollte sich nun im Hause des Ambrosius Bach in jeder Hinsicht vollenden und erschöpfen.

Wir hatten Ambrosius Bach verlassen, als er im Jahre 1667 (am 12. April) in die Erfurter Rathscompagnie eintrat. Es ist ebenfalls schon früher erwähnt, daß er hier der Nachfolger seines Vetters Johann Christian wurde, des ältesten Sohnes von Johann Bach, der damals von Erfurt nach Eisenach verzog. Er spielte, wie man bei dieser Gelegenheit erfährt, die Alt-Geige, was man wohl auf die Geige überhaupt wird erweitern dürfen, und es ist für Sebastian Bachs musikalische Entwicklung beachtenswerth, daß Violinspiel es vor allem war, was er im elterlichen Hause hörte. Ein Jahr nach seiner Anstellung verheirathete sich Ambrosius schon (8. April 1668); es war dasselbe Jahr, in dem der ins Maßlose ausgeartete Aufwand bei Hochzeiten in Erfurt durch eine besondere Hochzeits-Ordnung des Kurfürsten von Mainz gebührend eingeschränkt wurde42. Seine Braut hieß Elisabeth Lämmerhirt, war geboren am 24. Febr. 1644, und Tochter des Kürschners Valentin Lämmerhirt, wohnhaft im Hause »zu den drey Rosen« auf dem Junkersande (jetzt Nr. 1285)43. Das Geschlecht der Lämmerhirts war den Bachs nicht fremd, schon Johann Bachs zweite Gattin Hedwig stammte daher, natürlich eine bedeutend ältere Verwandte Elisabeths. Aus dieser Ehe nun gingen sechs Söhne und zwei Töchter hervor44; ein erstes Kind muß zwischen den Jahren 1668 und 1671 geboren und bald wieder gestorben sein, darnach folgte als ältester der die Eltern überlebenden Söhne am 16. Juni 1671 Johann Christoph45. Im October desselben Jahres [171] siedelte Ambrosius nach Eisenach über, seinen Platz unter den Erfurter Stadtmusikanten, wie erwähnt, seinem Vetter Aegidius Bach überlassend. Neben der Ernährung seiner Familie übernahm er nun auch die Pflege und Sorge für eine unglückliche schwachsinnige Schwester, die jedoch im Jahre 1679 der Tod von ihrer bedauernswerthen Existenz erlöste. Es ist ein echt Bachischer Zug, daß die Brüder die bei dieser Gelegenheit gehaltene Leichenpredigt als Erinnerungszeichen gedruckt zu sehen wünschten, wie aus der an die drei Brüder und den Vetter Johann Christoph, den Sohn Heinrichs, gerichteten Dedication zu sehen ist. Der Redner wies mit Anknüpfung an den Spruch Luc. 12, 48: »Welchem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen«, auf die wunderbare Vertheilung der menschlichen Güter und Gaben hin, indem er sagte: »unsere im Herrn verstorbene Mit-Schwester war ein einfältiges Geschöpf, die nicht wußte, was rechts oder links; sie war, wie ein Kind. Sehen wir hingegen ihre Brüder an, so finden wir, daß sie eines guten Verstandes, mit Kunst und Geschicklichkeit begabt sind, die bei Kirchen, Schulen und gemeinem Stadtwesen sich wohl hören und sehen lassen, so gar, daß bei ihnen recht das Werk den Meister lobet.« Dieser Ausspruch verdient besonders darum Beachtung, weil er das einzige erhaltene Urtheil über Ambrosius Bachs Leistungen enthält46. Derselbe hat Eisenach bis an seinen Tod nicht wieder verlassen; dagegen war er wohl Grund, daß nicht nur Glieder seines eignen Geschlechtes, sondern auch des seiner Frau sich ebenfalls dort ansässig machten. Die Kinder, welche ihm weiterhin geboren wurden, folgten sich so: Johann Balthasar (geb. 4. März 1673, gest. Anfang April 1691); Johann Jonas (geb. 3. Jan. 1675); Maria Salome (geb. 27. Mai 1677); Johanna Juditha (geb. 26. Jan. 1680), welche ihren ersten Namen von Johann Pachelbel erhielt, damals schon Organisten an der Predigerkirche in Erfurt; Johann Jakob (geb. 9. Febr. 1682). Von allen diesen erreichten das erwachsene Alter nur Johann Jakob, und Maria Salome, welche sich an einen gewissen Wiegand, vermuthlich nach Erfurt verheirathete, und schon 1707 von den beiden[172] Schwestern nur allein noch übrig war. Der Mann, dessen Andenken dieses Buch gewidmet ist, beschloß als jüngster die Reihe von Ambrosius' Kindern; mit seinem Geburtsdatum werden wir einen neuen Abschnitt zu beginnen haben.

Ein zusammenfassender Rückblick aber auf die hiermit beendigte Geschichte seiner Vorfahren macht es einleuchtend, daß wir bei keinem andern Künstler ein größeres Recht haben, von ihm auf der Schwelle seines Lebens den echtesten Ausdruck deutschen Wesens zu erwarten, als bei Sebastian Bach. Vor Jahrhunderten schon hatten seine Ahnen auf dem Gebiete Deutschlands, das ihm zur Wiege wurde, gelebt und gearbeitet, sie waren, wie es die Thätigkeit des Bauern mehr als jede andre mit sich bringt, mit ihrer heimathlichen Scholle wie mit ihrem eignen Selbst verwachsen. Aus dieser seine Nahrung ziehend hatte sich das Geschlecht ausgebreitet, wie ein mächtiger Eichbaum seine Zweige nach allen Seiten treibt, aber niemals war die Gemeinsamkeit des starken Stamms vergessen worden. Durch Generationen hindurch hatten sie diejenige Musik gepflegt und vertreten, welche dem auf das Uebersinnliche gerichteten Geiste des Deutschen am meisten entspricht, und daher auch von ihm zur höchsten Vollendung geführt werden sollte: die instrumentale Musik und die an ihr sich vorzugsweise entwickelnde protestantisch-kirchliche Tonkunst. Von Geschlecht zu Geschlecht hatte sich die stets vergrößerte Summe musikalischer Erfahrungen und Gewöhnungen fortgepflanzt, war allmählig zu einem Theil des Bachischen Wesens geworden und konnte so den fruchtbaren Boden bilden für die glückliche Entfaltung eines Genies von unübertroffener Größe. Und was von jeher wir Deutsche als vaterländische Tugenden besonders uns beilegen durften, obgleich im Grunde jede wahre Kraftentwicklung sie zur Bedingung hat, schlichte Frömmigkeit und Ehrbarkeit der Sitte, wir finden sie in dem Geschlechte der Bachs vom Ursprung an treu gewahrt, ja es erschien diese Gesinnung als ein Hauptgrund ihres Zusammenhaltens, welches grade in den Zeiten großer sittlicher Verwilderung am engsten war. Während ihnen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts an den zahlreichen, rasch emporblühenden Capellen der deutschen Höfe glänzendere, reichere Loose in Anzahl winken konnten, traten sie nach wie vor als einfache Organisten und Cantoren in den Dienst der Kirche, oder pflegten das deutsche Kunstpfeiferthum [173] im Volke und kamen mit den Höfen nur in flüchtige Berührung. Frömmigkeit war damals ein wahrer Schatz, und Kirche und Geistlichkeit ein Hort höherer Bildung. So konnte nun auch leichter der wiederum dem deutschen Wesen vorzüglich eigne Zug sich entwickeln, welcher in der Zeit nach dem Kriege besonders bedeutungsvoll ward: eine ideale Auffassung von Leben und Lebensberuf, und damit eine erhöhete Meinung von dem Wesen und der idealen Bedeutung der Kunst. Es giebt keinen stärkeren Gegensatz, als den zwischen italiänischen und deutschen Künstlern von damals! Dort bei großen, aber mehr glänzenden, als tief gegründeten Eigenschaften wie viel Uebermuth, Eitelkeit, Habsucht und Sittenlosigkeit! Hier ein bescheidenes, selbstloses Schaffen im engsten Kreise, oftmals ein mit Noth ringendes, aber in fester Pflichttreue hingebrachtes Dasein, ein einfacher, vor den Wogen des großen Lebens sich zurückziehender Familiensinn! Dabei aber im tiefen Innern ein Wachsen und Weben erhabener Kunstgestalten, manchmal nur erst träumerisch und wie im Nebel von der künstlerischen Phantasie geschaut und mit tastender Hand geformt, dann aber auch wieder mit Klarheit in der Tiefe erfaßt und mit einer Wärme und Innigkeit zu Tage gebildet, die noch heute nichts von ihrer Wirkung eingebüßt hat. Gewiß! ein Johann Christoph Bach hätte mit seinen köstlichen Motetten ein volles Recht gehabt, neben die blendenden Productionen italiänischer Meister hinzutreten, wenn es ihm hätte einfallen können, seine Person zur Geltung zu bringen; aber ihm galt nur die Kunst, und dieser zu dienen war sein einziger Stolz. Viel erkennbaren Einfluß auf die Richtung Bachschen Wesens übte auch das Thüringerland, an dem sie mit so großer Zähigkeit hingen. Diese Einsamkeit der Wälder und Thäler, die auch in unsrer alles überfluthenden Zeit noch hier und da das beglückende Gefühl zu erwecken vermag, als sei die bunte Welt hinter den Bergen versunken, deren eigner Zauber selbst Goethes reichen Geist mehr als fünfzig Jahre seines Lebens fesseln konnte, schwebte über dem Lande mit weit mächtiger ausgespanntem Fittiche noch hundert Jahre zuvor. Sie machte den Blick nach außen umschränkt, und vertiefte das innere Leben, aus dessen geheimnißvollem Schacht vor allem die Kunst der Musik ihre Nahrung zieht. Sie ganz besonders färbte auch den eigenthümlich religiösen Geist, der aus den Werken eines Christoph und Sebastian Bach zu uns redet. [174] Beethovens Pastoralsymphonie, in der die Natur zum großen Tempel wird, und Sebastian Bachs der Kirche geweihte Orgel-Praeludien und -Fugen, durch welche es hindurchzieht, wie das Rauschen durch die Kronen gewaltiger Eichen, sie entströmen denselben Quellen des Gefühls.

Kaum einen zweiten Künstler möchte es geben, von dessen eigenstem Wesen sich die Wurzeln nachweislich durch zwei Jahrhunderte hinabsenken. Das ausgeprägt Nationale einer Natur schließt freilich auch nothwendig eine gewisse Einseitigkeit in sich, und es ist ja eine in Kunstsachen nicht allzu häufig überwundene Schwäche aller Deutschen gewesen, das ideale Moment vor dem formalen zu bevorzugen, während doch nur vollständiges Gleichgewicht beider das vollendete Kunstwerk ergiebt. Aber gegen die Gefahr, welche allen der Instrumentalmusik ergebenen Componisten droht, sich in einen bodenlosen Subjectivismus zu verlieren, der zuletzt in künstlerische und ethische Entsittlichung hineinführt, mußte wiederum, wie kein andres Mittel, jene Jahrhunderte alte, auf den edelsten Grundlagen ruhende, alt-Bachische Tradition, die alles überkommene heilig hielt, einen Mann schützen, dessen gigantisch wogendes und brandendes Gefühlsleben wohl die Kraft besaß, alle bestehenden Formen zu überfluthen, und dort ein Chaos erscheinen zu lassen, wo sich jetzt Kunstwerke von märchenhafter Pracht erheben. So hob ihn nicht nur der gute Genius seines Geschlechts, sondern er beschützte ihn auch.

Wer die Tiefe des Wesens unseres Volkes erkennen, und wer die Zeit am Beginn des 18. Jahrhunderts culturhistorisch würdigen will, muß auf die Erscheinung Sebastian Bachs sein Auge richten, die, als noch alles ringsum todt und öde war, wie ungeahnt und durch einen Zauber hervorgerufen kam, der Wasserlilie gleich, die aus geheimnißvoller Tiefe über die graue und einförmige Fläche des Sees heraufgesendet wird, ein prangendes Zeugniß des nie ersterbenden Lebens im Schooße der Natur und der Zeiten. Nach einer Periode tiefster Gesunkenheit des deutschen Volkes ist Sebastian Bach die erste beseligende und volle Bürgschaft eines neu beginnenden geistigen Frühlings.

Fußnoten

1 Nach der Genealogie.


2 Nicht »Wettin«, wie die Ferrichsche Genealogie schreibt und auch gedruckt worden ist.


3 Meine Versuche, dies noch amtlich festgestellt zu sehen, waren vergeblich.


4 Im fürstl. Archiv zu Sondershausen findet sich ein kleines ihn betreffendes Actenstück vom 13. Nov. 1654; dagegen kommt am 16. April 1653 sein Name noch in den erfurtischen Pfarr-Registern vor.


5 Diese von der Genealogie abweichenden Daten nach den arnstädtischen Pfarr-Registern.


6 Ein Exemplar dieser vermuthlich jetzt sehr seltenen Druckschrift bewahrt das Rathsarchiv zu Mühlhausen i. Th. (O. 5 Nr. 5). Vollständiger Titel: »KayserlicheCONFIRMATION der Artickel deß Instrumental-Musicalischen Collegii in dem Ober- und Nieder-Sächsischen Crais, und anderer interessirten Oerter«. Fol. In den folgenden Mittheilungen habe ich mir hinsichtlich der Interpunction und Orthographie, auch einiger ungewöhnlicher Ausdrücke und Provinzialismen manche Freiheit im Aendern gestattet.


7 S. Mattheson, Critica musica II, 217 und 262.


8 J. Fr. Mente in Matthesons »Ehrenpforte«, S. 414 und 415.


9 Der wohlgeplagte etc. Cotala, S. 3. Mehr auf die Schilderungen dieser Schrift, als auf eigne Beobachtungen gründen sich augenscheinlich Matthesons Betrachtungen über die Ausbildung eines Kunstpfeifer-Lehrlings im »Neu-Eröffneten Orchestre«, S. 14 und 15.


10 Vergl. Praetorius, Syntagma musicum III, 18. Die dort angedeuteten Proben sind in Auflösung mitgetheilt bei Hilgenfeldt, Joh. Sebast. Bachs Leben, Wirken und Werke. Leipzig, Fr. Hofmeister. 1850. Beilage 1 und 2. – Eine hübsche Schilderung solcher Scherze bei Winterfeld. Zur Geschichte heiliger Tonkunst II, 281 und 282.


11 »Quodlibet ist ein von allerhand lustigen Texten zusammengesetztes Stücke, wanns sich gleich nicht ordentlich auf einander schicket.« F.E. Niedts musikalische Handleitung, Th. 2, 2. Aufl., herausg. von Mattheson (Hamburg, 1721), S. 103. – Forkel, Ueber Joh. Seb. Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Leipzig, Hoffmeister und Kühnel. 1802. S. 3 und 4.


12 Nach der Angabe der Genealogie und dem übereinstimmenden Register der Kaufmannskirche. Ferrich, dessen abweichende Angaben in Sachen seiner directen Verwandten sonst Glauben verdienen, nennt hier merkwürdiger Weise das Jahr 1641.


13 Themarische Kirchen- und Schulacten auf dem herzogl. Archiv zu Meiningen. – Brückner, Landeskunde des Herzogthums Meiningen II, S. 239.


14 Datum nach der Ferrichschen Genealogie. – In den Erfurter Rathsprotokollen vom 28. April 1675 werden die sehr ärmlichen Verhältnisse eines Georg Christoph Bach erwähnt, der damals sich in Erfurt befunden haben muß. Identisch mit dem obengenannten kann er also nicht wohl sein; ich weiß ihn aber auch sonst nicht unterzubringen.


15 Nachmittags um 3 Uhr, lautet der genaueste Bericht der Ferrichschen Genealogie. Daß er späterhin in Schweinfurt Cantor geworden sei, ist ein Irrthum Philipp Emanuels.


16 Das hier gegebene beruht auf Reproduction dessen, was die Ferrichsche Genealogie, die im Besitz von Fräulein Emmert in Schweinfurt befindliche fragmentarische Genealogie nebst dem Stammbaume, und die Pfarrbücher zu Schweinfurt bieten. S. Anhang B. III.


17 Consistorial-Protokolle vom 2. Mai 1673.


18 Consistorial-Protokolle vom 8. März 1681.


19 Fürstl. Archiv zu Sondershausen. Fach für Hof-Diener und Handwerker, fol. 13 und ff.


20 D.h. sie hätten die Sache nur in vorläufige Ueberlegung gezogen.


21 D.h. in Bezug auf die W.


22 Der Name eines Arnstädter Bürgers.


23 D.h. sich von ihr zurückgezogen.


24 Consistorial-Protokolle vom 23. März 1680 und 7. Jan. 1681. Im übrigen beruhen diese und die folgenden Mittheilungen auf Acten des Sondershäuser Archivs: »Von Johann Christoph Bachen, dem Hoff-Musico in Arnstadt, 1671–1696«, und des Arnstädter Raths-Archivs. Einiges hiervon, sowie auch andere, verschiedene Glieder der Bachschen Familie betreffende Documente aus diesen archivalischen Quellen hat vor Jahren Fr. Beisker in ziemlich fehlerhafter und dilettantischer Weise veröffentlicht in G.W. Körners Urania. Erfurt und Leipzig, 1861.


25 Acten des Haupt-Archivs zu Weimar, die Bestallung der Hof-Musikanten und Kammermusik betreffend.


26 Die betreffenden Acten sind im Gesammt-Archiv zu Dresden.


27 Nach einer Besoldungsliste auf dem Archiv zu Sondershausen.


28 Walther im Lexicon, S. 217. Dieser ist nach Casp. Wetzels Analecta hymnica I, 4. Stück, S. 28 ff. die hauptsächlichste gedruckte Quelle über Drese.


29 Mattheson, Ehrenpforte, S. 341. Dies zur Ergänzung von Gerbers Citat: N.L. I, Sp. 936.


30 Winterfeld, Evang. Kirchenges. II, 603.


31 Joh. Christoph: Olearii Historia Arnstadiensis. Jena (Arnstadt), 1701. S. 43 ff.


32 Die sich alle auf dem Sondershäuser Archiv befinden.


33 Vorher muß er kurze Zeit Hofmusicus in Weimar gewesen sein, nach einer Andeutung im dortigen Archiv.


34 Am 12. Juli 1698 bittet Peter Wenigk aus Gotha um Anstellung, wenn vielleicht der Graf bei Einweihung der neuen Schloß-Capelle (1700) »eine kleineCapell-Music gnädigst zu stabiliren gesonnen sein« möchte.


35 Winterfeld, Ev. Kircheng. III, 276, dem es dann von andern nachgeschrieben worden ist.


36 Was überhaupt damals den deutschen Musikern zugemuthet ward, während die italiänischen Sänger und Sängerinnen an den Fürstenhöfen in Sänften zu jeder Vorstellung abgeholt wurden, davon macht man sich jetzt kaum einen Begriff. Ein Mitglied der herzoglichen Capelle in Weimar zu Seb. Bachs Zeit, Joh. Philipp Weichardt, studirte während dem in Jena die Rechte, und mußte jeden Sonntag von dort den Weg zur Kirchenmusik nach Weimar machen, und zurück.


37 D.h. zur Kirchen- oder zur Tafel-Musik.


38 Walther, Lexicon, S. 284.


39 Nach dem auf dem Archiv zu Sondershausen befindlichen Materiale.


40 Acten, die Mädchenlehrer- und Organisten-Stelle in Keula betr., 1726 bis 1751 (Archiv zu Sondershausen).


41 Nach der Stammtafel bei Korabinsky. Hilgenfeldt giebt 1730 an, wohl durch ein bei Benutzung Korabinskys entstandenes Versehen. Die einmal erwähnte Tochter von Ambrosius Bachs Zwillingsbruder hieß Barbara Katharina, geb. 14. Mai 1680.


42 Vergl. Hartung, Häuser-Chronik der Stadt Erfurt, S. 303 ff.


43 S. Anhang A. Nr. 8.


44 Nach der Genealogie.


45 Nach Brückners Kirchen- und Schulen-Staat, Th. III, Stück 10. S. 95.


46 Die Leichenpredigt des M. Valentin Schrön auf Dorothea Maria Bach (geb. 10. April 1653), gedruckt zu Eisenach 1679, befindet sich auf der herzogl. Bibliothek zu Gotha. Von Töchtern Christoph Bachs wird außerdem noch eine Barbara Maria erwähnt, geb. 30. April 1651.

Quelle:
Spitta, Philipp: Johann Sebastian Bach. Band 1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1873.
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