Die Geburt des ersten Sohnes

[175] Aus Mozarts Briefen an den Vater;

Wien, am 7. und 18. Juni 1783


... Meine Frau wollte meiner Schwester gerne selbst schreiben, allein in dermaligen Umständen muß man ihr es schon zugute halten, wenn sie ein wenig commod – zu teutsch – gelegen ist. – Vermög der Untersuchung der Hebamme hätte sie schon den 4ten dieses niederkommen sollen – allein ich glaube nicht, daß vor dem 15ten oder 16t etwas daraus werden wird. Sie wünscht es sich je eher je lieber, besonders, um desto bälder so glücklich zu seyn, Sie und unsre liebe Schwester [175] mit mir in Salzburg zu umarmen. – Da ich nicht glaubte, daß aus dem Spaß so geschwind Ernst werden könnte, so verschob ich immer, mich auf die Knie niederzulassen, die Hände zusamm zu halten und Sie, mein liebster Vater recht untertänig zu Gevatter zu bitten! – Da es nun aber vielleicht noch Zeit ist, so tue ich es halt itzt. – Unterdessen (in getröster Hoffnung, daß Sie es mir nicht abschlagen werden) habe ich, seit die Hebamme den visum repertum eingenommen, schon dafür gesorgt, daß jemand das Kind in Ihrem Namen hebt, es mag generis masculini oder feminini seyn. – Es heißt halt: Leopold oder Leopoldine ...


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Ich gratuliere, Sie sind Großpapa! – Gestern früh, den 17ten um halb 7 Uhr ist mein liebes Weib glücklich mit einem großen, starken, kugelrunden Buben entbunden worden; – um halb 2 Uhr nachts fingen die Schmerzen an – folglich war es mit dieser Nacht um alle Ruhe und Schlaf für beide getan. – Um 4 Uhr schickte ich um meine Schwiegermutter – und dann um die Hebamme; – um halb 7 Uhr war alles vorbey. – Meine Schwiegermutter bringt nun alles das Ueble, was sie ihrer Tochter ledigerweise zugefügt hat, nun wieder mit allem Guten herein, – sie bleibt den ganzen Tag bei ihr.

Mein liebes Weib, welche Ihnen die Hände küßt und meine liebe Schwester von Herzen umarmt, befindet sich, so viel es diese Umstände zulassen, recht gut. Ich hoffe zu Gott, daß, da sie sich gut hält, sie ihr Kindbett auch glücklich überstehen wird ...

Nun wegen der Gevatterschaft! – Hören Sie, was mir geschehen ist. – Ich ließ die glückliche Entbindung meiner Frau gleich dem Baron Wetzlar (als meinem wahren guten Freund) benachrichtigen; – er kam gleich darauf selbst – und offrirte sich zum Gevattern. [176] – Ich konnte es ihm nicht abschlagen – und dachte bei mir, ich kann ihn deswegen doch Leopold nennen – und als ich das dachte – so sagte er voll Freuden – ah, nun haben Sie einen Raymundl – und küßte das Kind – was war also zu tun? – Ich ließ den Buben also Raymund Leopold taufen62 ...

Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 175-177.
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