Erstes Kapitel.

Die Jahre 1796–97.

Beethoven in Prag und Berlin.

Wir nehmen den Gang unserer Erzählung mit dem Jahre 1796 wieder auf, dem 26. Lebensjahre Beethovens, dem vierten seines Aufenthaltes in Wien.

War er auch noch nicht offiziell von seinen Verpflichtungen gegen den Kurfürsten Max Franz entbunden, so war er doch tatsächlich derselben ledig, und alle seine Beziehungen zu Bonn und seinen Bewohnern waren abgebrochen. Wien war seine Heimat geworden, und es liegt kein Grund zu der Annahme vor, daß er jemals in späterer Zeit einen wirklichen und bestimmten Vorsatz gehabt hätte, dieselbe mit einer andern zu vertauschen, nicht einmal im Jahre 1809, als er einen Augenblick daran dachte, der Einladung Jerome Bonapartes nach Kassel Folge zu geben.

Seine kontrapunktischen Studien bei Albrechtsberger hatte er nunmehr beendet; er war der erste unter den Klavierspielern der Hauptstadt, und sein Name erhöhte jetzt die Anziehungskraft des Konzerts, welches Haydn nach der Rückkehr von seinen Londoner Triumphen gab, um einige seiner neuen Werke den Wienern vorzuführen. Seine »Meisterhand« auf dem Felde der musikalischen Komposition war bereits öffentlich anerkannt; er zählte mehrere Adlige von höherem Range unter seine persönlichen Freunde, und im Hause des Fürsten Karl Lichnowsky war er fast völlig Mitglied der Familie gewesen – war es vielleicht noch. Die schnelle Verbesserung seiner pekuniären Lage hätte auch ein ruhigeres und gleichmäßigeres Temperament als das seinige in Aufregung bringen können; drei Jahre vorher notierte er noch ängstlich die wenigen Kreuzer, die er gelegentlich für Kaffee und Schokolade »für Haidn und mich« ausgegeben hatte; jetzt hielt er seinen eigenen Bedienten und sein eigenes Pferd. Seine Brüder mochten immer noch eine [5] Last für ihn sein; jedenfalls war aber dieselbe keine drückende mehr. Karl (Kaspar) erlangte infolge des besten Unterrichtes, den er jetzt überhaupt erhalten konnte, sehr bald einen gewissen Erfolg in seinem musikalischen Berufe, und da er wahrscheinlich von Ludwig gelegentlich durch Geld und durch Versorgung mit Schülern unterstützt wurde, so verdiente er genug, um bequem zu leben, während Johann eine gesicherte Stellung in jenem Apothekergeschäfte »Zum heiligen Geist« erhalten hatte, welches noch bis gegen 1860 (Beginn der Stadterweiterung) im »Bürgerspital« zwischen dem fürstlich Schwarzenbergschen Palais und dem alten Kärntnertor in der Kärntnerstraße bestand, jetzt in der Verlängerten Operngasse 16. Sein Einkommen war natürlich gering, und wir werden sehen, daß ihm Ludwig seinen Beistand anbot für den Fall, daß er dessen bedürftig wäre, während dies bei Karl nicht geschah. Doch verbesserte sich Johanns Lage allmählich, und nach Verlauf weniger Jahre war er imstande, genug zu ersparen, um ohne Unterstützung seines Bruders sich selbständig zu machen und sein eigenes Geschäft zu etablieren1.

»Das Schicksal war Beethoven jetzt günstig geworden«, und eine letzte Mitteilung aus jenem Notizbuche, welches wir in den vorigen Kapiteln so oft angeführt haben, wird uns zeigen, mit welchem Mute er entschlossen war, sich die dauernde Gunst des Glückes zu verdienen. Wenn wir dem alten Irrtum über sein wirkliches Alter Geltung einräumen wollten, dann würde jene Notiz in eine um ein oder zwei Jahre spätere Periode gehören; aber sollte es nicht einer jener Auszüge aus Büchern und periodischen Schriften sein, wie er sie sein ganzes Leben lang so gern machte?2 Die Worte lauten so: »Muth. Auch bei allen Schwächen des Körpers soll doch mein Geist herrschen. – 25 Jahre sie sind da, dieses Jahr muß den völligen Mann entscheiden. – Nichts muß übrig bleiben.«

[6] Und nun wollen wir die Erzählung der Ereignisse nach ihrer chronologischen Folge wieder aufnehmen.

Wie das Jahr 1795 mit einem öffentlichen Auftreten Beethovens als Klavierspieler und Komponist geendet hatte, so begann er auch das Jahr 1796 mit einem solchen; und wie vorher in einem Konzerte Haydns, so spielte er diesmal in einem von der nachmals berühmten Sängerin Signora Bolla gegebenen Konzerte, welches am 8. Januar im kleinen Redoutensaale stattfand. Auch bei dieser Gelegenheit trug er ein Klavierkonzert vor3.

Für die Ereignisse der nächstfolgenden Zeit ist Wegeler unser Gewährsmann. »Im Januar 1796«, sagt derselbe (Nachtr. S. 18) »finden die beiden älteren Brüder von Breuning, Christoph und Stephan, ihn [Beethoven] zu Nürnberg, auf der Rückkehr nach Wien. Von welcher Reise er kam, ist nicht angegeben. – Da sie alle drei keinen Paß von Wien hatten, so wurden sie in Linz angehalten, doch bald, durch mein Verwenden in Wien, befreit.« Aus einem Schreiben Stephans von Breuning an seine Mutter vom Januar 1796 führt er (S. 19) folgendes an: »Beethoven reiste von Nürnberg aus immer mit uns in Gesellschaft; so erregten denn drei Bonner die Aufmerksamkeit der Polizei; diese glaubte wunder, was sie entdeckt habe. Ich glaube nicht, daß ein weniger gefährlicher Mann gefunden werden kann, als Beethoven.« Wegelers Vermutung, daß Beethoven sich vielleicht auf der Rückreise von Berlin befunden habe, ist natürlich außer der Frage. Aber zwischen dem Datum von Haydns Konzert (18. Dezember 1795) und dem Briefe Stephans von Breuning, wenn wir uns denselben gegen Ende Januar geschrieben denken, war selbst in jenen Tagen des Postwagenverkehrs hinlänglich Zeit, um eine Reise nach Prag und von dort quer durchs Land nach Mergentheim oder Ellingen zu unternehmen, an welchen Orten [7] sich damals Kurfürst Max Franz vorübergehend aufhielt. Die Notwendigkeit, genau zu wissen, in welchen Beziehungen er in Zukunft zum Kurfürsten stehen werde, erklärt hinlänglich Beethovens damaligen Aufenthalt in Nürnberg4, namentlich wenn er, was nicht unwahrscheinlich ist, Gelegenheit gehabt hatte, während der Weihnachtsfeiertage Prag zu besuchen. Wenigstens sagt Dlabacz in einem Abschnitte seines Künstlerlexikons: »v. Beethoven, ein Konzertmeister auf dem Pianoforte. Im J. 1795 gab er eine Akademie in Prag, in welcher er mit allgemeinem Beifall spielte.« Allerdings könnte sich Dlabacz hier eines Konzerts erinnern, welches etwa während Beethovens Aufenthalt in der böhmischen Hauptstadt einige Wochen später gegeben wurde. Doch hat sich erstlich keine weitere Notiz über ein derartiges Konzert gefunden; und ferner konnte der allgemeine Beifall bei dieser Gelegen heit leicht ein Beweggrund für Beethoven gewesen sein, so bald dorthin zurückzukehren.

Unter allen Umständen war sein Aufenthalt in Wien nach seiner Rückkehr von Nürnberg ein kurzer; derselbe war ohne Zweifel ausgefüllt durch die letzte Korrektur der Sonaten Op. 2, welche Haydn gewidmet sind, der sechs Menuetts (zweiter Teil), der Variationen über das Thema aus dem Ballett »Le nozze disturbate« und jener über »Nel cor più mi sento«. Alle diese Werke wurden im Laufe der nächsten zwei Monate [8] in der Wiener Zeitung angezeigt, während ihr Verfasser wieder in Prag oder schon in weiter entfernten Gegenden sich befand.

Folgenden Brief5 aus jener Zeit verdanken wir der Mitteilung von Frau van Beethoven, der Witwe des Neffen Karl:


»An meinen Bruder Nicholaus Beethoven

abzugeben in der Apotheke beim Kärnthner Thor.

Herr von Z.6 hat nur die Güte diesen Brief dem Perückenmacher zu übergeben, der ihn bestellen wird.


Prag, den 19ten Februar. [1796]


Lieber Bruder!


nun daß du doch wenigstens weist, wo ich bin und was ich mache, muß ich dir doch schreiben. Fürs erste geht mir's gut, recht gut. Meine Kunst erwirbt mir Freunde und Achtung. was will ich mehr. auch Geld werde ich diesmale7 ziemlich bekommen. ich werde noch einige woche verweilen hier, und dann nach Dresden, Leipzig und Berlin reisen. da werden wohl wenigstens 6 wochen dran gehen bis ich zurückkomme. – Ich hoffe daß dir dein Aufenthalt in Wien immer besser gefallen wird. Nim dich nur in Acht vor der ganze Zunft der schlechten Weiber. Bist du schon bei Vetter Elss gewesen? Du kannst mir einmal hieher schreiben wenn du Lust und Zeit hast.

F. Linowski wird wohl bald wieder nach Wien, er ist schon von hier weggereist-wenn du allenfalls geld brauchst, kannst du keck zu ihm gehen da er mir noch schuldig ist. übrigens wünsche ich daß du immer glücklicher leben mögest und ich wünsche etwas dazu beitragen zu können. Leb' wohl lieber Bruder und denke zuweilen

an deinen wahren

treuen Bruder

L. Beethoven.

Grüß bruder Caspar8.

meine addresse ist

im goldenen Einhorn auf

der Kleinseite.«


Wir sind Johann van Beethoven sicherlich großen Dank schuldig, daß er diesen Brief, trotz aller später zwischen den Brüdern eingetretenen Mißverhältnisse, ein halbes Jahrhundert lang sorgfältig aufgehoben und ihn dann den Seinigen hinterlassen hat; denn er ist von ebenso großem [9] Werte und Interesse für die Tatsachen, die er unmittelbar feststellt, wie für das, was er mehr oder weniger klar andeutet und vermuten läßt.

Abgesehen von anderen Betrachtungen macht derselbe es wohl beinahe gewiß, daß Beethoven damals mit dem Fürsten Lichnowsky nach Prag gereist war, ähnlich wie Mozart sieben Jahre früher, und daß er, als er Wien verließ, noch nicht die Absicht hatte, seine Reise weiter auszudehnen. Ermutigt jedoch durch den Erfolg, faßte er, wie er seinem Bruder schreibt, rasch den Entschluß, seine Reise zu verlängern und noch andere Orte zu besuchen, um sowohl seine Kenntnisse und Erfahrungen zu bereichern, als auch Ruhm und äußere Vorteile zu erwerben. Wenn er diese Reise schon in Wien projektiert hätte, wie konnte dann Wegeler jede Erinnerung an dieselbe verloren haben? Wie konnte Breuning in dem oben zitierten Briefe jede Erwähnung derselben unterlassen? Ebensowenig ist es möglich zu denken, daß Beethoven, noch so jung und außerhalb der österreichischen und böhmischen Hauptstädte so unbekannt – er, der dort, und dort allein so manche mächtigen und einflußreichen Freunde hatte, – gerade damals weggegangen wäre, um anderswo eine dauernde Anstellung mit festem Gehalte zu suchen. Die uns erhaltenen Äußerungen, welche Beethoven bei Gelegenheit schriftlicher Unterhaltungen tat, und welche einen Wunsch nach einer solchen Anstellung ausdrücken, gehören alle in eine spätere Periode; es hieße der Sprache Gewalt antun, wollte man sie in die gegenwärtige verlegen, in welcher er mit wohlbegründeten Hoffnungen und sicherem Vertrauen auf sein Fortkommen in seiner neuen Heimat in die Zukunft schauen konnte. Wien schien ihm die völlige Befriedigung seines ganzen Ehrgeizes zu versprechen; warum hätte er sein Glück außerhalb der Mauern desselben suchen sollen?

Erfreulich ist es, die Sorge für das Wohlergehen seines Bruders Johann zu beobachten, eine Sorge, deren der andere ohne Zweifel nicht bedurfte. Wodurch aber Fürst Lichnowsky in Beethovens Schuld sein konnte, vermögen wir nicht anzugeben.

Wir haben reichliches Material zu einer Darstellung der musikalischen Verhältnisse von Prag zu jener Zeit; doch würde eine solche hier überflüssig sein. Es mag genügen anzuführen, daß das musikalische Publikum noch eben jenes war, welches kurze Zeit vorher durch die unmittelbare und edle Würdigung Mozarts sich ein Ehrenzeugnis ausgestellt und den unsterblichen Werken desselben, Figaro, Don Juan und Titus, eine. so glänzende Aufnahme bereitet hatte. Da sich dort kein kaiserlich-königlicher Hof befand und die öffentlichen Vergnügungen weniger zahlreich waren [10] als in Wien, so war der Adel zum Zwecke seiner Erholung mehr auf seine eigenen Hilfsquellen angewiesen. Infolgedessen war, abgesehen von dem traditionellen Geschmacke der Böhmen für Instrumentalmusik, ihre Hauptstadt vielleicht ein besseres Feld für den Virtuosen als Wien selbst. Außerdem waren die großen Orgeln in den Kirchen den Künstlern geöffnet, und es würde uns nicht überraschen, wenn künftig noch einmal entdeckt werden sollte, daß der Hoforganist von Bonn seine Fähigkeiten damals auch auf diesem Instrumente gezeigt habe. Es hat sich keine Notiz von irgendeinem öffentlichen Konzerte gefunden, welches Beethoven bei diesem Besuche gegeben hätte; weder die Zeitungen jener Tage, noch die Erinnerungen von Tomaschek und anderen wissen von einem solchen. Das Geld, welches er »diesmale ziemlich« bekam, muß also in den Geschenken des Adels bestanden haben, welche er für sein Spiel in ihren Salons und vielleicht für Kompositionen erhielt.

Mit Beethovens Aufenthalt in Prag hängt der gewöhnlichen Annahme nach die Entstehung der ArieAh perfido, spergiuro zusammen. Dieselbe stützt sich darauf, daß Beethoven auf den Umschlag einer von ihm revidierten Abschrift (im Besitze von Al. Fuchs) geschrieben hatte: Une grande Scene mise en Musique par L. v. Beethoven à Prague 1796. Auf der ersten Seite steht dann: Recitativo e Aria composta e dedicata alla Signora Contessa Di Clari Da L. v. Beethoven (die Opuszahl 46 auf diesem Titel ist von Al. Fuchs' Hand). Nun sang Madame Duschek aus Prag, die bekannte Freundin Mozarts, am 21. November 1796 in einem Konzerte zu Leipzig »eine italienische Szene, comp. für Mad. Duschek von Beethoven«9, und es lag nahe (vgl. II. Bd. 1. Aufl. S. 8–9) daraus zu schließen, daß die Arie in der Tat für Mad. Duschek geschrieben war. Auf einem Skizzenblatte in Berlin kommen nun aber neben anderen Skizzen Stellen aus der Arie Ah perfido vor, von denen eine mit der gedruckten Form nicht übereinstimmt; am unteren Rande der ersten Seite ist wieder bemerkt: pour Mademoiselle la Comtesse de Clari10. Nottebohm vermutete deshalb, daß die Arie schon vor der Prager Reise [11] und schon 1795 in Wien geschrieben sei. Jedenfalls wird man die obige Jahreszahl 1796 nur auf die Beendigung der Arbeit in Prag beziehen dürfen, und diese mag wohl den Zweck gehabt haben, daß sie von Frau Duschek gesungen werden sollte, welche hiernach sicher zu Beethovens Prager Freunden gehörte. Tatsächlich war die Arie nach diesen zusammentreffenden und voneinander unabhängigen Bemerkungen für die Gräfin Josephine Clary, eine bekannte Gesangsdilettantin, bestimmt, die sich 1797 mit dem Grafen Christian Clam-Gallas vermählte. Das Werk erschien erst im Herbst 1805 in einer von Hoffmeister und Kühnel veranstalteten Sammlung11. Beethoven setzte es auch auf das Programm seines Konzerts von 1808.

Wenn man bei der Ausarbeitung dieser Arie, vielleicht schon bei der Anregung zu derselben, den Einfluß Salieris sich wirksam denkt, so wird man wohl nicht fehlgehen; denn dieser Einfluß war sicher damals auf seiner Höhe. Daß damit aber nicht alles gesagt ist, erscheint ebenso selbstverständlich; das Werk trägt in Inhalt und Ausführung den echten Stempel Beethovens. Die Form hat er überkommen; es ist die von Mozart her jedem bekannte eines längeren begleiteten Rezitativs und einer Arie in zwei Teilen, einem langsameren und einem schneller bewegten. In dem Rezitativ spricht sich, in verschiedenen Schattierungen, der heftige Schmerz eines verlassenen Mädchens über die Treulosigkeit ihres Geliebten aus; der erste Teil der Arie beruhigt die racherfüllten Gedanken und versenkt sich noch einmal in das vergangene Glück, dessen Verlust sie nicht überleben kann; der zweite ruft in lebhafter, ausdrucksvoller Weise das Mitleid an. Die Deklamation der Worte (Beethoven hat sich offenbar mit dem Italienischen vertraut gemacht) ist überall tadellos, mehrfach überraschend schön; die Forderungen, welche an den Umfang der Stimme und an die Gesangstechnik gestellt werden, sind nirgendwo übermäßig und immer dem Inhalte entsprechend; darüber hinaus aber ist die Schönheit der melodischen Erfindung und die Wahrheit des Ausdrucks aufs höchste zu bewundern, und neben dem freilich stark bemerkbaren Mozartschen Einfluß doch das edle Pathos und die schöne Maßhaltung, wie sie Beethoven charakterisiert, nirgendwo zu verkennen. Auch jetzt noch wird diese Arie gern gesungen und gehört, in welcher Beethoven die italienischen Formen noch ganz in gutem Glauben als naturgemäßen Ausdruck ganz bestimmter Leidenschaft verwendete12.

[12] Eine andere Familie, in welcher er freundschaftlich aufgenommen wurde, war die des Appellationsrats Kanka. Sowohl der Vater wie der Sohn waren Dilettanten in der Komposition13 und im Spiele von Instrumenten – der Vater auf dem Violoncell, der Sohn auf dem Klavier. Gerber gibt ihnen eine Stelle in seinem Lexikon. »Fräulein Jeannette« (die Tochter), sagt der lobrednerische Schönfeld14, »spielte das Pianoforte mit vielem Ausdrucke und Fertigkeit.« Der Sohn ergriff den Beruf seines Vaters, wurde ein ausgezeichneter Schriftsteller über böhmisches Recht und leistete Beethoven in späteren Jahren (1816 ff.) als Rechtsbeistand gute Dienste.

In der Sammlung von Artaria findet sich ein starkes Faszikel von Skizzen und musikalischen Bruchstücken von Beethovens Hand, worin Papiere von der Bonner Periode bis zum Ende des Jahrhunderts in solcher Unordnung zusammengehäuft sind, daß man sieht, daß sie nur zum Zwecke der Aufbewahrung so verbunden sind. Ein Blatt, nur Skizzen enthaltend, trägt, wenn wir es richtig entziffert haben, diese Aufschrift: »Geschrieben und gewidmet der Gr. C. G. als Andenken seines Aufenthalts in P.«; und noch einige fernere unleserliche Worte. Könnte nicht noch irgendeine bisher unbekannte Komposition Beethovens im Besitze der Familie Clam-Gallas sein? Graf Christian und seine zwei Töchter werden von Schönfeld unter die geschickten Klavierspieler Prags gerechnet15.

Mit diesen wenigen Notizen ist unsere Kenntnis von dem damaligen Besuche Beethovens in Prag erschöpft. Wir finden ihn zunächst in Berlin wieder. Es hat sich keine Andeutung über den vorgehabten Besuch in Dresden und Leipzig gefunden, obgleich ihn doch, wie es scheint, seine Reise durch die sächsische Hauptstadt führen mußte. In späteren Jahren erzählte er gern von seinem Aufenthalte in Berlin, und einige Einzelheiten sind auf diese Weise erhalten worden. »Er spielte«, erzählt Ries (S. 109), »einigemal bei Hofe (beim Könige Friedrich Wilhelm II.), wo er auch die zwei Sonaten mit obligatem Violoncello, Opus 5, für [13] [Pierre] Duport (ersten Violoncellisten des Königs) und für sich componierte und spielte. Beim Abschiede erhielt er eine goldene Dose mit Louisdor gefüllt. Beethoven erzählte mit Selbstgefühl, daß es keine gewöhnliche Dose gewesen sei, sondern eine der Art, wie sie den Gesandten wohl gegeben werde.«

König Friedrich Wilhelm II. teilte die Liebe seines Onkels Friedrich des Großen für Musik, während sein Geschmack besser und gebildeter war. Sein Instrument war das Violoncell, und er übernahm häufig eine Stimme in Quartetten und zuweilen sogar bei den Proben italienischer Opern. Das Hamburger politische Journal teilt uns unterm 20. Februar 1796 mit, daß derselbe am vorherigen Tage in das Konzert im Gasthof zur Stadt Paris gegangen und bis zum Ende geblieben sei; daß der König und die Prinzen einfach leben, und daß sein Vetter – Louis Ferdinand – Griechisch lerne.

Friedrich Wilhelm übte einen bedeutenden und dauernden Einfluß zum Guten auf den musikalischen Geschmack von Berlin. Er war es, der die Aufführungen der Gluckschen und Mozartschen Opern daselbst veranlaßte und die Händelschen Oratorien in die Hofkonzerte einführte. Bekannt ist auch, daß der in Madrid lebende Boccherini von ihm zum Hofkomponisten ernannt wurde und 1787–97 ein Jahresgehalt bezog (daher die vielen Autographen Boccherinis in der Kgl. Hausbibliothek zu Berlin); auch sei daran erinnert, in wie hohem Grade er den Genius Mozarts bewunderte, welchen er sogar an seinen Hof zu fesseln wünschte. Alle diese Tatsachen machen glaublich, was Karl Czerny am Schlusse einer Beschreibung von Beethovens Spielen aus dem Stegreife sagt, welche er in Cocks London Musical Miscellany (2. August 1852) hat drucken lassen16. »His improvisation«, heißt es dort, »was most brilliant and striking; [14] in whatever company he might chance to be, he knew how to produce such an effect upon every hearer, that frequently not an eye remained dry, while many would break out into loud sobs; for there was something wonderful in his expression, in addition to the beauty and originality of his ideas and his spirited style of rendering them. After ending an improvisation of this kind, he would burst into loud laughter and banter his hearers on the emotion he had caused in them. ›You are fools‹ he would say. Sometimes he would feel himself insulted by these indications of sympathy. ›Who can live among such spoiled children‹, he would cry, and only on that account (as he told me) he declined to accept an invitation, which the king of Prussia gave him, after one of the extemporary performances above described

Der vielseitige und geistvolle Kapellmeister Johann Friedrich Reichardt war 1794 wegen seiner Sympathie mit der französischen Revolution in Ungnaden entlassen. Weder Himmel noch Righini, seine Nachfolger, zeigten Talent und Interesse für die Kammermusik höherer Gattung, welche seit Schobert, Haydn, Mozart und Boccherini sich entwickelte, und speziell in Berlin lebte kein namhafter Vertreter des Faches. Nun hatte der junge Beethoven durch seine beiden Sonaten sein Talent gezeigt, und der König erkannte gerade in ihm den rechten Mann, die Lücke auszufüllen – kein geringer Beweis eines überlegenen Geschmacks und Urteils. Wie der deutsche Ausdruck gelautet hat, den der Übersetzer von Czernys Brief durch die Worte, ›accept an invitation which the king gave him‹ wiedergab, kann unmöglich ermittelt werden; wie die Worte jetzt lauten, können sie nur von einer Einladung, dauernd in seinem Dienste zu bleiben, verstanden werden. Der bereits im Jahre 1797 erfolgte Tod des Königs verhinderte natürlich, daß der Antrag wiederholt wurde.

Friedrich Heinrich Himmel, fünf Jahre älter als Beethoven, den der König seinem theologischen Studium entzogen und vollständig als Musiker hatte ausbilden lassen, zuerst unter Naumann in Dresden, später in Italien, war ein Jahr vorher zurückgekehrt und hatte die Stellung eines Königlichen Hofpianisten und Komponisten übernommen. Als Virtuose auf seinem Instrumente war sein einziger Nebenbuhler in Berlin jener Prinz, welcher damals Griechisch lernte – Louis Ferdinand, Sohn des Prinzen August und Neffe Friedrichs II. Derselbe war etwa zwei Jahre jünger als Beethoven und mit Talenten und Gaben von der Natur ausgestattet, welche ihm eine ausgezeichnete Stellung gegeben hätten, [15] auch wenn ihm sein Glück nicht eine königliche Abstammung hätte zuteil werden lassen. Seine Vorzüge und seine Fehler, seine rastlose Jugend und sein unruhiges, früheres Mannesalter, seine kurze aber glänzende Laufbahn und sein trauriges Ende auf dem Schlachtfelde von Saalfeld, sind ausführlich von anderen dargestellt und brauchen hier nicht beschrieben zu werden. Wir mußten ihn nennen, weil er und Beethoven näher miteinander bekannt geworden sind, und weil jeder von ihnen des andern musikalische Begabung und Fertigkeit würdigte und ihm volle Gerechtigkeit widerfahren ließ17.

Da unsere Kenntnis von den Beziehungen Beethovens zu den genannten Männern wesentlich auf der Erzählung von Ries beruht, so mögen die Worte dieses unübertrefflichen Berichterstatters hier an die Stelle der unsrigen treten. »Er ging«, heißt es S. 110 der Notizen, »in Berlin viel mit Himmel um, von dem er sagte, er besitze ein ganz artiges Talent, weiter aber nichts; sein Clavierspielen sei elegant und angenehm, allein mit dem Prinzen Louis Ferdinand sei er gar nicht zu vergleichen. Letzterem machte er in seiner Meinung ein großes Compliment, als er ihm einst sagte: er spiele gar nicht königlich oder prinzlich, sondern wie ein tüchtiger Clavierspieler. Mit Himmel hatte er sich folgender Ursache wegen überworfen. Als sie eines Tages zusammen waren, begehrte Himmel, Beethoven möge etwas phantasiren, welches Beethoven auch that. Nachher bestand Beethoven darauf, auch Himmel solle ein Gleiches thun. Dieser war schwach genug, sich hierauf einzulassen. Aber nachdem er schon eine ziemliche Zeit gespielt hatte, sagte Beethoven: ›Nun, wann fangen Sie denn einmal ordentlich an?‹ Himmel hatte Wunders geglaubt, wie viel er schon geleistet, er sprang also auf und beide wurden gegenseitig unartig. Beethoven sagte mir: ›Ich glaubte, Himmel habe nur so ein bischen präludirt‹.«

Beethoven erzählte diese Geschichte auch der Frau von Arnim mit den weiteren Einzelheiten, daß sie gerade unter den Linden spazieren gingen und sich von da in ein Privatzimmer des ersten Kaffeehauses begaben; in diesem habe ein Klavier gestanden, auf welchem sie ihre Fertigkeit zeigen konnten.

»Sie haben sich zwar nachher ausgesöhnt« (fährt Ries fort), »allein Himmel konnte verzeihen, doch nie vergessen. Sie waren auch noch einige [16] Zeit in Briefwechsel, bis Himmel gegen Beethoven einen bösen Streich spielte. Letzterer wollte immer Neues von Berlin wissen; dieses langweilte Himmel, der ihm endlich einmal schrieb: Die größte Neuigkeit sei die Erfindung einer Laterne für Blinde. Beethoven lief mit dieser Neuigkeit umher; alle Welt wollte wissen, wie dieß denn eigentlich nur sein könne. Er schrieb deshalb sogleich an Himmel, es sei ungeschickt von ihm, daß er hierüber keine weitere Erklärung geschrieben habe. Durch die erhaltene, aber nicht mittheilbare Antwort wurde nicht nur alle Korrespondenz für immer beendigt, sondern alles Lächerliche, das darin lag, fiel auf Beethoven zurück, da dieser unbesonnen genug war, sie hier und da sehen zu lassen.«

Auch mit Karl Fr. Chr. Fasch und K. Fr. Zelter trat er in Beziehungen; und zweimal wenigstens hat er Zusammenkünften der Singakademie beigewohnt, welche damals etwa 90 Stimmen zählte. Zum ersten Male geschah dies am 21. Juni. »Es wurden ihm,« wie es in der Geschichte der Singakademie S. 11 heißt18, »ein Choral, die ersten 3 Nummern aus der 16stimmigen Messe von Fasch und die 6 ersten aus dem 119. Psalm vorgesungen. Hierauf setzte er sich an den Flügel und spielte eine Phantasie über das letzte Fugenthema: ›Meine Zunge rühmt im Wettgesang dein Lob.‹ Die letzten Nummern der Davidiana (einer Sammlung von Faschschen Versetten) machten den Beschluß. Keiner von Beethovens Biographen hat dieses Besuches, oder auch nur seines Aufenthaltes in Berlin erwähnt. Auch spricht Fasch davon in seinen Tagebüchern ohne weitere Bezeichnung. Das Spiel muß aber gefallen haben, denn Beethoven wiederholt es in der nächsten Versammlung am 28. Juni.« Die Aufführung der Akademie muß Beethoven auch gefallen haben, und mit gutem Grunde; denn Faschs Messe war 16 stimmig und der Psalm und die Davidiana zum Teil 8 stimmig; und eine solche Musik konnte man damals nirgendwo anders nördlich von den Alpen hören. Im Jahre 1810 erzählte Beethoven der Frau Bettina von Arnim (damals Elisabeth Brentano), als er von seinem Spiele bei jener Gelegenheit sprach, daß beim Schlusse die Zuhörer nicht applaudierten, sondern mit Tränen in den Augen kamen und sich um ihn drängten; und er fügte (ironisch?) hinzu: »Das ist es nicht, was wir Künstler wünschen, wir verlangen Applaus!«

[17] Faschs schlichte Erwähnung von Beethovens Besuch lautet so: »21. Juni 1796. H. van Beethoven fantasirte von der Davidiana und nahm dazu das Fugenthema aus Ps. 119. Nr. 16. – Hr. v. Beethoven, Klavierspieler aus Wien, war so gefällig uns eine Phantasie hören zu lassen. – 28. Juni. H. v. Beethoven war auch diesmal so gefällig, uns eine Phantasie hören zu lassen.«

Früh im Juli verließ der König Berlin, um sich ins Bad nach Pyrmont zu begeben; der Adel zerstreute sich auf seine Besitzungen oder in Bäder, und die Hauptstadt war »leer und still«. Beethoven konnte sich demnach nicht versucht fühlen, seinen Aufenthalt zu verlängern; doch ist das Datum seiner Abreise nicht genau bekannt19.

Schindler nennt Leipzig als eine der Städte, in welchen Beethoven während dieser Reise »durch sein Klavierspiel, ganz besonders durch seine geistvolle Improvisation, Theilnahme und Aufsehen erregte«; doch hat sich in keinem öffentlichen Blatte dieser oder einer späteren Periode irgendwelche Anspielung, und überhaupt nicht die leiseste Andeutung gefunden, um diese offenbar irrige Behauptung zu bestätigen. Überdies bemerkt Rochlitz in der Erzählung von seinem Besuche beim Komponisten im Jahre 1822: »Ich hatte Beethoven noch nicht gesehen«20. Demnach wird diese Angabe, wenn nicht neue Entdeckungen gemacht werden, ebenfalls in die lange Reihe von Schindlers Irrtümern gehören. Daß Beethoven beabsichtigt hatte, Leipzig zu besuchen, wissen wir ja freilich (S. 9).

Obgleich Wegeler (Not. S. 28) erzählt, daß er Beethoven als Gast der fürstlich Lichnowskyschen Familie »in der Mitte 1796« verließ, so ist es doch so gewiß, als zufällige Beweise es nur immer machen können, daß Wegeler und Christoph von Breuning bereits nach Bonn abgereist waren, ehe Beethoven wieder nach Wien zurückgekehrt war. Doch waren Stephan und Lenz noch daselbst. Ersterer bekleidete damals eine Stelle im deutschen Orden, in dessen Dienst so manche seiner Vorfahren gestanden hatten, und er erscheint in den publizierten Ordenskalendern von [18] 1797 bis 1803 (beide einschließlich) als Hofratsassessor. Er reiste bald nachher von Wien nach Mergentheim, von wo er am 23. November neben anderen Mitteilungen folgendes über Beethoven an Christoph und Wegeler schrieb:


»Ich weiß nicht, ob Lenz Euch etwas von Beethoven geschrieben hat; sonst diene Euch zur Nachricht, daß ich ihn noch in Wien gesehen habe, und daß er, meinem Urtheile nach, welches auch Lenz bestätigte, durch seine Reisen (oder thaten es die neuen Aufwallungen seiner Freundschaft bei seiner Ankunft!) etwas solider, oder eigentlich mehr Kenner der Menschen, und überzeugt von der Seltenheit und dem Werthe guter Freunde geworden ist. Er wünscht Sie, lieber Wegeler, wohl hundertmal zurück, und bedauert nichts so sehr, als so vielen Ihrer Rathschläge nicht gefolgt zu haben.« (Nachtr. S. 19)


Außer dieser Bemerkung über sein Betragen und Verhalten findet sich eine vollständige Lücke in der Geschichte Beethovens von seinem Auftreten in der Berliner Singakademie bis zum folgenden Oktober (S. 23). Das sogenannte Fischhoffsche Manuskript enthält zwar eine Notiz über eine gefährliche Krankheit, welche sich Beethoven durch seine eigene Unvorsichtigkeit in diesem Sommer zugezogen hätte; da diese jedoch in ihrem Datum völlig unvereinbar ist mit anderen bekannten Tatsachen, so wird sie die ihr gebührende Betrachtung weiter unten finden. Die Möglichkeit ist ja nicht ausgeschlossen, daß er nach seiner Rückkehr, angeregt durch den Erfolg seiner Reise und ergötzt durch die Neuheit eines solchen Reisens nach seiner Bequemlichkeit, jenen Ausflug nach Preßburg und Pest machte, über welchen Ries später von ihm unterrichtet wurde und Mitteilung machte (Notizen S. 109), von dem aber keine weiteren Nachrichten bekannt geworden sind.

So gelangen wir also zum Herbst dieses Jahres. Es war das Jahr jener erstaunlichen Reihe von Siegen des jungen französischen Generals Napoleon Bonaparte, die mit Arcole ihr Ende erreichten. In Österreich waren Regierung und Volk gleicherweise von der Erwartung und Furcht vor der Gefahr eines Einfalles erfüllt; es fand eine allgemeine Erhebung statt, und Freiwilligenkorps bildeten sich in allen Teilen des Reiches. Für das Wiener Korps schrieb Friedelberg21 seinen »Abschiedsgesang [19] an Wiens Bürger beim Auszug der Fahnendivision der Wiener Freiwilligen« und Beethoven setzte den selben in Musik; die gedruckte Originalausgabe trägt das Datum vom 15. November 1796. Derselbe scheint keineswegs eine große Popularität erlangt zu haben, und später wurde der Melodie ein Trinklied an Stelle von Friedelbergs Text untergelegt.

Der reißende Fortschritt der französischen Waffen bewirkte, daß die Deutschen in Italien, von Besorgnis für die Zukunft erfüllt, in die Heimat eilten. Unter ihnen befanden sich Beethovens alte Genossen aus dem Bonner Orchester, die Vettern Andreas und Bernhard Romberg, welche noch im Frühling dieses Jahres (26. Mai) der Königin von Neapel, der Tochter Maria Theresias, die Hand geküßt hatten und dann nach Rom gereist waren, um dort einen andern Freund der Bonner Periode zu treffen, nämlich Karl Kügelgen (I2 66 ff.). Diese drei gelangten auf ihrer Reise nach dem Norden im Herbste nach Wien; die beiden Romberg blieben dort auf kurze Zeit bei Beethoven, während Kügelgen nach Berlin weiterreiste. Baron von Braun – nicht zu verwechseln mit Beethovens »erstem Mäcen«, dem russischen Grafen Browne – hatte die beiden Künstler das Jahr vorher in München gehört und eingeladen, sich auch in Wien hören zu lassen. Die Wiener Zeitungen jener Periode enthalten keine Notiz über ihr Konzert, und das Datum desselben ist unbekannt; aber der Korrespondent der Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung brachte ein paar Jahre später (Bd. III S. 626) eine Mitteilung über dasselbe. »Die Gebrüder [Vettern] Romberg, welche aus Italien nach Wien kamen, auch nicht ein einziges Empfehlungsschreiben hatten, ihr Konzert gerade an einem Tage gaben, welcher, mancher zusammengetroffenen Umstände wegen, der ungünstigste dafür war, gewannen, nach Abzug aller Unkosten, gegen 600 Gulden (sie bekamen für ein Billet 50 Gulden). Es war freilich ein schlechtes Konzert für Wien.« Durch Lenz von Breuning erfahren wir noch eine weitere Tatsache, welche dem Konzert allein Interesse für uns gibt. Er schreibt im Jahre 179722:


»Beethoven ist wieder hier23; er hat in der Rombergischen Akademie gespielt. Er ist noch immer der Alte, und ich bin froh, daß er und die [20] Rombergs noch so miteinander auskommen. Einmal zwar war er beinahe entzweit mit ihnen; ich war aber damals der Vermittler und erreichte meinen Zweck so ziemlich. Überhaupt hält er jetzt äußerst viel auf mich.«


Es ist klar, daß die Rombergs unter diesen Umständen ihren beschränkten Erfolg hauptsächlich Beethovens Namen und Einflusse verdankten. Im Februar 1797 hatten sie ihren früheren Platz in Schröders Orchester zu Hamburg wieder eingenommen.

Wir haben uns Beethoven während des Winters von 1796 auf 1797 eifrig mit Schülern und Privatkonzerten beschäftigt zu denken, vielleicht auch mit seinen dramatischen Studien unter Salieri; jedenfalls aber mit Kompositionen und mit der Vorbereitung und Durchsicht verschiedener Werke, welche damals zum Drucke gelangten24. Im Februar und April 1797 zeigte Artaria folgende Werke Beethovens an: die beiden Violoncellsonaten Op. 5, die vierhändige Sonate Op. 6, das Trio Op. 3, das Quintett Op. 4 und die zwölf Variationen über den »russischen Tanz«. Die letzteren sind der Gräfin Browne gewidmet: sie gaben Gelegenheit zu jener von Ries erzählten Anekdote, in welcher Beethovens Vergeßlichkeit hervortritt. Er hatte nämlich für diese Dedikation »vom Grafen Browne ein schönes Reitpferd zum Geschenke erhalten; er ritt es einigemal, vergaß es aber bald darauf und, was schlimmer war, auch dessen Futter. Sein Bedienter, der dieses gar bald merkte, fing an, das Pferd für Geld, zu seinem eigenen Vorteile, auszuleihen, und übergab, um Beethoven nicht aufmerksam zu machen, lange keine Futterrechnung. Endlich aber ward, zu Beethovens größtem Erstaunen, eine gar große eingereicht, welche ihm plötzlich sein Pferd und zugleich seine Nachlässigkeit ins Gedächtniß rief« (Notizen S. 120).

Am 6. April des Jahres 1797 (Donnerstag) gab J. Schuppanzigh ein Konzert, auf dessen Programm25 Beethovens Name zweimal erscheint. Nr. 2 desselben war eine »Arie von Hrn. v. Beethoven, gesungen von Madame [Tribolet-] Willmann«; Nr. 3 »ein Quintett auf dem Pianoforte mit vier blasenden Instrumenten akkompagnirt, gespielt und komponirt von Hrn. L. v. Beethoven.« Dies war das schöne Quintett Op. 16, dessen Entstehungszeit sich hieraus etwas bestimmter ergibt als [21] in Thayers Chronol. Verzeichnis unter Nr. 54 angegeben werden konnte. Obige Mitteilung verdanken wir G. Nottebohm.

Um diese Zeit begann jedoch der Krieg von neuem, und die Gedanken der Wiener waren mit ernsteren Gegenständen beschäftigt, als mit der Befriedigung ihrer musikalischen Gelüste. Am 16. März erzwang Bonaparte den Übergang über den Tagliamento und den Isonzo; im Laufe der beiden folgenden Wochen hatte er den größten Teil von Krain, Kärnten und Tirol erobert und näherte sich jetzt Wien mit reißenden Schritten. Am 12. Februar war Lorenz Leopold Hauschkas »Gott erhalte Franz den Kaiser« mit Haydns Musik zum ersten Male im Theater aufgeführt worden, und jetzt, als der Landsturm aufgeboten wurde (7. April), dichtete Friedelberg sein Kriegslied »Ein großes deutsches Volk sind wir«, welches Beethoven ebenfalls in Musik setzte. Die gedruckte Ausgabe trägt das Datum vom 14. April, wodurch es wahrscheinlich wird, daß dasselbe bei Gelegenheit der großen Fahnenweihe gesungen wurde, welche am 17. auf dem Glacis stattfand. Beethovens Musik hatte jedoch bei weitem nicht das Glück der Haydnschen und scheint ebensowenig Popularität erlangt zu haben wie sein früherer Versuch. Als aber am 18. die Präliminarien zu einem Friedensvertrage zu Leoben unterzeichnet worden waren und die mit solcher Eile zusammengebrachten Armeen drei Wochen später wieder entlassen wurden, erlosch der Geschmack an Kriegsliedern.

Über Beethovens Tätigkeit als Lehrer in dieser Periode wissen wir nur wenig, und dies wenige ist sehr unbestimmt und ungenügend; doch geht daraus mit hinlänglicher Sicherheit hervor, daß er Überfluß an Schülern hatte, unter ihnen viele junge Damen von hohem Range, die ihn reichlich honorierten. Infolge seiner dreifachen Tätigkeit als Lehrer, Komponist und Klavierspieler hatte er ein reichliches Einkommen; im Mai dieses Jahres konnte er an Wegeler schreiben (Nachtr. S. 11):


»Grüß Dich Gott, Lieber! Ich bin Dir einen Brief schuldig, den sollst Du nächstens haben, wie auch meine neuesten Musikalien. Mir geht's gut, und ich kann sagen: immer besser. Glaubst Du, daß es Jemanden freuen wird, so grüße von meiner Seite. Lebe wohl und vergiß nicht Deinen Ludwig van Beethoven.«


Es ist sehr möglich, daß er die Krankheit, welche das Fischhoffsche Manuskript erwähnt, im Laufe des Sommers 1797 überstanden hat. Ohne Zweifel ist Zmeskall die ursprüngliche Quelle für diese Angabe, [22] und die Tatsache eines derartigen Krankheitsanfalles wird demnach als sicher anzunehmen sein; da jedoch das dort gegebene Datum 1796 offenbar unrichtig ist, so muß sowohl dieses als die Folgerung, daß in ihr der erste Grund zu dem darauf folgenden Verluste des Gehörs lag, in das Bereich der Vermutung verwiesen werden. Vom Mai bis zum Oktober 1797 ist aber die Geschichte Beethovens noch gänzlich unbekannt; und wäre nicht das völlige Stillschweigen von Lenz von Breuning in seiner Korrespondenz mit seiner Familie in Bonn über einen Gegenstand, der sein Mitgefühl so heftig erregen mußte, wie eine gefährliche Krankheit seines Freundes, so würden wir durch nichts gehindert sein, anzunehmen, daß Beethoven in dieser Zeit ans Krankenbett gefesselt gewesen sei. Vielleicht hat aber Lenz geschrieben, und sein Brief ist verloren gegangen oder vernichtet worden; vielleicht hat er es auch versäumt zu schreiben wegen seiner herannahenden Abreise von Wien, welche im Herbst stattfand. Sein noch vorhandenes Album zeigt unter den Einzeichnungen die Namen Ludwig und Johann van Beethoven und Zmeskall. Ludwig schrieb folgendes (Nachtr. S. 26):


»Die Wahrheit ist vorhanden für den Weisen,

Die Schönheit für ein fühlend Herz:

Sie beide gehören für einander.


Lieber, guter Breuning!


Nie werde ich die Zeit, die ich sowohl schon in Bonn, als wie auch hier, mit Dir zubrachte, vergessen. Erhalte mir Deine Freundschaft, so wie Du mich immer gleich finden wirst.

Wien 1797

am 1ten October.

Dein wahrer Freund

L. v. Beethoven


Sie sahen einander nicht wieder; am 10. April des folgenden Jahres starb Lenz.

Im November erfuhr Beethoven eine besondere Huldigung von der früher (Bd. I2 S. 384 ff.) erwähnten Gesellschaft der bildenden Künstler: die Wiederholung seiner Menuetts und Trios, die er zwei Jahre früher für den Künstlerball komponiert hatte. Am 23. Dezember trug er wieder zu dem Reize des Witwen-und Waisenkonzerts bei, indem er in demselben die Variationen über La ci darem la mano für zwei Oboen und Englisch Horn aufführen ließ; die Ausführenden waren Czerwenka, Reuter und Teimer (die Angabe der 1. Auflage, daß das Bläser-Trio Op. 87 gespielt worden sei, berichtigte Nottebohm).

Die im Jahre 1797 veröffentlichten Werke Beethovens, außer den bereits im Beginne des Jahres erwähnten, waren die zwölf Variationen [23] für Klavier und Violoncell über ein Thema aus Händels Judas Makkabäus, deren genaues Datum unbekannt ist; ferner die Klaviersonate Op. 7 und die Serenade Op. 8, beide von Artaria u. Ko. am 7. Okt. angezeigt und endlich das Rondo in C (Op. 51 Nr. 1), bei Artaria mit der Verlagsnummer 711 erschienen.


Kompositionen dieser Jahre.

Zu den bekanntesten Kompositionen dieser Jahre gehört die Adelaide. Beethoven, der sich immer fleißig in der Literatur umsah, war von den in jener Zeit erschienenen Gedichten Fr. von Matthissons (1761–1831) besonders angetan; die sanfte Schwärmerei verbunden mit schwermütigen Anklängen, das lebendige Naturgefühl und das für Freundschaft, Heimat und Liebe, die wohllautende bilderreiche Sprache mit ihren klassischen Anspielungen, alles das mochte verwandte Gefühle in ihm wecken. Aus den Gedichten (wahrscheinlich einer der Züricher Sammlungen) wählte er vier zur Komposition: Adelaide, Opferlied, Heimweh (»Noch einmal möchte ich«) und Andenken (»Ich denke dein«).

Die Arbeit an der Adelaide muß er schon in der ersten Hälfte 1795, wenn nicht gar noch früher, begonnen haben; denn es finden sich Skizzen zu derselben unter den Übungen für Albrechtsberger im doppelten Kontrapunkt der Dezime (Nottebohm Beeth.-St. S. 202, II. Beeth. S. 229). Diese zeigen das Vorspiel schon in ziemlich bleibender Fassung, sonst aber (falls alle Skizzen, auch die im 3/4-Takt, dazu gehören) noch starke Abweichungen und lassen noch keinen Schluß auf die endgültige Fertigstellung zu. Andere Blätter mit Skizzen zur Adelaide sind zusammen mit dem Bürgerschen Liede »Seufzer eines Ungeliebten« in Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) und London (Brit. Museum); besonders enthalten letztere den Schlußsatz schon der schließlichen Fassung ganz nahe kommend. Über ihn verbreitet sich Nottebohm (II. Beeth. S. 536 ff.) in anziehender Weise und weist daran nach, wie streng Beethoven, nachdem die ersten Gedanken einmal gefunden waren, bei der Arbeit war, und wie er sich dabei weniger von der frei schöpferischen Phantasie, als von dem ästhetischen Geschmacke leiten ließ. Das Lied erschien 1797 bei Artaria unter dem Titel: »Adelaide von Matthisson. Eine Kantate für eine Singstimme mit Begleitung des Klaviers. In Musik gesetzt und dem Verfasser gewidmet von Ludwig van Beethoven.« Die Opuszahl 46 erhielt es erst später. In der Ges.-Ausgabe Br. u. H. steht es Serie XXIII Nr. 2. In die Zeit zwischen [24] Anfang 1795 und dem 8. Februar 1797, an welchem es als »ganz neu« von Artaria angezeigt wurde, fällt also die Beendigung der Komposition, und der Verfasser wird sich wohl nicht vom Richtigen entfernen, wenn er 1796 als das Entstehungsjahr annimmt.

Beethoven nennt das Werk eine »Kantate« und will es also von den gewöhnlichen Liedern unterschieden wissen; in der Tat gibt er ihm die der Arie eigentümliche zweiteilige Form, einen langsamen und einen schnellen Satz. Dazu hat ihn wohl der gewählte (nach unserer heutigen Auffassung wohl etwas gekünstelte) Ausdruck der Liebesempfindung und der feierliche Schritt der sapphischen Verse Veranlassung gegeben. Im übrigen sucht er eine Grundstimmung festzustellen, ohne sich in Detailmalerei zu verlieren. Er faßt das Gedicht als einen Ausdruck schwermütiger Liebe zu dem idealen Gegenstande; da beengen ihn die Worte nicht mehr. Das ist ihm in dem ersten Teile trefflich gelungen; die edle, von aller Sentimentalität freie und doch tief eindringende, herzerquickende Melodie mit der feinsinnigen Begleitung und den schönen Ausweichungen hat bis auf den heutigen Tag noch jeden entzückt. Gegen die Angemessenheit der Deklamation und die Sangbarkeit der Melodie wird wohl niemand etwas einwenden, wenn auch einzelne Verse sich der Musik gegenüber etwas spröde erweisen. Das zweite in sehr lebhaftem Zeitmaß gedachte Stück ist, wie sich erwarten läßt, nach Erfindung und Gestaltung auf gleicher Höhe und in dem empordringenden, hoch schwellenden Ausdrucke von großer Schönheit; es ist aber wohl nicht das, was der Dichter erwartete, bei dem die letzte Strophe eher die am meisten ernste ist. Aber wie hoch hebt sich dieses Stück des 25jährigen über alles, was er in den Bonner Jahren für Gesang geschrieben hatte! Der bewußt gestaltende Künstler, welcher alles bloße Spiel der Phantasie abweist, entwickelt sich immer kräftiger und voller.

Einige Jahre später sandte Beethoven ein Exemplar des Werks an den Dichter und begleitete die Sendung mit folgendem Briefe26:


»Verehrungswürdigster!


Sie erhalten hier eine Composition von mir, welche bereits schon einige Jahre im Stich heraus ist, und von welcher Sie vielleicht zu meiner Scham, noch gar nichts wissen. Mich entschuldigen und sagen, warum ich Ihnen etwas widmete, was so warm von meinem Herzen kam, und Ihnen gar nichts davon bekannt machte, das kann ich mich vielleicht dadurch, daß ich anfänglich [25] Ihren Aufenthalt nicht wußte, einen Theil auch wieder meine Schüchternheit, daß ich glaubte, mich übereilt zu haben, Ihnen etwas gewidmet zu haben, wovon ich nicht wußte, ob es Ihren Beifall hatte.

Zwar auch jetzt schicke ich Ihnen die Adelaide mit Aengstlichkeit, Sie wissen selbst, was einige Jahre bei einem Künstler, der immer weiter geht, für eine Veränderung hervorbringen, je größere Fortschritte in der Kunst man macht, desto weniger befriedigen einen seine älteren Werke. – Mein größester Wunsch ist befriedigt, wenn Ihnen die musikalische Composition Ihrer himmlischen Adelaide nicht ganz mißfällt, und wenn Sie dadurch bewogen werden, bald wieder ein ähnliches Gedicht zu schaffen, und fänden Sie meine Bitte nicht unbescheiden, es mir sogleich zu schicken, und ich will dann alle meine Kräfte aufbieten, Ihrer schönen Poesie nahe zu kommen. – Die Dedication betrachten Sie theils als ein Zeichen des Vergnügens, welches mir die Composition ihrer A. gewährte, theils als ein Zeichen meiner Dankbarkeit und Hochachtung für das selige Vergnügen, was mir Ihre Poesie überhaupt immer machte und noch machen wird.


Wien 1800 am 4. August.


Erinnern Sie sich bei

Durchspielung der A. zuweilen

Ihres Sie wahrhaft

verehrenden Beethoven.«


Was Matthisson auf diesen Brief antwortete, und ob er überhaupt antwortete, ist nicht bekannt; aber in der 1815 erschienenen Ausgabe des ersten Bandes seiner Gedichte fügt er der Adelaide folgende Bemerkung hinzu: »Mehrere Tonkünstler beseelten diese kleine lyrische Phantasie durch Musik; keiner aber stellte, nach meiner innigsten Ueberzeugung, gegen die Melodie den Text in tiefere Schatten, als der geniale Ludwig van Beethoven in Wien.«

Der Adelaide sei gleich das Opferlied (ebenfalls von Matthisson) angeschlossen. Es ist eins von den Gedichten, auf welche Beethoven wiederholt zurückgekommen ist; »es scheint für ihn ein Gebet zu allen Zeiten gewesen zu sein« (Nottebohm I. B. S. 51). Die letzten Worte: »Das Schöne zu dem Guten« pflegte er noch später auf Gedenkblättern anzubringen. Überhaupt entsprach der würdige, ernste Ton des Gedichts und der Ausdruck der hingebenden Bitte an ein höheres Wesen ganz seiner Empfindungsweise. Der erste Entwurf der älteren Bearbeitung findet sich neben Skizzen zu dem G-Dur-Trio Op. 1 II; die Melodie fast fertig, doch von dem Drucke noch etwas verschieden; das führt auf Ende 1794 oder Anfang 1795. Letzteres Jahr darf also (mit Nottebohm im Verzeichnis) als Jahr der Entstehung angenommen werden. So konnte es Wegeler bekannt werden, der ihm 1797 einen anderen (maurerischen) Text unterlegte. Gedruckt wurde es aber damals noch nicht, und so erklärt es sich, [26] daß noch in dem Skizzenbuche von 1798/99, Nottebohm II. B. S. 478) und in dem von Nottebohm in »Ein Skizzenbuch von Beethoven« (1865) analysierten Keßlerschen Skizzenbuche (Herbst 1801 bis Frühjahr 1802) weitere Entwürfe zu dem Liede vorkommen. Es erschien erst viel später (vielleicht 1808) bei Simrock mit zwei anderen Liedern27. Auch hat es Beethoven, unter Zugrundelegung der anfänglichen Melodie, für Solo, Chor und Orchester noch einmal komponiert (Op. 121 b), worauf wir an seiner Stelle zurückkommen28.

Beethoven hat zu dem Gedichte eine einfache, aber feierliche Weise gesetzt, die in ihrer schlichten Schönheit und Würde ihm ganz das ausdrückte, was das Lied in ihm weckte. Es hält sich in bequemer Tonlage, ist gut deklamiert (in der späteren Bearbeitung strebt es etwas mehr nach detailliertem Ausdruck) und auch gesanglich wirkungsvoll. Es spiegelt in seinen einfachen, alles äußeren Schmuckes sich enthaltenden Gängen ganz den hohen Sinn, der Beethoven in geweihten Stunden eigen war.

Noch ein weiteres Lied muß in diesem Zusammenhange erwähnt werden, weil es sich sowohl der Zeit wie der Behandlung nach den Kompositionen dieser Jahre anschließt: das Doppellied »Seufzer eines Ungeliebten« und »Gegenliebe« nach Gedichten von G. A. Bürger29. Beethoven verknüpfte die beiden an sich selbständigen, doch auf einander Bezug habenden Gedichte – im ersten kommt nur der Schmerz darüber, daß alles in der Natur geliebt werde, nur er nicht, zum Ausdruck, in dem zweiten wird ohne Vermittlung ein bestimmtes weibliches Wesen, dem man gefallen [27] möchte, angeredet: (»Wüßt ich, wüßt ich, daß du mich lieb und wert ein bischen hieltest«) – er hat das Lied nach der Form der Opernarie zu einer Szene erweitert, ganz in der Weise, wie die Arie Ah perfido gesetzt ist. Es beginnt ein kurzes Rezitativ, langsam in C-Moll (»Hast du nicht Liebe zugemessen dem Leben jeder Kreatur«), fest im Takt, mit ernstem Ausdruck; ihm folgt der erste Teil der Arie in Es-Dur 3/4 Andantino »Wo lebte wohl in Forst und Hürde« – in schönem, echt Beethovenschen Wohllaut und warmem Gefühl, ganz der edle, melodische Zug jener Jahre; aber es ist bei aller Wärme des Tones und Schönheit der Melodie doch nicht der adäquate Ausdruck der Worte, welche etwas mehr Leidenschaft verlangt hätten; es scheint nicht, daß Beethoven so recht von diesem Gefühl des Verlassenseins ergriffen gewesen ist, sondern nur seine Musik bieten wollte. Dann folgt nach kurzem Übergang der schnellere zweite Teil (Gegenliebe C-Dur 2/4 Allegretto), und dieser erregt nun unser besonderes Interesse – es ist das Thema zu den Variationen nun der Chorphantasie Op. 80, welches also schon so früh bei dem Meister erscheint. Die Melodie ist ganz dieselbe, nur etwas durch Wiederholung erweitert und mit einem längeren Zwischenstücke (Übergang nach G) ausgestattet; das Ganze leichter behandelt, man ahnt hier nicht die Tiefe und den Glanz, mit welchem es in der Phantasie auftritt. Auch hier zeigt die überwiegende Heiterkeit des Ausdrucks, daß Beethoven objektiv über dem Texte stand, nicht im Innern von ähnlichen Empfindungen erregt war. Beethoven war wohl selbst mit dem Stücke nicht so ganz zufrieden und ließ es ungedruckt; nur die Perle desselben nahm er dann später in das andere größere Werk auf. In der Tat, bei aller Schönheit läßt es doch eine gewisse Gebundenheit erkennen; statt einfache Lieder zu geben, konnte er sich von der Form der alten Arie nicht freimachen.

Skizzen zu der »Gegenliebe« befinden sich auf einem Blatte im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde zu Wien zusammen mit solchen zur Adelaide; Skizzen zu dem ersten Rezitativ zusammen mit solchen zu dem Sextett Op. 81 b auf einem Blatte in der Königlichen Bibliothek zu Berlin (Nottebohm, II Beeth. S. 535). Daraus ergibt sich die ungefähre Zeit der Entstehung um 1795. Das Lied war (nach Nottebohm) weiter gediehen als die Adelaide, dürfte ihr also in der Fertigstellung vorangegangen sein. Herausgegeben wurde es erst 1837 bei Diabelli, zusammen mit dem später komponierten Liede »Turteltaube, du klagest«.

Über die Konzertarie Ah perfido, die schon 1796 von Frau Duschek in Prag und Leipzig gesungen wurde, vgl. das oben S. 11 Gesagte.

[28] Über die beiden Kriegslieder nach den Texten von Friedelberg, den Abschiedsgesang vom 15. November 1796 und das Kriegslied der Österreicher vom 14. April 1797, ist wenig mehr zu sagen, als daß sie einfach und kräftig, ihrem Texte entsprechend, gefaßt sind, ohne weitere Ansprüche zu erheben.

Das erste führt den Titel: »Abschiedsgesang an Wiens Bürger, beim Auszug der Fahnendivision des Korps der Wiener Freiwilligen, von Friedelberg, in Musik gesetzt von Louis van Beethoven, dem Herrn Kommandanten des Korps Oberstwachtmeister v. Kowosdy gewidmet vom Verfasser. Wien, den 15. November 1796. In Wien bei Artaria & Comp.« Dichtung und Komposition fallen vor den eigentlichen Auszug, wie aus folgender Mitteilung der Österreichischen National-Enzyklopädie, Art. »Wiener Freiwillige«, hervorgeht: »Bei den siegreichen Fortschritten der französischen Waffen in Italien 1796 wurde noch zu Ende dieses Jahres dem Kaiser Franz von mehreren patriotischen Bürgern Wiens – ein genialer Plan zur Volksbewaffnung usw. vorgelegt und genehmigt. Schnell waren ca. 11000 Angeworbene zusammen – das Unternehmen kam jedoch erst 1797 zu Stande, als sich der Feind dem Semmering nahte. Es wurde ein 1400 Mann starkes leichtes Füselierbataillon unter dem Namen: Corps der Wiener Freiwilligen gebildet. – In Stockerau war der Sammelplatz, Major Kowosdy Kommandant desselben.« Schott in Mainz ließ das Lied später mit anderem Texte »Laßt das Herz uns froh erheben« als Trinklied erscheinen. Das Gedicht hat sechs Strophen zu derselben Melodie. Beethoven gibt ihm ein kurzes, kräftiges Nachspiel auf dem Klavier, hat sich aber das Lied wohl ohne Begleitung gesungen gedacht.

Das zweite Lied, dessen Veranlassung oben erwähnt ist, führt den Titel »Kriegslied der Österreicher, von Friedelberg. In Musik gesetzt fürs Klavier von Ludwig van Beethoven. Wien, den 14. April 1797. In Wien bei Artaria & Comp.« Die Österreichische National-Enzyklopädie sagt, Art. »Wiener Aufgebot«: »Den 17. April 1797 fand auf dem Glacis die feierliche Fahnenweihe (des Wiener Aufgebots) und dann der Ausmarsch zur Nußdorfer Linie Statt. – Am 4. April 1797 wurden Wien's Bürger – aufgefordert. Ein allgemeiner Landsturm in den Vierteln ober und unter dem Wiener Wald wurde beschlossen. – Schon am 11. April rückten über 1000 Studenten und bei 7300 Freiwillige auf das Glacis. – Den 14. April rückte die Mannschaft in die Verschanzungen am Wienerberge« usw. Will man also zweifeln, ob der[29] 14. April der Tag der Komposition sei, so sieht man doch, daß das Stück nicht vor dem 4. April komponiert sein kann. Es zeigt in gleicher Weise Einfachheit und Kraft; er läßt den letzten Vers vom Chor wiederholen und schließt wieder mit kurzem Nachspiel. – Er stellt sich also in beiden Fällen in den Dienst einer patriotischen Erhebung, aber sein ganzes Innere ist nicht dabei beteiligt, und er trifft den Ton, den die Wiener wünschen mochten, nicht völlig; wir verstehen ganz gut, daß ihnen Haydns »Gott erhalte Franz den Kaiser« mit seiner gemütvollen Weise mehr zusagte. – Beide Stücke sind in der Ges.-Ausg. S. XXIII, Nr. 230 und 231, gedruckt.

Von Liedern ist hier noch zu erwähnen das italienische Lied aus Metastasios Olimpiade »O care selve, o cara felice libertà«, welches Thayer bereits im letzten Teile des Verzeichnisses unter Nr. 264, 24 erwähnt hat (S. 164), und welches die Gesamt-Ausgabe nach einer Abschrift Nottebohms aus dem Skizzenbuche bei Artaria und einer anderen Abschrift bringt30. Dasselbe findet sich, als dreistimmiger Chor, am Schlusse der Übungen bei Albrechtsberger (im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien); dies ergibt die Entstehung Anfang 1795, in welches Jahr auch Nottebohm das Lied setzte; und zwar teilt er noch mit, daß es gleichzeitig mit »Wer ist ein freier Mann« entstand, natürlich der zweiten Bearbeitung dieses Liedes. Wie es vorliegt, ist es für Chor (einstimmig) und eine Solostimme geschrieben, die Melodie höchst einfach, fast nur in der Haupttonart sich bewegend, auch sangbar; die logische Behandlung der Worte dürfte anfechtbar sein. Nach dem Revisionsbericht hat Beethoven den italienischen Text mit roter Tinte geschrieben und sorgfältig den Noten untergelegt, vielleicht unter Salieris Leitung. Dann hätte er am Ende die Melodie nur nach dem Rhythmus erfunden; und wirklich, durch Charakteristik ragt sie nicht hervor. Die Komposition trägt durchaus den Stempel früher Zeit.

Hierhin gehören denn auch die beiden Arien, welche Beethoven als Einlage zu I. Umlaufs »Schöner Schusterin« komponierte, und welche der Verfasser (Bd. I, S. 232 der 1. Aufl.) der Bonner Zeit hatte zuschreiben wollen, aus dem an sich sehr einleuchtenden Grunde, weil die genannte Oper in den Jahren 1789 und 1790 in Bonn aufgeführt worden war. Die seither aufgefundenen Skizzen31 haben aber dargetan, daß diese Einlagestücke erst in Wien komponiert waren.

[30] Am 22. Juni 1779 wurde (nach A. Schmids Verzeichnis) im k. k. Hoftheater zu Wien zum ersten Male gegeben: »Die pucefarbenen Schuhe oder Die schöne Schusterin, Singspiel in zwei Aufzügen nach dem Französischen des Baron de Serrières, Musik von Umlauf«32. Dann scheint die Oper bis 1795 liegen geblieben zu sein. Am 30. Mai 1795 wurde nach dem Wiener Theater-Almanach für 1796 im Kärntnertor-Theater gegeben das deutsche Singspiel: Die pucefarbenen Schuhe oder Die schöne Schusterin, ein komisches Singspiel in zwei Aufzügen aus dem Französischen übersetzt von Stephanie dem Jüngern, die Musik von Ignaz Umlauf, Kapellmeister in wirklichen Diensten Sr. Majestät des Kaisers. – Mademoiselle Willmann trat zum erstenmal als Frau Sock auf, die Oper wurde nach Sonnleithner in diesem Jahre sechsmal, 1796 dreimal aufgeführt, außerdem viermal einzelne Akte; dann kommt sie bis 1800 weiter nicht vor. Nach Wallishausers Verzeichnis (s. Anhang) war sie aber am 27. April 1795 schon auf dem Theater auf der Wieden zur Darstellung gekommen. Die beiden Stücke, welche Beethoven für die Oper komponierte, waren: eine Ariette (eigentlich ein dreistrophiges Lied), »O welch' ein Leben, ein ganzes Meer von Lust und Wonne fließt um mich her« für Tenor (»Baron«), und eine Arie »Soll ein Schuh nicht drücken« für Sopran (»Lene«).

Der Text zu der letzteren kommt in der Oper vor, es ist also nur eine neue Komposition zu demselben geliefert. Das Stück macht nicht hohe Ansprüche, wie ja auch der Text – die Schwierigkeit, einen Schuh richtig anzupassen – kaum eine Gelegenheit zu poetischer Auffassung bieten kann; doch hat Beethovens humoristische Ader dies geschickt fertig gebracht und in einer ansprechenden, gesangvollen Melodie die Worte gehoben. Die Melodie macht an den Stimmumfang nur mäßige Ansprüche (geht nicht über g2 hinaus), und die kleinen Ansätze zur Koloratur dienen nur dazu, die humoristische Situation zu heben. Das Stück ist nicht arienmäßig im Opernstil, sondern durchaus liedmäßig behandelt; nach Satz und Seitensatz geht es wieder zum Anfang zurück, heiter und anmutig sind die Schlußwendungen des Orchesters. Letzteres ist einfach begleitend, ohne, von dem Vorspiel abgesehen, durch besondere Züge hervorzutreten. Klarinetten sind nicht verwendet.

Das Tenorlied, drei Strophen mit ausgeführtem Schluß, ist etwas edler, erhebt sich aber dem Grundcharakter gemäß nicht zu leidenschaftlichem [31] Gefühl, sondern spricht die frohe Hoffnung, Liebe zu finden (ohne bestimmteres Ziel), in schön geformter, innerlich befriedigter Weise aus; auch dies ist gut sangbar und der Stimme angepaßt. Die Begleitung wird dem Ausdruck der einzelnen Strophen in feinsinniger Weise gerecht. Der Text dieses Stückes kommt in der Umlaufschen Oper nicht vor, doch ist dasselbe, wie aus den Stichworten hervorgeht, für die Oper bestimmt; der Text mag nachträglich hinzugedichtet sein.

Eine Skizze zu der ersten Arie findet sich zusammen mit Skizzen zur C-Moll-Sonate Op. 10 I, zu den Variationen über Une fièvre brulante und zu den Trio-Variationen über La ci darem aus Don Giovanni; letztere wurden am 23. Dezember 1797 aufgeführt. Für diese Skizzen nimmt Nottebohm im weitesten Umfange die Zeit von Mitte 1796 bis Ende 1797 an (II. Beeth. S. 31). Zusammengehalten mit den Aufführungszeiten der Oper wird man also 1796 als das Entstehungsjahr der beiden Gesänge anzusehen haben.

Ob Beethoven bei der Komposition der Sopranarie einer Aufforderung folgte, ob dieselbe gesungen worden ist (von Magdalene Willmann), darüber fehlen uns alle Nachrichten. Beethoven hat sie nicht herausgegeben. Dagegen war die Melodie des Tenorliedes längst bekannt; es ist das vierte der 1805 als Op. 52 erschienenen acht Lieder (zu denen auch die »Feuerfarbe« gehört), auf den Text des Goetheschen Mailiedes. Die weit größere Einfachheit der Begleitung gegenüber der seinen, geschmackvollen Ausführung in dem Opernstücke dürfte beweisen, daß die Fassung in Op. 52 die ältere ist; um nur eins hervorzuheben, so würde Beethoven, wenn er das ausgeführtere Stück auf einfachere Weise hätte gestalten wollen, doch nicht gerade alle Züge der Begleitung auf eine so fast knabenhafte Form zurückgeführt haben; insbesondere würde er die Sechzehntelbegleitung der zweiten Violine, die schon an sich ganz klaviermäßig ist, sicher auf das Klavier übertragen haben statt der steifen Achtel. Und noch eins: das Lied, so wohlklingend und wohlgeformt die Melodie ist, steht doch keineswegs auf der Höhe der Goetheschen Poesie – die nun freilich von der Musik schwer zu erreichen ist. Jedenfalls war sie Beethoven noch nicht aufgegangen, als er das Lied schrieb; in dem Alter, in welchem er jetzt stand, würde er andere Töne dafür gefunden haben. Das Lied deutet auf frühe Jugendzeit und ist zweifellos den Bonner Kompositionen einzureihen.

Die beiden eingelegten Gesänge sind in S. XXV Nr. 270 der Gesamtausgabe zum ersten Male nach Mandyczewskis Revision herausgegeben; [32] als Unterlage dienten die in der Berliner Bibliothek befindlichen Abschriften.

Unter den Instrumentalkompositionen, welche diese Zeit hervorbrachte, ist vor allem das Streichquintett Op. 4 zu nennen, welches häufig (z.B. noch von Wasielewski, I S. 100) nur als Arrangement, bestenfalls als Umarbeitung des OktettsOp. 103 betrachtet wird. Bei Besprechung des letzteren Werkes (Bd. I2 287) haben wir auf das Irrige dieser Ansicht hingewiesen, und neuerdings hat W. Altmann (»Musik« I, 12 [1902]) dem lebhaft beigepflichtet und zugleich darauf aufmerksam gemacht, daß das Streichquintett Op. 104 wirklich nur eine Übertragung (nicht Bearbeitung) des C-Moll-TriosOp. 1 III ist. Daß Beethoven auch hier einem Beispiele Mozarts folgte (Köchel 388 [Oktett] und 406 [Streichquintett]), hebt Altmann hervor. Oberflächliche Einsicht zeigt ja allerdings, daß die Motive in Op. 4 dieselben sind wie die in Op. 103; aufmerksame Vergleichung erweist aber, daß das Quintett, unter Benutzung jener Motive, ein ganz neues Werk ist. Nicht nur sind die Streichinstrumente ihrer Klangnatur und Leistungsfähigkeit nach in ihr Recht getreten, was Veränderungen der Tonlage, Umgestaltungen der Motive u.a. zur Folge hat; die Struktur hat eingreifende Abänderungen erfahren. Man sehe gleich im ersten Satze, wie das erste Gegenthema in anderer Tonart auftritt, der Schluß des ersten Teils, der Durchführungssatz, die Rückführung zum Thema, der Schluß ganz neu gestaltet sind. So ist auch das reizende Andante durch Hinzufügung neuer Motive und reichere Verwendung der vorhandenen ein ganz neuer Satz geworden, das Scherzo unter Beibehaltung seines Charakters vielfach geändert, in dem ersten Trio der Violine Gelegenheit zu weiten Gängen gegeben und ein zweites Trio von reizender Mehrstimmigkeit und interessanten Modulationen beigefügt. Im letzten Satze ist die Taktteilung geändert (2/4 statt 4/4), der bequemeren Darstellung für die Instrumente entsprechend; es ist (unter Beseitigung eines Abschnitts im Original) ein neues, zweites Thema gefunden und das Figurenwerk, dem Charakter der Streichinstrumente angepaßt, viel reicher gestaltet, besonders der Schluß überaus reich, wovon im Oktett sich nichts findet. Nur das wundervolle, hochschwellende und hoffnungsreiche Zwischenthema in As (auch von Wasielewski hervorgehoben) ist beibehalten, aber dann selbständig weitergeführt. Die schönen Klänge des Horns konnten freilich nicht beibehalten werden, sind daher durch entsprechende Gänge der Geigen ersetzt. Es ist alles größer, auch kunstreicher; so steht an Ausdehnung und Gehalt das Werk über dem Charakter leichter Unterhaltungsmusik zur Tafel.

[33] Für die Zeit der Entstehung dieses Werkes haben wir zunächst den Spielraum zwischen dem Jahre 1792, in welchem das Oktett entstand, und dem Anfang von 1797, wo das Quintett als »ganz neu« angezeigt wurde. Einen näheren Anhalt gibt die schon einmal angeführte Erzählung Wegelers (Not. S. 29): Graf Apponyi trug 1795 Beethoven auf, gegen bestimmtes Honorar ein Quartett zu komponieren. Auf Wegelers oft wiederholte Erinnerung »machte Beethoven sich zweimal ans Werk, allein beim ersten Versuch entstand ein großes Violintrio (Op. 3), bei dem zweiten ein Violinquintett (Op. 4)«. Das erstere unterliegt besonderer Beurteilung (s. I2 289), und es kann hier ein Mißverständnis obwalten; dem zweiten den Glauben zu versagen, liegt nicht genügender Grund vor, auch innere Gründe sprechen nicht dagegen. Wer das Quintett aufmerksam durchgeht, wird viele Stellen finden, in welchen der Gedanke von vier Instrumenten bequem ausgedrückt werden konnte und die fünfte Stimme (z.B. die zweite Bratsche) nur zur Füllung beigefügt ist und ganz wohl fehlen könnte; andere, wo das Violoncello durch die Bratsche lediglich verstärkt ist oder der melodische Gedanke zwei höheren Instrumenten, welche in Oktaven gehen, zugeteilt ist; aber auch andere, in welchen die vollere Klangwirkung, die deutlichere Verteilung und wechselnde Folge der Motive fünf Instrumente fordert. Ein eigentliches gruppenweises Gegenüberstellen der Instrumente, obligate Behandlung der einen Bratsche, wie es Mozart so wirkungsvoll anwendet33 und auch Beethoven in dem C-Dur-Quintett Op. 29, ist jedoch selten oder kaum versucht. Die Beschaffenheit des Quintetts schließt nicht aus, führt sogar darauf hin, daß es anfangs als Quartett in Angriff genommen war und dann unter den Händen des Künstlers sich zu vollerer und reicherer Gestaltung erweiterte. Dies im einzelnen darzutun, müßte eine eingehende Analyse des Werkes unternommen werden, wozu hier natürlich der Raum fehlt.

Erfolgte der Auftrag Apponyis 1795, dann ist die Fertigstellung des Werkes wohl 1796 anzusetzen, was der Termin der Herausgabe nahelegt. Die Anzeige von Artaria, bei denen es erschien, erfolgte in der Wiener Zeitung vom 8. Februar 1797. In die Ges.-Ausg. Br. u. H. ist es in Serie V als Nr. 36 aufgenommen.

Die beiden Sonaten für Klavier und Violoncello Op. 5 gehören dem Jahre 1796 an und sind eine Frucht der Berliner Reise; wir haben durchaus keinen Grund, an der Erzählung von Ries (Not. 109) zu [34] zweifeln, daß er sie für den Violoncellisten Duport34 komponierte und mit ihm spielte. Die Widmung an König Friedrich Wilhelm II. und der ganze Charakter der Sonaten paßt zu dieser Entstehung. In Wien spielte er sie, wie wir wohl vermuten dürfen, Ende 1796 oder Anfang 1797 in einer Akademie Bernh. Rombergs und ließ sie bald nachher erscheinen.

Die beiden Sonaten sind nicht nur überhaupt die ersten Cellosonaten mit ausgearbeitetem Klavierpart (Wasielewski I, 9), sondern unterscheiden sich auch gleichmäßig von den bisherigen in Sonatenform herausgegebenen Werken Beethovens dadurch, daß ihnen der langsame Mittelsatz fehlt. Statt dessen wird in beiden dem ersten Satze eine längere Einleitung im langsamen Tempo vorausgeschickt. Auch haben sie kein Scherzo. Dadurch ist den beiden Werken ein mehr konzertartiger Charakter aufgeprägt: das Moment ernster Sammlung, wohl gar wehmütiger Trauer, scheidet aus; das am Anfang stehende Adagio will ja nur vorbereiten und nicht selbständig gelten. Daher ist es auch nicht an feste Form und Entwicklung gebunden und kann sich mehr nach Art der Phantasie frei ergehen, und auch trübe Stimmungen, welche es anschlägt, lösen sich zu größerer Lebhaftigkeit, zu der alles hinstrebt. Beethoven weiß schon in diesen Einleitungssätzen die Schönheit des Klanges und die Festigkeit der Form zu wahren, aber neben den bestimmt geformten melodischen Sätzen, die für sich wirken, begegnet doch keine eigentliche Durchführung, welche ihnen eine selbständige Bedeutung gegeben hätte; sie wollen nur vorbereiten. So ist das Adagio sostenuto der ersten Sonate schon in den ersten Takten ein rechtes Eröffnungsstück, die Erwartung erregend, die bald in schönen Gesängen, dann in gebrochenen, nach und nach unruhiger werdenden Figuren sich ergeht; dabei ist der charakteristische Zusammenklang der beiden Instrumente sehr ausgeprägt. Das erste Allegro trägt ganz den Charakter festlicher Heiterkeit und will auch nicht mehr vorstellen. Die Fortsetzungen des Themas, organisch verbunden, sind doch alle selbständige neue Gedanken, und er ergeht sich förmlich in Behagen und Leben; hier ist nicht bloß erstes, zweites, drittes Thema, alles ist selbständig melodisch, und es tut sich sein Reichtum der Erfindung kaum genug. In der Durchführungspartie schlägt er einmal einen ernsteren Ton an, aus dem er sich aber in raschem Aufschwung dem Anfangsthema wieder nähert. Hier und weiterhin begegnet [35] uns schon eine bemerkenswerte Probe der von Beethoven fortan mit besonderer Liebe und Geschicklichkeit geübten Gewohnheit, durch Verwendung von Elementen des Hauptthemas neue Wirkungen zu erzielen; man beachte, wie (S. 13 der Ges.-Ausg.) zu der Sechzehntelbewegung der rechten Hand und einem unter Nachdruck wiederholten Motiv des Hauptthemas das Cello in der Höhe eine ausdrucksvolle Kantilene durchführt. Sehr sinnvoll und hübsch ist der Schluß, wo sich die Bewegung einmal nachdenklich verlangsamt – wie eine Art Bedenken über zu große Munterkeit –, um sich dann zu um so größerer Lust aufzuraffen. In heiterer Lustigkeit läuft der letzte Satz, mit dem imitatorisch gebauten Hauptmotiv, hin; er hat die in Beethovens früherer Zeit so beliebte Rondoform. Hier ist besonders das Thema des Zwischensatzes nach der ersten Wiederholung des Hauptthemas in seiner originellen Keckheit und charakteristischen Laune, trotz der Molltonart, zu bemerken, und weiterhin die harmonischen Klänge des Klaviers auf den liegenden Quinten des Basses. Auch hier geht dem munteren Schlusse ein sinnender Rückblick im langsameren Tempo voraus.

Erfreut uns diese Sonate durch ihre ungetrübte, sonnige Heiterkeit und Daseinsfreude, so tritt sie doch an innerer Bedeutung vor der zweiten in G-Moll entschieden zurück, die uns weit mehr mit dem Herzblute getränkt scheint. Es ist schon der gewichtige Einleitungssatz weit ausdrucksvoller, sprechender und in der Wiederholung der Motive einheitlicher gestaltet. Hier treten sprechende Klagen, unruhige Wünsche vor unser Gemüt, festes Wollen und unsicheres Ablassen, nach heftigem Ansturm ein ratloses Zurücksinken; bis dann das Allegro nach unruhigen Ansätzen in eiligem, haftendem Streben bestimmter vorgeht. Schön ist der Wechsel der Motive in den beiden Instrumenten, wie wenn es ein gemeinsam zu erreichendes Ziel gelte; schön die allmähliche frohe Erhebung; alles sprechend und mit unnachahmlicher Kunst, mit dem gleichen Ideenreichtum (auch hier nicht auf zwei Themen beschränkt); in der Durchführung tritt ein ganz neues Motiv auf; der Rückgang ins Thema ist neu und bemerkenswert; der ganze Verlauf atmendes Leben, Wollen, Kraft. Eine herrliche Coda, welche nochmals die Hauptstimmung zusammenfaßt und in bange Erwartung, fast Mutlosigkeit, zu versinken scheint – die Harmonien sind hier von ergreifender Schönheit –, verkündet den Sieg. Und daß er sich durchgerungen, davon gibt der letzte Satz Kunde, der an Frische und Heiterkeit man möchte sagen alles überragt, was Beethoven in dieser Hinsicht bis dahin von sich gegeben; überhaupt hat er schwerlich auch später etwas Humoristischeres geschrieben. [36] Hier atmet alles Selbstbefriedigung und Luft; in dem wunderbaren zweiten Thema mildert sich dieselbe zu einer Wärme und überwältigend schönen Zartheit, wie sie bei Beethoven kaum je wieder hervorgetreten ist. Diesem folgt, statt des Abschlusses, wieder ein humoristisches Thema in Moll – der Reichtum ist ganz erstaunlich – und dann nach dem wiedergekehrten Thema ein Zwischensatz in C-Dur, in welchem die Keckheit der Erfindung durch die virtuose Behandlung der Instrumente (besonders des Cellos) noch gehoben wird. Wie eigenartig genial der Rückgang ins Thema! und wie humoristisch die Fortsetzung, die letzte Andeutung des Themas und die lebhafte Klavierfigur! und immer Neues bringt er, ein wahrhaft sprühendes Leben. Besonders humoristisch die Oktaven des Cello am Schluß.

Die Instrumente sind trefflich behandelt, das Cello bald mächtig gebietend in der Tiefe, bald in sanfter Kantilene, bald virtuosenmäßig; die Klaviertechnik sauber ausgebildet, hoch entwickelt, glänzend, aber nicht mehr um ihrer selbst auftretend, sondern dem Gedanken dienstbar, daher um so mehr saubere Darstellung fordernd. Diese fein ausgearbeitete Technik, verbunden mit der leicht gewobenen Form, mit dem überquellenden melodischen Reichtum, der viel mehr in die Augen fällt als die Arbeit – das Gefällige, sinnlich Vestrickende in diesen Sonaten läßt den Ursprung erkennen. Wie Mozart für spätere Quartette, so bequemte Beethoven diese Sonaten mit Absicht dem leichteren, französisch beeinflußten Berliner Geschmacke an, speziell dem des Königs. Um so interessanter für uns, was er auch in dieser selbstgewählten Beschränkung Herrliches geboten hat.

Da der Aufenthalt Beethovens in Berlin zum mindesten mehrere Wochen dauerte, so ist wahrscheinlich, daß er die Sonaten ganz in Berlin geschrieben hat; ob er freilich nicht ältere Ideen benutzt hat, ist eine andere Frage. Ein paar kleine Skizzen enthält der Kafkasche Skizzenband (s. Musical Times 1892, S. 649 f.), doch sind dieselben nicht fortgeführt.

Noch einmal in diesem Jahre (später noch mehrfach) bedient sich Beethoven des Violoncells in Verbindung mit dem Klavier, nämlich in den zwölf Variationen über ein Thema aus Händels Judas Makkabäus, welche 1797 bei Artaria erschienen und der Fürstin Lichnowsky, geborenen Gräfin Thun gewidmet sind35. Aufführungen Händelscher Oratorien gab es damals in Wien noch nicht; wir brauchen aber auch [37] nach einer solchen Anregung nicht zu suchen, da Beethoven durch den Verkehr mit van Swieten reichlich auf Händel hingewiesen war. Die Variationen sind mit den gleichzeitigen Klaviervariationen zu vergleichen; im ganzen halten sie sich trotz hübscher Figuration doch enger ans Thema als manche der späteren. Wohl durch den Gedanken an Händel angeregt, greift er mehrfach zu kontrapunktischen Mitteln und macht namentlich von der Imitation ausgiebigen Gebrauch; auch kanonische Ansätze finden sich, werden aber nicht durchgeführt. Das Violoncell ist sowohl in schönem Gesange in hoher Lage wie in lebhaften Figuren und Gängen seiner Natur nach reich bedacht. Daß er die Variationen in lebhaftem dreiteiligen Takt schließt, ist auch unter den übrigen Werken nicht ohne Beispiel. Das Ganze ist nach der Liebe, welche an die Ausführung gewendet ist, eine hübsche Huldigung an Händel, den er besonders in seinen späteren Jahren so hoch verehrte.

In diese Zeit, wenn nicht in noch frühere, gehört wohl auch der bis jetzt noch nicht in Druck erschienene Allegro-Satz in Sonatenform für Bratsche und Violoncello, der sich mit der Überschrift »Duett mit zwei obligaten Augengläsern von L. v. Beethoven« in dem aus dem Besitz von J. N. Kafka durch Kauf 1875 an das British Museum übergegangene Sammelband Beethovenscher Skizzen aus der Zeit etwa 1784–1800 befindet (add. MSS. 29801 f., vgl. J. S. Shedlocks Notizen i. d. Musical Times 1892 Juni–Dezember). Vielleicht geben die beiden »obligaten Augengläser« einen Anhaltspunkt für die Eruierung der beiden Spieler, für welche das Stück berechnet war. Der Satz ist vollständig ausgeführt und überaus fließend geschrieben mit strenger Gleichbehandlung beider Instrumente. Die melodische Konzeption steht ganz offenbar noch unter dem Einflusse der Mannheimer, wie gleich der Anfang beweist:


1. Kapitel. Die Jahre 1796-97

(folgt Weiterführung mit vertauschten Rollen). Echter Beethoven spricht aus den Motiven:


1. Kapitel. Die Jahre 1796-97

[38] und


1. Kapitel. Die Jahre 1796-97

auch dem weichen Kerne des zweiten Themas:


1. Kapitel. Die Jahre 1796-97

überhaupt ist der ganze Satz so geartet, daß die bevorstehende Drucklegung desselben mit Freude begrüßt werden muß. Bratschisten und Cellisten werden ihn nicht übersehen. Die schlichte Faktur des Satzes macht eine genauere Bestimmung der Entstehungszeit schwer; einen Grund, denselben etwa in die Bonner Zeit zurückzuverweisen, sehe ich aber nicht, da die Gestaltung bereits eine sehr gewandte Hand aufweist.

Die in Thayers Materialien befindliche Kopie ist von Shedlock für Deiters angefertigt. Auf Anfrage des Herausgebers teilte derselbe freundlichst weiter mit, daß das Stück auf einem besonderen Bogen mit 16 Systemen auf der Seite steht, der in dem Band eingekleistert ist und mit den vorausgehenden und nachfolgenden Teilen nicht zusammengehört. Der Satz steht auf Fol. 136 a bis 137 a des Bandes vollständig mit Tinte ausgeschrieben. Auf S. 137 b folgen 20 Takte eines Satzes in C-Dur 2/4 mit Alt-Schlüssel skizziert beginnend:


1. Kapitel. Die Jahre 1796-97

der möglicherweise für dasselbe Werk gedacht war.

Auch die erstmalig bei André in Offenbach und dann in der Breitkopf u. Härtelschen Gesamtausgabe (S. VIII Nr. 64) gedruckten drei Duos für Klarinette und Fagott gehören hierher. Thayer (Chron. Verz. Nr. 70) setzt dieselben ohne bestimmte Begründung um 1800 an und denkt an den Klarinettisten Beer und den Fagottisten Mattauschek als diejenigen, für welche sie der Komponist bestimmte. Innere Kriterien zwingen dazu, die Komposition dieser Trios erheblich vor 1800, vielleicht sogar in die Bonner [39] Zeit zu verlegen. Die Melodik ist noch ganz und gar mannheimisch und die Führung des begleitenden Parts (wechselnd, doch meistens Fagott) bei weitem nicht so gewandt, wie in dem Duo für Bratsche und Violoncello. Auch ist wohl zu beachten, daß die Klarinette in der Tiefe nicht über die Flöten- und Oboengrenze hinausgeht, so daß auch eins dieser Instrumente den Part übernehmen kann. Da Bonn sogar zwei Klarinetten für die Tafelmusik hatte, liegt gar kein Grund vor, an bekannte Wiener Bläser zu denken.

Zu den Werken aus dieser Zeit gehört auch das Sextett für Blasinstrumente (zwei Klarinetten, zwei Fagotte, zwei Hörner), 1810 von Breitkopf und Härtel herausgegeben (die Opuszahl 71 erhielt es erst später). Skizzen zum letzten Satze, von der gedruckten Form noch abweichend, finden sich zwischen Entwürfen zu der Klaviersonate Op. 10 III36; für diese Sonate ist Mitte 1796 bis gegen Mitte 1798 als Entstehungszeit anzunehmen, da Anfang Juli 1798 die Subskription auf dieselbe eröffnet wurde, andere gleichzeitige Arbeiten aber schon 1797 fertig waren. Die früheren Sätze des Sextetts dürfen daher schon hiernach etwas früherer Zeit (1796/97) zugeschrieben werden. Das wird nun dadurch bestätigt, daß eben dieser Anfang vor Skizzen zu Ah perfido, welches spätestens 1796 geschrieben ist, auf einem Skizzenblatt aus der Artariaschen Sammlung steht37; dieses Jahr ist demnach auch als das Entstehungsjahr des Sextetts anzunehmen, wenn es nicht schon noch früher wenigstens begonnen war. Eine zusammengehörige Lage des Kafkaschen Skizzenbandes im British Museum (s. Musical Times 1892, S. 462) enthält Skizzen zum Menuett und Trio des Sextetts neben solchen von Ah perfido und der Klaviersonate Op. 4911 (beide Sätze). Auch das bestätigt 1796.

Beethoven ließ das Werk lange liegen; erst im April 1805 wurde es »in einer Quartettsitzung zum Benefice Schuppanzighs zu Gehör gebracht«38. Es gefiel sehr; der Rezensent der Allg. Mus. Ztg. (VII 535, vom 15. Mai 1805) nennt es »eine Komposition, die durch schöne Melodien, einen ungezwungenen Harmoniefluß und einen Reichtum neuer und überraschender Ideen glänzt. Die Klarinette (soll wohl heißen: die erste Klarinette) wurde dabey von Herrn Pär (Beer), in Diensten des Fürstlich Liechtensteinschen Hauses, äußerst vollkommen vorgetragen«. [40] Noch später erst entschloß sich Beethoven zur Herausgabe. Am 3. August 1809 schrieb er an Breitkopf und Härtel: »Mit dem nächsten Postwagen erhalten sie ein oder noch ein anderes Lied oder ein Sextett für blasende Instrumente« – und ließ am 8. August folgende Worte folgen: »Das Sextett ist von meinen frühern Sachen und noch dazu in einer Nacht geschrieben – man kann wirklich nichts anderes dazu sagen, daß es von einem Autor geschrieben ist, der wenigstens einige bessere Werke hervorgebracht – doch für manche Menschen sind diese Werke die besten39

Daß Beethoven das Werk in einer Nacht geschrieben, darf wohl cum grano salis verstanden werden, da ja Skizzen zu demselben vorliegen; daß er es seinen späteren und gewichtigeren Sachen gegenüber nicht sehr schätzte, können wir uns erklären, so sehr uns auch die reizenden Motive, die klare Gestaltung, die sonnenhelle Stimmung noch heute erfreut. Sicher standen ihm auch Mozartsche Vorbilder vor Augen, welcher eine ähnliche Zusammensetzung (nur statt der Klarinetten Oboen) angewandt hat (Jahn I, 347 fg.). Es stammte aus einer Zeit, wo in ihm die Erinnerung an die Bonner Musiker und Verhältnisse noch lebendig war, wo er seiner Schaffensfreudigkeit unbehindert folgte, und wo noch nicht ernste und trübe Erlebnisse ihn in sein Inneres zurückgeworfen und seine Individualität mächtig entwickelt hatten. Es ist alles auf leichtere Unterhaltungsmusik berechnet, auf welche auch so manches andere Stück jener Tage hinzielte; denken wir an die Violoncellsonaten, an die Serenade. Daher eine Fülle klarer, einnehmender Melodien – in der Durchführung bringt er wieder eine neue – und ein lebendiger Fluß, der unmittelbar fortreißt. Das Adagio mit seinen reizenden Motiven und den hübschen Klangwirkungen ist durchaus den gleichzeitigen Werken ebenbürtig. Aber die uns vertraute Beethovensche Tiefe der Empfindung wird man nicht suchen; nach dem ganzen Zuschnitt und auch der Art der Erfindung bewegen wir uns auf Mozartschem Boden; das Menuett klingt sogar bestimmt an Mozart an. Auch an seine eigenen Sachen aus jener Zeit wird man mehrfach erinnert, so an die Sonaten Op. 5 und ganz besonders auffallend im letzten Satz an das Septett; eine getragene, choralartige Melodie im letzten Satze des [41] letzteren, die der Violinkadenz vorangeht und zum Thema zurückführt, findet sich ganz gleichartig, mit geringer Modifikation, an der entsprechenden Stelle, ehe das Thema wiedergebracht wird (aber im Septett würdiger, reifer), und ebenso erinnert die Fortsetzung des Themas des letzten Satzes im Sextett an die entsprechende Stelle im Septett. Daß letzteres, 1800 fertig, das ausgeführtere und spätere Werk ist, kann ohnehin keinem Zweifel unterliegen, und wir bedürfen dieses inneren Beweises kaum, daß das Sextett das frühere Werk ist. – Hervorgehoben sei noch, ähnlich wie beim Oktett, die wirksame, ganz ihrer Natur entsprechende Verwendung der Blasinstrumente; die Klarinette entfaltet ihren vollen Glanz, die Hörner greifen mit Motiven und gehaltenen Tönen sehr wirksam ein. Die Klangfarbe des Ganzen – wir haben es leider nicht in der Originalgestalt gehört – muß eine wahrhaft bestrickende sein.

Beethoven hat in jenen Zeiten offenbar eine besondere Vorliebe für Blasinstrumente gehabt. Es existiert ein Bruchstück eines Quintetts für Oboe, drei Hörner und Fagott, in Es-Dur, früher im Besitze von Artaria (s. dessen Verzeichnis Nr. 185), jetzt von Erich Prieger. Vom ersten Satze fehlt der Anfang, der sich aus der Wiederholung im zweiten Teil ergänzen läßt; das ganze Adagio ist vorhanden, vom Menuett (Allegretto) nur wenige Takte. Der ganze Charakter weist in diese erste Wiener Zeit, für welche auch die Wahl der Instrumente spricht. Der erste Satz ist sehr reizend, zeigt Anklänge an das Septett; das Adagio überaus zart. Das noch vorhandene Thema des dritten Satzes erinnert an den ersten Satz des Sextetts für Blasinstrumente. Die Melodik ist mehrfach ganz eigenartig; der Klang der Hörner ist mit großer Feinheit benutzt, er muß wundervoll wirken. Wir haben Hoffnung, daß dieses interessante Fragment demnächst bekannt gemacht wird. Es ist nach der Angabe im Verzeichnis 1862 mit Ergänzungen von Zellner aufgeführt worden.

Angeregt ohne Zweifel durch Aufführungen von Künstlern, schrieb Beethoven in jener Zeit zwei Werke für zwei Oboen und Englisch Horn40.

Von diesen ist das eine, das als Op. 87 herausgegebene Trio, ziemlich bekannt, da es durch verschiedene, zum Teil zu Beethovens Zeit und mit seiner Gutheißung herausgegebene Arrangements auch weiteren [42] Kreisen zugänglich geworden ist. Die Originalhandschrift, früher im Besitze von Artaria, trug die Aufschrift: Terzetto da L. v. Beethoven. Im April 1806 gab es Artaria heraus unter dem Titel: Grand Trio pour deux Hautbois et un Cor anglais composé par Louis van Beethoven. Eine Opuszahl war noch nicht angegeben. Daneben gab er das Werk für zwei Violinen und Bratsche heraus mit der Opuszahl 29 und endlich als Sonate für Klavier und Violine; letztere ist (nach Thayer) zuerst erschienen. Nach einer Angabe von Aloys Fuchs soll es 1794 komponiert sein, was aber sonst nicht beglaubigt ist. Daß es aber in diese frühere Wiener Zeit gehört, macht sein ganzer Charakter, sowohl Erfindung wie Formgebung, zweifellos. Es ist ein erfreuliches, guter Stunde entsprossenes Werk; die freundlichen, klaren Motive, die schöne Bearbeitung derselben, die Klangwirkungen, alles ist reiner Schaffensfreude entsprungen; sonniger Glanz liegt über demselben. Besonders anziehend ist zu beobachten, wie er die beschränkten Mittel (Nicht tiefer als e) verwendet und ihnen besondere Wirkungen entlockt (wobei die Tiefe, das Englische Horn, mehrfach interessant hervortritt). Der enge Tonumfang und die Beschränkung vollstimmiger Harmonie fordert ihn geradezu auf, durch die hier besonders reich angewandte Imitation, durch selbständige Führung der Stimmen, durch Maßhaltung in harmonischen Ausweichungen besondere Wirkungen zu erzielen; über die Entwicklung der Harmonie ist man nie im unklaren. Echt Beethovenisch ist das gesangvolle, zarte Adagio, voll munterer Wirkung auch das zierliche Rondo. Mehrfach glaubt man Anklänge an Werke jener Epoche zu hören, welche etwas später fallen, wie des Konzerts in C, des Septetts, der Sonate pathétique, selbst der ersten Symphonie; wie verborgene Keime stellen sie sich dar, welche später zu weiterer Entfaltung kommen sollten. Aber die Zeit, in der wir stehen, prägt sich auch darin aus, daß über den heiteren Glanz und die vollendete Kunst hinaus der tiefere Mensch Beethoven sich doch noch nicht ausspricht.

Von den Variationen über La ci darem für dieselben Instrumente ist historisch nichts weiter bekannt, als daß sie am 23. Dez. 1797 in dem Konzert für die Witwen und Waisen im Nationalhoftheater aufgeführt wurden41. Sie waren sicherlich erheblich früher vollendet. Das Autograph, früher in Artarias Besitz, jetzt bei E. Prieger in Bonn, zeigt noch erhebliche Korrekturen, ist nicht besonders deutlich, weist aber in die frühere Wiener Zeit, doch nicht in die allererste, dafür ist es schon etwas [43] zu nachlässig. Auf einer freien Seite (nach der sechsten Variation) stehen allerlei Skizzen, darunter ein Motiv, wie für das Adagio von Op. 3 bestimmt, ein anderes, welches ähnlich in der Serenade Op. 25 verwendet wird, und, was besonders bemerkenswert, ein paar Takte der Adelaide, an welcher er schon 1795 gearbeitet hat und die 1797 erschien. Die Variationen waren also fertig; wir werden 1795 spätestens als ihr Entstehungsjahr anzusetzen haben. In diese Zeit weist auch der Charakter des kleinen Werkes. Es steht durchaus auf dem Boden der in jener Zeit entstandenen Klaviervariationen und zeigt über dieselben hinaus keine hervorstechenden Züge; das Interessante beruht namentlich auf der Zusammensetzung der drei Instrumente, welche allerdings wieder große Feinheit zeigt. Der Titel lautet: »Variationen für 2 Oboen und Englisches Horn über ein Thema aus Mozarts Don Juan«. Das Thema war ihm offenbar sehr wert, er will nicht viel hinzutun. Dasselbe ist in großer Schlichtheit in C-Dur gesetzt; die Variationen verändern dasselbe, ohne wesentlich neue Gedanken zu bringen, in punktierter, figurierender Weise, mehrfach mit imitierenden, selbst kanonartig (Var. 4) polyphonen Ansätzen; hauptsächlich interessiert die individuelle Behandlung der einzelnen Instrumente, so gleich in der zweiten Variation das Englische Horn mit seinen Sechzehnteltriolen, in der fünften ähnlich in der ersten Oboe (ein Virtuosenstück), in der achten führt, zu imitierenden Figuren der beiden äußeren Stimmen, die zweite Oboe eine recht brillante Begleitung durch. Auch die Moll-Variation (6) fehlt nicht, sie trägt ganz den ernsten Beethovenschen Charakter. Nach Var. 8 heißt es, nach einer Fermate: attacca subito la Coda und hierauf folgt (wie wiederum in mehreren anderen Variationen) ein fröhlicher 6/8 Takt; eine recht frische Coda, in welcher mit dem variierten Thema freier gespielt und dasselbe durch verschiedene Tonarten in den verschiedenen Instrumenten durchgeführt wird, bringt zuletzt das Thema in langsamem Tempo als Schluß. Das Werkchen ist sehr unterhaltend; den Hauptreiz bildet die Feinheit des Satzes für die verschiedenen Instrumente und die zweifellos hübsche Klangwirkung, wobei das altbekannte Thema in immer neue Beleuchtung gerückt wird. Darüber hinaus kann es eine höhere Bedeutung nicht beanspruchen. Beethoven hielt es aber wert und bot es noch 1822 Peters zum Verlage an. Daraus wurde jedoch nichts, und so ist es bis heute ungedruckt geblieben. Hoffentlich wird es bald allgemein bekannt.

Das Sextett für vier Streichinstrumente und zwei Hörner (Op. 81 b) gehört auch dieser frühen Zeit an und ist jedenfalls noch früher [44] entstanden als das Sextett für Blasinstrumente, dem es auch an Gehalt weit nachsteht; es erhebt sich nirgends über Mozart, ja es kann demselben nicht gleichgestellt werden, da die Beethovensche Individualität noch keineswegs sich überragend geltend machte. Skizzen zu den beiden ersten Sätzen des Sextetts finden sich auf einem Skizzenblatte der Berliner Bibliothek neben Skizzen zu dem Bürgerschen Liede »Seufzer eines Ungeliebten«42 und Skizzen des letzteren wieder neben solchen der Adelaide (oben S. 24 ff.); daher ist für das Sextett die Zeit von 1795, vielleicht schon 1794 anzusetzen. Herausgegeben wurde es erst 1819 bei Simrock in Bonn; in einem Briefe, welchen Beethoven zugleich mit dem Manuskript an Simrock schrieb und der verloren gegangen ist, hatte er dem Verleger (der ja seinerzeit ein ausgezeichneter Hornist war) geschrieben, daß »der Schüler seinem Meister späterhin manche harte Nuß zu knacken gegeben«43. Ob und wann das Sextett vorher gespielt worden ist, darüber fehlt jede Nachricht. Eine Mitteilung Reichardts in seinen Vertrauten Briefen (Bd. I, S. 208, vom 10. Dez. 1808): »An jenem ersten Quartettmorgen ward – das schöne klare Sestet (sic) von Beethoven mit Blasinstrumenten gemacht, und that gar schöne, kräftige Wirkung. Ein Waldhornist vom Orchester des Theaters hat mir dabei ganz besonders Vergnügen gemacht« – bezog Thayer auf dieses Sextett, was jedoch bereits Nottebohm (handschr. Zus.) anfocht; in der Tat konnte gerade dieses Werk nicht wohl einfach ein Sextett »mit Blasinstrumenten« genannt werden, und die Erwähnung des einen Waldhornisten ist auch auffallend. Ohne Zweifel ist das Septett gemeint, was auch aus der wunderlichen, jedenfalls verdruckten Schreibung Sestet zu schließen sein dürfte. Dieses Sextett steht an Reichtum der Phantasie und Feinheit der Ausgestaltung dem für sechs Blasinstrumente entschieden nach und verrät deutlich seinen früheren Ursprung. Es unterscheidet sich von dem andern, auch von dem Oktett, dadurch, daß es nur drei Sätze hat, welche aber einfach und knapp gestaltet sind. Die bei den Hörner sind, wie zu erwarten, durchaus die führenden Stimmen; sie bringen in allen Sätzen die entscheidenden Motive und Einsätze, und auf ein Gegenspiel zweier Gruppen ist es nicht abgesehen. Das Streichquartett führt zwar mitunter die Melodie weiter, wiederholt sie, gibt die harmonische Färbung, auch in imitierende Figuren ergeht es sich mit dem Horn; aber eine quartettmäßige Behandlung ist [45] durchaus nicht erstrebt, die Streichinstrumente sind nicht individualisiert, es könnte ohne wesentliche Anwendung der Wirkung eine Klavierbegleitung an Stelle derselben stehen. Daß die Melodien schlicht gehalten, einfach sind, liegt daher in ihrer Bestimmung; daß sie wohlklingend und ausdrucksvoll sind, wird man bei Beethoven nicht anders erwarten; aber Offenbarungen einer tieferen Gemütsbewegung bieten sie nicht. Nur das neue ernste und gesangvolle Motiv, welches er zu Anfang des zweiten Teiles bringt, und welches uns an eine ähnliche ernste Stelle in der Violoncellsonate Op. 5. I erinnert, hebt uns etwas höher und kommt aus tieferem Herzen. Das Largo, welches die gehaltenen Töne des Horns besonders in Anspruch nimmt, ist jedenfalls der klanglichen Wirkung nach sehr anziehend, sagt uns aber gegenüber anderen Beethovenschen Sätzen nichts Neues; das Rondo, munter und frisch, ist namentlich in dem Mittelsatz nicht ohne Originalität. Das Ganze kann nur eine freundlich heitere Stimmung hinterlassen, ohne tiefer zu greifen; letzteres war bei einer Musik, welche der Unterhaltung und der Vorführung der Kunstfertigkeit auf den Instrumenten dienen sollte, auch gar nicht beabsichtigt. Die beiden Sextette dienen uns neben anderen Arbeiten zum Beweise, mit welcher Leichtigkeit und Freudigkeit Beethoven in jenen ersten Wiener Jahren arbeitete; erst das Erstarken der inneren Persönlichkeit führte ihn auch als Künstler weiter.

Das schöne Quintett für Klavier und Blasinstrumente in Es Op. 16 gehört auch in diese Jahre; es wurde am 6. April 1797 in einer Akademie von J. Schuppanzigh gespielt, auf deren Programm es unter Nr. 5 heißt: »Ein Quintett auf dem Fortepiano mit 4 blasenden Instrumenten akkompagnirt, gespielt und komponirt von Herrn Ludwig van Beethoven«. Es war wohl nicht lange vorher fertig geworden; Skizzen finden sich neben einer Bemerkung zur C-Moll-Sonate Op. 10 I44. Man wird also 1794 bis Anfang 1797 als die Zeit der Komposition anzusetzen haben. Dann spielte es Beethoven wieder am 2. April 1798 im zweiten Konzert der Tonkünstlergesellschaft zum Besten der Witwen und Waisen im National-Hoftheater. Auf dem Zettel heißt es: »Den zweiten Abend spielt Herr von Beethofen von seiner Erfindung ein Quintett auf dem Pianoforte, begleitet mit einer Hautbois von Herrn Triebensee, Kapellmeister, und einer Klarinette von Herrn Beer, beyde in oben benannten Diensten des Herrn Fürsten (von Liechtenstein), dann mit einem Fagott von Herrn [46] Matouschek und einem Waldhorn von Herrn Nickl.« »Alle erhielten«, wie die Wiener Zeitung in ihrem Bericht hinzufügt, »den ungetheiltesten und lebhaftesten Beyfall.« Im Sitzungsprotokoll der Gesellschaft vom 10. Mai heißt es: »Den 2 ten Tag hat H. van Bethoven ein Quintett produzirt, und sich dabey auf dem Pianoforte auch durchs fantasieren ausgezeichnet.« Dabey, also doch wohl im Stück selbst, wie er es nach Ries' Erzählung (Notiz S. 79) auch später noch einmal zum Unbehagen der Mitspieler, aber zum Ergötzen der Zuhörer machte45. Das Quintett erschien 1801 bei Mollo in Wien und wurde dem Fürsten Schwarzenberg gewidmet.

In diesem Werke tritt Beethoven ersichtlich und unmittelbar mit Mozart in Wettstreit, der ein Quintett in ganz gleicher Zusammensetzung, in derselben Tonart und in genau derselben Form – längere Einleitung, erster Satz, langsamer Satz, Rondo – schrieb (Jahn II, S. 186).46 Mozart hielt dieses Werk für das beste, was er bis dahin geschrieben, und es war auch schwer, ihn hier zu übertreffen. Aber es ist wohl müßig zu fragen, welches Werk das schönere ist; jedes zeigt die ganze Individualität seines Schöpfers. Das Beethovensche Werk atmet ganz die sonnige Heiterkeit jener Tage, und die Instrumente, für die er schrieb, waren ihm in ihren Wirkungen vertraut und er wußte sie zu behandeln. Die Erfindung sprudelt so reich, wie nur in irgend einem der Werke jener Zeit; die Anmut der Melodien, die schöne Gegensätzlichkeit derselben, das rhythmische Ebenmaß und der Fluß der Entwicklung sind unnachahmlich, und doch drängen sich nirgends besondere Künste vor. Reizend ist das Konzertieren der Instrumente untereinander und mit dem Klavier; alle, auch letzteres in [47] seinen lebhaften Passagen, sind ganz ihrer Natur nach behandelt, und so ist der Wohllaut ein überaus schöner. Das führende Instrument unter den Bläsern ist meist die Klarinette, aber alle anderen, besonders auch das Horn, kommen zu ihrem Rechte. Anmutigeres als den Andantesatz (der an Mozart anklingen soll), hat Beethoven in jener Zeit kaum geschrieben, wie schön ist hier ein Kantilene der Oboe, des Hornes, welche von Leiden zu erzählen scheint, die aber von den anderen bald beschwichtigt werden; doch hat der Schluß eine etwas ernstere Färbung. Sollen wir nun hier vergleichen, so müßten wir allerdings gestehen, daß uns persönlich der ausgeführtere Satz in Mozarts Quintett der liebere ist; aber wir möchten darum Beethovens Stück ja nicht herabgesetzt sehen. Das Rondo glänzt wieder durch Frohsinn und reiche Erfindung – es bringt drei vollständige Themen –; und im zweiten Seitensatze zieht ein kleines Sturmwetter über die sonnige Fläche. Am Schlusse ruft das Horn zur Ruhe und Freundlichkeit. Eine kleine harmonische Unebenheit – wo das Thema in den Instrumenten einem Echo gleich zur Fortsetzung desselben im Klavier erscheint – ist, wie es scheint, bisher nicht beanstandet worden; es ist ein sinniger Gedanke, aber – ein Gedanke47.

Beethoven selbst hat das Quintett als Quartett mit drei Streichinstrumenten eingerichtet, wie Ries ausdrücklich bezeugt; die den Instrumenten entsprechenden Änderungen hätte wohl auch kein anderer machen können. Der Hauptreiz des Klanges fehlt hier natürlich. Doch ist gerade in diesem Arrangement das Werk weitesten Kreisen lieb und vertraut geworden. In dieser Gestalt erschien es gleichzeitig. Mit dem Arrangement für Streichquartett (als Op. 75 bei Artaria erschienen) hat Beethoven natürlich nichts zu schaffen.

Über die Serenade für Violine, Bratsche und Violoncell Op. 8 ist hinsichtlich ihrer Entstehung nichts weiter bekannt, als daß ihr Erscheinen am 7. Oktober 1797 von Artaria in der Wiener Zeitung angezeigt [48] ist; ihr ganzer Charakter stellt sie in die Zeit, in der wir stehen. (Eine Skizze für das Andante weist Shedlock [Mus. Times 1892, S. 525] mit solchen des B-Dur-Konzerts und solchen des Trio Op. 1 II auf). In der Anlage des Ganzen und dem Charakter der Erfindung steht das Werk auf dem Boden Mozarts; dieser hatte gerade auf dem Gebiete leichter Unterhaltungsmusik, wie sie zu nächtlichen Ständchen oder Huldigungen oder Unterhaltungen anderer Art dient, reichlich sich betätigt. Wahrscheinlich hat sie, trotz Wasielewskis gegenteiliger Ansicht (der sie im übrigen schätzt [I 187 ff.]), eine besondere Veranlassung oder Anregung gehabt; einem stärkeren Schaffensbedürfnis Beethovens hat sie wohl nicht entsprochen (Lenz unterschätzt sie). Aber nachdem er es einmal unternommen, widmet er ihr auch seine ganze Kenntnis und Einsicht, wobei wieder sein Humor nicht an letzter Stelle steht. Man kann sich bei dem Verlaufe des Stückes ganz wohl ein kleines Situations- oder Stimmungsbild ausmalen (wie dies auch Wasielewski versucht), muß sich aber dabei vor der Gefahr hüten, in Subjektivität zu verfallen.

Die Stücke sind alle in einfacher Form, melodiös aber anspruchslos gestaltet. Die Beschränkung auf drei Instrumente fordert sorgsame Beachtung der Vollstimmigkeit, daher müssen Doppelgriffe und klavierartige Begleitungsfiguren mehrfach eintreten. Nicht bloß dies ist Beethoven vortrefflich gelungen, sondern er hat auch in Imitationen und Wechsel der Melodien die einzelnen Instrumente hübsch zu charakterisieren und sie überall selbständig zu führen gewußt. Mehrfach werden dieselben, besonders die Violine, wirksam auch das Violoncell, solistisch behandelt, ganz dem Charakter eines Ständchens entsprechend. Ein kurzer festlicher Marsch bezeichnet den Eingang; dann beginnt ein langsames Stück von gefälligem, im zweiten Thema dringlich einschmeichelndem Ausdruck; besonders hier ergehen sich Violine und Cello in hübschen Solopartien; auch sehnsüchtige Klage kommt zum Ausdruck, und der ausgehaltene Schluß scheint auf Erhörung zu warten; dieser gibt dann ein fröhlicher Menuettsatz mit einem bewegten Trio und der humoristischen Coda Ausdruck. Ein sanft klagendes liedmäßiges Adagio (D-Moll) scheint schwindender Hoffnung zu gelten, doch wird es zweimal wieder von einem munteren Zwischensatz unterbrochen. Die Spieler fassen wieder Mut, ihre Kunst zu zeigen; eine muntere Polonaise erklingt und fesselt die Zuhörer. Außer der Violine tritt hier das Violoncell selbständig hervor; von den beiden Zwischensätzen interessiert besonders der zweite durch hübsche Imitationen. Noch folgt ein Andante mit Variationen, über welches nun aller Liebreiz ausgegossen ist. In den [49] Variationen kommen alle drei Instrumente zu solistischer Geltung; zwischen ihnen ist, wie auch in den Klavierkompositionen gewöhnlich, eine in Moll in ganzer Vollstimmigkeit eingeschoben. Sehr hübsch ist die Coda in B-Dur eingeleitet, gleichsam eine Vorandeutung zu den Variationen im fünften Streich quartett; hier zeigt Beethoven sein wahres Antlitz. Die Variationen klingen sanft auf der Dominante aus und führen so zu dem Einleitungsmarsch zurück, mit welchem die Sänger abziehen.

Daß Beethoven das Werk hochhielt, mehr als die beiden Sextette, geht daraus hervor, daß er es jedenfalls bald nach dem Entstehen herausgab; mehr noch daraus, daß er die Herausgabe eines Arrangements desselben für Klavier und Bratsche, welches er selbst durchgesehen hatte, gestattete; dieses erhielt (aber wohl nicht durch Beethoven) die Opuszahl 42. Hoffmeister in Leipzig, welcher dasselbe 1804 herausgab48, hatte sein Erscheinen schon am 17. Dezember 1803 im Intelligenzblatt der Zeitung für die elegante Welt angezeigt. Diese Arbeit ist wohl einbegriffen in der Bemerkung Beethovens in dem Briefe an Hoffmeister vom 22 September 1803: »Die Übersetzungen sind nicht von mir, doch sind sie von mir stellenweise ganz verbessert worden, also kommt mir ja nicht, daß Ihr da schreibt, daß ich's übersetzt habe, weil Ihr sonst lügt, und ich auch gar nicht Zeit und Geduld dazu zu finden wüßte.«

Nach H. Deiters' Ansicht, die übrigens auch Nottebohm (nach einer handschr. Bemerkung zu Thayers Verz. Nr. 92) teilte, gehört auch die Serenade Op. 25 hierher; dieselbe ist hinsichtlich der Erfindung weniger reich und eigenartig, auch in der Gestaltung weniger mannigfaltig als Op. 8, und läßt den Humor, die Genialität viel weniger hervortreten; sie ist vielleicht noch früher geschrieben als Op. 849. Er schreibt hier für eine andere Kombination: Flöte, Violine und Bratsche; dadurch ist auf Größe und Fülle der Klangwirkung verzichtet, das Ganze in ein engeres Bereich des Tonsystems verlegt und besonders die beiden Saiteninstrumente in ihrer freien Bewegung gehemmt, dagegen wieder für Feinheit und Reiz des Klanges mehr Anlaß geboten; in dieser Hinsicht ein Problem für sauberes Zusammenspiel. Ein Entrata, durch eine munter auffordernde Flötenfigur eingeleitet, die dann[50] hübsch verarbeitet wird, vertritt die Stelle des Einzugsmarsches. Ein Menuett mit zwei Trios ist wohlklingend, sehr einfach; die Figuren, welche in den Trios Violine und Flöte durchzuführen haben, entbehren durchaus der Originalität, wie sie in Op. 8 fortwährend begegnet. Ein rascher Satz in D-Moll, mit einem leichtschwebenden Zwischenstück in D-Dur, ist für den Zweck angemessen erfunden, kann aber nicht als hervorragend, als eigentümlich Beethovenisch gelten. Sehr hübsch ist dann das Andante mit Variationen (wo nur die Beschränkung der Instrumente fühlbar wird); hier kommen alle Instrumente, ihrem Charakter entsprechend, solistisch zur Geltung; eine hübsche Coda schließt. Die Variationen können mit den in den 90er Jahren geschriebenen Klaviervariationen verglichen werden und erheben sich nicht über dieselben. Dann folgt ein munteres Allegro scherzando, mit vorwärts drängendem punktiertem Motiv; das Trio in D-Moll macht einen Anlauf zur Polyphonie und ist feinsinnig gesetzt. Es folgt ein kurzes Adagio, schlicht und ansprechend, an das sich gleich der Schlußsatz in lebhafter Rondoform (vivace e disinvolto) anschließt, ganz früher Beethoven und ohne tiefere Bedeutung; nur der erste Seitensatz hat etwas eigenartiges; charakteristisch ist, daß er ganz ohne Vermittlung auftritt. So ist in dem ganzen Werk von weiter ausgreifender Anlage und von detaillierter Arbeit kaum die Rede; die Motive, alle hübsch gegensätzlich, müssen für sich wirken; kein eigentlich planmäßig ausgeführter Bau, lauter Sätze mit kurzen Abschnitten; ein freierer produktiver Geist schwebt nicht darüber, es ist sicher eine rasch konzipierte Arbeit gewesen, die jedenfalls der Serenade Op. 8 vorangegangen.

Beethoven ließ das Werk Anfang 1802 bei Cappi, der eben damals sein Geschäft eröffnete, erscheinen. Dann wurde es, ebenso wie Op. 8, in einem Arrangement für Klavier und Flöte oder Violine von Hoffmeister in Leipzig als Op. 41 herausgegeben; auf dieses bezieht sich daher ebenfalls die S. 50 angeführte Bemerkung Beethovens.

Unter den Kompositionen dieser Zeit ragt hervor die Sonate für Klavier in Es Op. 7; sie bezeichnet einen nennenswerten Fortschritt nicht nur in Beethovens Klavierkomposition, sondern auch für die Entwicklung seiner Eigenart. Für die Zeit ihrer Entstehung haben wir nur das Datum der Anzeige ihres Erscheinens im Verlage von Artaria am 7. Oktober 1797 in der Wiener Zeitung. Skizzen, welche eine genauere Zeitbestimmung ermöglichten, haben sich bisher nicht gefunden; auf einem Bogen des jetzt im British Museum zu London befindlichen Kafkaschen Skizzenbandes [51] stehen kleinere und größere Skizzen zum dritten Satze50 neben Entwürfen zu kleineren Stücken, woraus aber für die Zeit nichts zu gewinnen ist. Gewidmet ist die Sonate der Gräfin Babette Keglevich, einer Schülerin Beethovens, welche später den Fürsten Innocenz Odescalchi in Preßburg heiratete. Aus dem Briefe eines Neffen der Gräfin führt Nottebohm noch an: »Die Sonate wurde von Beethoven für sie, als sie noch Mädchen war, komponirt. Er hatte die Marotte – eine von den vielen – daß er, da er vis-à-vis wohnte, in Schlafrock, Pantoffeln und Zipfelmütze zu ihr ging und ihr Lectionen gab« (II Beeth. S. 512). Eine Bemerkung auf diesem Bogen dürfte am richtigsten auf die Gräfin bezogen werden und vielleicht auf diese Widmung51.

Die Sonate ist durchweg ein Ausfluß jener schöpferisch so reichen, in üppiger Schaffenslust schwelgenden Epoche; aber durch einen höheren Grad von Ernst und Tiefe hebt sie sich unendlich über das Gleichzeitige. Schon Marx hat auf den großen Reichtum von abgeschlossenen Perioden oder Teilen im ersten Satze hingewiesen und dabei nicht unterlassen, zu bemerken, wie dieselben alle organisch auseinander hervorgehen und sich. als innerlich zusammengehörig erweisen. Nach zweimaliger kurzer Erhebung, während welcher die den Satz beherrschende Achtelbewegung schon angegeben wird (wie häufig bei Beethoven), entwickeln sich die Themen in rascher Folge, schönem rhythmischen Ebenmaße, hübscher Gegensätzlichkeit; ein gesangvolles Thema, welches im Schlußstück (Coda) bereichert wieder auftritt, und ein in gebrochenen Sechzehnteln verborgenes ziehen am meisten an. Die Durchführung ist kurz behandelt, bringt aber noch ein neues Thema von klagendem Ausdruck, aus welchem fast unvermerkt die Rückkehr hervorgeht. Eine schön entwickelte Coda, in welcher namentlich das gesangvolle Seitenthema prächtig behandelt wird, schließt den reichen [52] Satz, in welchem hoffnungsfreudiges Leben, nicht ohne Ungeduld und Zweifel, herrscht. Über die merkwürdige Stelle gegen Ende des zweiten Themas, wo über dem Quartsextakkord auf g (im 2. Teil auf c) sich durch acht Takte eine Art Thema aufbaut; vgl. Th. v. Frimmels Beetho ven-Jahrbuch II. S. 338, wo allerdings die Erklärung nicht ganz geglückt ist. Vor allem ist einzuwenden, daß Beethoven in C-Dur regelmäßig den verminderten Septimenakkord fis ac es schreibt und nicht fis a c dis (dieser gehört nach E-Dur und E-Moll). Die Stelle ist nichts weiter als ein Spiel mit der bekannten modulierenden Kraft des Quartsextakkordes. Man springe von der Stelle:


1. Kapitel. Die Jahre 1796-97

(6 Takte), so ist der Sachverhalt einfach genug. Die Wirkung freilich ist eine ganz ähnliche Phantasmagorie wie die des F-Dur in Takt 8 der 4. Variation vonOp. 109.

Die Krone des Werkes ist der zweite Satz (Largo C-Dur), nach übereinstimmender Ansicht das schönste Adagio, welches Beethoven bis dahin geschrieben. »Weihevolle Würde und Hoheit vereinigen sich in diesem Musikstück zu erhebender und beseligender Wirkung52.« Die abgebrochenen Figuren mit den sprechenden Pausen, die schöne, melodische Führung nehmen ganz gefangen; hoch erhaben erklingt das As-Dur mit dem wunderbaren Thema; ganz neu und eigenartig läßt er das Anfangsthema zuerst in der Höhe in B erklingen, bis er zurückkehrt; von wunderbarer Wirkung ist die Wiederholung des in hohem Wunsche in der Mittellage auftretenden Seitenthemas, aus welchem sich Beruhigung, Trost entwickelt. Es liegt bei aller Hoheit des Empfindens ein Anflug von Resignation über dem Satze; er möchte etwas erringen und festhalten (vorletzter Takt!) was doch versagt ist. Aber er hat sich rein und groß darüber erhoben; keine Spur von Leidenschaft und eigentlichem Schmerz; alles ist geläutert und in eine höhere Sphäre gehoben. Das ist Beethoven, weiß jeder, der das Stück kennt und hört; hier hört jede Vergleichung auf.

Der dritte Satz (Allegro), lebhafteren Charakters, findet sich ins Leben zurück, nicht ohne trübere Gedanken; diese kommen in dem Trio (Minore) mit seinen düsteren Triolen-Arpeggien zu starkem, gesteigerten [53] Ausdruck; hier ist echt Beethovenisch der tiefe schmerzliche Abschluß. Da auf dem schon erwähnten Skizzenbogen nur dieser dritte Satz aus der Sonate vorkommt, daneben Entwürfe zu anderen Stücken und die Bemerkung: »diverse 4 bagatelles de B. inglese ländler u.s.w.«, so spricht Nottebohm (II. Beeth., S. 511) die Vermutung aus, daß dieser dritte Satz ursprünglich auch eine jener Bagatellen sein sollte und erst später der Sonate eingefügt wurde53. Das Schluß-Rondo (2/4 Allegretto) kehrt zu voller Ruhe und Heiterkeit zurück, der Autor ist innerlich besänftigt und gibt dem einen unbeschreiblich rührenden Ausdruck. Lenz, mit dessen Erläuterungen sonst wenig anzufangen ist, sagt hier ganz treffend: »Das Motiv ist eius der zärtlichsten in Beethoven. Vertrauen, Liebe ohne Grenzen, diktierte es dem Herzen« (III S. 80). Doch wird es noch einmal von einem sehr unmutigen Seitensatz in C-Moll unterbrochen – der an Schönheit dem übrigen Inhalte nicht gleichkommt. Um so schöner hebt sich das Hauptthema wieder ab, und von ganz besonderem Reize ist gegen den Schluß die Akkord-Rückung nach H (wie öfter in seinen früheren Sachen) und die beschwichtigende, ruhig gefärbte Wiederholung des Seitensatzes.

Wohl am meisten unter den Arbeiten dieser drei Jahre können wir von dieser Sonate sagen: das ist ganz Beethoven.

Wir wären berechtigt, auch die Sonaten Op. 10 hier zu besprechen, da er dieselben jedenfalls in diesen Jahren entworfen hat. Da sie aber erst 1798 bestimmt fertig waren, heben wir sie für dort auf.

Auch die beiden kleinen Sonaten Op. 49 gehören aller Wahrscheinlichkeit nach in diese Zeit. Bekanntlich liegt dem zweiten Satze (Menuett) der zweiten Sonate dasselbe Motiv zugrunde, wie dem dritten Satze des [54] Septetts; doch ist das Motiv in der Sonate das ältere, denn seine Skizzen, sowie solche des ersten Satzes, finden sich neben Skizzen zu Ah perfido (1795–96) und des Sextetts für Blasinstrumente Op. 71, woraus sich der frühe Ursprung dieser Sonate (wohl 1795, spätestens 1796) klar ergibt54. Hinsichtlich der ersten Sonate macht Nottebohm wahrscheinlich, daß sie spätestens 1798, jedenfalls vor der Sonate pathétique und dem Streichtrio C-Moll Op. 9 III fertig war55; des ähnlichen Charakters und wohl auch der ähnlichen Bestimmung wegen dürfen wir sie wohl mit der anderen zeitlich zusammenstellen, ja vielleicht als die frühere betrachten, da sie Beethoven bei der Herausgabe an die erste Stelle setzte. Die beiden Sonaten, in je zwei Sätzen ohne langsamen Mittelsatz, haben sicherlich gleich der vierhändigen Sonate Unterrichtszwecken gedient und sind zu solchen vorzüglich geeignet, nicht allein der Technik wegen, welche einer begabten Schülerin wohl zugemutet werden konnte, sondern auch weil sie geschmackbildend sind und zur Einführung in die Anschauung der Form in ihrer übersichtlichen, von schwereren Künsten ganz absehenden Weise sich vorzüglich eignen. Besonders die zweite hat durchweg einen freundlich-heiteren Charakter, mitunter von bestrickendem Liebreiz. Die erste, in G-Moll (zweiter Satz G-Dur), doch nicht eigentlich schmerzbewegt, steht inhaltlich höher und hat etwas von Beethovenschem Pathos; besonders hübsch ist der Seitensatz des zweiten Satzes, namentlich die Durstelle, die nachher wiederkehrt.

Zum Druck bereit waren die Sonaten schon 1802, in welchem Jahre der Bruder Karl sie Andre in Offenbach anbietet. Erschienen sind sie erst 1805 im Bureau d'Arts et d'Industrie (Industriekontor), wie aus der Anzeige in der Wiener Zeitung vom 19. Januar 1805 hervorgeht.

Hierher gehört ferner die kleine Sonate für vier Hände in D Op. 6 (Ges.-Ausg. Br. u. H. Serie XV, Nr. 1), ein freundliches, anmutiges Stück, welches bei allem engen Anschluß an die Mozartsche Form und Gestaltung doch durchaus Beethovenschen Geist atmet Der erste Satz, frisch und munter, verläuft in einfachster Weise, in anmutigen, hübsch in den Stimmen wechselnden Themen, ohne viel Übergänge und Durchführung, in knappester aber durchaus übersichtlicher Gestaltung. Der zweite Satz, ein Rondo in[55] einfacher Form, ist melodisch etwas breiter angelegt; im übrigen ebenso anmutend und liebenswürdig.

Beethoven hat dieses Stück, über dessen Entstehung weiter gar nichts bekannt ist, sicherlich für instruktive Zwecke geschrieben56; und das Stück ist wie nur eins nicht nur geeignet, den Schülerinnen (so nehmen wir an) sorgfältige, saubere Ausführung der Motive und Passagen und genaues Takthalten beizubringen, sondern gibt ihnen auch Gelegenheit, auf hübschen, geschmackvollen Vortrag zu achten und für den Aufbau des Satzes in kleiner Form, für Imitationen (die auch dem Anfänger in die Augen fallen) und für Modulation Verständnis zu gewinnen. Hätten wir recht viele solcher instruktiven Werke, dann wäre für den Geschmack gesorgt.

Die Sonate erschien zuerst bei Artaria im Oktober 1797 (nach Nottebohms wahrscheinlicher Vermutung) und wird demnach nicht lange vorher komponiert sein.

Außer einigen kleinen Sachen (Märschen und zwei Heften Variationen) ist Beethoven auf die vierhändige Komposition nicht zurückgekommen.

1824 wünschte Diabelli sehr eine viersätzige Sonate von ihm zu erhalten, für die er 40 Dukaten bot. Es kam aber nicht zur Ausführung des Gedankens (s. Bd. V S. 141 f.).

Zu den Klavierkompositionen jener Jahre gehören die Variationen in A über einen russischen Tanz aus dem Ballett »Das Waldmädchen«, welche im April 1797 bei Artaria erschienen und der Gräfin Browne, geb. von Vietinghoff, gewidmet sind. Das Ballett »Das Waldmädchen« von Traffieri, mit Musik von Paul Wranitzky, wurde am 28. September 1798 im Kärntnertor-Theater zuerst aufgeführt und dann in demselben Jahre noch 16 mal wiederholt; »die fremden Tanzarten, besonders der moskowitische Tanz – ergötzten ungemein« (Wiener Zeitung, 28. September 1796). Damit wird die Zeit der Komposition annähernd gegeben sein; wir setzen sie noch in den Schluß des Jahres 1796. Das Thema ist zart und ansprechend; die Variationen durch selbständige Erfindung – sie sind alle in ihrer Art kleine Stimmungsbilder – hervorragend, und durch Wohlklang und Ausdruck gleich anmutend; die Reise scheint gesteigert. Auch auf die Klaviertechnik scheint er – mutmaßlich mit Rücksicht auf die Dame, welcher sie gewidmet sind, und die vielleicht seine Schülerin war – besonderes Augenmerk zu richten; besonders [56] strebt er, die linke Hand frei zu machen. Reich hat er die Coda ausgestattet; durch überraschende Modulationen und seine Detailarbeit ragt sie hervor. Ein zarter Duft liegt auf dem kleinen Werk; die Wärme Beethovenschen Empfindens atmet es in jeder Note. Freilich hat auch das Thema selbst nicht unbedeutenden Anteil an dem Reiz dieses Werkes, mag dasselbe echt russisch oder von Wranitzky erfunden sein. Der seltene rhythmische Bau (3 + 2, 3 + 2, 2 + 2, 3 + 2 Takte), den Beethoven durchaus festhält, bedingte z.B. auch eine warme Begeisterung Bülows für dasselbe.

Ein paar einzelne Klavierstücke gehören noch diesen Jahren an. Da ist zunächst das hübsche Rondo in C-Dur, Op. 51 Nr. 1, welches zuerst im Jahre 1797 (wie aus der Verlagsnummer 711 zu schließen) bei Artaria erschienen ist; erst später wurde es mit dem um 1801 komponierten Rondo in G zu einer Opuszahl verbunden. Das Stück ragt durch seinen melodiösen Reiz und seine klare formelle Gestaltung unter Beethovens kleineren Stücken hervor. Die anmutige Heiterkeit, der ruhige Fluß des melodischen Ganges wird nur durch den zweiten Seitensatz, in welchem in ganz Beethovenscher Weise die Mollvariante und aus ihr das stolze Es-Dur angeschlagen wird, etwas heftiger unterbrochen; hier atmen wir wieder das echte Beethovensche Pathos.57

Einige andere Stücke sind erst in neuerer Zeit durch das Verdienst Nottebohms und Mandyczewskis bekannt geworden. Das Supplement der Ges.-Ausg. [S. XXV] bringt als Nr. 299 ein Allegretto in C-Moll 3/4, und als Nr. 295 eine Bagatelle C-Moll 3/4 Presto, deren Skizzen sich unter den Skizzen zu der C-Moll-Sonate Op. 10 I finden. Aus einer um dieselbe Zeit an einem anderen Orte geschriebenen Bemerkung Beethovens: »zu den neuen Sonaten ganz kurze Menuette. Zu der aus den C moll bleibt das Presto auch«, folgerte Nottebohm, daß diese Bagatelle als Intermezzo in der Sonate C-Moll gedacht war, und daß vielleicht das Allegretto die gleiche Bestimmung hatte58. Die Bagatelle ist lebhaft, hübsch ausgearbeitet; besonders zart das Trio; höhere Ansprüche macht es nicht, und den Sätzen der Sonate ist es nicht ebenbürtig. Das Allegretto enthält am Schlusse des zweiten Teiles ein Motiv, welches in den Skizzen zum zweiten Satze der Sonate Op. 10 II F-Dur [57] vorkommt, dort aber fallen gelassen wird (Nottebohm S. 35); daraus wird man nicht schließen können, daß das Stück zu dieser Sonate gehören sollte, in welche ein Satz in C-Moll, nachdem schon der in F-Moll aufgenommen war, nicht paßt. Das Trio (C-Dur) sollte nach einer anderen Skizze zuerst zum Mittelsatze der E-Dur-Sonate Op. 14 I gehören. Überraschend ist die kurze Coda des Stückes; ohne bestimmte melodische Ähnlichkeit wird man durch den Gedanken an Mozarts C-Moll-Konzert erinnert, welches einmal auf Beethoven so tiefen Eindruck gemacht hatte59.

Einen besonderen Platz nehmen unter Beethovens frühen Werken die beiden Stücke für Mandoline mit Klavierbegleitung ein, die zuerst die Gesamt-Ausgabe gebracht hat60. Das erste, »Sonatine« benannt, ist ein kurzes zweiteiliges Stück, liedmäßig (jeder Teil acht Takte) in C-Moll, Adagio mit einem Trio in C-Dur und einer Coda61. Das zweite, etwas ausgeführter, eher als Sonatensatz zu bezeichnen, doch frei behandelt. Beide sehr hübsch und wohlklingend, von etwas schwermütigem Ausdruck. Das mag dem Charakter des Instruments entsprechen, dem auch die Motive, wie uns scheint, wohl angepaßt sind; über lang gehaltene Töne gebietet es nicht, aber kurze Motive, Gänge, auch Arpeggien läßt es zu. Einzelne Motive klingen an andere Beethovensche Stücke (Sonate E-Dur, Septett, selbst Pastoralsymphonie) an; die Modulation frappiert mehrfach durch Eigentümlichkeit, hübsch ist in dem Adagio der Rückgang zur Grundtonart. Die Stücke tragen durchaus das Gepräge dieser frühen Beethovenschen Zeit; wann sie entstanden sind, wird sich genau nicht bestimmen lassen. Nottebohm setzte die Sonaten etwa 1795, in weiterem Umfang vielleicht 1790–1800. Thayer, welcher von den Skizzen bei Artaria wußte, die Sonatine selbst aber anscheinend nicht kannte, brachte Beethovens Absicht mit Krumpholz zusammen, der Virtuose auf der Mandoline war; vielleicht ist aber auch Amendas Studiengenosse Mylich in Frage zu ziehen (vgl. unten im 3. Kapitel).

[58] Wenn Orchesterkompositionen Beethovens aus der Bonner und der ersten Wiener Zeit (bis auf die gleich zu erwähnenden Redoutentänze) nicht bekannt sind, so beweist das durchaus nicht, daß Beethoven sich an solche noch nicht herangewagt hätte. Besonders seit die beiden Kaiser-Kantaten von 1790 wiedergefunden sind, ist ein solcher Gedanke entschieden abzulehnen. Der im Orchester aufgewachsene Jüngling hatte genügend Gelegenheit gehabt, die damalige Orchestertechnik kennen zu lernen, und da die Form der Symphonie sich in nichts von der der Sonate unterschied, so handelte es sich ja eigentlich nur um die Kenntnis des Umfanges und der Klangwirkung der einzelnen Instrumente, die ihm bei seiner eminenten Begabung schnell genug sich erschließen mußte. Wenn er dennoch nicht mit Symphonien hervortrat, so muß der Grund vielmehr darin gesucht werden, daß er bereits früh sein Ziel sehr hoch gesteckt hat und nicht eher mit Werken solcher Art an die Öffentlichkeit treten wollte, bis er gewiß war, damit über Mozart und Haydn hinauszuwachsen. Die für sein gesamtes Schaffen so charakteristische ästhetisch-kritische Veranlagung, welche ihn immer mehr dahin führte, seine Ideen Jahre lang mit sich herumzutragen und sie ausreisen zu lassen, ehe er die flüchtigen Skizzen, die er gelegentlich fixierte, zu Kunstwerken ausführte, macht wohl verständlich, daß er sein Auftreten auf dem Gebiete der reinen Orchestermusik so lange hinausschob. Durch Shedlocks Auszüge aus dem Kafkaschen Skizzenbande im British Museum (Musical Times 1892) ist aber doch wenigstens ein positiver Beweis erbracht, daß der junge Beethoven in aller Stille früh versucht hat, Symphonien zu schreiben. Unter den allerältesten Skizzen des Sammelbandes findet sich eine mit Sinfonia überschriebene in C-Moll, die so anfängt (a. a. O. S. 333; ohne Nachweis der Quelle auch schon bei Nottebohm, II Beeth. 577):


1. Kapitel. Die Jahre 1796-97

Daß aus dieser Symphonie-Idee der zweite Satz des ersten Klavierquartetts vom Jahre 1785 hevorgegangen ist, wird Shedlock niemand bestreiten, obgleich die Taktordnung dreitaktig geworden ist:


1. Kapitel. Die Jahre 1796-97

[59] Die Symphonie-Skizze wird somit wohl noch älter als 1785 sein. Trotzdem wird man mit einiger Skepsis einem merkwürdigen Funde gegenüberstehen, den Professor Fritz Stein, der Jenaer Universitätsmusikdirektor, 1909 unter den Musikalien des 1780 begründeten Akademischen Konzerts gemacht hat, nämlich eine vollständige viersätzige Symphonie in C-Dur »par Louis van Beethoven« in Stimmen. Bedenkt man, daß 1801 Karl Stamitz als Universitätsmusikdirektor in Jena gestorben ist, wohin er 1800 kam, so liegt allerdings die Möglichkeit nahe, daß dieser selbst enorm fruchtbare Sohn des Begründers der Mannheimer Schule ein Jugendwerk des ja schon von Bonn aus die Aufmerksamkeit der Musiker auf sich ziehenden neuen Meisters besessen und in Jena zur Aufführung gebracht hat, ehe eine Sinfonie von ihm im Druck erschien. Anzunehmen, daß Karl Stamitz ein Werk eigener Komposition als eines von Beethoven aufgeführt hätte, ist wohl darum nicht angebracht, weil von Orchestererfolgen Beethovens schwerlich schon Kunde nach Jena gedrungen war (die erste Symphonie Op. 21 wurde zwar am 2. April 1800 in Wien aufgeführt, erschien aber erst 1801). Auf alle Fälle ist aber, solange irgend welche Anhaltspunkte für ein Falsifikat nicht erbracht sind, die Jenaer C-Dur-Symphonie wert, näher daraufhin angesehen zu werden, ob sie wohl ihrer Beschaffenheit nach Beethoven zugeschrieben werden könnte. Die angegebene Bezeichnung steht von der Hand des Kopisten auf der zweiten Violinstimme; auf der Cellostimme steht »Symphonie von Beethoven«. Ich habe die von Prof. Stein angefertigte Partitur flüchtig eingesehen und den Eindruck erhalten, daß das durchaus auf dem Boden der Mannheimer Symphonien stehende Werk in der Tat wohl Beethoven zugeschrieben werden könnte. Die Instrumentierung steht der Mozarts näher als der von Karl Stamitz oder Cannabich. Die Thematik gemahnt teils an Mannheim, teils an Haydn. Da Prof. Stein selbst ausführlicher über das Werk schreiben wird, so genüge es, hier die Anfänge der Sätze mitzuteilen:


I. Satz: Adagio.
I. Satz: Adagio.

Allegro.
Allegro.

[60] Allegro.


II. Satz: Adagio contabile.
II. Satz: Adagio contabile.

Menuetto maestoso.
Menuetto maestoso.

Menuetto maestoso.


Trio Vo. 1o. Solo.
Trio Vo. 1o. Solo.

IV. Satz: Allegretto.
IV. Satz: Allegretto.

IV. Satz: Allegretto.


Über Beethovens Orchestertänze sind Band I2 S. 385 bereits einige Bemerkungen gemacht. Zwar sagt Schindler (Ausg. 1860 I, S. 156), daß die Wiener »Spielleute« Beethovens Versuchen, österreichische Tanzmusik zu schreiben, »das Bürgerrecht nicht zuerkennen wollten«. Der große Erfolg seiner Redoutentänze und die recht erhebliche Zahl seiner erhaltenen Walzer, Länderer, Menuette, Ecossaisen, Allemanden und Kontretänze beweist aber doch wenigstens für die maßgebenden Gesellschaftskreise das Gegenteil. Diese Tänze sind nur zum kleinsten Teile wieder [61] gedruckt worden, nämlich in der kritischen Gesamtausgabe: Serie II (Orchesterwerke) 12 Menuette und 12 deutsche Tänze (wohl sämtlich von 1795), in Serie XXV (Supplement) 6 Ländrische Tänze für 2 Violinen und Baß, 6 Deutsche für Klavier und Violine; sodann für Klavier allein: 6 deutsche Tänze, 6 Ecossaisen und einige einzelne Tänze; in Serie XVIII (Kleine Stücke für das Pianoforte) stehen 6 Menuette (nur in dieser Gestalt bekannt) und 13 Ländrische Tänze (1–6 identisch mit denen in Serie II, 7–13 nur im Klavier-Arrangement erhalten). Es fehlen also noch Neudrucke bzw. überhaupt Drucke einer ganzen Reihe erhaltener Tänze (unter den Artaria-Manuskripten, die Erich Prieger kaufte, sind z.B. 12 Ecossaisen, von denen 6 noch nicht bekannt sind, desgleichen 12 Deutsche für Klavier und 6 Menuette für 2 Violinen und Baß, die nicht gedruckt sind). Die drei von Thayer (Verz. Nr. 290) verzeichneten Orchestertänze der Artaria-Sammlung sind Nummer 3, 9 und 11 der 1872 von A. von Perger im Archiv des Künstler-Pensions-Instituts aufgefundenen und 1903 im Klavierauszug und 1906 in Partitur und Stimmen von J. Chantavoine bei Heugel in Paris herausgegebenen 12 Menuette, welche Beethoven 1799 für die Redoute der Künstlersozietät schrieb (jetzt MS. 16925 der Wiener Hofbibliothek). Im ganzen sind alle diese Tänze sehr einfach angelegt, gliedern sich in achttaktige Teile mit Beschränkung auf wenige Motive und wenden mit wenigen Ausnahmen einen sehr bescheidenen harmonischen Apparat auf. Aber ihr Interesse wächst, wenn man die gemeinsamen Elemente zu verschiedenen Zeiten geschriebener Tänze aufsucht und verfolgt, wie der Meister auch auf diesem Gebiete ältere Ideen in vervollkommneter Gestalt wieder aufnimmt. Eine Anzahl solcher Umwandlungen hat der Herausgeber [H. R.] nachgewiesen (Zeitschrift der Internationalen Musikgesellschaft 1902, II), indem er die zwölf Menuette von 1799 mit den zwar nicht mit absoluter Sicherheit als die verloren gegangenen Mödlinger Tänze von 1819 erweisbaren, aber doch gerade aus inneren Indizien Beethoven zuzuschreibenden elf Wiener Tänzen verglich, die er im Archiv der Thomasschule zu Leipzig aufgefunden (vgl. Vorwort zu Band IV). Die Zahl der Parallelstellen läßt sich weiter vermehren, wenn man auch die Menuette und Deutschen von 1795 mit heranzieht. Ein ausführlicher Nachweis soll hier nicht unternommen, wohl aber betont werden, daß durch solchen Vergleich die elf Tänze von 1819 immer mehr wachsen und als die Krönung dessen erscheinen, was Beethoven auf diesem Gebiete geschaffen hat (dieselben sind inzwischen in Partitur und Stimmen bei Breitkopf und Härtel 1907 erschienen).

Fußnoten

1 Folgende Schilderung von Beethovens Brüdern erhielt Otto Jahn von Czerny: »Karl: klein, rothhaarig, häßlich; Johann: groß, schwarz, schöner Mann und vollkommen Dandy«.


2 Das fragliche Buch enthält jedenfalls einen derartigen Auszug, nämlich diesen: »In Arles. Einer schreibt hiervon, daß wohl die Göttin Venus mit allem Rechte die Patronin des anderen Geschlechtes zu Arles vorgestellt hat. Ihre Sprache übertrifft die der Venezianerinnen noch. Sie ist aufs Höchste musikalisch.« [Anmerkung Thayers zur 1. Aufl.: Die im Text angeführten Worte, »Muth« usw. machen doch nicht den Eindruck eines Zitats. Hat sie Beethoven an sich selbst gerichtet, so wird dies wohl nicht vor 1797 geschehen sein, da er sich weit später noch für zwei Jahre jünger hielt als er war. Vgl. Nohl II S. 89; s. auch Thayer I2. S. 113.]


3 Wir verdanken die Kenntnis dieser Tatsache einer von Hanslick (Gesch. des Concertwesens in Wien S. 105) aufgefundenen Konzertanzeige, welche so lautet: »Oggi, Venerdi 8. del corrente gennaio, la Signora Maria Bolla, virtuosa di Musica, darà un Academia nella piccola Sala del Ridotto. La Musica sarà di nuove composizione del Sgr. Haydn, il quale ne sarà alla direzione. Vi cantaranno la Sgra. Bolla, la Sgra. Tomeoni e il Sgr. Mombelli. Il Sgr. Bethofen suonerà un Concerto sul Pianoforte. Il Principio sarà alle ore sei e mezza. Prezzi« usw. Das Jahr 1796 ergibt sich leicht. Der 8. Januar fiel auf einen Freitag 1796 und 1802; 1796 war Mombelli in Wien, 1801–1803 war Sgra. Bolla in London. Das Stillschweigen der Allgem. Mus. Zeitung im Jahre 1802 über ein derartiges Konzert, in welchem Haydn eigene Werke dirigierte, ist ebenfalls entscheidend für 1796.


4 Es ist möglich, daß Beethoven in Nürnberg damals persönliche Beziehungen hatte. Im Jahre 1877 wurde in den Zeitungen von einem Stammbuche des Kaufmanns Herrn A. Vocke in Nürnberg berichtet (vgl. Bonner Zeitung vom 9. April 1877), welches dessen Vater gehört, und in welches sich Beethoven mit folgenden Worten eingezeichnet hatte:


»Ich bin nicht schlimm – heißes Blut

Ist meine Bosheit – mein Verbrechen Jugend,

Schlimm bin ich nicht, schlimm wahrlich nicht;

wenn auch

Oft wilde Wallungen mein Herz verklagen,

Mein Herz ist gut. –


Symb.:

Wohlthun, wo man kann

Freiheit über alles lieben,

Wahrheit nie, auch sogar am

Throne nicht verleugnen.


Denken Sie auch

ferner zuweilen ihres

Sie verehrenden

Freundes

Ludwig Beethoven

aus Bonn im Kölnischen


Wien, den 22. Mai 1793.«


Die Worte »Ich bin nicht schlimm« usw. sind aus Schillers Don Carlos III. Akt 2. Auftritt, den also Beethoven kannte. Der Name Vocke ist in Nürnberg nicht mehr nachweisbar, wie dem Herausgeber amtlich mitgeteilt wurde. Es muß also der Phantasie überlassen bleiben, Weiteres über diese Beziehung auszumalen. Der Freund scheint ihn damals in Wien besucht zu haben.

H. D.


5 Der Brief ist zuerst bei Nohl, N. Br. Beethovens, S. 3 gedruckt.


6 Wohl Zmeskall, der damit bereits 1796 als Vertrauter Beethovens verbürgt ist.


7 Das »diesmale« spricht sehr dafür, daß Beethoven schon vorher in Prag gewesen und beseitigt somit die Schwierigkeiten der Chronologie.

H. R.


8 Diese Worte sind dick durchstrichen, und wenn man nach so vielen Jahren sich auf die Farbe der Tinte verlassen kann, muß es während des Schreibens geschehen sein.


9 Die Leipziger Zeitung vom 19. November 1796 enthielt folgende Anzeige: »Montag den 21. November wird Mad. Duschek aus Prag auf dem Theater am Ranstädter Thore ein großes Vokalkonzert geben und darin die Lehrstunde, eine Ode von Klopstock [Unterredung zweier Nachtigallen, Mutter und Tochter, über die Fundamente der Tonkunst], Musik von Neumann (J. G. Naumann), gesungen von Mad. Duschek und Dem. Neefe, ferner eine Italienische Scene, comp. für Mad. Duschek von Beethoven, und einige Stücke von Mozart zur Aufführung bringen.«


10 Nottebohm, II Beeth., S. 222. Ein Skizzenbuch von Beethoven S. 41.


11 Musica vocale per uso dei Concerti. Let. B. Scena ed Aria Ah perfido spergiuro da L. van Beethoven. Ges.-Ausg. Br. u. H., S. XXII., Nr. 210.


12 O. Jahn, Ges. Auff., S. 299..


13 In der Wiener Zeitung vom 29. Juni 1796 zeigt Johann Traeg »Ländlerische von Kanka« an.


14 Jahrbuch der Tonkunst von Wien und Prag (Prag 1796).


15 Wir lassen die Vermutung des Verfassers ungeändert, bemerken jedoch, daß Nottebohm (II Beeth., S. 511) die Bemerkung auf dem Skizzenblatt anders liest und, ebenfalls nur vermutungsweise, auf die Gräfin Keglevics bezieht. Wir kommen bei Op. 7 darauf zurück.

H. D.


16 Zu deutsch (das Original ist nicht erhalten): »Seine Improvisation war im höchsten Grade brillant und staunenswerth; in welcher Gesellschaft er sich auch befinden mochte, er verstand es, einen solchen Eindruck auf jeden Hörer hervorzubringen, daß häufig kein Auge trocken blieb, während Manche in lautes Weinen ausbrachen; denn es war etwas Wunderbares in seinem Ausdrucke, noch außer der Schönheit und Originalität seiner Ideen und der geistreichen Art, wie er dieselben zur Darstellung brachte. Wenn er eine Improvisation dieser Art beendigt hatte, konnte er in lautes Lachen ausbrechen und seine Zuhörer über die Bewegung, die er in ihnen verursacht hatte, verspotten. ›Ihr seid Narren‹, sagte er wohl. Zuweilen fühlte er sich sogar verletzt durch diese Zeichen der Teilnahme. ›Wer kann unter so verwöhnten Kindern leben‹, sagte er, und einzig aus diesem Grunde (wie er mir erzählte) lehnte er es ab, eine Einladung anzunehmen, welche der König nach einer der oben beschriebenen Improvisationen an ihn gelangen ließ.«


17 Über den Eindruck, welchen Louis Ferdinand auf Varnhagen von Ense machte, vgl. dessen Denkwürdigkeiten I, S. 241. Varnhagen war damals ein Knabe von 15 Jahren. A. d. Verf.


18 »Zur Geschichte der Singakademie in Berlin. Berlin 1843« (Denkschrift, aus den von Fasch geführten Tagebüchern angefertigt) »Anno 1796, 21. Juni. Besuch in der Fasch-Zelterschen Akademie von Beethoven.«


19 Vgl. Kalischer, »Beethoven in Berlin« (Nord und Süd, Nov. 1886). Über Zelters spätere Beurteilung Beethovens s. desselben »Beethoven und Zelter« (Ztg. »Der Bär« 2. Okt. 1886). In der Sammelausgabe der Aufsätze Kalischers »Beethoven und seine Zeitgenossen« (1903) stellt der erste Band (Beethoven in Berlin) diese und noch zwölf andere zusammen.


20 Rochlitz sagt (F. Fr. d. T. IV. S. 354), Beethoven habe Leipzig nicht gekannt und sei nur als Jüngling, »als er nach Wien ging«, durchgereist. Er war also nicht näher unterrichtet und kann hier nicht wohl als Quelle gelten. Zu beachten ist aber, daß ihm Beethoven von einem Aufenthalte in Leipzig nichts erzählte.


21 In Wielands Neuem deutschen Merkur, November 1800, wird ein eben damals veröffentlichtes episches Gedicht mit diesen Worten angezeigt: »Kallidion, ein episches Gedicht in sieben Gesängen. Wien, bei Wappler 1800 Zeigt auch in dem unvollkommenen Zustande, in welchem es hier erscheint, von einem wahren Dichterberuf des Verfassers, eines Lieutenants Fridelberg, der als Jüngling an einer ehrenvollen fürs Vaterland erhaltenen Wunde starb. Hätten die Parzen ihm Zeit gelassen, sein Gedicht einer wiederholten Prüfung zu unterwerfen: so würde er den abenteuerlichen Stoff, den jetzt seine Muse noch nicht zu beherrschen versteht, gewiß überwältigt haben.«


22 Nicht 1796, wie irrtümlich im Nachtrag zu den Notizen gedruckt steht (p. 20).


23 Nach der Pester Reise?


24 Wir besprechen die Kompositionen dieser Jahre zu Ende des Kapitels im Zusammenhange.


25 Das Programm dieses Konzerts befindet sich im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.


26 Der Brief ist zuerst gedruckt (vollständig) in der Neuen Ztschr. für Musik, 1837, 26. Dezember.


27 Drei deutsche Lieder mit Begleitung des Pianoforte, komponiert von L. van Beethoven. Bei N. Simrock in Bonn. Gesamtausgabe Br. u. H. S. XXIII Nr. 233.


28 Skizzen zu einem dritten Liede aus demselben (4.) Bande der Gedichte Matthissons befanden sich im Besitze des Herrn Joseph Dessauer in Wien; Beethoven ließ dasselbe aber unbeendet. Ohne Zweifel hatte ihn der starke Anklang an seine persönlichen Sympathien und Gefühle zu dem Versuche veranlaßt, dasselbe zu komponieren; als er seinen nicht-lyrischen Charakter entdeckt hatte, ließ er es fallen. Es ist der »Wunsch« (in späteren Ausgaben »Das Heimweh«), so beginnend:


»Noch einmal möcht' ich, eh' in die Schattenwelt

Elysiums mein seliger Geist sich senkt,

Die Flur begrüßen, wo der Kindheit

Himmlische Träume mein Haupt umschwebten.«


Im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde zu Wien befindet sich ein Skizzenblatt, auf welchem sich unter Skizzen zu Fidelio und zur Orchesterbearbeitung des Trauermarsches der Klaviersonate Op. 26 solche zu diesem Liede finden. Sind dies dieselben Skizzen, so dürften sie allerdings einige Jahre später entstanden sein.


29 Gesamtausgabe Br. u. H., S. XXIII Nr. 253. Vergl. Bd. IV u. V (Register).


30 Ges.-Ausg. Br. u. H., S. XXV Nr. 279.


31 Nottebohm, II Beeth. S. 29.


32 Außer der genannten Stelle benutzen wir im folgenden handschriftliche Notizen Nottebohms zu Thayers Verz. Nr. 14.


33 Wir weisen auf O. Jahns treffende Darlegung hin, Mozart II, S. 217 fg.


34 Pierre Duport war der Bruder des berühmten Reformators der Cello-Applikatur Jean Louis Duport, der die moderne Cello-Virtuosität erst schuf. Beide Duports haben noch keine Sonaten mit obligatem Klavier sondern nur solche mit Basso continuo geschrieben.


35 Daß sie schon in jener Zeit erschienen sind, schloß Nottebohm aus der Verlagsnummer 730 (die SonateOp. 7 hat 713, die Serenade Op. 8 715). Thayer, der sie (Verz. 118) anfangs später angesetzt hatte, ist nachmals Nottebohm beigetreten.


36 Nottebohm II. Beeth. S. 40.


37 Nottebohm I. Beeth. S. 1.


38 Schindler I S. 173. Vgl. Thayers chron. Verz. Nr. 120.


39 Man beachte die öfter ähnlich vorkommenden halb spöttischen halb unmutigen Äußerungen Beethovens darüber, daß seine leicht hingeworfenen Frühwerke mehr Anklang finden als die an Kunstwert viel höher stehenden, reiferen späterer Jahre. Zurückschauend begreifen wir heute sehr wohl, daß das große Publikum seine Riesenschritte vorwärts nicht sogleich mitzumachen vermochte.


40 Am 23. Dezember 1793 führte die Tonkünstler-Gesellschaft nach dem Konzertzettel auf: »Ein neues Terzett für 2 Oboen und 1 englisches Horn, von der Erfindung des Herrn Wendt, vorgetragen von den Herrn Brüdern Johann, Franz und Philipp Teimer.« Nottebohm vermutet, daß diese Aufführung Beethoven zu seinen Arbeiten für dieselben Instrumente veranlaßt habe.


41 Konzertzettel bei Nottebohm, handschriftl. Bem. zu Thayers Verz.


42 Nottebohm II Beeth. S. 535.


43 Thayer chronol. Verz. Nr. 152.


44 Skizzen zum Adagio und Rondo teilt Nottebohm II Beeth. S. 513 mit.


45 In einer Aufführung, bei der der berühmte Oboist Friedrich Ramm aus München mitwirkte. »Im letzten Allegro ist einigemal ein Halt, ehe das Thema wieder anfängt; bei einem derselben fing Beethoven auf einmal an zu phantasieren, nahm das Rondo als Thema und unterhielt sich und die andern eine geraume Zeit, was jedoch bei den Begleitenden nicht der Fall war. Diese waren ungehalten und Herr Ramm sogar aufgebracht. Wirklich sah es possierlich aus, wenn diese Herren, die jeden Augenblick warteten, daß wieder angefangen werde, die Instrumente unauffällig an den Mund setzten und dann ganz ruhig wieder abnahmen. Endlich war Beethoven befriedigt und fiel wieder ins Rondo ein. Die ganze Gesellschaft war entzückt.« Wasielewski I S. 116 zweifelt an der Richtigkeit der Mitteilung, da im Finale nur ein Halt vorkomme. Ich glaube, Ries verwechselt den letzten mit dem ersten Satze, wo gerade der Klarinettist nach einer Fermate einzusetzen hat. H. D.


46 Die Anklänge an Mozartsche Motive (aus der Zauberflöte und Don Juan) sind bedeutungslos und beruhen gewiß nicht auf bewußter Absicht, wie noch Wasielewski (I. S. 114, meint. Dieses Reminiscenzensehen ist ein unfruchtbares Bemühen.


47 Ges.-Ausg. Ser. X S. 35 Takt 12. Zu beanstanden ist die Stelle freilich nicht, da die Verschiedenheit der Klangfarbe von Klavier und Bläserquartett die Führung in beiden Komplexen deutlich erkennbar läßt. Immerhin gehört die Stelle mit den ähnlichen bekannten Wagnissen in der Eroica und in Les adieux in eine Kategorie (beiläufig alle drei in Es-Dur). In der Bearbeitung als Quartett ist aber zweifellos in der Stelle die Bratsche falsch gelesen; es muß heißen:


1. Kapitel. Die Jahre 1796-97

statt des ausgehaltenen g'. H. R.


48 Titel: Notturno pour Fortepiano et Alto Arrangé d'un Notturno pour Violon Alto et Violoncelle et revu par l'auteur. – Oeuvre 42.


49 Gut äußert sich über sie Wasielewski I S. 127. Unbrauchbar wie immer ist, was Lenz (III S. 41) beibringt.


50 Nottebohm, II Beeth. S. 508 ff. Vgl. auch Shedlock i. d. Musical Times 1792 S. 462.


51 Die Bemerkung (vgl. S. 13), einer der anderen Skizzen auf dem Bogen beigeschrieben, lautet nach Nottebohm (II Beeth. S. 511): »geschrieben und gewidmet das Con. B. Ç [?] als Andenken seines Aufenthalts in P.« Das C hat unten ein nach vorn gezogenes Häkchen, so daß man es auch für ein G halten könnte. [So macht aber Beethoven kein G.] Nottebohm deutet es: »das Concert Babette Ceglevich (richtig Keglevich)«, da dieser das C dur-Konzert gewidmet ist. Richtiger wird wohl gelesen, »der Comtesse B. C.«. In dem P. wäre dann Preßburg zu vermuten, wo die Familie Odescalchi wohnte, und wo Beethoven (nach Ries) in jenem Jahre gewesen ist. Babette K. heiratete 1801 den Fürsten Innocenz Odescalchi. Dann würde die Widmung sich auf diese Bagatelle, vielleicht auf die Sonate beziehen.


52 Wasielewski, Beethoven I 142.


53 Daß durch die unruhige Bewegung des Minore sich eine Melodie hindurchzieht, empfindet jeder. Reinecke (B.s Klaviersonaten, S. 40) faßt sie mit lang durchgehaltenen Noten auf und verwirft die Darstellung durch lauter Viertelnoten; die Skizze (Nottebohm II B. S. 510) zeigt aber nur Viertel (ohne die Triolenfiguration). Nagel (a. a. S. 72 u. 74) ficht Reineckes Deutung an, gibt aber keine bessere. Beethoven selbst hat aber doch den Schlüssel für den Rhythmus durch die Schlußtakte gegeben, wo die Triolen nur noch im Baß weitergehen. Sie erweisen, daß Beethoven gemeint hat:


1. Kapitel. Die Jahre 1796-97

d.h., daß Reinecke beinahe vollständig recht behält. Das bestätigt auch die von Shedlock (Musical Times 1832, S. 461) aus dem Kafkaschen Skizzenbande mitgeteilte Variante.


54 Nottebohm, I Beethov. 1 und Shedlock, Musical Times 1832, S. 461–62.


55 Nottebohm, II Beeth. 44. Skizzen beider in demselben Heft mit dem ersten Satze von Op. 49 I (»Sonatina par L. v. Bthvn.«; wahrscheinlich sollte das eigentlich die Reinschrift werden).


56 So auch Marx, Beethoven I. S. 72.


57 Nottebohm, II. Beeth. S. 33.


58 Nottebohm, I. Beeth. S. 31 fg. Später wollte er der Sonate ein Intermezzo aus C-Dur geben (das. S. 479); dies kam nicht zur Ausführung. Auf die Sonate kommen wir noch zurück.


59 Vgl. Nottebohm, II Beeth. S. 57. Dann ist aber auch der ganze Satz wohl später anzusetzen.


60 Ges.-Ausg. Br. u. H. Suppl. [S. XXV] Nr. 295, 296, mit Mandyczewskis Rev.-Ber., das erste von Nottebohm einem Skizzenbuch bei Artaria entnommen, das zweite nach dem Autograph in Berlin.


61 Die Stelle, wo die Coda anschließt, bezeichnet der Rev.-Ber. als zweifelhaft. Mir scheint der großgedruckte Teil sich an Takt 4 des zweiten Teils des Hauptstücks ganz naturgemäß anzuschließen:


1. Kapitel. Die Jahre 1796-97

H. R.

Quelle:
Thayer, Alexander Wheelock: Ludwig van Beethovens Leben. Band 2, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1910..
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