Carl Maria's erste Lehrer

[24] In seinen Musikunterricht theilten sich sein Vater und sein Stiefbruder Fridolin (der schlechtweg Fritz genannt wurde). Das arme Kind genoß mit Unlust die ihm zum Ueberdruß vorgesetzte Kost und schien, zu seines Vaters Verzweiflung, fast ganz talentlos. Fridolin rief einstmals, so erzählt Weber selbst eine seiner frühesten Jugenderinnerungen, den Violinbogen, mit den er ihn im Zorn mehrmals über die kleinen, ungeschickten Hände geschlagen hatte, wegwerfend aus: »Carl, Du kannst vielleicht Alles werden, aber ein Musiker wirst Du nimmermehr!«[24]

Zum Glück verlor Franz Anton die Geduld nicht so schnell, auch scheint mit der Entwickelung des Knaben die Begabung mehr durchgeleuchtet zu haben, so daß der Unterricht auch bei den Umzügen der Weber'schen Operngesellschaft nach Erlangen und Augsburg in den Jahren 1793–1794 fortgesetzt wurde.

Aber wenn auch der musikalische Sinn Weber's in dieser frühen Jugendperiode nicht zum Erwachen des Talents eines Wunderkindes gebracht wurde, so hatten die Verhältnisse, unter denen der Knabe seine ersten Jugendjahre verlebte, die ersten starken und unverlöschlichen Eindrücke empfing, doch die gewaltigsten Einflüsse auf die spätere Entwickelung in der Richtung seines Talents. Sie waren es hauptsächlich, die ihm seinen durch und durch echt dramatischen Charakter aufprägten, in dem ein großer Theil der Ursprünglichkeit seiner Schöpfungen beruht.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 24-25.
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