Cantor Fischer

[55] Der Ritter Steinsberg that das Mögliche »das stumme Waldmädchen« gut in Scene zu setzen. Ob der jugendliche Componist die Proben leitete, ist nicht zu ermitteln gewesen. Gewiß ist, daß über das Werk, von dem Steinsberg und die Weber gleich viel hofften, in der Stadt sehr viel Aufhebens gemacht und die Erwartung darauf sehr hoch gespannt wurde, so daß sich schnell zwei Parteien im Publikum[55] bildeten. Die Choragen der einen waren die alten Musiker, der Cantor Fischer und der Stadtmusikus Siegert, die auf den Streitrossen des contrapunktischen Wissens und des Herkommens gegen die Extravaganzen und die Fehler der Partitur und die Lehre des jungen Componisten zu Felde zogen, dessen Ruhm sein Papa zu laut posaunte, als daß es nicht übeltönende Echo's hätte wecken sollen. Die andere Partei bildete die akademische Jugend und die ganze fröhliche Gesellschaft zu Freiberg, deren Herz der kleine, witzige Lithograph und Musiker und sein sehr volltönend aber in gutmüthig süddeutschem Jargon sprechender, militärisch stramm aussehender alter Herr Papa im »goldnen Löwen« wo dieser wohnte und jene zechten, gewonnen hatte. Es ist während seines ganzen Lebens Carl Maria's Schicksal gewesen, die Jugend, das Volk, die Thatkraft für sich, die Aristokratie der Geburt und des Amtes, die Schulmeister der Kunst und die Blasirtheit des Lebens und Wissens gegen sich zu haben!

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 55-56.
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