Graf Heinrich Vitzthum

[31] Sein Chef aber war einer der klügsten, weitschauendsten und von Engherzigkeit freiesten Beamten, die der sächsische Staat jemals gehabt hat.

Lang und hager, von unvortheilhaftem Aeußeren, durch Schwerhörigkeit vielfach an Bethätigung seiner eifervollen Wirkenslust behindert, wie alle in dieser Form Leidende oft unumgänglich und wenig bequem im Verkehr, besaß er doch ein so seltenes Rechtsgefühl, so viel Fähigkeit zum Enthusiasmus für das Gute, daß Alle, die ihn näher kannten, mit Liebe und Verehrung an ihm hingen. Ohne Umschweife auf den Zweck gehend, fest von Charakter, Alles bei rechtem Namen nennend, konnte er in der damaligen hohen Gesellschaft Dresdens nur wenig Freunde zählen, unter denen sich Einsiedel auch nicht befand, dem Vitzthum's Anschauungen zu universal, sein Auftreten ihm gegenüber zu selbständig und zu wenig »leise« war.

Das feste und energische Zusammenstehen der beiden furchtlosen Männer Vitzthum und Weber für eine von Oben her nicht besonders »favorisirte« Sache, war dem Grafen Einsiedel ganz fatal. Er nahm, so oft er konnte, Gelegenheit, dieß Beiden durch That und Wort zu erkennen zu geben, und wählte das wirksamste Mittel, sie den Kopf nicht zu hoch heben zu lassen, indem er Weber's Collegen, den Capellmeister[31] der italienischen Oper, Francesco Morlacchi, und den italienischen Concertmeister Polledro, so viel immer in seinen vielvermögenden Kräften stand, begünstigte.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 31-32.
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