Vorstellung bei Hofe

[53] Die Präsentation Weber's bei Hofe zeigte ihm ziemlich frostige Gesichter. Er mochte in dem in Eile geliehenen, nicht tadellos sitzenden Hofkleide kein eben imposantes Aeußere zeigen. Sein etwas langer Hals hob den Kopf über den niederen steifen Kragen derselben hinaus, die schmalen Hände verbargen sich nicht ordonanzmäßig halb in den Aermeln des Fracks von Roccoco-Schnitt, der Degen incommodirte beim Gehen und: »Waden hatte ich in den Escarpins,« schreibt er an Caroline, »deren sich kein Metzgerhund zu schämen gehabt hätte«.

Der König markirte das veränderte Verhältniß, in das Weber ihm gegenüber getreten war, gegen frühere ähnliche Gelegenheiten, seiner Anschauungsform gemäß, ziemlich scharf, begrüßte seinen »Diener« eintretend nur mit leichtem Beugen des Genicks und äußerte nur die Worte: »Ich freue mich Ihrer Talente!«, worauf die Königin Weber Keundiich ansprach und ihn nach seiner Braut fragte, deren graziöses Distspiel sie erfreut habe. Nach wenig Worten gingen die Majestäten mit kaum merklichem Gruße an ihm vorüber in ihre Gemächer zurück. Mit Freundlichkeit, deren gütigen, fast gemüthlichen Ton er nicht genug loben konnte, bezeigten sich ihm hingegen die Prinzen Anton und Max und die Prinzessin Therese.

Weber's Freunde, Schmiedel und Böttcher, fanden sich überrascht durch die Wärme, mit der sich die Gesandten beeilten, den jungen Meister in ihre Kreise zu ziehen. Er schreibt darüber an Caroline am 17. Januar:


»– – He! He! Willkommen in Dresden! Wo es aber gar nicht so still abgehen wird als ich dachte. Die Gesandten etc. wollen mich alle haben und sind meistens alte Bekannte von mir, der Bayersche, Preußische4 etc. Das kizzelt denn nun Schmiedel sehr, der sich[53] wahrhaft unendlich thätig und als Freund benimmt. Er ist eine sehr gute Stüzze und ich erfahre durch ihn Alles, lerne alle Verhältnisse kennen und bringt mich wieder5 bis Oben hinauf, was für mich gut ist. Die Italiener ziehen entsetzliche Gesichter, es hilft aber Nichts, denn unsereins tritt gewiß honett auf und – mit einer gewissen Unabhängigkeit etc.«


Und später:


»Meine Aufnahme ist überall brillant und nur mein Dienstverhältniß sehr unangenehm, da ich nicht bin was ich wollte und diese Zurücksetzung mich immer mehr wurmt. – etc.«


Am heimischsten muthete Weber indeß von allen Gesandtenhotels das des östreichischen an, dessen bezaubernd liebenswürdige Gattin, Ida Brun, trotz ihrer bürgerlichen Abkunft, wahrhaft königlichen Geistes und als eine würdige Erbin des Glanzes ihrer Meisterin, der Staël, die Gesellschaft beherrschte und erleuchtete. Auch der englische Gesandte, Graf Morier, der sich sonst oft ziemlich absurd und überderb geberdete, zeigte sich ihm absonderlich gewogen und als warmer Verehrer seines Spiels und seiner Werke. Wenn Weber, wie häufig geschah, mit dem riesenhaften Manne spazieren ging, sah es aus, als schritte ein Knabe neben einem Riesen.

Im adligen Casino, der Ressource, der Harmonie eingeführt, orientirte sich Weber schnell auch über die Richtungen, in denen sich Gesinnung und Geschmack in den, diesen Gesellschaften entsprechenden Schichten der Bevölkerung Dresdens, bewegten und erkannte, daß er in denen des Casino seine Gegner, in denen der Harmonie und Albina seine Stützen zu suchen habe.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 53-54.
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