|
[509] Zur Zeit, als Weber's »Freischütz« erschienen war, begann er auch, sich wieder für die Musik, die außer ihm erklungen war, mehr zu interessiren, trat dann und wann wieder, wie in den guten Zeiten, wo die Welt noch Töne für ihn hatte, in Steiner's Laden im Paternostergäßchen und nahm die oder jene Partitur auf die Kniee, in der er blätterte; wenn sie ihm gefiel, steckte er sie unter den Arm und lief damit davon, um sie sich zu Haus in Muße von seinem göttlichen Seelenorchester vormusiziren zu lassen.
»Wie geigten seine Geiger so himmlisch klar,
Wie bliesen seine Bläser so wunder-wunderbar!«
(Brentano.)
Als nun Weber's »Freischütz« gar so lauten Lärm in der Welt machte und Beethoven so viel davon las und ihm so viel davon aufgeschrieben wurde, da trug er denn auch die Partitur heim und studirte ihn tüchtig durch, obwohl er sonst wenig Respekt vor Weber'schen Compositionen gefühlt hat. Das tief Originale, das ihm natürlich nicht entging, imponirte ihm und er rief in Gegenwart seiner Freunde, auf die Partitur schlagend, aus: »Das sonst weiche Männel, ich hätt's ihm nimmermehr zugetraut! Nun muß der Weber Opern schreiben; gerade Opern; eine über die andere, und ohne viel daran zu knaupeln! Der Caspar, das Unthier, steht da wie ein Haus. Ueberall wo der Teufel die Tatzen reinstreckt, da fühlt man sie auch!«
Und als ihn Jemand an das zweite Finale und das musikalisch Unerhörte darin erinnerte, sagte er:
»Ja damit ist's freilich auch so; aber mir geht es dumm damit. Ich sehe freilich, was Weber will, aber er hat auch verteufeltes Zeug hinein gemacht! Wenn ich's lese – wie da bei der wilden Jagd – so muß ich lachen – und es wird doch das Rechte sein –.«
Und tief erregt setzte er dann, auf sein Ohr deutend, hinzu:
»So was muß man hören, nur hören, aber da –«[509]
Jedenfalls hatte Weber bei ihm gewonnen Spiel. Beethoven hatte ihn zu achten begonnen und das zeigte er ihm, als er ihn persönlich kennen lernte.