Ueber: »Die vornehmen Wirthe«.

[166] Oper von Catel.


(Dresden 22. September 1817.)


Donnerstag den 25. September 1817 wird zum Erstenmale auf dem Königlichen Hoftheater aufgeführt: Die vornehmen Wirthe. Oper in drei Akten, aus dem Französischen. Musik von Catel.

Gewiß eine der freundlichsten Gaben der französischen Bühne, gleich heiter ausgestattet vom Dichter und Componisten. In dieser Gattung von Opern bewährt sich meistens der Geist des französischen spielenden Witzes, und so wie es wohl in jeder andern Sprache möglich sein möchte, einen ganzen Abend im geselligen Kreise angenehm zu unterhalten, und vielleicht sogar geistreich zu erscheinen, ohne am Ende eben etwas gesagt zu haben, so wird auch in solchen Opern-Conversations-Kunstspielen nicht leicht ein anderes Volk den Franzosen den Rang streitig machen.

Mit diesem witzigen Leben nun italienische Komik im Ausdrucke und Wärme des Gefühls zu vereinigen, ist selten so schön geleistet worden, als Catel es in diesem Werke gethan; und außer Boieldieu und Mehul möchte es wenige so klassisch in dieser Art schreibende Meister geben. Innigkeit der Melodie, reges Leben, treffliche, weise berechnete Instrumentation, vollkommene Correktheit und Feuer im Ausdrucke sind Catel eigen, und haben sich in ehrenwerthen Kontrasten durch seine treffliche Semiramis (1801) im großen, ernsten Style, und seine vornehmen Wirthe im heitersten italienischen, bewährt. Diese beiden Opern sind die einzigen von ihm in Deutschland verbreiteten. Die letztere, außer Wien und Prag, an wenigen Orten, die erstere aber mehr.

Seine musikalisch-theoretischen Studien haben ihn verhindert, mehr sich der dramatischen Muse zu weihen; dafür verdankt man ihm aber auch in Frankreich eine interessante Harmonielehre (1802),[166] die das ehemalige Conservatorium zum Unterricht benutzte, und außerdem viele Instrumental-Compositionen, National-Hymnen etc.

Zu Paris 1770 geboren, genoß er den Unterricht Gossecs und ward als Lehrer der Harmonie beim Conservatorium angestellt. Seit längerer Zeit scheint sein Genius zu ruhen, zum wahren Verluste der Bühne.

Schließlich kann ich mir das Vergnügen nicht versagen, Mad. Sandrim, als bei dieser Oper in deutscher Sprache Mitwirkende, beim verehrten Publikum einzuführen, und den wahrlich rühmlichen Fleiß, den sie dem Studium dieser, dem Fremdlinge so schweren, Sprache widmet, zur freundlichen Aufnahme zu empfehlen, den ich deßhalb doppelt zu schätzen weiß, da diese Rolle zwar wichtig genug im Ganzen, aber keines der allein glänzend da stehen wollenden Paradewesen ist.

So eint sich denn Alles immer erfreulicher zum Ganzen, und um des Ganzen – dem Heile und Frommen der Kunst – willen.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 3, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 166-167.
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