Döbel (Squalius cephalus)

[293] Mit diesen Worten besingt Ausonius unseren schon den Alten wohlbekannten Döbel, welcher auch Dübel, Dibel, Tübling, Debern, Dover, Kühling, Eitel, Altl, Alat, Alet, Alse, Alten, Elten, Fundling, Schnott, Möne, Mine, Miene, Mönichen, Butten, Chasol, Schuppert, Schuppling, Schuck-, Rauh-, Schupp-, Schnatt-, Breit- und Eltfisch, Schwingmilbe, Sandeberl usw. genannt wird (Squalius cephalus, thyberinus, albus, dobula, meridionalis und clathratus, Cyprinus cephalus und dobula, Leuciscus cephalus, dobula, frigidus, latifrons, squalus, tiberinus, cavedanus, albiensis und Cii; Abbildung auf Seite 290), den gemeinsten Vertreter der in ganz Europa, in Asien und in Nordamerika vertretenen Sippe der Elten oder Eltfische (Squalius), kenntlich an dem rundlichen Leibe, dem verhältnismäßig großen Kopfe, der kurzen Rücken- und Afterflosse, den ziemlich großen Schuppen und den in doppelter Reihe zu zwei und fünf gestellten Schlundzähnen, deren Kronen seitlich zusammengedrückt und an der Spitze hakenförmig umgebogen sind. Beim Döbel fällt die unverhältnismäßige Größe des Kopfes besonders auf; der hierauf bezügliche Name erscheint also wohl begründet. Die Schnauze ist niedergedrückt, das in die Breite gezogene endständige Maul sehr weit nach hinten gespalten, der Leib fast rund, [293] der Rücken schwarzgrün, die Seite goldgelb oder silberweiß, der blaßroth schimmernde Bauch weiß gefärbt; Wangen und Deckelstücke zeigen auf rosenrothem Grunde Goldglanz; die Lippen sehen röthlich aus; Rücken- und Schwanzflosse sind auf schwärzlichem Grunde röthlich überflogen, After-und Brustflossen hochroth, alle Schuppen am freien Rande und gegen ihre Mitte hin durch dunkle Farbstoffablagerungen getrübt. In der Rückenflosse stehen drei und acht, in der Brustflosse ein und sechzehn bis siebzehn, in der Bauchflosse zwei und acht, in der Afterflosse drei und sieben bis neun, in der Schwanzflosse neunzehn Strahlen. Die Länge kann bis sechzig Centimeter, das Gewicht vier Kilogramm und darüber betragen.

In den Flüssen und Seen Mitteleuropas, vom äußersten Westen an bis zum Ural gerechnet und vom Meere an bis zu eintausend Meter unbedingter Höhe empor, gehört der Döbel zu den gemeinsten Fischen. In Großbritannien kommt er selten vor; wenigstens erhielt Yarrell bloß ein einziges Stück. So lange er jung ist, hält er sich zumeist in kleineren Bächen oder Flüssen mit kiesigem und sandigem Grunde auf, hier an langsamen Stellen zu hunderten sich tummelnd und bei jedem Geräusche pfeilschnell entfliehend; im Alter bewohnt er Flüsse und Seen, und zwar solche der Ebene ebensowohl wie die des Mittelgebirges. Anfänglich besteht seine Nahrung aus Würmern und aus Kerbthieren, welche im Wasser schwimmen, auf der Oberfläche treiben oder niedrig über derselben hinziehen; später, wenn er mehr heranwächst und tiefere Stellen aufsucht oder in größere Flüsse und Seen wandert, wird er zu einem Raubfische in des Wortes vollster Bedeutung und stellt kleineren Fischen, Krebsen, Fröschen, ja selbst Mäusen nach, weshalb er hier und da geradezu »Mäusefresser« genannt und mit einem Kater verglichen wird. Bei reichlicher Beute nimmt er sehr rasch, nach Angabe erfahrener Fischer jährlich wenigstens um fünfhundert Gramm an Gewicht zu. Die Laichzeit fällt in die Monate Mai und Juni und soll fast vier Wochen lang währen.

Der Döbel ist, wie schon der alte Geßner sagt, »ein unachtbarer Fisch, hat ein lind oder blutt Fleisch, nichts desto minder ist er nit vnlieblich zu essen, nemlich so er groß, wol erwachsen, sein Fleisch, sein Rogen. Item so wirt er zu aller zeit gelobt, außgenommen mitten deß Sommers, ist löblicher gebraten dann gesotten, auß großen Flüssen, frischen Wassern gesünder dann auß den Seen oder Pfützen. Sie sollen auch auff die Fasten eingesaltzen vnd behalten werden. Diese Thiere werden mit dem Angel vnd daß gefangen, mit Hewschrecken, Fliegen, Aletmucken, item mit einem stücklein von Ochsenhirn, seuberlich vmb den Angel gebunden«. Gegenwärtig betreibt man ihren Fang wenigstens da nicht besonders, wo man andere, bessere Fische erlangen kann. Dagegen setzt man sie gern als Futterfische in Teiche, in denen Huchen, Lachsforellen, Hechte, Zander und andere räuberische Edelfische gehalten werden; doch darf dies, wie Heckel bemerkt, nicht zur Zeit der Hollunderblüte geschehen, weil sie dann erfahrungsmäßig an einem Hautausschlage in Form wolliger Auswüchse erkranken und absterben. In Teichen sind sie überdies noch einem anderen Siechthume unterworfen: sie magern ab, bekommen große Köpfe, tiefliegende Augen und hören zu wachsen auf. In diesem Zustande müssen sie aus dem Teiche entfernt werden, da ihre Krankheit auf andere Fische ansteckend wirkt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 293-294.
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